Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Der Berliner Roman Dr. Arthur ZV c se x Hai- von s hat lange gedauert, ehe die jüngstdeutsche Literatur sich dazu Erst ganz allmählich dämmerte die Erkenntnis, daß die neue Zeit in ihren Grenzboten III 1912 66
Der Berliner Roman Dr. Arthur ZV c se x Hai- von s hat lange gedauert, ehe die jüngstdeutsche Literatur sich dazu Erst ganz allmählich dämmerte die Erkenntnis, daß die neue Zeit in ihren Grenzboten III 1912 66
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[Abbildung]
Der Berliner Roman
Dr. Arthur ZV c se x Hai- von
s hat lange gedauert, ehe die jüngstdeutsche Literatur sich dazu
verstand, die neuen tausendfältigen Erscheinungsformen einer Zeit,
in der sie lebte und deren Luft sie atmete, nun auch als neue
künstlerische Probleme zu werten. Immer und immer wieder ist
sie auf ihrem Wege überraschenden Erscheinungen begegnet, für
die in ihrer Schulästhetik kein besonderes Kapitel vorgesehen war. Heute waren
es die gelösten Kräfte des Dampfes und der Elektrizität, die beunruhigend und
rätselhaft in ihren durch Klassizität und Romantik beschränkten Gesichtskreis
traten, und am nächsten Tage war es der Sozialismus mit seinen ungeahnten
Problemen, war es die immer bedrohlicher näher rückende Masse des Proletariats,
waren es die Automobile, die Röntgenstrahlen, die Luftschiffe und tausend andere
Dinge mehr, die mit Blitzzugsgeschwindigkeit auf ihren bedrängten Geist an¬
stürmten. Sie wußte sich in der Fülle dieser Erscheinungen keinen Rat und
machte es wie der brave Vogel Strauß, der bekanntlich in angenehmer Selbst¬
täuschung seinen Kopf in den Sand gräbt, wenn er irgendwo eine Gefahr
wittert. Sie ignorierte ganz einfach das von Tag zu Tag ungebärdiger
brodelnde Leben ihrer Zeit. Sie verstopfte sich die Ohren vor dem lauter
und hitziger werdenden Kampfe, der da draußen die freigewordenen Kräfte
eines veränderten Zeitalters gegeneinander hetzte. Sie machte aus ihrer erbärm¬
lichen Not eine Tugend, indem sie das, was sie in seiner Gesamtheit nicht zu
fassen vermochte, als unpoetisch, als roh, ja gar als unsittlich verwarf. Und
sie suchte und fand Schutz in der glänzenden Isoliertheit ihrer Götter und
Helden, die mit verstimmten Mienen in verstaubten Tempeln umherstanden und
von Eisenbahnen und Dynamomaschinen und Luftschiffer und Arbeiterbataillonen
nichts wußten und nichts zu wissen brauchten.
Erst ganz allmählich dämmerte die Erkenntnis, daß die neue Zeit in ihren
Schatzkammern wohl auch ungeahnte künstlerische Möglichkeiten trug. Die großen
russischen Epiker und Zolas unerschrockene Gegenwartsromane gaben den ersten
Anstoß. Das, was man den deutschen Naturalismus nennt, war eines Tages
lebendig geworden und fegte wie ein Gewitter, verwüstend und reinigend zugleich,
Grenzboten III 1912 66
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