Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches undUnmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Uirchenpolitik Amtspflicht und Gewissen des Pfarrers. Herr Dr. Paul Ernst schreibt in Ur. 39 der lassen. Tatsächlich herrscht der Zustand, daß Josef Buchen,. Seine Familie und die Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches undUnmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Uirchenpolitik Amtspflicht und Gewissen des Pfarrers. Herr Dr. Paul Ernst schreibt in Ur. 39 der lassen. Tatsächlich herrscht der Zustand, daß Josef Buchen,. Seine Familie und die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0194" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322596"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches undUnmaßgebliches</head><lb/> <cb type="start"/> <div n="2"> <head> Uirchenpolitik</head> <div n="3"> <head> Amtspflicht und Gewissen des Pfarrers.</head> <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Herr Dr. Paul Ernst schreibt in Ur. 39 der<lb/> Grenzboten Seite 692: „Die Pcistoren sind<lb/> Beamte dieser Kirche, welche angestellt werden<lb/> und Gehalt bekommen dafür, daß sie die ein¬<lb/> mal von der Kirche angenommenen Ansichten<lb/> lehren; bekanntlich müssen sie sich bei ihrem<lb/> Amtsantritt ausdrücklich dazu verpflichten.<lb/> Wie nun alle diese Verhältnisse durch bewußte<lb/> und unbewußte Täuschung sehr verworren sind,<lb/> kann ein Mensch von Überzeugungstreue auf<lb/> die Idee kommen, daß er lehren müsse nicht<lb/> was ihm amtsmäßig aufgetragen ist und wo¬<lb/> für er bezahlt bekommt, sondern was ihm<lb/> sein.Gewissen' eingibt." „Was würde denn<lb/> der Staat etwa mit einem Amtsrichter machen,<lb/> der Plötzlich nach seinem .Gewissen' richtete<lb/> und nicht nach dem Gesetzbuch?" Unklarheiten<lb/> bestehen allerdings darin, daß die Ordinations-<lb/> formulare der deutschen Landeskirchen die<lb/> Bibel und die Bekenntnisschriften nennen, aber<lb/> nicht unzweideutig genug sagen, in welchem<lb/> Sinne und in welcher Umgrenzung. Jedes<lb/> deutsche Kirchenrecht erklärt der Sache nach<lb/> wie Karl Köhlers Kirchenrecht S. 184: „Doch<lb/> ist zu beachten, daß die Verpflichtung auf<lb/> Schrift und Bekenntnis niemals die Bedeutung<lb/> der Zustimmung zu der Wortinspiration der<lb/> Heiligen Schrift oder der juridischen Bindung<lb/> an den Wortlaut irgendeines Symbols haben<lb/> kann. Schrift und Bekenntnis können in der<lb/> evangelischen Kirche niemals zu einem in<lb/> juristischer Weise zu handhabenden Lehrgesetze<lb/> werden." Tatsächlich hat auch gerade der<lb/> letzte Apostolikumsstreit bewiesen, daß die<lb/> Preußischen Generalsuperintendenten ihren<lb/> Ordinnnden ausdrücklichen Dispens von ein¬<lb/> zelnen Sätzen des sogenannten apostolischen<lb/> Bekenntnisses erteilt haben, zumal sie auch für<lb/> ehre eigene Person dieselbe Freiheit in An¬<lb/> spruch genommen haben. Ausdrücklich wird<lb/> erklärt, nicht der Buchstabe, sondern der Geist<lb/> von Bibel und Bekenntnis soll gelten. Was<lb/> aber dieser Geist ist, was die Hauptsache und<lb/> was Nebensache ist, das zu entscheiden, ist der<lb/> persönliche» Überzeugung des einzelnen über-</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_909" prev="#ID_908"> lassen. Tatsächlich herrscht der Zustand, daß<lb/> jeder ordiniert wird, der gewillt ist, christ¬<lb/> lichen Glauben im Sinne der Reformation<lb/> zu Pflegen und dabei sich den notwendigen<lb/> Ordnungen fügen will. Wünschenswert ist<lb/> nicht, daß das „Gewissen" des Pfarrers aus¬<lb/> geschaltet wird und er einem Bekenntnis als<lb/> juristischem Lehrgesetz sich fügt; sondern daß<lb/> jeder Pfarrer sich fragt, ob er eine persönliche<lb/> Glaubensüberzeugung hat, die ihn mit Eifer<lb/> und Freudigkeit im Sinne und Geist der<lb/> Reformation und des echten Christentums<lb/> wirken läßt. Daß dies auch bei kritischer<lb/> Stellung zu vielen Sagen der Bibel und bei<lb/> Ablehnung mancher theologischer Sätze von<lb/> Paulus und Luther möglich ist, beweisen die<lb/> Tatsachen. Ich habe bereits in Heft 25 der<lb/> Grenzboten die Überzeugung vertreten, daß<lb/> die schweizerischen Kirchen das Rechte treffen,<lb/> wenn sie die Verpflichtung nur auf das<lb/> Evangelium Jesu und auf die Grundsätze der<lb/> Reformation ausdehnen. Vielleicht kommen<lb/> die deutschen evangelischen Landeskirchen auch<lb/> allmählich zu solchen weitherzigen Formu¬<lb/> lierungen. Wir sollten jedenfalls dies mit<lb/> Ernst anstreben. Herr Dr. Ernst übersieht,<lb/> daß die Kirchen die Religion nicht bloß ver¬<lb/> äußerlichen. Gewiß ist dies eine große Gefahr<lb/> des Kirchcngeistes. Die Kirchen werden aber<lb/> zugleich von dem Gesetz der Assimilation be¬<lb/> herrscht. Sie haben trotz Luthers Wort von<lb/> der Erde als einem Jammertal sich die<lb/> Stimmung Brunos und Spinozas von der<lb/> Herrlichkeit des Weltalls in Schleiermacher<lb/> angeeignet, ebenso trotz !Luthers Wort vom<lb/> verlorenen und verdammten Menschen die<lb/> Stimmung Kants von der Erhabenheit des<lb/> Menschengeistes. Wer wie Dr. Ernst einen<lb/> „neuen Glauben" vertritt, sollte nicht den<lb/> Versuch machen, alles Veraltete und Verrottete<lb/> in den Kirchen zu konservieren, um dann<lb/> möglichst schnell über sie hinweggehen zu<lb/> können. </p> <note type="byline"> Prof. Johannes Wendland</note> </div> <div n="3"> <head> Josef Buchen,.</head> <p xml:id="ID_910" next="#ID_911"> Seine Familie und die<lb/> Firma I. P. Bachem in Köln. Die rheinische<lb/> und die deutsche Volkshalle. Die Kölnischen<lb/> Blätter und die Kölnische Volkszeitung. Zu-</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0194]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Maßgebliches undUnmaßgebliches
Uirchenpolitik Amtspflicht und Gewissen des Pfarrers. Herr Dr. Paul Ernst schreibt in Ur. 39 der
Grenzboten Seite 692: „Die Pcistoren sind
Beamte dieser Kirche, welche angestellt werden
und Gehalt bekommen dafür, daß sie die ein¬
mal von der Kirche angenommenen Ansichten
lehren; bekanntlich müssen sie sich bei ihrem
Amtsantritt ausdrücklich dazu verpflichten.
Wie nun alle diese Verhältnisse durch bewußte
und unbewußte Täuschung sehr verworren sind,
kann ein Mensch von Überzeugungstreue auf
die Idee kommen, daß er lehren müsse nicht
was ihm amtsmäßig aufgetragen ist und wo¬
für er bezahlt bekommt, sondern was ihm
sein.Gewissen' eingibt." „Was würde denn
der Staat etwa mit einem Amtsrichter machen,
der Plötzlich nach seinem .Gewissen' richtete
und nicht nach dem Gesetzbuch?" Unklarheiten
bestehen allerdings darin, daß die Ordinations-
formulare der deutschen Landeskirchen die
Bibel und die Bekenntnisschriften nennen, aber
nicht unzweideutig genug sagen, in welchem
Sinne und in welcher Umgrenzung. Jedes
deutsche Kirchenrecht erklärt der Sache nach
wie Karl Köhlers Kirchenrecht S. 184: „Doch
ist zu beachten, daß die Verpflichtung auf
Schrift und Bekenntnis niemals die Bedeutung
der Zustimmung zu der Wortinspiration der
Heiligen Schrift oder der juridischen Bindung
an den Wortlaut irgendeines Symbols haben
kann. Schrift und Bekenntnis können in der
evangelischen Kirche niemals zu einem in
juristischer Weise zu handhabenden Lehrgesetze
werden." Tatsächlich hat auch gerade der
letzte Apostolikumsstreit bewiesen, daß die
Preußischen Generalsuperintendenten ihren
Ordinnnden ausdrücklichen Dispens von ein¬
zelnen Sätzen des sogenannten apostolischen
Bekenntnisses erteilt haben, zumal sie auch für
ehre eigene Person dieselbe Freiheit in An¬
spruch genommen haben. Ausdrücklich wird
erklärt, nicht der Buchstabe, sondern der Geist
von Bibel und Bekenntnis soll gelten. Was
aber dieser Geist ist, was die Hauptsache und
was Nebensache ist, das zu entscheiden, ist der
persönliche» Überzeugung des einzelnen über-
lassen. Tatsächlich herrscht der Zustand, daß
jeder ordiniert wird, der gewillt ist, christ¬
lichen Glauben im Sinne der Reformation
zu Pflegen und dabei sich den notwendigen
Ordnungen fügen will. Wünschenswert ist
nicht, daß das „Gewissen" des Pfarrers aus¬
geschaltet wird und er einem Bekenntnis als
juristischem Lehrgesetz sich fügt; sondern daß
jeder Pfarrer sich fragt, ob er eine persönliche
Glaubensüberzeugung hat, die ihn mit Eifer
und Freudigkeit im Sinne und Geist der
Reformation und des echten Christentums
wirken läßt. Daß dies auch bei kritischer
Stellung zu vielen Sagen der Bibel und bei
Ablehnung mancher theologischer Sätze von
Paulus und Luther möglich ist, beweisen die
Tatsachen. Ich habe bereits in Heft 25 der
Grenzboten die Überzeugung vertreten, daß
die schweizerischen Kirchen das Rechte treffen,
wenn sie die Verpflichtung nur auf das
Evangelium Jesu und auf die Grundsätze der
Reformation ausdehnen. Vielleicht kommen
die deutschen evangelischen Landeskirchen auch
allmählich zu solchen weitherzigen Formu¬
lierungen. Wir sollten jedenfalls dies mit
Ernst anstreben. Herr Dr. Ernst übersieht,
daß die Kirchen die Religion nicht bloß ver¬
äußerlichen. Gewiß ist dies eine große Gefahr
des Kirchcngeistes. Die Kirchen werden aber
zugleich von dem Gesetz der Assimilation be¬
herrscht. Sie haben trotz Luthers Wort von
der Erde als einem Jammertal sich die
Stimmung Brunos und Spinozas von der
Herrlichkeit des Weltalls in Schleiermacher
angeeignet, ebenso trotz !Luthers Wort vom
verlorenen und verdammten Menschen die
Stimmung Kants von der Erhabenheit des
Menschengeistes. Wer wie Dr. Ernst einen
„neuen Glauben" vertritt, sollte nicht den
Versuch machen, alles Veraltete und Verrottete
in den Kirchen zu konservieren, um dann
möglichst schnell über sie hinweggehen zu
können.
Prof. Johannes Wendland Josef Buchen,. Seine Familie und die
Firma I. P. Bachem in Köln. Die rheinische
und die deutsche Volkshalle. Die Kölnischen
Blätter und die Kölnische Volkszeitung. Zu-
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