Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Der rote Rausch Verbesserungen der Methoden immer auf die Wahrnehmungen unserer fünf Der rote Rausch Joseph Aug. lux Roman von (Fortsetzung.) Es war doch sonnenklar, wo Recht und Unrecht lag. Noch ehe der Der rote Rausch Verbesserungen der Methoden immer auf die Wahrnehmungen unserer fünf Der rote Rausch Joseph Aug. lux Roman von (Fortsetzung.) Es war doch sonnenklar, wo Recht und Unrecht lag. Noch ehe der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0081" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318364"/> <fw type="header" place="top"> Der rote Rausch</fw><lb/> <p xml:id="ID_324" prev="#ID_323"> Verbesserungen der Methoden immer auf die Wahrnehmungen unserer fünf<lb/> Sinne angewiesen bleiben wird, überhaupt nicht einmal sagen, wie die Dinge<lb/> in Wahrheit sind, sondern nur, wie sie uns durch Vermittlung unserer Sinne<lb/> erscheinen, während, wie Kant sagt, das den Erscheinungen zugrunde liegende<lb/> transzendentale Objekt uns unerforschlich ist und bleibt. Gerade das aber ist<lb/> der Gegenstand, an dem uns liegt. Und da an diesem Punkte nicht nur die<lb/> Naturwissenschaft, sondern überhaupt jede Wissenschaft scheitert, so kommen wir<lb/> zu dem Schluß, daß Weltanschauung in letzter Linie nicht Sache des Verstandes,<lb/> sondern des in jedem Menschen liegenden Ahnungsvermögens, der Intuition,<lb/> ist. Mit diesen beiden Dingen verhält es sich aber gerade so wie mit dem<lb/> Tastsinn und dem Auge. Das kleine Kind weiß mit den Eindrücken, die ihm<lb/> das Auge darbietet, noch nichts anzufangen. Es muß die Bilder, die ihm<lb/> jenes als Gesamtheit übermittelt, durch den Tastsinn kritisch in Einzelheiten<lb/> zerlegen. Wie ärmlich aber wäre unsere Kenntnis der Welt, wenn sich nicht<lb/> das Auge, nachdem es in der Jugend am Tastsinn sozusagen geaicht ist, später<lb/> von diesem langsamen Gesellen freimachen und uns selbständig seine so viel<lb/> größeren und schöneren Wahrnehmungen übermitteln dürfte. So gerade ist's<lb/> mit dem Ahnen. Wohl brauchen wir die zerlegende Kritik des Verstandes, um<lb/> nicht ins Uferlose zu geraten, und eine Weltanschauung, die ihr nicht standhalten<lb/> kann, ist unbedingt zu verwerfen, wie wir das am Darwinismus darzutun versucht<lb/> haben. Aber aufbauen kann der Verstand nicht, das kann nur die Intuition,<lb/> das Ahnungsvermögen, und so können wir auch nur ahnend zu erfassen suchen,<lb/> was uns hier beschäftigte, unser eigenes Wesen und das der Welt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der rote Rausch<lb/><note type="byline"> Joseph Aug. lux</note> Roman von<lb/> (Fortsetzung.) </head><lb/> <p xml:id="ID_325"> Es war doch sonnenklar, wo Recht und Unrecht lag. Noch ehe der<lb/> amtliche Bericht vorlag, hatten die leitenden Kreise eine genaue Kenntnis der<lb/> Bewegung, ihrer Ursachen und ihrer offensichtlichen Irrtümer. Die gesellschaft¬<lb/> lichen Verbindungen, der persönliche Kontakt mit den Spitzen des Handels und<lb/> der Finanz hatten die leitenden Kreise längst genau unterrichtet und diesen die nötigen<lb/> Gedankenanweisungen gegeben. Finanz und Handel stellen ein sehr empfindliches,<lb/> nervöses Instrument dar, das mit seismographischer Genauigkeit die Zuckungen<lb/> und Fiebererscheinungen des Wirtschaftskörpers anzeigt und die Negierung von<lb/> vorneweg in die Lage setzt, ihr Verhalten einzurichten, lange bevor die Schneckenpost<lb/> des Instanzenweges zu den obersten Stellen gelangt ist. Der Hergang vollzog sich<lb/> in der folgenden ungezwungenen Form.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
Der rote Rausch
Verbesserungen der Methoden immer auf die Wahrnehmungen unserer fünf
Sinne angewiesen bleiben wird, überhaupt nicht einmal sagen, wie die Dinge
in Wahrheit sind, sondern nur, wie sie uns durch Vermittlung unserer Sinne
erscheinen, während, wie Kant sagt, das den Erscheinungen zugrunde liegende
transzendentale Objekt uns unerforschlich ist und bleibt. Gerade das aber ist
der Gegenstand, an dem uns liegt. Und da an diesem Punkte nicht nur die
Naturwissenschaft, sondern überhaupt jede Wissenschaft scheitert, so kommen wir
zu dem Schluß, daß Weltanschauung in letzter Linie nicht Sache des Verstandes,
sondern des in jedem Menschen liegenden Ahnungsvermögens, der Intuition,
ist. Mit diesen beiden Dingen verhält es sich aber gerade so wie mit dem
Tastsinn und dem Auge. Das kleine Kind weiß mit den Eindrücken, die ihm
das Auge darbietet, noch nichts anzufangen. Es muß die Bilder, die ihm
jenes als Gesamtheit übermittelt, durch den Tastsinn kritisch in Einzelheiten
zerlegen. Wie ärmlich aber wäre unsere Kenntnis der Welt, wenn sich nicht
das Auge, nachdem es in der Jugend am Tastsinn sozusagen geaicht ist, später
von diesem langsamen Gesellen freimachen und uns selbständig seine so viel
größeren und schöneren Wahrnehmungen übermitteln dürfte. So gerade ist's
mit dem Ahnen. Wohl brauchen wir die zerlegende Kritik des Verstandes, um
nicht ins Uferlose zu geraten, und eine Weltanschauung, die ihr nicht standhalten
kann, ist unbedingt zu verwerfen, wie wir das am Darwinismus darzutun versucht
haben. Aber aufbauen kann der Verstand nicht, das kann nur die Intuition,
das Ahnungsvermögen, und so können wir auch nur ahnend zu erfassen suchen,
was uns hier beschäftigte, unser eigenes Wesen und das der Welt.
Der rote Rausch
Joseph Aug. lux Roman von
(Fortsetzung.)
Es war doch sonnenklar, wo Recht und Unrecht lag. Noch ehe der
amtliche Bericht vorlag, hatten die leitenden Kreise eine genaue Kenntnis der
Bewegung, ihrer Ursachen und ihrer offensichtlichen Irrtümer. Die gesellschaft¬
lichen Verbindungen, der persönliche Kontakt mit den Spitzen des Handels und
der Finanz hatten die leitenden Kreise längst genau unterrichtet und diesen die nötigen
Gedankenanweisungen gegeben. Finanz und Handel stellen ein sehr empfindliches,
nervöses Instrument dar, das mit seismographischer Genauigkeit die Zuckungen
und Fiebererscheinungen des Wirtschaftskörpers anzeigt und die Negierung von
vorneweg in die Lage setzt, ihr Verhalten einzurichten, lange bevor die Schneckenpost
des Instanzenweges zu den obersten Stellen gelangt ist. Der Hergang vollzog sich
in der folgenden ungezwungenen Form.
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