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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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terrenis und gediegenes Psychologisch-Päda¬
gogisches Verständnis. In seinem Büchlein
"Wie studiert man Philosophie?" lMolets
Studienführer, Stuttgart, Verlag von Wilhelm
Violet, 1911) beweist Dr. Max Apel, daß er
hierzu berufen ist. Auf 160 Seiten gibt er
eine Anleitung zum Studium und zum
Selbststudium der Philosophie und zugleich
eine klare, kurze Einleitung in die Philo¬
sophischen Probleme. Letztere ist zum Teil
historisch, zum Teil systematisch, indem sie die
Hauptrichtungen der Metaphysik und Er¬
kenntnistheorie kennzeichnet; bei der Logik,
Ethik und Ästhetik beschränkt sich der Verfasser
im wesentlichen auf liternrische Hinweise, in
der Psychologie geht er ein wenig darüber
hinaus, indem er ihre Bedeutung skizziert
und eine Reihe an den verschiedenen Univer¬
sitäten behandelten Psychologischen Themata
aufführt. Die Literaturangaven sind durchweg
geschickt, die kurze Charakterisierung der ver¬
schiedenen in die Philosophie einführenden
Schriften und der philosophisch-historischen
Darstellungen ist treffend und für die Orien¬
tierung des Anfängers von großem Werte.
Auszüge aus den letztjährigen Vorlesungs¬
verzeichnissen der deutschen, österreichischen
und schweizer Universitäten geben eine gute
Übersicht über die gegenwärtig im Vorder¬
grunde des Interesses stehenden Probleme und
philosophischen Autoren. Die Universitäts¬
einrichtungen, Lehrmethoden und Prüfungs¬
vorschriften werden in sachlicher Weise dar¬
gelegt, hin und wieder fallen kritische
Bemerkungen, die aber in keiner Weise in
Nörgelei ausarten. Wir möchten nicht unter¬
lassen, das Buch auch denjenigen Studierenden
zu empfehlen, die Philosophie im Nebenfach
betreiben, es ist durchaus geeignet, unnütze
Zeit- und Kraftvergeudung zu verhindern.

Offizier- und Beamtenfragen

"Die verabschiedeten Offiziere." Das Ber¬
liner Tageblatt brachte vor einiger Zeit eine Er¬
örterung unter diesem Titel. Wer da glaubt,
praktische Winke für die Hebung des gegen¬
wärtigen Notstandes verabschiedeter Offiziere
zu finden, kommt nicht auf seine Rechnung.
Und doch scheint der Antrieb durch die neuer¬
lich aufgetretenen Bestrebungen gegeben zu

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sein, inaktiven Offizieren von einer Zentral¬
stelle aus einträgliche, bürgerliche Stellungen
zu vermitteln.

Was ist des Pudels Kern? Verringerung
der Leutnantsstellen zugunsten teilweisen Er¬
satzes durch Unteroffiziere, mit anderen Worten:
Demokratisierung unseres Offizierkorps! ^

Die Wahlen sind nicht mehr fern; handelt
es sich da vielleicht um eine csptatio bsns-
volsntme? -- Die eiugeflochtene Verdächti¬
gung der Vaterlandsliebe bei Junkern, Be¬
amten und Großindustriellen bestärkt die Ver¬
mutung. Wer bleibt da übrig als "echter
Patriot?" --

Wir sollen ein Drittel unserer Leutnants¬
stellen streichen und diese Vakanzen durch
Offizierstellvertreter aus dem Unterofftzier-
stande und durch Reserveoffiziere ersetzen?! --
"Und wir erhalten weit bessere Stämme für
unsere ReserveformationenI", so klingt der
Artikel aus. Wir können gar nicht genug
Leutnants im stehenden Heere habenI Das
für Offizierstcllvertreterstellen verfügbare Ma¬
terial kann der Armee nicht mehr wie eine
bessere Klasse von "Drillmeistern" liefern.
Drillmeister als Hilfsorgnne der Offiziere
sind aber unsere Unteroffiziere, so wie sie sind.
Hat der Staat Geld übrig, so ist es besser an¬
gewendet, dem Unteroffizierstand durch bessere
Bezahlung noch intelligentere Elemente zu¬
zuführen und sie dem Heere länger zu er¬
halten. Für unseren Friedensdienst mit seinen
ganz naturgemäß sich steigernden Anforde¬
rungen ist, abgesehen von technischer Befähi¬
gung, Begeisterung zum Berufe eine uner¬
läßliche Forderung an das Lehrpersonal. Diese
Begeisterung liefert unser Leutnant und nie¬
mand anders, und wer ihm einreden will, sein
Beruf sei nur ein Durchgangsberuf, kommt
schlecht an! Nicht jeder Leutnant kann es bis
zum General bringen; spätere Katerstimmun¬
gen, wenn die Kräfte mit dem Willen nicht
mehr gleichen Schritt halten und der Kampf
ums berufliche Dasein Opfer fordert, können
daran nichts ändern. -- Und nun der Kriegs¬
fall: Als wir 1870 in den Feldzug gingen,
War der überwiegende Teil unserer Unter¬
offiziere mit Kriegserfahrungen von 1864 und
1866 her unseren jungen Leutnants in vielen
Stücken am Feinde über. Jetzt, wo mit ver¬
schwindenden Ausnahmen bis in die höchsten

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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terrenis und gediegenes Psychologisch-Päda¬
gogisches Verständnis. In seinem Büchlein
„Wie studiert man Philosophie?" lMolets
Studienführer, Stuttgart, Verlag von Wilhelm
Violet, 1911) beweist Dr. Max Apel, daß er
hierzu berufen ist. Auf 160 Seiten gibt er
eine Anleitung zum Studium und zum
Selbststudium der Philosophie und zugleich
eine klare, kurze Einleitung in die Philo¬
sophischen Probleme. Letztere ist zum Teil
historisch, zum Teil systematisch, indem sie die
Hauptrichtungen der Metaphysik und Er¬
kenntnistheorie kennzeichnet; bei der Logik,
Ethik und Ästhetik beschränkt sich der Verfasser
im wesentlichen auf liternrische Hinweise, in
der Psychologie geht er ein wenig darüber
hinaus, indem er ihre Bedeutung skizziert
und eine Reihe an den verschiedenen Univer¬
sitäten behandelten Psychologischen Themata
aufführt. Die Literaturangaven sind durchweg
geschickt, die kurze Charakterisierung der ver¬
schiedenen in die Philosophie einführenden
Schriften und der philosophisch-historischen
Darstellungen ist treffend und für die Orien¬
tierung des Anfängers von großem Werte.
Auszüge aus den letztjährigen Vorlesungs¬
verzeichnissen der deutschen, österreichischen
und schweizer Universitäten geben eine gute
Übersicht über die gegenwärtig im Vorder¬
grunde des Interesses stehenden Probleme und
philosophischen Autoren. Die Universitäts¬
einrichtungen, Lehrmethoden und Prüfungs¬
vorschriften werden in sachlicher Weise dar¬
gelegt, hin und wieder fallen kritische
Bemerkungen, die aber in keiner Weise in
Nörgelei ausarten. Wir möchten nicht unter¬
lassen, das Buch auch denjenigen Studierenden
zu empfehlen, die Philosophie im Nebenfach
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Zeit- und Kraftvergeudung zu verhindern.

Offizier- und Beamtenfragen

„Die verabschiedeten Offiziere." Das Ber¬
liner Tageblatt brachte vor einiger Zeit eine Er¬
örterung unter diesem Titel. Wer da glaubt,
praktische Winke für die Hebung des gegen¬
wärtigen Notstandes verabschiedeter Offiziere
zu finden, kommt nicht auf seine Rechnung.
Und doch scheint der Antrieb durch die neuer¬
lich aufgetretenen Bestrebungen gegeben zu

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sein, inaktiven Offizieren von einer Zentral¬
stelle aus einträgliche, bürgerliche Stellungen
zu vermitteln.

Was ist des Pudels Kern? Verringerung
der Leutnantsstellen zugunsten teilweisen Er¬
satzes durch Unteroffiziere, mit anderen Worten:
Demokratisierung unseres Offizierkorps! ^

Die Wahlen sind nicht mehr fern; handelt
es sich da vielleicht um eine csptatio bsns-
volsntme? — Die eiugeflochtene Verdächti¬
gung der Vaterlandsliebe bei Junkern, Be¬
amten und Großindustriellen bestärkt die Ver¬
mutung. Wer bleibt da übrig als „echter
Patriot?" —

Wir sollen ein Drittel unserer Leutnants¬
stellen streichen und diese Vakanzen durch
Offizierstellvertreter aus dem Unterofftzier-
stande und durch Reserveoffiziere ersetzen?! —
„Und wir erhalten weit bessere Stämme für
unsere ReserveformationenI", so klingt der
Artikel aus. Wir können gar nicht genug
Leutnants im stehenden Heere habenI Das
für Offizierstcllvertreterstellen verfügbare Ma¬
terial kann der Armee nicht mehr wie eine
bessere Klasse von „Drillmeistern" liefern.
Drillmeister als Hilfsorgnne der Offiziere
sind aber unsere Unteroffiziere, so wie sie sind.
Hat der Staat Geld übrig, so ist es besser an¬
gewendet, dem Unteroffizierstand durch bessere
Bezahlung noch intelligentere Elemente zu¬
zuführen und sie dem Heere länger zu er¬
halten. Für unseren Friedensdienst mit seinen
ganz naturgemäß sich steigernden Anforde¬
rungen ist, abgesehen von technischer Befähi¬
gung, Begeisterung zum Berufe eine uner¬
läßliche Forderung an das Lehrpersonal. Diese
Begeisterung liefert unser Leutnant und nie¬
mand anders, und wer ihm einreden will, sein
Beruf sei nur ein Durchgangsberuf, kommt
schlecht an! Nicht jeder Leutnant kann es bis
zum General bringen; spätere Katerstimmun¬
gen, wenn die Kräfte mit dem Willen nicht
mehr gleichen Schritt halten und der Kampf
ums berufliche Dasein Opfer fordert, können
daran nichts ändern. — Und nun der Kriegs¬
fall: Als wir 1870 in den Feldzug gingen,
War der überwiegende Teil unserer Unter¬
offiziere mit Kriegserfahrungen von 1864 und
1866 her unseren jungen Leutnants in vielen
Stücken am Feinde über. Jetzt, wo mit ver¬
schwindenden Ausnahmen bis in die höchsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/638>, abgerufen am 29.12.2024.