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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Vas Glück des Dauses Rottlcmd

einseitigen Belastung würde er bei seiner Gemütsverfassung kaum gewachsen
gewesen sein.

"Die Holzheimer Merge?" riefen die Schwestern wie aus einem Munde.
"Leite jeune planne? Aber, Salentin, das kann doch nicht dein Ernst seinl
l^ne personne sans kannte, sans wrtune, ssns öäuoationl"

"Ich zwinge euch nicht, unter einem Dache mit ihr zu wohnen," bemerkte
der Freiherr, entschlossen, gleich sein schwerstes Geschütz ins Feuer zu führen.

"Aber, liebster Salentin, wie kannst du supponieren, daß uns das Mädchen
nicht als KsIIe-soeur willkommen sein würde, wenn du sie für würdig erachtest,
deine epouLe zu werden?" erwiderte die Gubernatorin, der der Schreck in die
Glieder gefahren war.

"Wir hatten ja nur dein Glück im Sinne, teuerster Bruder," fügte Schwester
Felizitas hinzu, "und glaubten, du mit deinen admirablen Eigenschaften könntest
auf eine ganz andere mariaZe Anspruch erheben."

"Das ist meine Sache," sagte er, "und ich lasse mir von keinem Menschen
dreinreden."

"Gewiß, gewiß! Da tust du auch recht daran, mon ater, und ich wäre die
letzte, die leugnen würde, daß bei einer solchen Wahl nur das Herz zu entscheiden
hat," erklärte die Gubernatorin mit süßem Lächeln. "Aber hast du denn nicht
auch an die Familie gedacht?"

"Natürlich, besonders an meinen neveu zu Wachendorf," erwiderte er.

"Sie muß doch noch entsetzlich jung sein," meinte die Priorin.

"Das ist der geringste von ihren äeiauts. Wenn ich aber schon einmal in
den sauern Apfel beißen muß -- aus LomMisanLe gegen euchl -- so ist mir
ein rotbäckiger lieber als ein verschrumpelter," bekannte er freimütig.

Die beiden alten Damen bemühten sich nach Kräften, über den Scherz des
Bruders zu lächeln.

"Je jünger ein Mädchen ihres Standes ist," erklärte Frau v. Ödinghoven,
"desto leichter wird sie etiquette annehmen."

"Und desto ernster wird sie die Pflichten auffassen, die ihr das heilige Sakra¬
ment der Ehe auferlegt," ergänzte die Priorin mit Würde.

"Wir werden zu tun haben, dem lieben Kinde die eäucativu zu geben, auf
die sie als deine epvuZe Anspruch erheben kann. Du darfst jedoch persuadiert
sein, ater kröre, daß in diesem Stücke, soweit es an mir liegt, nichts negligiert
werden soll," versprach die Gubernatorin.

"Und ich werde ihr täglich einen kleinen ciisLours über die Aufgaben eines
christlichen Eheweibes halten," versicherte Schwester Felizitas, obgleich sie selbst
von diesen Aufgaben nur eine rein theoretische Kenntnis hatte.

"Vergiß auch nicht, sie zu instruieren, wie man Prünellen in Branntwein
einmacht und wie man holländische Moppen bäckt," sagte der Freiherr, der vor
den bewährten Klosterrezepten seiner geistlichen Schwester eine unbegrenzte Hoch¬
achtung hatte.

"Hast du schon bestimmt, wann die Hochzeit sein soll?" fragte die Gubernatorin.

"Je eher, desto lieber."

"Wird es ein großes losem werden?"


Grenzboten IV 1811 ^
Vas Glück des Dauses Rottlcmd

einseitigen Belastung würde er bei seiner Gemütsverfassung kaum gewachsen
gewesen sein.

„Die Holzheimer Merge?" riefen die Schwestern wie aus einem Munde.
„Leite jeune planne? Aber, Salentin, das kann doch nicht dein Ernst seinl
l^ne personne sans kannte, sans wrtune, ssns öäuoationl"

„Ich zwinge euch nicht, unter einem Dache mit ihr zu wohnen," bemerkte
der Freiherr, entschlossen, gleich sein schwerstes Geschütz ins Feuer zu führen.

„Aber, liebster Salentin, wie kannst du supponieren, daß uns das Mädchen
nicht als KsIIe-soeur willkommen sein würde, wenn du sie für würdig erachtest,
deine epouLe zu werden?" erwiderte die Gubernatorin, der der Schreck in die
Glieder gefahren war.

„Wir hatten ja nur dein Glück im Sinne, teuerster Bruder," fügte Schwester
Felizitas hinzu, „und glaubten, du mit deinen admirablen Eigenschaften könntest
auf eine ganz andere mariaZe Anspruch erheben."

„Das ist meine Sache," sagte er, „und ich lasse mir von keinem Menschen
dreinreden."

„Gewiß, gewiß! Da tust du auch recht daran, mon ater, und ich wäre die
letzte, die leugnen würde, daß bei einer solchen Wahl nur das Herz zu entscheiden
hat," erklärte die Gubernatorin mit süßem Lächeln. „Aber hast du denn nicht
auch an die Familie gedacht?"

„Natürlich, besonders an meinen neveu zu Wachendorf," erwiderte er.

„Sie muß doch noch entsetzlich jung sein," meinte die Priorin.

„Das ist der geringste von ihren äeiauts. Wenn ich aber schon einmal in
den sauern Apfel beißen muß — aus LomMisanLe gegen euchl — so ist mir
ein rotbäckiger lieber als ein verschrumpelter," bekannte er freimütig.

Die beiden alten Damen bemühten sich nach Kräften, über den Scherz des
Bruders zu lächeln.

„Je jünger ein Mädchen ihres Standes ist," erklärte Frau v. Ödinghoven,
„desto leichter wird sie etiquette annehmen."

„Und desto ernster wird sie die Pflichten auffassen, die ihr das heilige Sakra¬
ment der Ehe auferlegt," ergänzte die Priorin mit Würde.

„Wir werden zu tun haben, dem lieben Kinde die eäucativu zu geben, auf
die sie als deine epvuZe Anspruch erheben kann. Du darfst jedoch persuadiert
sein, ater kröre, daß in diesem Stücke, soweit es an mir liegt, nichts negligiert
werden soll," versprach die Gubernatorin.

„Und ich werde ihr täglich einen kleinen ciisLours über die Aufgaben eines
christlichen Eheweibes halten," versicherte Schwester Felizitas, obgleich sie selbst
von diesen Aufgaben nur eine rein theoretische Kenntnis hatte.

„Vergiß auch nicht, sie zu instruieren, wie man Prünellen in Branntwein
einmacht und wie man holländische Moppen bäckt," sagte der Freiherr, der vor
den bewährten Klosterrezepten seiner geistlichen Schwester eine unbegrenzte Hoch¬
achtung hatte.

„Hast du schon bestimmt, wann die Hochzeit sein soll?" fragte die Gubernatorin.

„Je eher, desto lieber."

„Wird es ein großes losem werden?"


Grenzboten IV 1811 ^
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[0093] Vas Glück des Dauses Rottlcmd einseitigen Belastung würde er bei seiner Gemütsverfassung kaum gewachsen gewesen sein. „Die Holzheimer Merge?" riefen die Schwestern wie aus einem Munde. „Leite jeune planne? Aber, Salentin, das kann doch nicht dein Ernst seinl l^ne personne sans kannte, sans wrtune, ssns öäuoationl" „Ich zwinge euch nicht, unter einem Dache mit ihr zu wohnen," bemerkte der Freiherr, entschlossen, gleich sein schwerstes Geschütz ins Feuer zu führen. „Aber, liebster Salentin, wie kannst du supponieren, daß uns das Mädchen nicht als KsIIe-soeur willkommen sein würde, wenn du sie für würdig erachtest, deine epouLe zu werden?" erwiderte die Gubernatorin, der der Schreck in die Glieder gefahren war. „Wir hatten ja nur dein Glück im Sinne, teuerster Bruder," fügte Schwester Felizitas hinzu, „und glaubten, du mit deinen admirablen Eigenschaften könntest auf eine ganz andere mariaZe Anspruch erheben." „Das ist meine Sache," sagte er, „und ich lasse mir von keinem Menschen dreinreden." „Gewiß, gewiß! Da tust du auch recht daran, mon ater, und ich wäre die letzte, die leugnen würde, daß bei einer solchen Wahl nur das Herz zu entscheiden hat," erklärte die Gubernatorin mit süßem Lächeln. „Aber hast du denn nicht auch an die Familie gedacht?" „Natürlich, besonders an meinen neveu zu Wachendorf," erwiderte er. „Sie muß doch noch entsetzlich jung sein," meinte die Priorin. „Das ist der geringste von ihren äeiauts. Wenn ich aber schon einmal in den sauern Apfel beißen muß — aus LomMisanLe gegen euchl — so ist mir ein rotbäckiger lieber als ein verschrumpelter," bekannte er freimütig. Die beiden alten Damen bemühten sich nach Kräften, über den Scherz des Bruders zu lächeln. „Je jünger ein Mädchen ihres Standes ist," erklärte Frau v. Ödinghoven, „desto leichter wird sie etiquette annehmen." „Und desto ernster wird sie die Pflichten auffassen, die ihr das heilige Sakra¬ ment der Ehe auferlegt," ergänzte die Priorin mit Würde. „Wir werden zu tun haben, dem lieben Kinde die eäucativu zu geben, auf die sie als deine epvuZe Anspruch erheben kann. Du darfst jedoch persuadiert sein, ater kröre, daß in diesem Stücke, soweit es an mir liegt, nichts negligiert werden soll," versprach die Gubernatorin. „Und ich werde ihr täglich einen kleinen ciisLours über die Aufgaben eines christlichen Eheweibes halten," versicherte Schwester Felizitas, obgleich sie selbst von diesen Aufgaben nur eine rein theoretische Kenntnis hatte. „Vergiß auch nicht, sie zu instruieren, wie man Prünellen in Branntwein einmacht und wie man holländische Moppen bäckt," sagte der Freiherr, der vor den bewährten Klosterrezepten seiner geistlichen Schwester eine unbegrenzte Hoch¬ achtung hatte. „Hast du schon bestimmt, wann die Hochzeit sein soll?" fragte die Gubernatorin. „Je eher, desto lieber." „Wird es ein großes losem werden?" Grenzboten IV 1811 ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/93>, abgerufen am 23.07.2024.