Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] sich sein Buch doch vor anderen Erzählungen Und wenn wir dann lesen, daß die förderlich sein, wenn wichtige Geheimnisse Justiz und Verwaltung Die Fortbildung der Juristen und die ") Wir möchten nicht versäumen, im An¬
schluß an den vorstehenden Artikel aus unseren Aufsatz "Der Schutz der deutschen Küste" (Heft 3 dieses Jahrgangs) hinzuweisen. Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] sich sein Buch doch vor anderen Erzählungen Und wenn wir dann lesen, daß die förderlich sein, wenn wichtige Geheimnisse Justiz und Verwaltung Die Fortbildung der Juristen und die ") Wir möchten nicht versäumen, im An¬
schluß an den vorstehenden Artikel aus unseren Aufsatz „Der Schutz der deutschen Küste" (Heft 3 dieses Jahrgangs) hinzuweisen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322550"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_681" prev="#ID_680"> sich sein Buch doch vor anderen Erzählungen<lb/> dieser Art durch die Peinlich gewissenhafte und<lb/> gründliche Art aus, mit welcher der Verfasser<lb/> seine Theorie von den ostfriesischen Inseln<lb/> und Sandbänken als dein Ausgangspunkt<lb/> der deutschen Flotte entwickelt und sozusagen<lb/> wissenschaftlich begründet. Das Buch ist in<lb/> allen seinen Teilen mit außerordentlicher, man<lb/> darf sagen fachmännischer Sachkunde ge¬<lb/> schrieben, und gewisse Ungereimtheiten — so<lb/> läßt er den deutschen Kaiser selbst in dunkler<lb/> Nacht einem Schleppversuch mit Leichtern in<lb/> den Gewässern von Bensersiel beiwohnen —<lb/> sollen ihm nicht zu schwer angerechnet werden.<lb/> Dem Buch sind mehrere recht brauchbare<lb/> Karten des deutschen Küstengebiets zwischen<lb/> Borkum und Kiel beigegeben. Wir brauchen<lb/> daran allein noch keinen Anstoß zu nehmen;<lb/> denn solche Karten sind an der Küste überall<lb/> für billiges Geld im Handel käuflich zu<lb/> haben. Aber gerade die Angaben im Text<lb/> selbst sind bis in unbedeutende Kleinigkeiten<lb/> mit solcher Genauigkeit und Anschaulichkeit<lb/> gemacht, daß man kaum annehmen kann,<lb/> diese Kenntnis sei nur auf Grund eines ein¬<lb/> dringlichen Studiums der deutschen Seekarten<lb/> gewonnen worden. Im Gegenteil, die ganze<lb/> Erzählung erweckt durchaus den Eindruck,<lb/> als erzähle hier ein Mann, der seine Be¬<lb/> obachtungen mit höchster Sachkunde an Ort<lb/> und Stelle selbst gemacht habe.</p> <p xml:id="ID_682" next="#ID_683"> Und wenn wir dann lesen, daß die<lb/> beiden englischen Freunde für ihren Zweck<lb/> nicht eine der üblichen schmucken Lustjachten<lb/> mit zahlreicher Bemannung und Dienerschaft<lb/> benutzen, sondern ganz allein ein unauffällig<lb/> schwarz gestrichenes Fahrzeug bewohnen,<lb/> welches, als ehemaliges Rettungsboot sehr<lb/> stark und flach gebaut, für jene Gewässer be¬<lb/> sonders geeignet ist, so werden wir unwill¬<lb/> kürlich an jene vier oder fünf Engländer<lb/> erinnert, die erst in diesem Sommer, ebenfalls<lb/> in unscheinbarem Boot und ohne Begleitung,<lb/> die deutschen Küsten unsicher machten. Es<lb/> ist richtig, daß sich nicht genügend Material<lb/> ergab, um ihre Verhaftung aufrecht zu er¬<lb/> halten; doch bleibt dabei noch immer die<lb/> Frage offen, ob sie ihre Freilassung nicht<lb/> vielmehr einer Lücke unserer Gesetze als ihrer<lb/> Schuldlosigkeit verdankten. Gewiß kann es<lb/> der Sicherheit unseres Vaterlandes nicht</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_683" prev="#ID_682"> förderlich sein, wenn wichtige Geheimnisse<lb/> unserer Landesverteidigung, wie Geschützteile,<lb/> neu angelegte Befestigungen, dem voraus¬<lb/> sichtlichen Feind verraten werden. Doch<lb/> wollen wir nicht vergessen, daß es daneben<lb/> auch gewisse Einzelheiten unserer Grenzgebiete,<lb/> unserer Küstenbildung gibt, die zwar an und<lb/> für sich nicht geheim zu halten sind und von<lb/> jedem straflos besichtigt werden können, die<lb/> aber für das Wohl und Wehe unseres Vater¬<lb/> landes doch von der größten Bedeutung<lb/> werden können, wenn sie, wie es in unserem<lb/> Buch geschieht, von sachkundigen Angehörigen<lb/> eines uns unfreundlich gesinnten Volkes Plan¬<lb/> mäßig vom militärischen Gesichtspunkt aus<lb/> erkundet werden. Daß diese Erkenntnis in uns<lb/> immer tiefer wurzeln möge und im besonderen<lb/> englische Jachten in unseren Gewässern immer<lb/> die Beobachtung fänden, die sich nach den<lb/> Erfahrungen der letzten Jahre als notwendig<lb/> erwiesen hat, dazu kann auch das Buch von<lb/> dem Rätsel der Sandbänke an seinem Teil<lb/> nicht unwesentlich beitragen*).</p> <note type="byline"> Dr. Julius volge</note> </div> <div n="2"> <head> Justiz und Verwaltung</head> <p xml:id="ID_684" next="#ID_685"> Die Fortbildung der Juristen und die<lb/> Bereinigung für staatswissenschaftliche Fort¬<lb/> bildung zu Berlin. Der alte Justizrat, bet<lb/> welchem ich in Breslau die Anwaltsstation<lb/> abmachte, Pflegte, wenn wir uns über die<lb/> Fülle der Gesetze unterhielten, die ich damals<lb/> zum Assessorexamen lernen mußte, immer ver¬<lb/> gleichsweise darauf hinzuweisen, wie gut es<lb/> doch die jungen Juristen zu seiner Zeit —<lb/> das war in der Zeit vor Gründung des<lb/> Norddeutschen Bundes — gehabt hätten. Sie<lb/> lernten das Preußische Allgemeine Landrecht,<lb/> die Allgemeine Gerichtsordnung, das Straf¬<lb/> gesetzbuch und daneben noch ein halbes Dutzend<lb/> anderer Gesetze, und damit war im wesent¬<lb/> lichen das Wissensgebiet erschöpft. In der<lb/> Tat, die Gesetzgebungsmaschine arbeitete da¬<lb/> mals mit einer nicht nur für einen Exami¬<lb/> nanden höchst erfreulichen Langsamkeit. Be-</p> <note xml:id="FID_12" place="foot"> ") Wir möchten nicht versäumen, im An¬<lb/> schluß an den vorstehenden Artikel aus unseren<lb/> Aufsatz „Der Schutz der deutschen Küste"<lb/> (Heft 3 dieses Jahrgangs) hinzuweisen.</note> <note type="byline"> Die Schriftltg.</note> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
sich sein Buch doch vor anderen Erzählungen
dieser Art durch die Peinlich gewissenhafte und
gründliche Art aus, mit welcher der Verfasser
seine Theorie von den ostfriesischen Inseln
und Sandbänken als dein Ausgangspunkt
der deutschen Flotte entwickelt und sozusagen
wissenschaftlich begründet. Das Buch ist in
allen seinen Teilen mit außerordentlicher, man
darf sagen fachmännischer Sachkunde ge¬
schrieben, und gewisse Ungereimtheiten — so
läßt er den deutschen Kaiser selbst in dunkler
Nacht einem Schleppversuch mit Leichtern in
den Gewässern von Bensersiel beiwohnen —
sollen ihm nicht zu schwer angerechnet werden.
Dem Buch sind mehrere recht brauchbare
Karten des deutschen Küstengebiets zwischen
Borkum und Kiel beigegeben. Wir brauchen
daran allein noch keinen Anstoß zu nehmen;
denn solche Karten sind an der Küste überall
für billiges Geld im Handel käuflich zu
haben. Aber gerade die Angaben im Text
selbst sind bis in unbedeutende Kleinigkeiten
mit solcher Genauigkeit und Anschaulichkeit
gemacht, daß man kaum annehmen kann,
diese Kenntnis sei nur auf Grund eines ein¬
dringlichen Studiums der deutschen Seekarten
gewonnen worden. Im Gegenteil, die ganze
Erzählung erweckt durchaus den Eindruck,
als erzähle hier ein Mann, der seine Be¬
obachtungen mit höchster Sachkunde an Ort
und Stelle selbst gemacht habe.
Und wenn wir dann lesen, daß die
beiden englischen Freunde für ihren Zweck
nicht eine der üblichen schmucken Lustjachten
mit zahlreicher Bemannung und Dienerschaft
benutzen, sondern ganz allein ein unauffällig
schwarz gestrichenes Fahrzeug bewohnen,
welches, als ehemaliges Rettungsboot sehr
stark und flach gebaut, für jene Gewässer be¬
sonders geeignet ist, so werden wir unwill¬
kürlich an jene vier oder fünf Engländer
erinnert, die erst in diesem Sommer, ebenfalls
in unscheinbarem Boot und ohne Begleitung,
die deutschen Küsten unsicher machten. Es
ist richtig, daß sich nicht genügend Material
ergab, um ihre Verhaftung aufrecht zu er¬
halten; doch bleibt dabei noch immer die
Frage offen, ob sie ihre Freilassung nicht
vielmehr einer Lücke unserer Gesetze als ihrer
Schuldlosigkeit verdankten. Gewiß kann es
der Sicherheit unseres Vaterlandes nicht
förderlich sein, wenn wichtige Geheimnisse
unserer Landesverteidigung, wie Geschützteile,
neu angelegte Befestigungen, dem voraus¬
sichtlichen Feind verraten werden. Doch
wollen wir nicht vergessen, daß es daneben
auch gewisse Einzelheiten unserer Grenzgebiete,
unserer Küstenbildung gibt, die zwar an und
für sich nicht geheim zu halten sind und von
jedem straflos besichtigt werden können, die
aber für das Wohl und Wehe unseres Vater¬
landes doch von der größten Bedeutung
werden können, wenn sie, wie es in unserem
Buch geschieht, von sachkundigen Angehörigen
eines uns unfreundlich gesinnten Volkes Plan¬
mäßig vom militärischen Gesichtspunkt aus
erkundet werden. Daß diese Erkenntnis in uns
immer tiefer wurzeln möge und im besonderen
englische Jachten in unseren Gewässern immer
die Beobachtung fänden, die sich nach den
Erfahrungen der letzten Jahre als notwendig
erwiesen hat, dazu kann auch das Buch von
dem Rätsel der Sandbänke an seinem Teil
nicht unwesentlich beitragen*).
Dr. Julius volge Justiz und Verwaltung Die Fortbildung der Juristen und die
Bereinigung für staatswissenschaftliche Fort¬
bildung zu Berlin. Der alte Justizrat, bet
welchem ich in Breslau die Anwaltsstation
abmachte, Pflegte, wenn wir uns über die
Fülle der Gesetze unterhielten, die ich damals
zum Assessorexamen lernen mußte, immer ver¬
gleichsweise darauf hinzuweisen, wie gut es
doch die jungen Juristen zu seiner Zeit —
das war in der Zeit vor Gründung des
Norddeutschen Bundes — gehabt hätten. Sie
lernten das Preußische Allgemeine Landrecht,
die Allgemeine Gerichtsordnung, das Straf¬
gesetzbuch und daneben noch ein halbes Dutzend
anderer Gesetze, und damit war im wesent¬
lichen das Wissensgebiet erschöpft. In der
Tat, die Gesetzgebungsmaschine arbeitete da¬
mals mit einer nicht nur für einen Exami¬
nanden höchst erfreulichen Langsamkeit. Be-
Die Schriftltg.
") Wir möchten nicht versäumen, im An¬
schluß an den vorstehenden Artikel aus unseren
Aufsatz „Der Schutz der deutschen Küste"
(Heft 3 dieses Jahrgangs) hinzuweisen.
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