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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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eingetreten, was alle Welt erwartet und befürchtet hatte. Nach dem ersten
Schrecken über den von der Bundesregierung gegen die größte Trustgesellschaft
geführten Schlag besann man sich; die Gewißheit, daß ein Prozeß in den Ver¬
einigten Staaten jahrelang durch alle Instanzen gezogen werden könne und also
auf absehbare Zeit hinaus das Schicksal des Trust noch gesichert sei, ließ die
Hoffnung wieder aufglimmen und, kaum geschehen, wandte sich das Blatt völlig.
Mit einemmal schlugen die Berichte über den Eisenmarkt einen zuversichtlicheren Ton
an und, sah man bisher alles grau in grau, so schien plötzlich, den Außenstehenden
unverständlich genug, der Himmel voller Geigen zu hängen. Widerstandslos, wie
vorher die Deroute, sah die Börse eine Hauffe über sich hereinbrechen, getragen,
wie die riesenhaft anschwellenden Umsätze zeigen, von einer solchen Teilnahme aller
Kreise und von einer solchen Kraft und Schnelligkeit der Bewegung, daß ihre
Wucht fast elementar erschien. Vorerst freilich scheint es an einem sachlichen Grund
für eine so völlig veränderte Beurteilung der wirtschaftlichen Lage völlig zu fehlen.
Diese letztere ist in Amerika zweifelsohne nicht glänzend; mau braucht nur die
Monatsausweise etwa des Skeet Trust zur Hand zu nehmen und mit den früheren
Ziffern zu vergleichen. Die Reinüberschüsse wie der Auftragsbestand zeigen ein
bedenkliches Zmückglciien. Die fünfprozentige Dividende für die Stammaktien ist
zwar aufrechterhalten worden, aber ganz offensichtlich nur aus Gründen der
Demonstration. Man darf aber nicht vergessen, daß der Zusammenbruch der
letzten Monate auch nicht das Resultat rein wirtschaftlicher Momente, sondern zum
guten Teil das gewollte Ergebnis eines Feldzugs der Finanzmagnatcn gewesen
ist. Jetzt dürften die gleichen Kräfte am Werke sein, die Hauffe zu fördern. Dann
aber ist es in Amerika, wenn nicht die Regel, so doch sehr häusig, daß der Gang
der wirtschaftlichen Beimgung von der Börse in starkem Maße beeinflußt wird.
"Die Börse macht die Konjunktur", dieser an sich paradoxe, aber unter gewissen
Voraussetzungen doch richtige Satz beansprucht in dem Land der unbegrenzten
spectator Möglichkeiten größere Gültigkeit als auf dem alten Kontinent.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tlcinow-Schüueberg, für den
literarisch-n Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedens". -- Mauuskriptsenduugen und Briefe "erden
"uSichli-ehlich an die Adresse der Schristleitung Berlin SV. II, Ver"b"rger Strasze 22i>/28, erbeten, -- Sprechstunden
der Schristleitung: Montag" 10--12 Uhr, Donnerstags 11--1 Uhr.
Berlag: Verlag der Grenzbot-n G.in.S.H. in Berlin SV. 11.






"Der Reichsbote" G. in, ". H. in Berlin SV, 11, D-ffim" Etrab" Z7.
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eingetreten, was alle Welt erwartet und befürchtet hatte. Nach dem ersten
Schrecken über den von der Bundesregierung gegen die größte Trustgesellschaft
geführten Schlag besann man sich; die Gewißheit, daß ein Prozeß in den Ver¬
einigten Staaten jahrelang durch alle Instanzen gezogen werden könne und also
auf absehbare Zeit hinaus das Schicksal des Trust noch gesichert sei, ließ die
Hoffnung wieder aufglimmen und, kaum geschehen, wandte sich das Blatt völlig.
Mit einemmal schlugen die Berichte über den Eisenmarkt einen zuversichtlicheren Ton
an und, sah man bisher alles grau in grau, so schien plötzlich, den Außenstehenden
unverständlich genug, der Himmel voller Geigen zu hängen. Widerstandslos, wie
vorher die Deroute, sah die Börse eine Hauffe über sich hereinbrechen, getragen,
wie die riesenhaft anschwellenden Umsätze zeigen, von einer solchen Teilnahme aller
Kreise und von einer solchen Kraft und Schnelligkeit der Bewegung, daß ihre
Wucht fast elementar erschien. Vorerst freilich scheint es an einem sachlichen Grund
für eine so völlig veränderte Beurteilung der wirtschaftlichen Lage völlig zu fehlen.
Diese letztere ist in Amerika zweifelsohne nicht glänzend; mau braucht nur die
Monatsausweise etwa des Skeet Trust zur Hand zu nehmen und mit den früheren
Ziffern zu vergleichen. Die Reinüberschüsse wie der Auftragsbestand zeigen ein
bedenkliches Zmückglciien. Die fünfprozentige Dividende für die Stammaktien ist
zwar aufrechterhalten worden, aber ganz offensichtlich nur aus Gründen der
Demonstration. Man darf aber nicht vergessen, daß der Zusammenbruch der
letzten Monate auch nicht das Resultat rein wirtschaftlicher Momente, sondern zum
guten Teil das gewollte Ergebnis eines Feldzugs der Finanzmagnatcn gewesen
ist. Jetzt dürften die gleichen Kräfte am Werke sein, die Hauffe zu fördern. Dann
aber ist es in Amerika, wenn nicht die Regel, so doch sehr häusig, daß der Gang
der wirtschaftlichen Beimgung von der Börse in starkem Maße beeinflußt wird.
„Die Börse macht die Konjunktur", dieser an sich paradoxe, aber unter gewissen
Voraussetzungen doch richtige Satz beansprucht in dem Land der unbegrenzten
spectator Möglichkeiten größere Gültigkeit als auf dem alten Kontinent.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tlcinow-Schüueberg, für den
literarisch-n Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedens». — Mauuskriptsenduugen und Briefe «erden
»uSichli-ehlich an die Adresse der Schristleitung Berlin SV. II, Ver»b»rger Strasze 22i>/28, erbeten, — Sprechstunden
der Schristleitung: Montag« 10—12 Uhr, Donnerstags 11—1 Uhr.
Berlag: Verlag der Grenzbot-n G.in.S.H. in Berlin SV. 11.






„Der Reichsbote" G. in, ». H. in Berlin SV, 11, D-ffim« Etrab« Z7.
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[0376] Rcichsspiegel eingetreten, was alle Welt erwartet und befürchtet hatte. Nach dem ersten Schrecken über den von der Bundesregierung gegen die größte Trustgesellschaft geführten Schlag besann man sich; die Gewißheit, daß ein Prozeß in den Ver¬ einigten Staaten jahrelang durch alle Instanzen gezogen werden könne und also auf absehbare Zeit hinaus das Schicksal des Trust noch gesichert sei, ließ die Hoffnung wieder aufglimmen und, kaum geschehen, wandte sich das Blatt völlig. Mit einemmal schlugen die Berichte über den Eisenmarkt einen zuversichtlicheren Ton an und, sah man bisher alles grau in grau, so schien plötzlich, den Außenstehenden unverständlich genug, der Himmel voller Geigen zu hängen. Widerstandslos, wie vorher die Deroute, sah die Börse eine Hauffe über sich hereinbrechen, getragen, wie die riesenhaft anschwellenden Umsätze zeigen, von einer solchen Teilnahme aller Kreise und von einer solchen Kraft und Schnelligkeit der Bewegung, daß ihre Wucht fast elementar erschien. Vorerst freilich scheint es an einem sachlichen Grund für eine so völlig veränderte Beurteilung der wirtschaftlichen Lage völlig zu fehlen. Diese letztere ist in Amerika zweifelsohne nicht glänzend; mau braucht nur die Monatsausweise etwa des Skeet Trust zur Hand zu nehmen und mit den früheren Ziffern zu vergleichen. Die Reinüberschüsse wie der Auftragsbestand zeigen ein bedenkliches Zmückglciien. Die fünfprozentige Dividende für die Stammaktien ist zwar aufrechterhalten worden, aber ganz offensichtlich nur aus Gründen der Demonstration. Man darf aber nicht vergessen, daß der Zusammenbruch der letzten Monate auch nicht das Resultat rein wirtschaftlicher Momente, sondern zum guten Teil das gewollte Ergebnis eines Feldzugs der Finanzmagnatcn gewesen ist. Jetzt dürften die gleichen Kräfte am Werke sein, die Hauffe zu fördern. Dann aber ist es in Amerika, wenn nicht die Regel, so doch sehr häusig, daß der Gang der wirtschaftlichen Beimgung von der Börse in starkem Maße beeinflußt wird. „Die Börse macht die Konjunktur", dieser an sich paradoxe, aber unter gewissen Voraussetzungen doch richtige Satz beansprucht in dem Land der unbegrenzten spectator Möglichkeiten größere Gültigkeit als auf dem alten Kontinent. Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tlcinow-Schüueberg, für den literarisch-n Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedens». — Mauuskriptsenduugen und Briefe «erden »uSichli-ehlich an die Adresse der Schristleitung Berlin SV. II, Ver»b»rger Strasze 22i>/28, erbeten, — Sprechstunden der Schristleitung: Montag« 10—12 Uhr, Donnerstags 11—1 Uhr. Berlag: Verlag der Grenzbot-n G.in.S.H. in Berlin SV. 11. „Der Reichsbote" G. in, ». H. in Berlin SV, 11, D-ffim« Etrab« Z7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/376>, abgerufen am 26.08.2024.