Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Karl Salzcr Gurkenfrüchte von den rauhen Ranken. Zwischen den dunkelgrünen Blättern Die Arbeit der Geschwister geht rasch vonstatten. Ist ein Körbchen gefüllt, "Mach du "weil (einstweilen) in der anderen Zeil allein weiter. Ich bird Karl richtet sich auf, setzt den breitrandigen Strohhut ab und trocknet den Die Sonne brennt heiß vom dunstigblauen Himmel herab. Man könnte "Sophie, wenn's mit dieser Trockenung so weiter geht, brauchen wir auf "'s ist noch lang bis dorthinI" antwortet das Mädchen. "Da kann's Der Wunsch der Schwester bringt die Gedanken des Burschen auf die "Sophie, ich möcht nur wissen, wie ein so miserabel Geschwätz über unsern "Karl, ich glaub von unserm Vater net, daß er zu einem Spitzbub werden Das Herz schlägt ihr rascher und bis zum Halse herauf. Sie lüftet unter Es wird ihr zu enge. "'s war heut morgen auch so auffällig, wie er sich benommen hat," meint Karl Salzcr Gurkenfrüchte von den rauhen Ranken. Zwischen den dunkelgrünen Blättern Die Arbeit der Geschwister geht rasch vonstatten. Ist ein Körbchen gefüllt, „Mach du «weil (einstweilen) in der anderen Zeil allein weiter. Ich bird Karl richtet sich auf, setzt den breitrandigen Strohhut ab und trocknet den Die Sonne brennt heiß vom dunstigblauen Himmel herab. Man könnte „Sophie, wenn's mit dieser Trockenung so weiter geht, brauchen wir auf „'s ist noch lang bis dorthinI" antwortet das Mädchen. „Da kann's Der Wunsch der Schwester bringt die Gedanken des Burschen auf die „Sophie, ich möcht nur wissen, wie ein so miserabel Geschwätz über unsern „Karl, ich glaub von unserm Vater net, daß er zu einem Spitzbub werden Das Herz schlägt ihr rascher und bis zum Halse herauf. Sie lüftet unter Es wird ihr zu enge. „'s war heut morgen auch so auffällig, wie er sich benommen hat," meint <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0434" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322181"/> <fw type="header" place="top"> Karl Salzcr</fw><lb/> <p xml:id="ID_1801" prev="#ID_1800"> Gurkenfrüchte von den rauhen Ranken. Zwischen den dunkelgrünen Blättern<lb/> lugen auch goldgelbe Früchte hervor, die man nicht abbricht. Sie bleiben als<lb/> Samengurken hängen bis nach der Haupternte. Dann werden sie aufs Schuppen¬<lb/> dach gelegt, wo die Sonne sie voll ausreifen mag.</p><lb/> <p xml:id="ID_1802"> Die Arbeit der Geschwister geht rasch vonstatten. Ist ein Körbchen gefüllt,<lb/> so wird es in die Säcke geleert, die aufrecht zwischen den Zeilen stehen bleiben.<lb/> AIs die beiden am Ende der Zeile angelangt waren, sagt Karl, der Bruder,<lb/> zu Sophie, der Schwester:</p><lb/> <p xml:id="ID_1803"> „Mach du «weil (einstweilen) in der anderen Zeil allein weiter. Ich bird<lb/> die Säckelchen zu und trag sie hinauf an den Weg, damit der Vater sie gleich<lb/> aufladen kann, wenn er kommt!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1804"> Karl richtet sich auf, setzt den breitrandigen Strohhut ab und trocknet den<lb/> Stirnschweiß. Dann greift er in die Hosentasche und holt ein Bündel Körbel<lb/> heraus, faltete die Sackenden zusammen und umschnürt die Bauschen mit dem<lb/> Bindfaden. So Zeile um Zeile. Als er mit dem Zubinden fertig ist, trägt<lb/> er die kurzen Säcke auf dem Rücken an den fuhrgleiszerrissenen Weg und<lb/> schichtet sie aufeinander. Dann hilft er der Schwester wieder beim Abbrechen<lb/> der Gurken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1805"> Die Sonne brennt heiß vom dunstigblauen Himmel herab. Man könnte<lb/> einen guten Regen brauchen. Der Boden ist harttrocken und rissig, die Gurken¬<lb/> pflanzen sind welk. Karl sagt zu seiner Schwester:</p><lb/> <p xml:id="ID_1806"> „Sophie, wenn's mit dieser Trockenung so weiter geht, brauchen wir auf<lb/> Kerb (Kirchweih) keine Gummern mehr zu brechen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1807"> „'s ist noch lang bis dorthinI" antwortet das Mädchen. „Da kann's<lb/> noch genung Regen geben. Aweil (eben) haben wir erst anfangs August, die<lb/> Kerb ist am dritten Sonntag im September. Ich wollt, ich hätt soviel Mark,<lb/> als bis dorthin noch Regentröpfelchen vom Himmel fallen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1808"> Der Wunsch der Schwester bringt die Gedanken des Burschen auf die<lb/> Angelegenheit seines Vaters. 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Karl Salzcr
Gurkenfrüchte von den rauhen Ranken. Zwischen den dunkelgrünen Blättern
lugen auch goldgelbe Früchte hervor, die man nicht abbricht. Sie bleiben als
Samengurken hängen bis nach der Haupternte. Dann werden sie aufs Schuppen¬
dach gelegt, wo die Sonne sie voll ausreifen mag.
Die Arbeit der Geschwister geht rasch vonstatten. Ist ein Körbchen gefüllt,
so wird es in die Säcke geleert, die aufrecht zwischen den Zeilen stehen bleiben.
AIs die beiden am Ende der Zeile angelangt waren, sagt Karl, der Bruder,
zu Sophie, der Schwester:
„Mach du «weil (einstweilen) in der anderen Zeil allein weiter. Ich bird
die Säckelchen zu und trag sie hinauf an den Weg, damit der Vater sie gleich
aufladen kann, wenn er kommt!"
Karl richtet sich auf, setzt den breitrandigen Strohhut ab und trocknet den
Stirnschweiß. Dann greift er in die Hosentasche und holt ein Bündel Körbel
heraus, faltete die Sackenden zusammen und umschnürt die Bauschen mit dem
Bindfaden. So Zeile um Zeile. Als er mit dem Zubinden fertig ist, trägt
er die kurzen Säcke auf dem Rücken an den fuhrgleiszerrissenen Weg und
schichtet sie aufeinander. Dann hilft er der Schwester wieder beim Abbrechen
der Gurken.
Die Sonne brennt heiß vom dunstigblauen Himmel herab. Man könnte
einen guten Regen brauchen. Der Boden ist harttrocken und rissig, die Gurken¬
pflanzen sind welk. Karl sagt zu seiner Schwester:
„Sophie, wenn's mit dieser Trockenung so weiter geht, brauchen wir auf
Kerb (Kirchweih) keine Gummern mehr zu brechen!"
„'s ist noch lang bis dorthinI" antwortet das Mädchen. „Da kann's
noch genung Regen geben. Aweil (eben) haben wir erst anfangs August, die
Kerb ist am dritten Sonntag im September. Ich wollt, ich hätt soviel Mark,
als bis dorthin noch Regentröpfelchen vom Himmel fallen!"
Der Wunsch der Schwester bringt die Gedanken des Burschen auf die
Angelegenheit seines Vaters. Er sagt:
„Sophie, ich möcht nur wissen, wie ein so miserabel Geschwätz über unsern
Vater hat aufkommen können. Ich glaub, er nimmt sich's arg zu Herzen!"
„Karl, ich glaub von unserm Vater net, daß er zu einem Spitzbub werden
könnt, wie das die Baueren meinen, aber ich hab doch so Angst und weiß net
warum!"
Das Herz schlägt ihr rascher und bis zum Halse herauf. Sie lüftet unter
dem Kinn den Knoten des weißen Kopftuches, das so weit nach vorn gebunden
ist, daß das erhitzte Gesicht des Mädchens nur durch einen schmalen Schlitz
sichtbar ist.
Es wird ihr zu enge.
„'s war heut morgen auch so auffällig, wie er sich benommen hat," meint
der Bruder. „Und das komisch Geschwätz, das wir alle drei zusammen geschmust
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