Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.Das englische ^pionagegesetz von Konteradmiral Ralau vom kxofe KMA Aus ihren Kolonialkriegen haben die Engländer wohl den Wert und die Das englische ^pionagegesetz von Konteradmiral Ralau vom kxofe KMA Aus ihren Kolonialkriegen haben die Engländer wohl den Wert und die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0622" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321039"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341895_320416/figures/grenzboten_341895_320416_321039_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das englische ^pionagegesetz<lb/><note type="byline"> von Konteradmiral Ralau vom kxofe</note></head><lb/> <p xml:id="ID_2845"> KMA<lb/> ^DWeit etwa sechs Jahren machte sich die englische Spionage auf dem<lb/> Kontinent in steigendem Maße bemerkbar; sie hatte zwar auch<lb/> schon früher existiert, dann aber im Vergleich zu heute einen mehr<lb/> strategisch-politischen und Amateurcharakter getragen und sich vor¬<lb/> wiegend in den höheren Gesellschaftsschichten bewegt. Der eben<lb/> erwähnte Zeitpunkt fiel zusammen mit dem Beginn der Geschäftsreisen des<lb/> Königs Eduard im Interesse der imperialistischen Einkreisungspolitik, welche die<lb/> politische und kommerzielle Erdrosselung Deutschlands zum Ziel hatte, gegebenen¬<lb/> falls unter Anwendung von Gewalt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2846"> Aus ihren Kolonialkriegen haben die Engländer wohl den Wert und die<lb/> Wichtigkeit der Erkundung der Verhältnisse beim Gegner kennen gelernt; un¬<lb/> begreiflicherweise sind sie trotzdem wiederholt in den Fehler der Unterschätzung des<lb/> Gegners und der Schwierigkeit der Unternehmung verfallen, bis schließlich derBuren-<lb/> krieg ihnen in empfindlicher Art gezeigt hat, wie teuer eine Vernachlässigung<lb/> des Nachrichtenwesens zu stehen kommen kann, schon einer germanischen Miliz¬<lb/> truppe gegenüber. Bei der Vorbereitung eines Krieges, in dem es nach ihrer<lb/> Meinung um Sein und Nichtsein gehen soll, suchen sie sich jetzt durch Spionage<lb/> eine möglichst günstige Lage zum Beginn zu erkunden und ein Nachrichtensnstem<lb/> zu organisieren, das ihnen im Frieden und Krieg das Innere des Gegners<lb/> bloßlegen soll. Besorgten früher Missionare und reisende Kaufleute vornehmlich<lb/> die Erforschung bei unzivilisierten Völkern, so beehrt man uns durch Entsendung<lb/> von Militärs, Professoren, Rechtsanwälten und Gouvernanten. Daneben ist es<lb/> auf die Errichtung von Nachrichtensammelstellen abgesehen, die mit möglichst<lb/> zahlreichen Agenten an allen für die Beurteilung der deutschen militärischen und<lb/> maritimen Leistungsfähigkeit wichtigen Plätzen Fühlung haben sollen. Natürlich<lb/> sind solche Erkundungen manchmal von hohem Wert, wie die Kriegsgeschichte<lb/> lehrt; in der Mehrzahl der Fälle aber hängt der militärische Erfolg, der Verlauf<lb/> eines Krieges und sein Ausgang nicht von der Spionage ab, sondern von den<lb/> richtigen Entschlüssen der Führung, von dem moralischen Wert der Kämpfenden<lb/> und von der Qualität und Quantität der Kriegsmittel. Es genügt durchaus<lb/> nicht, wie Xerxes sich eine Überlegenheit an Dreadnoughts auszurechnen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0622]
[Abbildung]
Das englische ^pionagegesetz
von Konteradmiral Ralau vom kxofe
KMA
^DWeit etwa sechs Jahren machte sich die englische Spionage auf dem
Kontinent in steigendem Maße bemerkbar; sie hatte zwar auch
schon früher existiert, dann aber im Vergleich zu heute einen mehr
strategisch-politischen und Amateurcharakter getragen und sich vor¬
wiegend in den höheren Gesellschaftsschichten bewegt. Der eben
erwähnte Zeitpunkt fiel zusammen mit dem Beginn der Geschäftsreisen des
Königs Eduard im Interesse der imperialistischen Einkreisungspolitik, welche die
politische und kommerzielle Erdrosselung Deutschlands zum Ziel hatte, gegebenen¬
falls unter Anwendung von Gewalt.
Aus ihren Kolonialkriegen haben die Engländer wohl den Wert und die
Wichtigkeit der Erkundung der Verhältnisse beim Gegner kennen gelernt; un¬
begreiflicherweise sind sie trotzdem wiederholt in den Fehler der Unterschätzung des
Gegners und der Schwierigkeit der Unternehmung verfallen, bis schließlich derBuren-
krieg ihnen in empfindlicher Art gezeigt hat, wie teuer eine Vernachlässigung
des Nachrichtenwesens zu stehen kommen kann, schon einer germanischen Miliz¬
truppe gegenüber. Bei der Vorbereitung eines Krieges, in dem es nach ihrer
Meinung um Sein und Nichtsein gehen soll, suchen sie sich jetzt durch Spionage
eine möglichst günstige Lage zum Beginn zu erkunden und ein Nachrichtensnstem
zu organisieren, das ihnen im Frieden und Krieg das Innere des Gegners
bloßlegen soll. Besorgten früher Missionare und reisende Kaufleute vornehmlich
die Erforschung bei unzivilisierten Völkern, so beehrt man uns durch Entsendung
von Militärs, Professoren, Rechtsanwälten und Gouvernanten. Daneben ist es
auf die Errichtung von Nachrichtensammelstellen abgesehen, die mit möglichst
zahlreichen Agenten an allen für die Beurteilung der deutschen militärischen und
maritimen Leistungsfähigkeit wichtigen Plätzen Fühlung haben sollen. Natürlich
sind solche Erkundungen manchmal von hohem Wert, wie die Kriegsgeschichte
lehrt; in der Mehrzahl der Fälle aber hängt der militärische Erfolg, der Verlauf
eines Krieges und sein Ausgang nicht von der Spionage ab, sondern von den
richtigen Entschlüssen der Führung, von dem moralischen Wert der Kämpfenden
und von der Qualität und Quantität der Kriegsmittel. Es genügt durchaus
nicht, wie Xerxes sich eine Überlegenheit an Dreadnoughts auszurechnen.
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