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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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bevölkerung, die sich energisch vordrängt. Wenn trotz dieser schwierigen Verhält¬
nisse sich Dr. Sols zwölf Jahre an der Spitze der Kolonie halten konnte, so spricht
dies dafür, daß gewisse für einen Kolonialmann wichtige Fähigkeiten vorhanden sind.
Er ist denn anch ein umgänglicher Mann, der ein offenes Wort nicht übel nimmt,
aber anderseits mit hartem Kopf das durchzusetzen versteht, was er für richtig
hält. Im fernen Samoa, direkten Einflüssen entzogen, bekam sein Wirken einen
stark autokratischen Anstrich, aber in der Heimat, auf dem Posten des Staats¬
sekretärs, ist ja dafür gesorgt, daß seine Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Freilich mag Dr. Sols durch seine lange Amtszeit auf dem abgelegenen Samoa
etwas einseitig geworden und von .seinen früheren ostafrikanischen Erfahrungen
wird wohl kaum viel hängen geblieben sein. Anderseits will es uns scheinen, daß
er nachgerade doch eingesehen hat, wie wenig Samoa dem Ideal einer deutschen
Kolonie nahe kommt, und daß er durch diese Erfahrung am eigenen Leibe das
richtige Verständnis und Augenmaß für eine bewußt nationale Kolonialpolitik
gewonnen hat. Herr I)r. Sols war bisher keineswegs als ein Freund der
Besiedelung mit Landsleuten bekannt; er war entschieden gegen den
Zuzug"von Ansiedlern nach Samoa. Es muß allerdings anerkannt werden, daß
er sich dabei etwas gedacht hat, er wollte nicht die Verantwortung übernehmen,
daß deutsche Siedler in größerer Zahl in das seiner Ansicht nach ganz ungeeignete
Milieu verpflanzt würden. Und darin liegt vielleicht manches Richtige, wenn auch
me"bereits vorhandene Ansiedlerschaft auf Samoa gegenteiliger Ansicht ist. Herr
v. Lindequist verdankte seine Volkstümlichkeit in erster Linie seinen Siedlungsplänen.
Er konnte sie nicht verwirklichen, sondern hat sie als Erbteil seinem Nachfolger
Rudolf Wagner hinterlassen.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Cleinow-SchöneSerg, für den
literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedenau. -- Manuflrivtfendungen und Briefe werden
"""schliMch an die Adresse der Schriftleitung Berlin SW. 1!, Vernbnrger Stralze Ws/2S, erbeten. -- Sprechstunden
der Schriftleitung: Montags 10-12 Uhr, Donnerstags 11-1 Uhr.
Verlag: Verlag der Gr-nzboten G.in.b.H. in Berlin LV, 11.






"ruck: "Der R-ichsbote" W, in. b. H. in Berlin SV. 11. Dessauer Straß- 37.
Reichsspiegel

bevölkerung, die sich energisch vordrängt. Wenn trotz dieser schwierigen Verhält¬
nisse sich Dr. Sols zwölf Jahre an der Spitze der Kolonie halten konnte, so spricht
dies dafür, daß gewisse für einen Kolonialmann wichtige Fähigkeiten vorhanden sind.
Er ist denn anch ein umgänglicher Mann, der ein offenes Wort nicht übel nimmt,
aber anderseits mit hartem Kopf das durchzusetzen versteht, was er für richtig
hält. Im fernen Samoa, direkten Einflüssen entzogen, bekam sein Wirken einen
stark autokratischen Anstrich, aber in der Heimat, auf dem Posten des Staats¬
sekretärs, ist ja dafür gesorgt, daß seine Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Freilich mag Dr. Sols durch seine lange Amtszeit auf dem abgelegenen Samoa
etwas einseitig geworden und von .seinen früheren ostafrikanischen Erfahrungen
wird wohl kaum viel hängen geblieben sein. Anderseits will es uns scheinen, daß
er nachgerade doch eingesehen hat, wie wenig Samoa dem Ideal einer deutschen
Kolonie nahe kommt, und daß er durch diese Erfahrung am eigenen Leibe das
richtige Verständnis und Augenmaß für eine bewußt nationale Kolonialpolitik
gewonnen hat. Herr I)r. Sols war bisher keineswegs als ein Freund der
Besiedelung mit Landsleuten bekannt; er war entschieden gegen den
Zuzug"von Ansiedlern nach Samoa. Es muß allerdings anerkannt werden, daß
er sich dabei etwas gedacht hat, er wollte nicht die Verantwortung übernehmen,
daß deutsche Siedler in größerer Zahl in das seiner Ansicht nach ganz ungeeignete
Milieu verpflanzt würden. Und darin liegt vielleicht manches Richtige, wenn auch
me"bereits vorhandene Ansiedlerschaft auf Samoa gegenteiliger Ansicht ist. Herr
v. Lindequist verdankte seine Volkstümlichkeit in erster Linie seinen Siedlungsplänen.
Er konnte sie nicht verwirklichen, sondern hat sie als Erbteil seinem Nachfolger
Rudolf Wagner hinterlassen.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Cleinow-SchöneSerg, für den
literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedenau. — Manuflrivtfendungen und Briefe werden
«»»schliMch an die Adresse der Schriftleitung Berlin SW. 1!, Vernbnrger Stralze Ws/2S, erbeten. — Sprechstunden
der Schriftleitung: Montags 10-12 Uhr, Donnerstags 11-1 Uhr.
Verlag: Verlag der Gr-nzboten G.in.b.H. in Berlin LV, 11.






»ruck: „Der R-ichsbote" W, in. b. H. in Berlin SV. 11. Dessauer Straß- 37.
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[0312] Reichsspiegel bevölkerung, die sich energisch vordrängt. Wenn trotz dieser schwierigen Verhält¬ nisse sich Dr. Sols zwölf Jahre an der Spitze der Kolonie halten konnte, so spricht dies dafür, daß gewisse für einen Kolonialmann wichtige Fähigkeiten vorhanden sind. Er ist denn anch ein umgänglicher Mann, der ein offenes Wort nicht übel nimmt, aber anderseits mit hartem Kopf das durchzusetzen versteht, was er für richtig hält. Im fernen Samoa, direkten Einflüssen entzogen, bekam sein Wirken einen stark autokratischen Anstrich, aber in der Heimat, auf dem Posten des Staats¬ sekretärs, ist ja dafür gesorgt, daß seine Bäume nicht in den Himmel wachsen. Freilich mag Dr. Sols durch seine lange Amtszeit auf dem abgelegenen Samoa etwas einseitig geworden und von .seinen früheren ostafrikanischen Erfahrungen wird wohl kaum viel hängen geblieben sein. Anderseits will es uns scheinen, daß er nachgerade doch eingesehen hat, wie wenig Samoa dem Ideal einer deutschen Kolonie nahe kommt, und daß er durch diese Erfahrung am eigenen Leibe das richtige Verständnis und Augenmaß für eine bewußt nationale Kolonialpolitik gewonnen hat. Herr I)r. Sols war bisher keineswegs als ein Freund der Besiedelung mit Landsleuten bekannt; er war entschieden gegen den Zuzug"von Ansiedlern nach Samoa. Es muß allerdings anerkannt werden, daß er sich dabei etwas gedacht hat, er wollte nicht die Verantwortung übernehmen, daß deutsche Siedler in größerer Zahl in das seiner Ansicht nach ganz ungeeignete Milieu verpflanzt würden. Und darin liegt vielleicht manches Richtige, wenn auch me"bereits vorhandene Ansiedlerschaft auf Samoa gegenteiliger Ansicht ist. Herr v. Lindequist verdankte seine Volkstümlichkeit in erster Linie seinen Siedlungsplänen. Er konnte sie nicht verwirklichen, sondern hat sie als Erbteil seinem Nachfolger Rudolf Wagner hinterlassen. Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Cleinow-SchöneSerg, für den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung-Friedenau. — Manuflrivtfendungen und Briefe werden «»»schliMch an die Adresse der Schriftleitung Berlin SW. 1!, Vernbnrger Stralze Ws/2S, erbeten. — Sprechstunden der Schriftleitung: Montags 10-12 Uhr, Donnerstags 11-1 Uhr. Verlag: Verlag der Gr-nzboten G.in.b.H. in Berlin LV, 11. »ruck: „Der R-ichsbote" W, in. b. H. in Berlin SV. 11. Dessauer Straß- 37.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/312>, abgerufen am 23.07.2024.