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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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An der Zviege des Aönigreichs Rumänien

Friedrich Wilhelm den Vierten. Sie schildern den Verlauf jener Kommissions¬
verhandlungen im Jahre 1856 und 1857, als deren Zweck die Reorganisation
der Moldausürstentümer gedacht war. Im nachfolgenden ersten Abschnitt, der
die Berichte vom 16. Juli sowie 10. und 12. August 1856 enthält, wird dem
Leser die vorsichtige Fühlungnahme des Diplomaten, der von österreichischer
Seite als Eindringling angesehen wird, recht anschaulich vor Augen geführt.




Richthofen wurde gegen Anfang Juni (1856) von den, Minister¬
präsidenten Freiherrn von Manteuffel mündlich davon in Kenntnis gesetzt,
"daß die Wahl Sr. Majestät des Königs zu Allerhöchstseinem Delegierten in der
vorgedachten Kommission" auf ihn gefallen sei. . . "Nach der von dem Pariser
Kongreß vereinbarten Generalinstruktion für die Kommission hatten sich die
Delegierten zuerst nach Konstantinopel zu begeben, um dort einerseits den Erlaß
eines von den Mächten mit der Pforte zu vereinbarenden Firmans zur Be¬
rufung eines walachischen und moldauischen Diwans (Nationalversammlung),
welche sich über die Wünsche der beiden Länder hinsichtlich deren künftiger
politischer Konstituierung auszusprechen haben sollte, anderseits aber auch die
Evakuation der Fürstentümer von österreichischen und türkischen Truppen abzuwarten."

Die Kommission setzte sich zusammen aus: Freiherrn von Koller, nachmals
Gesandter in Berlin für Österreich; Sir Henry Liktor Bulwer, früher Gesandter
in Madrid für England; Baron Charles Talleyrand - Pörigord, bis dahin
Gesandter in Baden für Frankreich; Chevalier Benzi, bis dahin außerordent¬
licher Gesandter in Mexiko für Sardinien; Wirklicher Staatsrat Basily für
Rußland; Savfet Effendi (später Pascha), Minister des Innern für die Türkei.

Am 10. Juli 1856 trat Richthofen seine Reise nach Konstantinopel an.

Am 16. Juli 1856 sendet er von Wien aus den ersten Bericht an den
König, der uns in den Kreis einführt, dessen Aufgabe es zu sein scheint, alles
andere zu tun, nur nicht die hochgesinnten Ideen des Königs von Preußen,
die wir später näher kennen lernen sollen, in die Praxis überzuführen.

"Euer Königlicher Majestät melde ich in tiefster Ehrfurcht," schreibt Richt¬
hofen, "daß ich den mir erteilten Befehlen zu Folge, meine Reise nach Konstantinopel
angetreten habe und am 12. d. M. hier, in Wien, eingetroffen bin.

Nachdem ich mich mit Euer Königlichen Majestät hiesigem interimistischen
Geschäftsträger. Gras Flemming, in Verbindung gesetzt, hat mich derselbe auf
meinen Wunsch am vergangenen Montage dem Grafen Buol vorgestellt. ..

Graf Flemming führte mich bei dem Grafen Buol als Euer Königlichen
Majestät Ministerresidenten in Mexiko ein,*) und ich setzte hinzu, daß ich mich



*) Richthofen war seit dem 20. Februar 1851 königlich preußischer Ministerresident in
Mexiko; über seine Tätigkeit dort berichtet er in der von ihm herausgegebenen "Geschichte
der Familie Praetorius von Richthofen." 1884. Druck von E. Baensch jun. Magdeburg.
S. 527 bis 551.
An der Zviege des Aönigreichs Rumänien

Friedrich Wilhelm den Vierten. Sie schildern den Verlauf jener Kommissions¬
verhandlungen im Jahre 1856 und 1857, als deren Zweck die Reorganisation
der Moldausürstentümer gedacht war. Im nachfolgenden ersten Abschnitt, der
die Berichte vom 16. Juli sowie 10. und 12. August 1856 enthält, wird dem
Leser die vorsichtige Fühlungnahme des Diplomaten, der von österreichischer
Seite als Eindringling angesehen wird, recht anschaulich vor Augen geführt.




Richthofen wurde gegen Anfang Juni (1856) von den, Minister¬
präsidenten Freiherrn von Manteuffel mündlich davon in Kenntnis gesetzt,
„daß die Wahl Sr. Majestät des Königs zu Allerhöchstseinem Delegierten in der
vorgedachten Kommission" auf ihn gefallen sei. . . „Nach der von dem Pariser
Kongreß vereinbarten Generalinstruktion für die Kommission hatten sich die
Delegierten zuerst nach Konstantinopel zu begeben, um dort einerseits den Erlaß
eines von den Mächten mit der Pforte zu vereinbarenden Firmans zur Be¬
rufung eines walachischen und moldauischen Diwans (Nationalversammlung),
welche sich über die Wünsche der beiden Länder hinsichtlich deren künftiger
politischer Konstituierung auszusprechen haben sollte, anderseits aber auch die
Evakuation der Fürstentümer von österreichischen und türkischen Truppen abzuwarten."

Die Kommission setzte sich zusammen aus: Freiherrn von Koller, nachmals
Gesandter in Berlin für Österreich; Sir Henry Liktor Bulwer, früher Gesandter
in Madrid für England; Baron Charles Talleyrand - Pörigord, bis dahin
Gesandter in Baden für Frankreich; Chevalier Benzi, bis dahin außerordent¬
licher Gesandter in Mexiko für Sardinien; Wirklicher Staatsrat Basily für
Rußland; Savfet Effendi (später Pascha), Minister des Innern für die Türkei.

Am 10. Juli 1856 trat Richthofen seine Reise nach Konstantinopel an.

Am 16. Juli 1856 sendet er von Wien aus den ersten Bericht an den
König, der uns in den Kreis einführt, dessen Aufgabe es zu sein scheint, alles
andere zu tun, nur nicht die hochgesinnten Ideen des Königs von Preußen,
die wir später näher kennen lernen sollen, in die Praxis überzuführen.

„Euer Königlicher Majestät melde ich in tiefster Ehrfurcht," schreibt Richt¬
hofen, „daß ich den mir erteilten Befehlen zu Folge, meine Reise nach Konstantinopel
angetreten habe und am 12. d. M. hier, in Wien, eingetroffen bin.

Nachdem ich mich mit Euer Königlichen Majestät hiesigem interimistischen
Geschäftsträger. Gras Flemming, in Verbindung gesetzt, hat mich derselbe auf
meinen Wunsch am vergangenen Montage dem Grafen Buol vorgestellt. ..

Graf Flemming führte mich bei dem Grafen Buol als Euer Königlichen
Majestät Ministerresidenten in Mexiko ein,*) und ich setzte hinzu, daß ich mich



*) Richthofen war seit dem 20. Februar 1851 königlich preußischer Ministerresident in
Mexiko; über seine Tätigkeit dort berichtet er in der von ihm herausgegebenen „Geschichte
der Familie Praetorius von Richthofen." 1884. Druck von E. Baensch jun. Magdeburg.
S. 527 bis 551.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/83>, abgerufen am 03.07.2024.