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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Der Aronprinz und sein Buch

aß ein Thronfolger ein Buch für die Öffentlichkeit schreibt, ist
gewiß etwas Ungewöhnliches. Es ist ein eigentümliches Zusammen¬
treffen, daß in unserer Zeit jedermann das Recht auf freie
Meinungsäußerung für sich beansprucht, dieses selbe Recht aber
einer "offiziellen Persönlichkeit" schwerer denn je zugänglich ist;
es müßte sich denn schon, wie im vorliegenden Falle, um ein so neutrales
Gebiet wie die Jagd handeln, das dem politischen Kritiker keinen Angriffs¬
punkt bietet.

Dabei fällt mein Blick auf das Geleitwort des Verfassers: "Diese kleinen
Skizzen, schlicht und schmucklos, sollen keinen Anspruch aus schriftstellerischen
Wert erheben. Lose Blätter sind es, genommen aus dem Tagebuche eines
Menschen, der die echte, waidgerechte Jagd liebt und dem die schöne große
Natur ein unversiegbarer Quell von Schönheit und Lebensfreude ist."

Ich meine, das ist so gedacht, daß man ruhig die Kritikerbrille weglassen
kann, um sich einmal ganz natürlich den Menschen anzusehen, der zu uns
sprechen will. Denn darin liegt meines Erachtens der eigentliche Wert der
"losen Blätter".

Für jeden Deutschen ist es ohne Zweifel von Interesse, seinen Kronprinzen
einmal etwas näher kennen zu lernen. Und wie könnte dieses Kennenlernen
besser geschehen, als wenn dieser selbst in seiner natürlichen, ungezwungenen
Weise mit uns plaudert, uns dadurch so manchen Blick in sein Inneres tun
läßt und geradezu zu einer kleinen Charakterstudie auffordert. Denn charakte¬
ristisch sind diese kleinen Erzählungen, das wird auch der schlimmste Nörgler
nicht bestreiten können. Selbst wenn das "W" mit der Krone nicht auf dem
grünen Einband stände, wenn die eingestreuten hübschen Photographien und die
Textstellen fehlten, aus denen man ohne weiteres den Verfasser ersieht, so verriete
doch jede Zeile den jungen preußischen Reiteroffizier, der mit Leib und Seele
mit dem Pferde verwachsen ist, der an jedem körperlichen Sport seine helle
Freude hat, der mit fröhlichem Optimismus an das Leben herantritt und seine
Neigung, einmal zu Pferde einen leichtsinnigen Sprung zu wagen, auch im
übrigen Leben nicht ganz verleugnen kann.




Der Aronprinz und sein Buch

aß ein Thronfolger ein Buch für die Öffentlichkeit schreibt, ist
gewiß etwas Ungewöhnliches. Es ist ein eigentümliches Zusammen¬
treffen, daß in unserer Zeit jedermann das Recht auf freie
Meinungsäußerung für sich beansprucht, dieses selbe Recht aber
einer „offiziellen Persönlichkeit" schwerer denn je zugänglich ist;
es müßte sich denn schon, wie im vorliegenden Falle, um ein so neutrales
Gebiet wie die Jagd handeln, das dem politischen Kritiker keinen Angriffs¬
punkt bietet.

Dabei fällt mein Blick auf das Geleitwort des Verfassers: „Diese kleinen
Skizzen, schlicht und schmucklos, sollen keinen Anspruch aus schriftstellerischen
Wert erheben. Lose Blätter sind es, genommen aus dem Tagebuche eines
Menschen, der die echte, waidgerechte Jagd liebt und dem die schöne große
Natur ein unversiegbarer Quell von Schönheit und Lebensfreude ist."

Ich meine, das ist so gedacht, daß man ruhig die Kritikerbrille weglassen
kann, um sich einmal ganz natürlich den Menschen anzusehen, der zu uns
sprechen will. Denn darin liegt meines Erachtens der eigentliche Wert der
„losen Blätter".

Für jeden Deutschen ist es ohne Zweifel von Interesse, seinen Kronprinzen
einmal etwas näher kennen zu lernen. Und wie könnte dieses Kennenlernen
besser geschehen, als wenn dieser selbst in seiner natürlichen, ungezwungenen
Weise mit uns plaudert, uns dadurch so manchen Blick in sein Inneres tun
läßt und geradezu zu einer kleinen Charakterstudie auffordert. Denn charakte¬
ristisch sind diese kleinen Erzählungen, das wird auch der schlimmste Nörgler
nicht bestreiten können. Selbst wenn das „W" mit der Krone nicht auf dem
grünen Einband stände, wenn die eingestreuten hübschen Photographien und die
Textstellen fehlten, aus denen man ohne weiteres den Verfasser ersieht, so verriete
doch jede Zeile den jungen preußischen Reiteroffizier, der mit Leib und Seele
mit dem Pferde verwachsen ist, der an jedem körperlichen Sport seine helle
Freude hat, der mit fröhlichem Optimismus an das Leben herantritt und seine
Neigung, einmal zu Pferde einen leichtsinnigen Sprung zu wagen, auch im
übrigen Leben nicht ganz verleugnen kann.


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[0426] [Abbildung] Der Aronprinz und sein Buch aß ein Thronfolger ein Buch für die Öffentlichkeit schreibt, ist gewiß etwas Ungewöhnliches. Es ist ein eigentümliches Zusammen¬ treffen, daß in unserer Zeit jedermann das Recht auf freie Meinungsäußerung für sich beansprucht, dieses selbe Recht aber einer „offiziellen Persönlichkeit" schwerer denn je zugänglich ist; es müßte sich denn schon, wie im vorliegenden Falle, um ein so neutrales Gebiet wie die Jagd handeln, das dem politischen Kritiker keinen Angriffs¬ punkt bietet. Dabei fällt mein Blick auf das Geleitwort des Verfassers: „Diese kleinen Skizzen, schlicht und schmucklos, sollen keinen Anspruch aus schriftstellerischen Wert erheben. Lose Blätter sind es, genommen aus dem Tagebuche eines Menschen, der die echte, waidgerechte Jagd liebt und dem die schöne große Natur ein unversiegbarer Quell von Schönheit und Lebensfreude ist." Ich meine, das ist so gedacht, daß man ruhig die Kritikerbrille weglassen kann, um sich einmal ganz natürlich den Menschen anzusehen, der zu uns sprechen will. Denn darin liegt meines Erachtens der eigentliche Wert der „losen Blätter". Für jeden Deutschen ist es ohne Zweifel von Interesse, seinen Kronprinzen einmal etwas näher kennen zu lernen. Und wie könnte dieses Kennenlernen besser geschehen, als wenn dieser selbst in seiner natürlichen, ungezwungenen Weise mit uns plaudert, uns dadurch so manchen Blick in sein Inneres tun läßt und geradezu zu einer kleinen Charakterstudie auffordert. Denn charakte¬ ristisch sind diese kleinen Erzählungen, das wird auch der schlimmste Nörgler nicht bestreiten können. Selbst wenn das „W" mit der Krone nicht auf dem grünen Einband stände, wenn die eingestreuten hübschen Photographien und die Textstellen fehlten, aus denen man ohne weiteres den Verfasser ersieht, so verriete doch jede Zeile den jungen preußischen Reiteroffizier, der mit Leib und Seele mit dem Pferde verwachsen ist, der an jedem körperlichen Sport seine helle Freude hat, der mit fröhlichem Optimismus an das Leben herantritt und seine Neigung, einmal zu Pferde einen leichtsinnigen Sprung zu wagen, auch im übrigen Leben nicht ganz verleugnen kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/426>, abgerufen am 22.07.2024.