Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Die Universität Frankfurt a, M, Nirgends auf der ganzen Welt, auch in dein freien Amerika nicht, wird Wie überraschend wenig zu einer Hochschule hiernach tatsächlich fehlt, ergibt Die Universität Frankfurt a, M, Nirgends auf der ganzen Welt, auch in dein freien Amerika nicht, wird Wie überraschend wenig zu einer Hochschule hiernach tatsächlich fehlt, ergibt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319711"/> <fw type="header" place="top"> Die Universität Frankfurt a, M,</fw><lb/> <p xml:id="ID_457"> Nirgends auf der ganzen Welt, auch in dein freien Amerika nicht, wird<lb/> man eine Stadt finden, die einen so reichen Kranz wissenschaftlicher, dem freien<lb/> Bürgersinn ihre Entstehung verdankende Anstalten ihr eigen nennt wie Frank¬<lb/> furt a. M. Diese tragen jetzt schon durchaus universitären Charakter und ihre<lb/> Leistungen können sich mit denen jeder Hochschule messen. Das läßt sich schon<lb/> daran erkennen, daß ständig von den Frankfurter Anstalten, der Akademie,<lb/> dem physikalischen Verein und dem städtischen Krankenhause Berufungen an<lb/> auswärtige Universitäten stattfinden, daß aber auch auswärtige Professoren sehr<lb/> gerne einem Rufe an die hiesigen Institute Folge leisten. Auch hat der Staat<lb/> die in Betracht kommenden Anstalten jetzt schon mit gewissen Berechtigungen<lb/> ausgestattet, so werden den Neuphilologen einige auf der Akademie verbrachte<lb/> Semester allgemein angerechnet. Auch die zahlreichen von den Instituten ver¬<lb/> anstalteten! Fortbildungskurse für bereits im Berufe wie in der Praxis stehende<lb/> Personen erfahren staatliche Anerkennung und Förderung.</p><lb/> <p xml:id="ID_458" next="#ID_459"> Wie überraschend wenig zu einer Hochschule hiernach tatsächlich fehlt, ergibt<lb/> sich am besten, wenn wir einen Blick aus das werfen, was die Stifter der<lb/> neuen Universität als Morgengabe darzubringen gesonnen sind. Die Stadt<lb/> stellt vor allem ihr neues großes Krankenhaus zur Verfügung, das vor fünf¬<lb/> undzwanzig Jahren gegründet, sich heute zu einer kleinen Krankenstatt mit<lb/> fünfzehnhundert Betten entwickelt hat, dessen Einrichtungen natürlich völlig auf<lb/> der Höhe stehen und das sich auch als Forschungsinstitut einen hochgeachteten<lb/> Namen erworben hat. Es enthält neben der inneren chirurgischen und gynäko¬<lb/> logischen Abteilung noch zahlreiche Spezialabteilungen: eine große Klinik für<lb/> Haut- und Geschlechtskrankheiten, eine große Abteilung für chronisch Kranke,<lb/> eine Entbindungsanstalt, eine Augenklinik, ein hygienisches Institut, ein physio¬<lb/> logisch-chemisches Institut und ein Therapeutikum zur Pflege der physikalisch¬<lb/> medizinischen Heilmethoden. Während zahlreiche Universitäten heute noch einer<lb/> Kinderklinik entbehren, weist das Frankfurter Krankenhaus gleich deren zwei<lb/> auf, während zahlreiche Universitäten nicht einmal eine Klinik für Hals- und<lb/> Kehlkopfkranke, geschweige denn eine Ohrenklinik besitzen, verfügt Frankfurt<lb/> sowohl über eine Klinik für Halskranke als auch über eine solche für Ohrenkranke.<lb/> Natürlich wird auch die Irrenanstalt in den Kreis der Universitätsinstitute ein¬<lb/> bezogen. Die Stadt stellt ferner ihre altberühmte Stadtbibliothek mit dreihundert-<lb/> undfünfzigtausend Bänden zur Verfügung, sowie die städtischen Kunstsammlungen.<lb/> Die altehrwürdige, bereits im achtzehnten Jahrhundert begründete Senkenbergische<lb/> Stiftung wird in dein Konzern mit ihren: neu erbauten pathologisch-anatomischen<lb/> Institut, ihrem botanischen Institut und der neu erbauten Senkenbergischen<lb/> medizinisch-naturwissenschaftlichen Bibliothek vertreten sein. Chemisch-pharmakolo-<lb/> gischen Studien dient das unter Leitung von Paul Ehrlich stehende Georg<lb/> Speyerhaus, neurologischen Studien das Neurologische Institut von Professor<lb/> Edinger. Dem zahnärztlichen Studium wird die von der Nothschildschen Stiftung<lb/> errichtete Zahnklinik (Carolinum) zugänglich gemacht werden, die zugleich eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
Die Universität Frankfurt a, M,
Nirgends auf der ganzen Welt, auch in dein freien Amerika nicht, wird
man eine Stadt finden, die einen so reichen Kranz wissenschaftlicher, dem freien
Bürgersinn ihre Entstehung verdankende Anstalten ihr eigen nennt wie Frank¬
furt a. M. Diese tragen jetzt schon durchaus universitären Charakter und ihre
Leistungen können sich mit denen jeder Hochschule messen. Das läßt sich schon
daran erkennen, daß ständig von den Frankfurter Anstalten, der Akademie,
dem physikalischen Verein und dem städtischen Krankenhause Berufungen an
auswärtige Universitäten stattfinden, daß aber auch auswärtige Professoren sehr
gerne einem Rufe an die hiesigen Institute Folge leisten. Auch hat der Staat
die in Betracht kommenden Anstalten jetzt schon mit gewissen Berechtigungen
ausgestattet, so werden den Neuphilologen einige auf der Akademie verbrachte
Semester allgemein angerechnet. Auch die zahlreichen von den Instituten ver¬
anstalteten! Fortbildungskurse für bereits im Berufe wie in der Praxis stehende
Personen erfahren staatliche Anerkennung und Förderung.
Wie überraschend wenig zu einer Hochschule hiernach tatsächlich fehlt, ergibt
sich am besten, wenn wir einen Blick aus das werfen, was die Stifter der
neuen Universität als Morgengabe darzubringen gesonnen sind. Die Stadt
stellt vor allem ihr neues großes Krankenhaus zur Verfügung, das vor fünf¬
undzwanzig Jahren gegründet, sich heute zu einer kleinen Krankenstatt mit
fünfzehnhundert Betten entwickelt hat, dessen Einrichtungen natürlich völlig auf
der Höhe stehen und das sich auch als Forschungsinstitut einen hochgeachteten
Namen erworben hat. Es enthält neben der inneren chirurgischen und gynäko¬
logischen Abteilung noch zahlreiche Spezialabteilungen: eine große Klinik für
Haut- und Geschlechtskrankheiten, eine große Abteilung für chronisch Kranke,
eine Entbindungsanstalt, eine Augenklinik, ein hygienisches Institut, ein physio¬
logisch-chemisches Institut und ein Therapeutikum zur Pflege der physikalisch¬
medizinischen Heilmethoden. Während zahlreiche Universitäten heute noch einer
Kinderklinik entbehren, weist das Frankfurter Krankenhaus gleich deren zwei
auf, während zahlreiche Universitäten nicht einmal eine Klinik für Hals- und
Kehlkopfkranke, geschweige denn eine Ohrenklinik besitzen, verfügt Frankfurt
sowohl über eine Klinik für Halskranke als auch über eine solche für Ohrenkranke.
Natürlich wird auch die Irrenanstalt in den Kreis der Universitätsinstitute ein¬
bezogen. Die Stadt stellt ferner ihre altberühmte Stadtbibliothek mit dreihundert-
undfünfzigtausend Bänden zur Verfügung, sowie die städtischen Kunstsammlungen.
Die altehrwürdige, bereits im achtzehnten Jahrhundert begründete Senkenbergische
Stiftung wird in dein Konzern mit ihren: neu erbauten pathologisch-anatomischen
Institut, ihrem botanischen Institut und der neu erbauten Senkenbergischen
medizinisch-naturwissenschaftlichen Bibliothek vertreten sein. Chemisch-pharmakolo-
gischen Studien dient das unter Leitung von Paul Ehrlich stehende Georg
Speyerhaus, neurologischen Studien das Neurologische Institut von Professor
Edinger. Dem zahnärztlichen Studium wird die von der Nothschildschen Stiftung
errichtete Zahnklinik (Carolinum) zugänglich gemacht werden, die zugleich eine
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