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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Amerika den Amerikanern!"

läge, mit den Streitigkeiten der europäischen Mächte, und es ist daher nicht
angängig, einen Teil dieses Inhalts vorauszustellen und für sich zu betrachten.
Man muß also die Monroedoktrin im Rahmen des ganzen Teiles dieser
Monroeschen Botschaft betrachten.

Es ist klar ersichtlich, daß der Z 7 sich aus einen anderen Tatbestand bezieht
als die 48, 49, wenn auch die Tendenz eine ähnliche ist. § 7 richtet sich
gegen England und Rußland, 48, 49 gegen einen Teil der europäischen
Mächte, gegen die sogenannte Heilige Allianz. Es handelte sich -- im Falle
des Z 7 -- um Grenzstreitigkeiten zwischen England und Rußland einerseits
und den Vereinigten Staaten anderseits. England wollte seine Grenzen in
Kanada vorschieben, Nußland die Einflußsphäre von Alaska erweitern, so daß
in den Grenzgebieten ständig Reiberei und Streit vorkamen. Diesen Zuständen
suchte der Zar ein Ende zu machen durch den Mas vom 16. September 1821,
also durch eine einseitige Entscheidung und Willenserklärung, ohne sich auf
Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten einzulassen. Diese protestierten,
ebenso wie England, gegen ein solches Verfahren, und es wurden nun Ver¬
handlungen eingeleitet, die zu einer endgültigen Grenzregulierung führen sollten.
Auf diese Verhandlungen nimmt der Präsident im Z 7 seiner Botschaft Bezug
und fügt dazu den Satz, dessen Inhalt dein Kopfe des damaligen Staatssekretärs
John Quincn Adams entstammte und der dem russischen Geschäftsträger schon
mitgeteilt worden war, "daß die amerikanischen Kontinente nicht mehr als
Gegenstand für künftige Koloniegründungen seitens europäischer Mächte zu
betrachten seien". Seine Absicht ist klar: er wollte Amerika für ein von
freien, fest umgrenzten Staaten bewohntes Land erklären, das für Kolonien,
wie sie bei unerforschten, unzivilisierten Ländern möglich seien, keinen Platz
mehr habe.

Der zweite Teil der Botschaft des Präsidenten -- in den FZ 43, 49 --
bezieht sich auf die Tätigkeit der Heiligen Allianz in den zwanziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts. Als nach Abdankung Karls des Vierten Joseph Bonaparte
den spanischen Thron bestiegen hatte, waren in fast allen spanischen Kolonien
Mittel- und Südamerikas Aufstände ausgebrochen, die die Losreißung vom
Mutterlande zum Ziele hatten. In den Jahren 1810 bis 1820 folgte eine
Unabhängigkeitserklärung der anderen. Als nun Ferdinand der Siebente 1814
den spanischen Thron bestiegen hatte, war er dieser Bewegung gegenüber um
so hilfloser, als er schon aus den inneren Wirren seines Landes keinen Ausweg
wußte. Er erhoffte alles von der Staats- und monarchieerhaltenden Tätigkeit
der Heiligen Allianz, und so bat er 1818 die Verbündeten um Hilfe gegen
seine aufrührerischen Kolonien. Aber ein Einschreiten der Heiligen Allianz, so
warm es auch von Alexander dem Ersten befürwortet wurde, scheiterte an dem
Widerspruch Englands, das die Rebellen begünstigte. Es folgten nun lang¬
wierige Streitigkeiten und Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien gegen
England. In Übereinstimmung mit den Tendenzen Englands hatten die Ver-


Amerika den Amerikanern!"

läge, mit den Streitigkeiten der europäischen Mächte, und es ist daher nicht
angängig, einen Teil dieses Inhalts vorauszustellen und für sich zu betrachten.
Man muß also die Monroedoktrin im Rahmen des ganzen Teiles dieser
Monroeschen Botschaft betrachten.

Es ist klar ersichtlich, daß der Z 7 sich aus einen anderen Tatbestand bezieht
als die 48, 49, wenn auch die Tendenz eine ähnliche ist. § 7 richtet sich
gegen England und Rußland, 48, 49 gegen einen Teil der europäischen
Mächte, gegen die sogenannte Heilige Allianz. Es handelte sich — im Falle
des Z 7 — um Grenzstreitigkeiten zwischen England und Rußland einerseits
und den Vereinigten Staaten anderseits. England wollte seine Grenzen in
Kanada vorschieben, Nußland die Einflußsphäre von Alaska erweitern, so daß
in den Grenzgebieten ständig Reiberei und Streit vorkamen. Diesen Zuständen
suchte der Zar ein Ende zu machen durch den Mas vom 16. September 1821,
also durch eine einseitige Entscheidung und Willenserklärung, ohne sich auf
Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten einzulassen. Diese protestierten,
ebenso wie England, gegen ein solches Verfahren, und es wurden nun Ver¬
handlungen eingeleitet, die zu einer endgültigen Grenzregulierung führen sollten.
Auf diese Verhandlungen nimmt der Präsident im Z 7 seiner Botschaft Bezug
und fügt dazu den Satz, dessen Inhalt dein Kopfe des damaligen Staatssekretärs
John Quincn Adams entstammte und der dem russischen Geschäftsträger schon
mitgeteilt worden war, „daß die amerikanischen Kontinente nicht mehr als
Gegenstand für künftige Koloniegründungen seitens europäischer Mächte zu
betrachten seien". Seine Absicht ist klar: er wollte Amerika für ein von
freien, fest umgrenzten Staaten bewohntes Land erklären, das für Kolonien,
wie sie bei unerforschten, unzivilisierten Ländern möglich seien, keinen Platz
mehr habe.

Der zweite Teil der Botschaft des Präsidenten — in den FZ 43, 49 —
bezieht sich auf die Tätigkeit der Heiligen Allianz in den zwanziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts. Als nach Abdankung Karls des Vierten Joseph Bonaparte
den spanischen Thron bestiegen hatte, waren in fast allen spanischen Kolonien
Mittel- und Südamerikas Aufstände ausgebrochen, die die Losreißung vom
Mutterlande zum Ziele hatten. In den Jahren 1810 bis 1820 folgte eine
Unabhängigkeitserklärung der anderen. Als nun Ferdinand der Siebente 1814
den spanischen Thron bestiegen hatte, war er dieser Bewegung gegenüber um
so hilfloser, als er schon aus den inneren Wirren seines Landes keinen Ausweg
wußte. Er erhoffte alles von der Staats- und monarchieerhaltenden Tätigkeit
der Heiligen Allianz, und so bat er 1818 die Verbündeten um Hilfe gegen
seine aufrührerischen Kolonien. Aber ein Einschreiten der Heiligen Allianz, so
warm es auch von Alexander dem Ersten befürwortet wurde, scheiterte an dem
Widerspruch Englands, das die Rebellen begünstigte. Es folgten nun lang¬
wierige Streitigkeiten und Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien gegen
England. In Übereinstimmung mit den Tendenzen Englands hatten die Ver-


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[0074] Amerika den Amerikanern!" läge, mit den Streitigkeiten der europäischen Mächte, und es ist daher nicht angängig, einen Teil dieses Inhalts vorauszustellen und für sich zu betrachten. Man muß also die Monroedoktrin im Rahmen des ganzen Teiles dieser Monroeschen Botschaft betrachten. Es ist klar ersichtlich, daß der Z 7 sich aus einen anderen Tatbestand bezieht als die 48, 49, wenn auch die Tendenz eine ähnliche ist. § 7 richtet sich gegen England und Rußland, 48, 49 gegen einen Teil der europäischen Mächte, gegen die sogenannte Heilige Allianz. Es handelte sich — im Falle des Z 7 — um Grenzstreitigkeiten zwischen England und Rußland einerseits und den Vereinigten Staaten anderseits. England wollte seine Grenzen in Kanada vorschieben, Nußland die Einflußsphäre von Alaska erweitern, so daß in den Grenzgebieten ständig Reiberei und Streit vorkamen. Diesen Zuständen suchte der Zar ein Ende zu machen durch den Mas vom 16. September 1821, also durch eine einseitige Entscheidung und Willenserklärung, ohne sich auf Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten einzulassen. Diese protestierten, ebenso wie England, gegen ein solches Verfahren, und es wurden nun Ver¬ handlungen eingeleitet, die zu einer endgültigen Grenzregulierung führen sollten. Auf diese Verhandlungen nimmt der Präsident im Z 7 seiner Botschaft Bezug und fügt dazu den Satz, dessen Inhalt dein Kopfe des damaligen Staatssekretärs John Quincn Adams entstammte und der dem russischen Geschäftsträger schon mitgeteilt worden war, „daß die amerikanischen Kontinente nicht mehr als Gegenstand für künftige Koloniegründungen seitens europäischer Mächte zu betrachten seien". Seine Absicht ist klar: er wollte Amerika für ein von freien, fest umgrenzten Staaten bewohntes Land erklären, das für Kolonien, wie sie bei unerforschten, unzivilisierten Ländern möglich seien, keinen Platz mehr habe. Der zweite Teil der Botschaft des Präsidenten — in den FZ 43, 49 — bezieht sich auf die Tätigkeit der Heiligen Allianz in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Als nach Abdankung Karls des Vierten Joseph Bonaparte den spanischen Thron bestiegen hatte, waren in fast allen spanischen Kolonien Mittel- und Südamerikas Aufstände ausgebrochen, die die Losreißung vom Mutterlande zum Ziele hatten. In den Jahren 1810 bis 1820 folgte eine Unabhängigkeitserklärung der anderen. Als nun Ferdinand der Siebente 1814 den spanischen Thron bestiegen hatte, war er dieser Bewegung gegenüber um so hilfloser, als er schon aus den inneren Wirren seines Landes keinen Ausweg wußte. Er erhoffte alles von der Staats- und monarchieerhaltenden Tätigkeit der Heiligen Allianz, und so bat er 1818 die Verbündeten um Hilfe gegen seine aufrührerischen Kolonien. Aber ein Einschreiten der Heiligen Allianz, so warm es auch von Alexander dem Ersten befürwortet wurde, scheiterte an dem Widerspruch Englands, das die Rebellen begünstigte. Es folgten nun lang¬ wierige Streitigkeiten und Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien gegen England. In Übereinstimmung mit den Tendenzen Englands hatten die Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/74>, abgerufen am 01.10.2024.