Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.(österreichische Dichterinnen anwenden wie jedes andere therapeutische Mittel, dann wird überhaupt jene Jedenfalls ist es ebenso falsch, die Geburtenprävention in Bausch und Erst wenn diese oder ähnliche Gedankengänge Gemeingut aller denkenden Osterreichische Dichterinnen Victor Alcmperer- Von er siebente der "Harmlosen Briefe eines deutschen Kleinstädters", (österreichische Dichterinnen anwenden wie jedes andere therapeutische Mittel, dann wird überhaupt jene Jedenfalls ist es ebenso falsch, die Geburtenprävention in Bausch und Erst wenn diese oder ähnliche Gedankengänge Gemeingut aller denkenden Osterreichische Dichterinnen Victor Alcmperer- Von er siebente der „Harmlosen Briefe eines deutschen Kleinstädters", <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0563" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322310"/> <fw type="header" place="top"> (österreichische Dichterinnen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2493" prev="#ID_2492"> anwenden wie jedes andere therapeutische Mittel, dann wird überhaupt jene<lb/> bereits von dem Nationalökonomen Rümelin befürwortete völlige Trennung des<lb/> beabsichtigt folgenlosen von dem beabsichtigt fruchttragenden Geschlechtsverkehre<lb/> realisiert, die das gesamte sexuelle Leben zu sanieren berufen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_2494"> Jedenfalls ist es ebenso falsch, die Geburtenprävention in Bausch und<lb/> Bogen zu verwerfen, wie sie in der Form des französischen Zweikindersystems<lb/> oder gar des amerikanischen Einkindersystems als Instrument des Gattungs¬<lb/> selbstmordes zu verwenden. Die Geburtenprävention kann eben nicht ohne<lb/> weiteres dem Belieben des Spießbürgers freigegeben werden. Sie muß viel¬<lb/> mehr sorgfältig in allen Einzelheiten ausgebildet werden als eine Art gene¬<lb/> rativer Diät, die den Forderungen des Individuums und denen der Art<lb/> möglichst in gleichem Maße gerecht wird, im Falle eines unausweichlichen Kon¬<lb/> fliktes jedoch die letzteren bevorzugen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_2495"> Erst wenn diese oder ähnliche Gedankengänge Gemeingut aller denkenden<lb/> Menschen geworden sind und die gegenstehenden Vorurteile verdrängt haben<lb/> werden, wird die Rationalisierung des menschlichen Artprozesses praktische Be¬<lb/> deutung erhalten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Osterreichische Dichterinnen<lb/><note type="byline"> Victor Alcmperer-</note> Von</head><lb/> <p xml:id="ID_2496" next="#ID_2497"> er siebente der „Harmlosen Briefe eines deutschen Kleinstädters",<lb/> mit denen Paul Lindau 1369 debütierte, um bald ein gefeierter<lb/> und gefürchteter Journalist und Kritiker zu werden, wendet sich mit<lb/> ebensoviel Gerechtigkeit wie Ungerechtigkeit hohnvoll parodierend<lb/> gegen Ada Christens „Lieder einer Verlorenen". Unter diesem<lb/> Titel und Pseudonym hatte im Jahr zuvor eine vierundzwanzigjährige Wienerin<lb/> (dem Mädchennamen nach Christine Friderik, in erster Ehe von Neupaur, in<lb/> zweiter von Breter) nach harten Schicksalsschlägen, als Verarmung des Vaters,<lb/> Wahnsinnstod des jungen Gatten, eine kleine Sammlung düsterer Gedichte<lb/> herausgegeben, die bei Kritik und Publikum viel Anerkennung finden. Lindau<lb/> sucht nun die Dichterin lächerlich zu machen, indem er ihre ungemeine Ab¬<lb/> hängigkeit von Heine herausstellt. Sie plagiiere ihn nicht etwa, betont er immer<lb/> wieder, sie erinnere sich seiner nur allzuoft und komme ihm in vielen Wendungen<lb/> bis haarscharf an die Wortwörtlichkeit nahe. Es ist ihm ein Leichtes, viel¬<lb/> fältige recht komisch wirkende Belege hierfür zusammenzutragen. Seinen eigent¬<lb/> lichen Zorn aber entfesselt die Dichterin durch eine andere Unart, wie er wenigstens</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0563]
(österreichische Dichterinnen
anwenden wie jedes andere therapeutische Mittel, dann wird überhaupt jene
bereits von dem Nationalökonomen Rümelin befürwortete völlige Trennung des
beabsichtigt folgenlosen von dem beabsichtigt fruchttragenden Geschlechtsverkehre
realisiert, die das gesamte sexuelle Leben zu sanieren berufen ist.
Jedenfalls ist es ebenso falsch, die Geburtenprävention in Bausch und
Bogen zu verwerfen, wie sie in der Form des französischen Zweikindersystems
oder gar des amerikanischen Einkindersystems als Instrument des Gattungs¬
selbstmordes zu verwenden. Die Geburtenprävention kann eben nicht ohne
weiteres dem Belieben des Spießbürgers freigegeben werden. Sie muß viel¬
mehr sorgfältig in allen Einzelheiten ausgebildet werden als eine Art gene¬
rativer Diät, die den Forderungen des Individuums und denen der Art
möglichst in gleichem Maße gerecht wird, im Falle eines unausweichlichen Kon¬
fliktes jedoch die letzteren bevorzugen muß.
Erst wenn diese oder ähnliche Gedankengänge Gemeingut aller denkenden
Menschen geworden sind und die gegenstehenden Vorurteile verdrängt haben
werden, wird die Rationalisierung des menschlichen Artprozesses praktische Be¬
deutung erhalten.
Osterreichische Dichterinnen
Victor Alcmperer- Von
er siebente der „Harmlosen Briefe eines deutschen Kleinstädters",
mit denen Paul Lindau 1369 debütierte, um bald ein gefeierter
und gefürchteter Journalist und Kritiker zu werden, wendet sich mit
ebensoviel Gerechtigkeit wie Ungerechtigkeit hohnvoll parodierend
gegen Ada Christens „Lieder einer Verlorenen". Unter diesem
Titel und Pseudonym hatte im Jahr zuvor eine vierundzwanzigjährige Wienerin
(dem Mädchennamen nach Christine Friderik, in erster Ehe von Neupaur, in
zweiter von Breter) nach harten Schicksalsschlägen, als Verarmung des Vaters,
Wahnsinnstod des jungen Gatten, eine kleine Sammlung düsterer Gedichte
herausgegeben, die bei Kritik und Publikum viel Anerkennung finden. Lindau
sucht nun die Dichterin lächerlich zu machen, indem er ihre ungemeine Ab¬
hängigkeit von Heine herausstellt. Sie plagiiere ihn nicht etwa, betont er immer
wieder, sie erinnere sich seiner nur allzuoft und komme ihm in vielen Wendungen
bis haarscharf an die Wortwörtlichkeit nahe. Es ist ihm ein Leichtes, viel¬
fältige recht komisch wirkende Belege hierfür zusammenzutragen. Seinen eigent¬
lichen Zorn aber entfesselt die Dichterin durch eine andere Unart, wie er wenigstens
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |