Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Reichsbank und Geldunilauf

Die Reichsbank selbst ist die berufene Stelle zu entscheiden, welche Barreserve
sie von den Banken im Hinblick auf dieses Ziel verlangen muß. Sie wird
dabei nicht weitergehen, als es ihr unbedingt erforderlich scheint; dafür bürgen
nicht nur die sich ihrer Pflichten gegen das Gemeinwohl stets bewußte Leitung
des Instituts, sondern auch der Regulator des Eigeninteresses. Die Reichsbank
kann daher die Festsetzung des Prozentverhältnisses je nach dem Maß des
Bedürfnisses vornehmen. Eine gute Unterlage geben ihr die von den Berliner
und den größeren Provinzbanken veröffentlichten Zweimonatsbilanzen, namentlich
nach den: vom nächsten Jahre ab in Kraft tretenden ausführlichen Schema.
Da wo solche Nachweise über den Durchschnittsbestand der Kreditoren und De¬
positen nicht veröffentlicht werden, kann sie dieselben einfordern, sie werden ihr
nicht verweigert werden. Denn so wenig es den Banken vielleicht zunächst
behagen würde, wenn sich die Neichsbank zu einer solchen Ordnung der Dinge
entschlösse, mehr als ein Protestieren mit -- möglicherweise energisch klingenden --
Worten ist nicht zu befürchten. Die Stellung der Reichsbank in der Orga¬
nisation unseres Bankwesens ist eine so überragende und so gefestigte, daß die
Banken widerspruchslos sich in alle Maßregeln fügen müssen, die die Neichsbank
im Interesse des Gemeinwohls zu treffen für gut befindet. Sie können die
Reichsbank nicht entbehren. Auf der anderen Seite darf man der festen Über¬
zeugung sein, daß die Banken sich mit einer solchen Neuordnung der Dinge
sehr bald abfinden und die außerordentlichen Vorteile, welche mit dieser Regelung
verbunden sind, auf das lebhafteste anerkennen würden. Meiner Meinung nach
werden 5 Prozent des jährlichen Durchschnittsbetrages der Kreditoren und De¬
positen als Zwangsreserve ausreichen. Bei einem Bestand von 7 bis 8 Milliarden
Mark ergibt dies für die Reichsbank eine Verstärkung der Guthaben von 350
bis 400 Millionen Mark, so daß ihre Leistungsfähigkeit die ansehnliche Steigerung
von 1200 Millionen erfährt. So erheblich diese Summen für die Reichsbank
ins Gewicht fallen, so wenig wollen sie bei Lichte betrachtet für die einzelne
Bank bedeuten. Hat doch in den letzten Jahren die jährliche Steigerung der
fremden Gelder diesen Prozentsatz weitaus übertroffen, so daß es für die Banken
ein Leichtes ist, sich durch eine veränderte Geschäftspolitik den neuen Verhältnissen
anzupassen.

Fassen wir das Ergebnis der Erörterungen in den Hauptpunkten kurz
zusammen, so lautet es folgendermaßen:

Die starke Inanspruchnahme der Reichsbank an den Quartalsterminen auch
in Zeiten geringer Anspannung am Geldmarkt ist eine Folge der vermehrten
Anhäufung fremder Gelder in den Banken und der Zentralisation unseres
Bankwesens. Diese Inanspruchnahme wird bedenklich dadurch, daß der Bar¬
vorrat der Reichsbank ein zu geringer ist. Es muß daher die Aufgabe sein,
diesen zu stärken. Als ein geeignetes Mittel hierfür erscheint es, wenn die
Neichsbank die Erhöhung der von den Banken unterhaltenen Mindestguthaben
auf Girokonto foroert und zwar um eine mäßige, von ihr jährlich nach dem


Reichsbank und Geldunilauf

Die Reichsbank selbst ist die berufene Stelle zu entscheiden, welche Barreserve
sie von den Banken im Hinblick auf dieses Ziel verlangen muß. Sie wird
dabei nicht weitergehen, als es ihr unbedingt erforderlich scheint; dafür bürgen
nicht nur die sich ihrer Pflichten gegen das Gemeinwohl stets bewußte Leitung
des Instituts, sondern auch der Regulator des Eigeninteresses. Die Reichsbank
kann daher die Festsetzung des Prozentverhältnisses je nach dem Maß des
Bedürfnisses vornehmen. Eine gute Unterlage geben ihr die von den Berliner
und den größeren Provinzbanken veröffentlichten Zweimonatsbilanzen, namentlich
nach den: vom nächsten Jahre ab in Kraft tretenden ausführlichen Schema.
Da wo solche Nachweise über den Durchschnittsbestand der Kreditoren und De¬
positen nicht veröffentlicht werden, kann sie dieselben einfordern, sie werden ihr
nicht verweigert werden. Denn so wenig es den Banken vielleicht zunächst
behagen würde, wenn sich die Neichsbank zu einer solchen Ordnung der Dinge
entschlösse, mehr als ein Protestieren mit — möglicherweise energisch klingenden —
Worten ist nicht zu befürchten. Die Stellung der Reichsbank in der Orga¬
nisation unseres Bankwesens ist eine so überragende und so gefestigte, daß die
Banken widerspruchslos sich in alle Maßregeln fügen müssen, die die Neichsbank
im Interesse des Gemeinwohls zu treffen für gut befindet. Sie können die
Reichsbank nicht entbehren. Auf der anderen Seite darf man der festen Über¬
zeugung sein, daß die Banken sich mit einer solchen Neuordnung der Dinge
sehr bald abfinden und die außerordentlichen Vorteile, welche mit dieser Regelung
verbunden sind, auf das lebhafteste anerkennen würden. Meiner Meinung nach
werden 5 Prozent des jährlichen Durchschnittsbetrages der Kreditoren und De¬
positen als Zwangsreserve ausreichen. Bei einem Bestand von 7 bis 8 Milliarden
Mark ergibt dies für die Reichsbank eine Verstärkung der Guthaben von 350
bis 400 Millionen Mark, so daß ihre Leistungsfähigkeit die ansehnliche Steigerung
von 1200 Millionen erfährt. So erheblich diese Summen für die Reichsbank
ins Gewicht fallen, so wenig wollen sie bei Lichte betrachtet für die einzelne
Bank bedeuten. Hat doch in den letzten Jahren die jährliche Steigerung der
fremden Gelder diesen Prozentsatz weitaus übertroffen, so daß es für die Banken
ein Leichtes ist, sich durch eine veränderte Geschäftspolitik den neuen Verhältnissen
anzupassen.

Fassen wir das Ergebnis der Erörterungen in den Hauptpunkten kurz
zusammen, so lautet es folgendermaßen:

Die starke Inanspruchnahme der Reichsbank an den Quartalsterminen auch
in Zeiten geringer Anspannung am Geldmarkt ist eine Folge der vermehrten
Anhäufung fremder Gelder in den Banken und der Zentralisation unseres
Bankwesens. Diese Inanspruchnahme wird bedenklich dadurch, daß der Bar¬
vorrat der Reichsbank ein zu geringer ist. Es muß daher die Aufgabe sein,
diesen zu stärken. Als ein geeignetes Mittel hierfür erscheint es, wenn die
Neichsbank die Erhöhung der von den Banken unterhaltenen Mindestguthaben
auf Girokonto foroert und zwar um eine mäßige, von ihr jährlich nach dem


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319876"/>
            <fw type="header" place="top"> Reichsbank und Geldunilauf</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1085" prev="#ID_1084"> Die Reichsbank selbst ist die berufene Stelle zu entscheiden, welche Barreserve<lb/>
sie von den Banken im Hinblick auf dieses Ziel verlangen muß. Sie wird<lb/>
dabei nicht weitergehen, als es ihr unbedingt erforderlich scheint; dafür bürgen<lb/>
nicht nur die sich ihrer Pflichten gegen das Gemeinwohl stets bewußte Leitung<lb/>
des Instituts, sondern auch der Regulator des Eigeninteresses. Die Reichsbank<lb/>
kann daher die Festsetzung des Prozentverhältnisses je nach dem Maß des<lb/>
Bedürfnisses vornehmen. Eine gute Unterlage geben ihr die von den Berliner<lb/>
und den größeren Provinzbanken veröffentlichten Zweimonatsbilanzen, namentlich<lb/>
nach den: vom nächsten Jahre ab in Kraft tretenden ausführlichen Schema.<lb/>
Da wo solche Nachweise über den Durchschnittsbestand der Kreditoren und De¬<lb/>
positen nicht veröffentlicht werden, kann sie dieselben einfordern, sie werden ihr<lb/>
nicht verweigert werden. Denn so wenig es den Banken vielleicht zunächst<lb/>
behagen würde, wenn sich die Neichsbank zu einer solchen Ordnung der Dinge<lb/>
entschlösse, mehr als ein Protestieren mit &#x2014; möglicherweise energisch klingenden &#x2014;<lb/>
Worten ist nicht zu befürchten. Die Stellung der Reichsbank in der Orga¬<lb/>
nisation unseres Bankwesens ist eine so überragende und so gefestigte, daß die<lb/>
Banken widerspruchslos sich in alle Maßregeln fügen müssen, die die Neichsbank<lb/>
im Interesse des Gemeinwohls zu treffen für gut befindet. Sie können die<lb/>
Reichsbank nicht entbehren. Auf der anderen Seite darf man der festen Über¬<lb/>
zeugung sein, daß die Banken sich mit einer solchen Neuordnung der Dinge<lb/>
sehr bald abfinden und die außerordentlichen Vorteile, welche mit dieser Regelung<lb/>
verbunden sind, auf das lebhafteste anerkennen würden. Meiner Meinung nach<lb/>
werden 5 Prozent des jährlichen Durchschnittsbetrages der Kreditoren und De¬<lb/>
positen als Zwangsreserve ausreichen. Bei einem Bestand von 7 bis 8 Milliarden<lb/>
Mark ergibt dies für die Reichsbank eine Verstärkung der Guthaben von 350<lb/>
bis 400 Millionen Mark, so daß ihre Leistungsfähigkeit die ansehnliche Steigerung<lb/>
von 1200 Millionen erfährt. So erheblich diese Summen für die Reichsbank<lb/>
ins Gewicht fallen, so wenig wollen sie bei Lichte betrachtet für die einzelne<lb/>
Bank bedeuten. Hat doch in den letzten Jahren die jährliche Steigerung der<lb/>
fremden Gelder diesen Prozentsatz weitaus übertroffen, so daß es für die Banken<lb/>
ein Leichtes ist, sich durch eine veränderte Geschäftspolitik den neuen Verhältnissen<lb/>
anzupassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1086"> Fassen wir das Ergebnis der Erörterungen in den Hauptpunkten kurz<lb/>
zusammen, so lautet es folgendermaßen:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1087" next="#ID_1088"> Die starke Inanspruchnahme der Reichsbank an den Quartalsterminen auch<lb/>
in Zeiten geringer Anspannung am Geldmarkt ist eine Folge der vermehrten<lb/>
Anhäufung fremder Gelder in den Banken und der Zentralisation unseres<lb/>
Bankwesens. Diese Inanspruchnahme wird bedenklich dadurch, daß der Bar¬<lb/>
vorrat der Reichsbank ein zu geringer ist. Es muß daher die Aufgabe sein,<lb/>
diesen zu stärken. Als ein geeignetes Mittel hierfür erscheint es, wenn die<lb/>
Neichsbank die Erhöhung der von den Banken unterhaltenen Mindestguthaben<lb/>
auf Girokonto foroert und zwar um eine mäßige, von ihr jährlich nach dem</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0275] Reichsbank und Geldunilauf Die Reichsbank selbst ist die berufene Stelle zu entscheiden, welche Barreserve sie von den Banken im Hinblick auf dieses Ziel verlangen muß. Sie wird dabei nicht weitergehen, als es ihr unbedingt erforderlich scheint; dafür bürgen nicht nur die sich ihrer Pflichten gegen das Gemeinwohl stets bewußte Leitung des Instituts, sondern auch der Regulator des Eigeninteresses. Die Reichsbank kann daher die Festsetzung des Prozentverhältnisses je nach dem Maß des Bedürfnisses vornehmen. Eine gute Unterlage geben ihr die von den Berliner und den größeren Provinzbanken veröffentlichten Zweimonatsbilanzen, namentlich nach den: vom nächsten Jahre ab in Kraft tretenden ausführlichen Schema. Da wo solche Nachweise über den Durchschnittsbestand der Kreditoren und De¬ positen nicht veröffentlicht werden, kann sie dieselben einfordern, sie werden ihr nicht verweigert werden. Denn so wenig es den Banken vielleicht zunächst behagen würde, wenn sich die Neichsbank zu einer solchen Ordnung der Dinge entschlösse, mehr als ein Protestieren mit — möglicherweise energisch klingenden — Worten ist nicht zu befürchten. Die Stellung der Reichsbank in der Orga¬ nisation unseres Bankwesens ist eine so überragende und so gefestigte, daß die Banken widerspruchslos sich in alle Maßregeln fügen müssen, die die Neichsbank im Interesse des Gemeinwohls zu treffen für gut befindet. Sie können die Reichsbank nicht entbehren. Auf der anderen Seite darf man der festen Über¬ zeugung sein, daß die Banken sich mit einer solchen Neuordnung der Dinge sehr bald abfinden und die außerordentlichen Vorteile, welche mit dieser Regelung verbunden sind, auf das lebhafteste anerkennen würden. Meiner Meinung nach werden 5 Prozent des jährlichen Durchschnittsbetrages der Kreditoren und De¬ positen als Zwangsreserve ausreichen. Bei einem Bestand von 7 bis 8 Milliarden Mark ergibt dies für die Reichsbank eine Verstärkung der Guthaben von 350 bis 400 Millionen Mark, so daß ihre Leistungsfähigkeit die ansehnliche Steigerung von 1200 Millionen erfährt. So erheblich diese Summen für die Reichsbank ins Gewicht fallen, so wenig wollen sie bei Lichte betrachtet für die einzelne Bank bedeuten. Hat doch in den letzten Jahren die jährliche Steigerung der fremden Gelder diesen Prozentsatz weitaus übertroffen, so daß es für die Banken ein Leichtes ist, sich durch eine veränderte Geschäftspolitik den neuen Verhältnissen anzupassen. Fassen wir das Ergebnis der Erörterungen in den Hauptpunkten kurz zusammen, so lautet es folgendermaßen: Die starke Inanspruchnahme der Reichsbank an den Quartalsterminen auch in Zeiten geringer Anspannung am Geldmarkt ist eine Folge der vermehrten Anhäufung fremder Gelder in den Banken und der Zentralisation unseres Bankwesens. Diese Inanspruchnahme wird bedenklich dadurch, daß der Bar¬ vorrat der Reichsbank ein zu geringer ist. Es muß daher die Aufgabe sein, diesen zu stärken. Als ein geeignetes Mittel hierfür erscheint es, wenn die Neichsbank die Erhöhung der von den Banken unterhaltenen Mindestguthaben auf Girokonto foroert und zwar um eine mäßige, von ihr jährlich nach dem

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/275
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/275>, abgerufen am 23.07.2024.