Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Reichsspiegel Das Marskkonachspiel Sir Edward Greys erwartete Rede -- Haltung der englischen und deutschen Presse -- Französisch-spanische Verträge -- Algeciras eine Niederlage für Deutschland? -- Englands Freundschaft für Frankreich -- Herr Heinrich Clasz als Weltallpolitiler Am Montag, den 27. November abends, also gerade zu der Zeit wo diese Mit gewisser Bestimmtheit ist vorauszusehen, daß Sir Edward Grey sich Reichsspiegel Das Marskkonachspiel Sir Edward Greys erwartete Rede — Haltung der englischen und deutschen Presse — Französisch-spanische Verträge — Algeciras eine Niederlage für Deutschland? — Englands Freundschaft für Frankreich — Herr Heinrich Clasz als Weltallpolitiler Am Montag, den 27. November abends, also gerade zu der Zeit wo diese Mit gewisser Bestimmtheit ist vorauszusehen, daß Sir Edward Grey sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0460" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320061"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_319600/figures/grenzboten_341893_319600_320061_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Reichsspiegel<lb/></head><lb/> <div n="2"> <head> Das Marskkonachspiel</head><lb/> <note type="argument"> Sir Edward Greys erwartete Rede — Haltung der englischen und deutschen Presse —<lb/> Französisch-spanische Verträge — Algeciras eine Niederlage für Deutschland? —<lb/> Englands Freundschaft für Frankreich — Herr Heinrich Clasz als Weltallpolitiler</note><lb/> <p xml:id="ID_1989"> Am Montag, den 27. November abends, also gerade zu der Zeit wo diese<lb/> Zeilen in die Druckerei gehen, hält in London Sir Edward Grey eine Rede,<lb/> die die englische amtliche Antwort auf die Ausführungen des deutschen Staats¬<lb/> sekretärs des Auswärtigen Amtes in der Budgetkommisston des Reichstags<lb/> enthalten dürfte. Was diese Rede im einzelnen bringen wird, läßt sich natürlich<lb/> nicht mit Bestimmtheit voraussagen. Aber die Erwartung ihres Inhalts beherrscht<lb/> die politische Stimmung hüben und drüben, wenngleich sie in erster Linie<lb/> eigentlich von innerpolitischer Bedeutung sowohl für England wie für Deutsch¬<lb/> land ist. Diesseits und jenseits des Kanals kann die Rede nur dazu dienen.<lb/> Angriffe auf die Regierungen zu verschärfen oder zurückzuhalten. Auf die<lb/> internationale Lage, besonders auf die deutsch-englischen Beziehungen, vermag<lb/> sie ändernd kaum noch einzuwirken. Sir Edward Grey hat am 21. Juli und<lb/> in den darauffolgenden Tagen die Stellung der derzeitigen britischen Negierung<lb/> zu deutlich enthüllt, als daß es bis auf weiteres möglich wäre, nach anderen<lb/> als nach den Tatsachen des Sommers die Beziehungen beider Länder zueinander<lb/> zu bewerten. Jetzt könnten nur Taten beweisen, daß das englische Volk ernst¬<lb/> haft bestrebt sei, neben seinem deutschen Vetter in Frieden leben zu wollen,<lb/> nicht Reden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1990" next="#ID_1991"> Mit gewisser Bestimmtheit ist vorauszusehen, daß Sir Edward Grey sich<lb/> bemühen wird, alle Schuld an der Zuspitzung vom Juli auf den deutschen Kollegen<lb/> abzuwälzen. Und es wäre unnatürlich, wenn es anders wäre. Er wird es<lb/> seinen englischen Hörern gegenüber auch verhältnismäßig leicht haben. Denn wer,<lb/> wie Kiderlen, sich erkühnte, die Maschen zu zerreißen, mit denen die Politik<lb/> Eduard des Siebenten den Erdball zu umspinnen und die deutsche Entwicklung<lb/> aufzuhalten trachtete, wird in England unschwer als Störer des Friedens,<lb/> wie die Briten ihn sich wünschen, hingestellt werden können. Für die augen¬<lb/> blickliche Lage wichtiger dürfte es sein, was Herr Grey sachlich zu den deutsche</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0460]
[Abbildung]
Reichsspiegel
Das Marskkonachspiel
Sir Edward Greys erwartete Rede — Haltung der englischen und deutschen Presse —
Französisch-spanische Verträge — Algeciras eine Niederlage für Deutschland? —
Englands Freundschaft für Frankreich — Herr Heinrich Clasz als Weltallpolitiler
Am Montag, den 27. November abends, also gerade zu der Zeit wo diese
Zeilen in die Druckerei gehen, hält in London Sir Edward Grey eine Rede,
die die englische amtliche Antwort auf die Ausführungen des deutschen Staats¬
sekretärs des Auswärtigen Amtes in der Budgetkommisston des Reichstags
enthalten dürfte. Was diese Rede im einzelnen bringen wird, läßt sich natürlich
nicht mit Bestimmtheit voraussagen. Aber die Erwartung ihres Inhalts beherrscht
die politische Stimmung hüben und drüben, wenngleich sie in erster Linie
eigentlich von innerpolitischer Bedeutung sowohl für England wie für Deutsch¬
land ist. Diesseits und jenseits des Kanals kann die Rede nur dazu dienen.
Angriffe auf die Regierungen zu verschärfen oder zurückzuhalten. Auf die
internationale Lage, besonders auf die deutsch-englischen Beziehungen, vermag
sie ändernd kaum noch einzuwirken. Sir Edward Grey hat am 21. Juli und
in den darauffolgenden Tagen die Stellung der derzeitigen britischen Negierung
zu deutlich enthüllt, als daß es bis auf weiteres möglich wäre, nach anderen
als nach den Tatsachen des Sommers die Beziehungen beider Länder zueinander
zu bewerten. Jetzt könnten nur Taten beweisen, daß das englische Volk ernst¬
haft bestrebt sei, neben seinem deutschen Vetter in Frieden leben zu wollen,
nicht Reden.
Mit gewisser Bestimmtheit ist vorauszusehen, daß Sir Edward Grey sich
bemühen wird, alle Schuld an der Zuspitzung vom Juli auf den deutschen Kollegen
abzuwälzen. Und es wäre unnatürlich, wenn es anders wäre. Er wird es
seinen englischen Hörern gegenüber auch verhältnismäßig leicht haben. Denn wer,
wie Kiderlen, sich erkühnte, die Maschen zu zerreißen, mit denen die Politik
Eduard des Siebenten den Erdball zu umspinnen und die deutsche Entwicklung
aufzuhalten trachtete, wird in England unschwer als Störer des Friedens,
wie die Briten ihn sich wünschen, hingestellt werden können. Für die augen¬
blickliche Lage wichtiger dürfte es sein, was Herr Grey sachlich zu den deutsche
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