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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Die Universität Frankfurt a, M,

Mittel verlange. Man sagt sich, daß der Beschluß der städtischen Behörden nur
so lange gilt, als er nicht durch "neue Beschlüsse" aufgehoben wird, man
fürchtet außerdem, daß durch spätere Ausgaben für die Universität einmal
andere notwendige städtische Aufgaben leiden werden. Die Finanzfrage ist in
der Tat der wundeste Punkt des ganzen Projektes, da es sich hier völlig um
einen Sprung ins Dunkle handelt und man nicht mit Sicherheit sagen kann,
welche Ausdehnung die neue Universität annehmen wird. Für eine kleine Uni¬
versität reichen die Mittel aus und werden die Kosten wohl auch stets aufzu¬
bringen sein. Wie aber, wenn die Hochschule eine Großuniversität werden wird,
wie Berlin, München und Leipzig? Adickes legte seinen Berechnungen eine
Studentenzahl von fünfzehnhundert zugrunde. Die Stadtverordnetenversammlung
stellte sich mit gutem Grunde auf den Standpunkt, daß sie erst dann endgültig
ihre Zustimmung zu dem Universitätsprojekt geben könne, wenn die Deckung der
Kosten für eine Universität von achtzehnhundert Studenten nachgewiesen würde.
Wir glauben, daß auch diese Ziffer bald überschritten sein wird. Denn unbestritten
wird Frankfurt eine beispiellose Anziehungskraft auf die Studenten ausüben.

Denn es fehlt hier auch gar nichts, was die Studierenden anlocken kann,
denn Frankfurt wird eine Winter- und Sommeruniversität zugleich sein, die
reiche, elegante, schöne und gesunde Stadt wird Inländer und Ausländer in
gleicher Weise anziehen, im Winter wird das reiche wissenschaftliche, künstlerische
und gesellschaftliche Leben für viele ein unwiderstehliches Lockmittel sein, im
Sommer wird die herrliche Umgebung, die Gelegenheit zu Ausflügen, zu reicher
sportlicher Betätigung viele in ihren Bann locken. Dem Historiker werden die
Denkmäler einer reichen geschichtlichen Vergangenheit ebensoviel Anregung zum
Studium gewähren, wie dem Sozialpolitiker die musterhaften Einrichtungen einer
modernen Volksfürsorge. Dazu kommt die günstige Lage der Stadt im Mittel¬
punkt des Weltverkehrs und die sie kennzeichnende Verbindung süddeutschen und
norddeutschen Wesens. Der reiche Student kann sich für sein Geld hier viele
Genüsse verschaffen, aber auch der weniger Bemittelte kann sein Auskommen
finden, dafür sorgen schon die zahlreich vorhandenen Stipendien und Stiftungen,
denen sich gewiß noch neue anschließen werden. Wie für die Studenten wird
Frankfurt aber auch einen großen Anziehungspunkt für die Professoren bieten,
Frankfurt wird die besten Lehrer haben, was natürlich auch wieder für die
Frequenz von der größten Bedeutung ist.

So wird man mit einiger Sicherheit darauf rechnen können, daß Frankfurt
sehr bald über den Rahmen einer bescheidenen Provinzuniversität hinausgewachsen
sein und München und Leipzig ebenbürtig an die Seite treten wird, zumal
wir uns in der Periode eines ungeheuren Andranges zum Hochschulstudium
befinden. Die gute Stadt Frankfurt aber wird diese Entwicklung mit einem
heiteren und einem nassen Auge verfolgen. Denn mit zunehmender Studenten¬
zahl werden die Kosten des Betriebs immer teurer, woher aber die Mittel nehmen,
wenn dieselben nicht vorher durch reiche Stiftungen sichergestellt sind?


Die Universität Frankfurt a, M,

Mittel verlange. Man sagt sich, daß der Beschluß der städtischen Behörden nur
so lange gilt, als er nicht durch „neue Beschlüsse" aufgehoben wird, man
fürchtet außerdem, daß durch spätere Ausgaben für die Universität einmal
andere notwendige städtische Aufgaben leiden werden. Die Finanzfrage ist in
der Tat der wundeste Punkt des ganzen Projektes, da es sich hier völlig um
einen Sprung ins Dunkle handelt und man nicht mit Sicherheit sagen kann,
welche Ausdehnung die neue Universität annehmen wird. Für eine kleine Uni¬
versität reichen die Mittel aus und werden die Kosten wohl auch stets aufzu¬
bringen sein. Wie aber, wenn die Hochschule eine Großuniversität werden wird,
wie Berlin, München und Leipzig? Adickes legte seinen Berechnungen eine
Studentenzahl von fünfzehnhundert zugrunde. Die Stadtverordnetenversammlung
stellte sich mit gutem Grunde auf den Standpunkt, daß sie erst dann endgültig
ihre Zustimmung zu dem Universitätsprojekt geben könne, wenn die Deckung der
Kosten für eine Universität von achtzehnhundert Studenten nachgewiesen würde.
Wir glauben, daß auch diese Ziffer bald überschritten sein wird. Denn unbestritten
wird Frankfurt eine beispiellose Anziehungskraft auf die Studenten ausüben.

Denn es fehlt hier auch gar nichts, was die Studierenden anlocken kann,
denn Frankfurt wird eine Winter- und Sommeruniversität zugleich sein, die
reiche, elegante, schöne und gesunde Stadt wird Inländer und Ausländer in
gleicher Weise anziehen, im Winter wird das reiche wissenschaftliche, künstlerische
und gesellschaftliche Leben für viele ein unwiderstehliches Lockmittel sein, im
Sommer wird die herrliche Umgebung, die Gelegenheit zu Ausflügen, zu reicher
sportlicher Betätigung viele in ihren Bann locken. Dem Historiker werden die
Denkmäler einer reichen geschichtlichen Vergangenheit ebensoviel Anregung zum
Studium gewähren, wie dem Sozialpolitiker die musterhaften Einrichtungen einer
modernen Volksfürsorge. Dazu kommt die günstige Lage der Stadt im Mittel¬
punkt des Weltverkehrs und die sie kennzeichnende Verbindung süddeutschen und
norddeutschen Wesens. Der reiche Student kann sich für sein Geld hier viele
Genüsse verschaffen, aber auch der weniger Bemittelte kann sein Auskommen
finden, dafür sorgen schon die zahlreich vorhandenen Stipendien und Stiftungen,
denen sich gewiß noch neue anschließen werden. Wie für die Studenten wird
Frankfurt aber auch einen großen Anziehungspunkt für die Professoren bieten,
Frankfurt wird die besten Lehrer haben, was natürlich auch wieder für die
Frequenz von der größten Bedeutung ist.

So wird man mit einiger Sicherheit darauf rechnen können, daß Frankfurt
sehr bald über den Rahmen einer bescheidenen Provinzuniversität hinausgewachsen
sein und München und Leipzig ebenbürtig an die Seite treten wird, zumal
wir uns in der Periode eines ungeheuren Andranges zum Hochschulstudium
befinden. Die gute Stadt Frankfurt aber wird diese Entwicklung mit einem
heiteren und einem nassen Auge verfolgen. Denn mit zunehmender Studenten¬
zahl werden die Kosten des Betriebs immer teurer, woher aber die Mittel nehmen,
wenn dieselben nicht vorher durch reiche Stiftungen sichergestellt sind?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/115>, abgerufen am 23.07.2024.