Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Die See in der plattdeutschen Lyrik einerseits und Bauern anderseits in der Küstengegend sich berühren, ein starker Un Werst du Bur ok golden du protst mi nich so matt,*) dat mi din Gold kumm holden, Ick gab nich an de Wall (Festland). Min Eiland droggt min Hüften, Min Weg is 't Schipp to See, Hier bleihn um Blomenstrüsken, De 'k an de Wall nich seh. Un fielst achter Dick un Dämmen, Un hust ook 'n Hartensdeef, 'k heff armer Brüdigammen: De See, de heff ick levl In See dar schlapen min Otter, In See dar schlöppt min Brör, To hör will ick mi holden, Un rüsten dar bi hör. In See dar schwemmt dat Flöten So munter, runa un blank. Du meenst, wullt mi erwisken In 't Nettje? -- Nee, ick dankt Neben solchen Gegensätzen kommt aber auch die eigentliche seemännische Be¬ Man wird auf Teilung gefischt haben, denn eine Strophe lautet, tröstlich Die ganze Poesie der alten Segelschiffahrt klingt aus einem Liede des *) Du redest mich nicht so dumm. Grenzboten IV 191224
Die See in der plattdeutschen Lyrik einerseits und Bauern anderseits in der Küstengegend sich berühren, ein starker Un Werst du Bur ok golden du protst mi nich so matt,*) dat mi din Gold kumm holden, Ick gab nich an de Wall (Festland). Min Eiland droggt min Hüften, Min Weg is 't Schipp to See, Hier bleihn um Blomenstrüsken, De 'k an de Wall nich seh. Un fielst achter Dick un Dämmen, Un hust ook 'n Hartensdeef, 'k heff armer Brüdigammen: De See, de heff ick levl In See dar schlapen min Otter, In See dar schlöppt min Brör, To hör will ick mi holden, Un rüsten dar bi hör. In See dar schwemmt dat Flöten So munter, runa un blank. Du meenst, wullt mi erwisken In 't Nettje? — Nee, ick dankt Neben solchen Gegensätzen kommt aber auch die eigentliche seemännische Be¬ Man wird auf Teilung gefischt haben, denn eine Strophe lautet, tröstlich Die ganze Poesie der alten Segelschiffahrt klingt aus einem Liede des *) Du redest mich nicht so dumm. Grenzboten IV 191224
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322594"/> <fw type="header" place="top"> Die See in der plattdeutschen Lyrik</fw><lb/> <p xml:id="ID_901" prev="#ID_900"> einerseits und Bauern anderseits in der Küstengegend sich berühren, ein starker<lb/> Gegensatz, in dem der Seemann, kann er es mit dem Geld des Bauern auch<lb/> nicht ausnehmen, sich als der Freiere und Tüchtigere fühlt. Das geht sogar auf<lb/> die Frauen über. Die friesische Eilandstochter weist die Werbung des reichen<lb/> Festlandsbauern stolz zurück:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_31" type="poem"> <l> Un Werst du Bur ok golden<lb/> du protst mi nich so matt,*)<lb/> dat mi din Gold kumm holden,<lb/> Ick gab nich an de Wall (Festland).</l> <l> Min Eiland droggt min Hüften,<lb/> Min Weg is 't Schipp to See,<lb/> Hier bleihn um Blomenstrüsken,<lb/> De 'k an de Wall nich seh.</l> <l> Un fielst achter Dick un Dämmen,<lb/> Un hust ook 'n Hartensdeef,<lb/> 'k heff armer Brüdigammen:<lb/> De See, de heff ick levl</l> <l> In See dar schlapen min Otter,<lb/> In See dar schlöppt min Brör,<lb/> To hör will ick mi holden,<lb/> Un rüsten dar bi hör.</l> <l> In See dar schwemmt dat Flöten<lb/> So munter, runa un blank.<lb/> Du meenst, wullt mi erwisken<lb/> In 't Nettje? — Nee, ick dankt</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_902"> Neben solchen Gegensätzen kommt aber auch die eigentliche seemännische Be¬<lb/> rufsfreudigkeit, das Bord-, Matrosen- und Fischerleben kraftvoll und anschaulich<lb/> in der Seemannspoesie zum Ausdruck. Von den alten Emdener Buisen (Herings¬<lb/> fängern) meldet uns folgendes Gedicht aus dem Jahre 1828:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_32" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_903"> Man wird auf Teilung gefischt haben, denn eine Strophe lautet, tröstlich<lb/> für die zurückbleibende Braut:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_33" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_904" next="#ID_905"> Die ganze Poesie der alten Segelschiffahrt klingt aus einem Liede des<lb/> gleichen Jahres „Dat seilklare Schipp" wieder, das wegen seiner zahlreichen<lb/> nautisch-technischen Ausdrücke hier leider keinen Platz finden kann. An Bord,</p><lb/> <note xml:id="FID_14" place="foot"> *) Du redest mich nicht so dumm.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 191224</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0192]
Die See in der plattdeutschen Lyrik
einerseits und Bauern anderseits in der Küstengegend sich berühren, ein starker
Gegensatz, in dem der Seemann, kann er es mit dem Geld des Bauern auch
nicht ausnehmen, sich als der Freiere und Tüchtigere fühlt. Das geht sogar auf
die Frauen über. Die friesische Eilandstochter weist die Werbung des reichen
Festlandsbauern stolz zurück:
Un Werst du Bur ok golden
du protst mi nich so matt,*)
dat mi din Gold kumm holden,
Ick gab nich an de Wall (Festland). Min Eiland droggt min Hüften,
Min Weg is 't Schipp to See,
Hier bleihn um Blomenstrüsken,
De 'k an de Wall nich seh. Un fielst achter Dick un Dämmen,
Un hust ook 'n Hartensdeef,
'k heff armer Brüdigammen:
De See, de heff ick levl In See dar schlapen min Otter,
In See dar schlöppt min Brör,
To hör will ick mi holden,
Un rüsten dar bi hör. In See dar schwemmt dat Flöten
So munter, runa un blank.
Du meenst, wullt mi erwisken
In 't Nettje? — Nee, ick dankt
Neben solchen Gegensätzen kommt aber auch die eigentliche seemännische Be¬
rufsfreudigkeit, das Bord-, Matrosen- und Fischerleben kraftvoll und anschaulich
in der Seemannspoesie zum Ausdruck. Von den alten Emdener Buisen (Herings¬
fängern) meldet uns folgendes Gedicht aus dem Jahre 1828:
Man wird auf Teilung gefischt haben, denn eine Strophe lautet, tröstlich
für die zurückbleibende Braut:
Die ganze Poesie der alten Segelschiffahrt klingt aus einem Liede des
gleichen Jahres „Dat seilklare Schipp" wieder, das wegen seiner zahlreichen
nautisch-technischen Ausdrücke hier leider keinen Platz finden kann. An Bord,
*) Du redest mich nicht so dumm.
Grenzboten IV 191224
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |