Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Rcichsspiegcl Reichsspiegel Innere Politik Landtagsschlnsz -- Bemühungen der Regierung -- Der elsasz-lothringische National¬ bund -- Die Sozialdemokratie So erfreut der deutsche Reichskanzler über die parlamentarische Arbeit des Die Bemühungen der Regierung, die weitere Ansammlung von Grenzboten III 1911 "
Rcichsspiegcl Reichsspiegel Innere Politik Landtagsschlnsz — Bemühungen der Regierung — Der elsasz-lothringische National¬ bund — Die Sozialdemokratie So erfreut der deutsche Reichskanzler über die parlamentarische Arbeit des Die Bemühungen der Regierung, die weitere Ansammlung von Grenzboten III 1911 «
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Rcichsspiegcl
Reichsspiegel
Innere Politik
Landtagsschlnsz — Bemühungen der Regierung — Der elsasz-lothringische National¬
bund — Die Sozialdemokratie
So erfreut der deutsche Reichskanzler über die parlamentarische Arbeit des
Reichstags sein durfte, so wenig kann ihm die Arbeit des preußischen
Landtages behagen. Eine ganze Reihe wichtiger Gesetzesvorlagen ist unerledigt
geblieben, so das Oberrechnungskammergesetz, die Rheinische Landgemeindeordnung
und das Fortbildungsschulgesetz. Nur das Feuerbestattungsgesetz und die beiden
Zweckverbandgesetze sind angenommen worden. Doch um welchen Preis! Die
Parteien des preußischen Landtages sind einander verfeindeter denn je, und die
Demokratie hat dank dem Verhalten der Konservativen Heydebrandscher Richtung
in den letzten Wochen einen Agitationsstoff erhalten, wie sie ihn sich für die
kommenden Wahlen gar nicht besser wünschen konnte.
Die Bemühungen der Regierung, die weitere Ansammlung von
Agitationsstoff zu unterbinden, haben sich nicht belohnt und der Regierung oben¬
drein noch das Odium der Schwäche eingetragen. So hat der Minister Sydow
im Namen der Regierung das Pflichtfortbildungsschulgesetz zurückgezogen, noch
ehe es aus der Kommission an das Plenum gelangt war. Die Absicht war
gut. Die Behandlung des Entwurfs, insbesondere der von der Kommisston
hineiugearbeiteteu Bestimmungen über den Religionsunterricht, durch die Presse
ließ befürchten, daß im Plenum seitens der Linken Reden zum Fenster hinaus
gehalten werden würden, die, ohne an: Schicksal des Gesetzes etwas ändern zu
können, die Verwirrung im Lande nur noch vergrößert hätten, obendrein wegen
einer vcrhältnismägig geringfügigen Angelegenheit. Das hat die Regierung
verhindert und sich dabei bei den Liberalen eine gute Note geholt. Ju liberalen
Kreisen faßte man die Zurückziehung des Gesetzes als einen neuen Beweis dafür
auf, daß Herr v. Bethmann gesonnen sei, sich wirklich von dem ausschließlichen
Einfluß der Rechten zu befreien. Um so peinlicher ist die Überraschung, die der
Ministerpräsident den Liberalen durch die in Anwendung gebrachte Form der
Schließung des Landtages bereitete. Für den nicht näher mit der Geschäfts¬
führung des Landtages vertrauten Zeitungsleser muß es den Anschein haben,
als hätte die Regierung mit Zentrum und Konservativen gemeinsame Sache
gemacht, um die liberalen Parteien durch die Handhabung der Geschäftsordnung
in den Augen des Landes zu blamieren. Dank der Aufmerksamkeit der Liberalen,
zumal durch das entschlossene Eingreifen des nationalliberalen Abgeordneten
Schiffer, ist dies Attentat auf die Rechte der Minderheit nicht nur abgewehrt,
sondern in einen Sieg der Angegriffenen verwandelt wordeu. Wenn die Regierung
die Besprechung eines Initiativantrages der Freisinnigen wegen Einführung des
Reichstagswahlrechts in Preußen in der letzten Session verhindern wollte, dann
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