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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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dochai, nach der Matthias geheißen und zum
Präfekten in Südtirol bestellt, stammen ur¬
kundlich die heutigen Gfn. Khuen ab. Die
Nachkommen des Präfekten nannten sich nach
ihrem Wohnsitz Traum, Trameno. Um das
I. 1000 hießen sie schon die Khuenen von
Traum. .. . Durch die vielen ario-german.
Alliancen im Laufe der Jahrh, sind die alt¬
edlen Khuen nun heute allerdings sozusagen
längst entsemitisiert und fast als reinarische
Geschlechtsträger anzusehen, aber -- selbst
ethnologisch schlägt heute dem Kenner das
Jüdische, z, B. bei dem ehemaligen Barus
v. Kroatien -- ganz merklich durch."

Der von den "Gelehrten" des "Semi-
gotha" als Gewährsmann angeführte Graf
Arbogast Khuen ist am Is. Oktober 1910 zu
Linz gestorben. Man kann ihn also nicht
mehr befragen. Das eine aber kann mit
Sicherheit ausgesagt werden, daß er, wenn
er wirklich das gesagt oder geschrieben haben
sollte, was der "Semigotha" nach dem Vor¬
stehenden behauptet, vollkommen verdreht
war. Die Sucht, Abstammungen vornehmer
Geschlechter bis auf die Römer zurückzuführen,
ist bekanntlich uralt. Der gänzlich fabelhafte
genealogische Zusammenhang der Zollern mit
den Colonna spukt noch immer in manchen
Köpfen und die Habsburger und mit ihnen
die Habsburg-Lothringer können sogar, wenn
den "alten Schriften" zu trauen wäre, ihre
Abstammung bis auf die Venus zurückführen.
Die moderne wissenschaftliche Genealogie weiß
dagegen, umgekehrt, ganz genau, daß es
Stammreihen, die bis in jene fernen Zeiten,
also etwa bis in die Zeiten Justinians (ge¬
storben S6ö) oder Konstantins deS Großen
(gestorben 373) zurückgehen, nicht nur nicht
gibt, sondern gar nicht geben kann. Schon
tausendjährige Jubiläen des Bestehens eines
Geschlechtes des niederen Adels, von der
Gegenwart zurück gerechnet, sind ganz aus¬
schließlich Erzeugnisse frommer Wünsche und
von familiengeschichtlichen "Klitterungen", und
ein solches tausendjähriges Jubiläum setzt doch
nur ein Vorkommen erst um das Jahr 900
ungefähr voraus, mit dem man von der Zeit
Konstantins deS Großen noch rund sechs
Jahrhunderte entfernt ist. Einen Adel, der
1350 oder vorher schon vorkommt, nennt man
adelsgeschichtlich bereits: Uradell Nassen-

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und Abstammungsfragen kann man aber nicht
auf dem Wege der "Klitterung", sondern ganz
ausschließlich auf Grund genauer, urkundlicher
Forschungen beantworten. Der "Präfekt" in
Südtirol mit Namen Matthias, als Ahnherr
der Khuen, ist also einfacher "Mumpitz", um
mich eines sehr deutlichen Wortes zu bedienen,
und seine Identität mit dem getauften
jüdischen Leibarzt Machdochai, der Konstantin
den Großen vom Aussatze geheilt hat, hängt
erst recht vollkommen in der Luft, wobei noch
gar nicht einmal in Betracht gezogen zu
werden braucht, daß der Aussatz eine Krank¬
heit ist, die sich nicht heilen läßt. -- Seiner
Absicht nach gehört der vorstehende Artikel des
"Semigotha" in eine Linie mit denjenigen
über Ranke und über Biedermann, die ich
schon behandelt habe. Der "ehemalige Barus
von Kroatien" ist aus irgendeinem Grunde
den Gesinnungsgenossen des "Semigotha"
nicht angenehm, deshalb muß ihm eine
jüdische Abstammung "angehängt" werden,
und, da die Khuen notorisch Tiroler Uradel
sind, nimmt man bereitwillig zu einem Märchen
feine Zuflucht, das nicht nur den Stempel der
Erfindung, sondern denjenigen der Unmög¬
lichkeit von vornherein an der Stirn trägt I
In der gleichen Abteilung des "Semigotha",
der die Grafen angeblich jüdischer Herstammung
enthalten soll, findet man auch noch das
Geschlecht Schimmclmnnn. ES wird hier auf¬
geführt unter der Bezeichnung: "(? Jssaschar)
Schimmelmann". Im Texte heißt es zu Be¬
ginn: "Letztbekanntes Herkunftsland: Däne¬
mark; nun in Preußen (Schleswig-Holstein)
und Dänemark. Beglaubigung der jüd. Ge¬
nesis : sicherem Vernehmen nach (Br. N. i. E.).
Lutherisch, konvertiert ca. gen Mitte des acht¬
zehnten Jahrh.". Nachher heißt es des näheren:
"In Fritsch Handb. d. J.-frage 27. Aufl. 1910,
S. 2SS steht wörtlich: Die grast. dänische und
die freiherrl. Familie v. Schimmelmann stammt
vomJudenSchimmelmcmn, demFrieorich d.Gr.
nach seinem Einmarsch in Sachsen die Über¬
führung der Vorräte der Sachs. Porzellan¬
manufaktur übertragen hatte. sah. brachte
die Vorräte aber an sich und floh nach Ham¬
burg, nachdem er unter ihnen die Sachs. Kron¬
juwelen im Werte von 6 Mill. Talern ent¬
deckt hatte. Er lieh dem König von Däne¬
mark S Mill. und wurde von diesem geadelt

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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dochai, nach der Matthias geheißen und zum
Präfekten in Südtirol bestellt, stammen ur¬
kundlich die heutigen Gfn. Khuen ab. Die
Nachkommen des Präfekten nannten sich nach
ihrem Wohnsitz Traum, Trameno. Um das
I. 1000 hießen sie schon die Khuenen von
Traum. .. . Durch die vielen ario-german.
Alliancen im Laufe der Jahrh, sind die alt¬
edlen Khuen nun heute allerdings sozusagen
längst entsemitisiert und fast als reinarische
Geschlechtsträger anzusehen, aber — selbst
ethnologisch schlägt heute dem Kenner das
Jüdische, z, B. bei dem ehemaligen Barus
v. Kroatien — ganz merklich durch."

Der von den „Gelehrten" des „Semi-
gotha" als Gewährsmann angeführte Graf
Arbogast Khuen ist am Is. Oktober 1910 zu
Linz gestorben. Man kann ihn also nicht
mehr befragen. Das eine aber kann mit
Sicherheit ausgesagt werden, daß er, wenn
er wirklich das gesagt oder geschrieben haben
sollte, was der „Semigotha" nach dem Vor¬
stehenden behauptet, vollkommen verdreht
war. Die Sucht, Abstammungen vornehmer
Geschlechter bis auf die Römer zurückzuführen,
ist bekanntlich uralt. Der gänzlich fabelhafte
genealogische Zusammenhang der Zollern mit
den Colonna spukt noch immer in manchen
Köpfen und die Habsburger und mit ihnen
die Habsburg-Lothringer können sogar, wenn
den „alten Schriften" zu trauen wäre, ihre
Abstammung bis auf die Venus zurückführen.
Die moderne wissenschaftliche Genealogie weiß
dagegen, umgekehrt, ganz genau, daß es
Stammreihen, die bis in jene fernen Zeiten,
also etwa bis in die Zeiten Justinians (ge¬
storben S6ö) oder Konstantins deS Großen
(gestorben 373) zurückgehen, nicht nur nicht
gibt, sondern gar nicht geben kann. Schon
tausendjährige Jubiläen des Bestehens eines
Geschlechtes des niederen Adels, von der
Gegenwart zurück gerechnet, sind ganz aus¬
schließlich Erzeugnisse frommer Wünsche und
von familiengeschichtlichen „Klitterungen", und
ein solches tausendjähriges Jubiläum setzt doch
nur ein Vorkommen erst um das Jahr 900
ungefähr voraus, mit dem man von der Zeit
Konstantins deS Großen noch rund sechs
Jahrhunderte entfernt ist. Einen Adel, der
1350 oder vorher schon vorkommt, nennt man
adelsgeschichtlich bereits: Uradell Nassen-

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und Abstammungsfragen kann man aber nicht
auf dem Wege der „Klitterung", sondern ganz
ausschließlich auf Grund genauer, urkundlicher
Forschungen beantworten. Der „Präfekt" in
Südtirol mit Namen Matthias, als Ahnherr
der Khuen, ist also einfacher „Mumpitz", um
mich eines sehr deutlichen Wortes zu bedienen,
und seine Identität mit dem getauften
jüdischen Leibarzt Machdochai, der Konstantin
den Großen vom Aussatze geheilt hat, hängt
erst recht vollkommen in der Luft, wobei noch
gar nicht einmal in Betracht gezogen zu
werden braucht, daß der Aussatz eine Krank¬
heit ist, die sich nicht heilen läßt. — Seiner
Absicht nach gehört der vorstehende Artikel des
„Semigotha" in eine Linie mit denjenigen
über Ranke und über Biedermann, die ich
schon behandelt habe. Der „ehemalige Barus
von Kroatien" ist aus irgendeinem Grunde
den Gesinnungsgenossen des „Semigotha"
nicht angenehm, deshalb muß ihm eine
jüdische Abstammung „angehängt" werden,
und, da die Khuen notorisch Tiroler Uradel
sind, nimmt man bereitwillig zu einem Märchen
feine Zuflucht, das nicht nur den Stempel der
Erfindung, sondern denjenigen der Unmög¬
lichkeit von vornherein an der Stirn trägt I
In der gleichen Abteilung des „Semigotha",
der die Grafen angeblich jüdischer Herstammung
enthalten soll, findet man auch noch das
Geschlecht Schimmclmnnn. ES wird hier auf¬
geführt unter der Bezeichnung: „(? Jssaschar)
Schimmelmann". Im Texte heißt es zu Be¬
ginn: „Letztbekanntes Herkunftsland: Däne¬
mark; nun in Preußen (Schleswig-Holstein)
und Dänemark. Beglaubigung der jüd. Ge¬
nesis : sicherem Vernehmen nach (Br. N. i. E.).
Lutherisch, konvertiert ca. gen Mitte des acht¬
zehnten Jahrh.". Nachher heißt es des näheren:
„In Fritsch Handb. d. J.-frage 27. Aufl. 1910,
S. 2SS steht wörtlich: Die grast. dänische und
die freiherrl. Familie v. Schimmelmann stammt
vomJudenSchimmelmcmn, demFrieorich d.Gr.
nach seinem Einmarsch in Sachsen die Über¬
führung der Vorräte der Sachs. Porzellan¬
manufaktur übertragen hatte. sah. brachte
die Vorräte aber an sich und floh nach Ham¬
burg, nachdem er unter ihnen die Sachs. Kron¬
juwelen im Werte von 6 Mill. Talern ent¬
deckt hatte. Er lieh dem König von Däne¬
mark S Mill. und wurde von diesem geadelt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/155>, abgerufen am 15.01.2025.