Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Gulenspiegel Und immer weniger ward der Medizin -- (Er erblickt Lamme, der sich verborgen hält. Mai, sieht ihn der Flasche zusprechen; das Folgende spricht Eulenspiegel schneller.) Da floh ich! Hing den Doktor an den Nagel Und nahm ein anderes Gewerbe auf. Lobwasser: Und Ihr habt von dem Tränklein noch genug? Eulenspiegel: Genug und überreichlich, tausend noch Zu heilen. -- Seht, dies Fläschchen birgts. Und Ihr wollt wirklich mir das Tränklein spenden? Lobwasser: Nehmt es! -- Mich schaudert es! (gibt es) Eulenspiegel: Wie dank ich Euch! Lobwasser: Eulenspiegel: Es wäre gut, wenn gleich Ihr diesen Abend Genugtuung Euch schafft. -- Gebt cillsogleich Lob Wasser: Seid unbesorgt: man denkt auch an die Zukunft. Eulenspiegel: Rektor, Ihr werdet Ehre finden! Euer ist Triumph und Gnadensonne! Ganz fürtrefflich! Lobwasser: Das habt Ihr Euch fürtrefflich ausgedacht! Doch hört, vergeht nicht Eure Gegenleistung! Eulenspiegel: Ihr seid sonst hochgeehrt, -- ich wär gefallen. Lobwasser: Verlaßt Euch drauf, ich tue, was ich kann. (Er eilt dabon; Laurentia tritt auf bon rechts.) Eulenspiegel: Potz Tausend! Welch erfrischender Ersatz! Geht Eure liebe Gnaden auch zu Hof, Um mir als Kritikus ein Bein zu stellen? Laurentia: Steht Ihr so fest? El, el, Magisterlein. Es scheint beinah, Ihr habt Euch übernommen, Wie Eure Neider sagen. Eulenspiegel: Feg ein jeder Vor seiner Tür allein. Laurentia: Vor Eurer wird Sogleich ein ganzes Häuflein Besen fegen. Es wird gefallen. Eulenspiegel: Laurentia: Und muß wohl auch nach all der Vorbereitung ---- Zweihundert Golddukatm Vorschuß -- sieben Knappen Grenzboten II 1911 72
Till Gulenspiegel Und immer weniger ward der Medizin — (Er erblickt Lamme, der sich verborgen hält. Mai, sieht ihn der Flasche zusprechen; das Folgende spricht Eulenspiegel schneller.) Da floh ich! Hing den Doktor an den Nagel Und nahm ein anderes Gewerbe auf. Lobwasser: Und Ihr habt von dem Tränklein noch genug? Eulenspiegel: Genug und überreichlich, tausend noch Zu heilen. — Seht, dies Fläschchen birgts. Und Ihr wollt wirklich mir das Tränklein spenden? Lobwasser: Nehmt es! — Mich schaudert es! (gibt es) Eulenspiegel: Wie dank ich Euch! Lobwasser: Eulenspiegel: Es wäre gut, wenn gleich Ihr diesen Abend Genugtuung Euch schafft. — Gebt cillsogleich Lob Wasser: Seid unbesorgt: man denkt auch an die Zukunft. Eulenspiegel: Rektor, Ihr werdet Ehre finden! Euer ist Triumph und Gnadensonne! Ganz fürtrefflich! Lobwasser: Das habt Ihr Euch fürtrefflich ausgedacht! Doch hört, vergeht nicht Eure Gegenleistung! Eulenspiegel: Ihr seid sonst hochgeehrt, — ich wär gefallen. Lobwasser: Verlaßt Euch drauf, ich tue, was ich kann. (Er eilt dabon; Laurentia tritt auf bon rechts.) Eulenspiegel: Potz Tausend! Welch erfrischender Ersatz! Geht Eure liebe Gnaden auch zu Hof, Um mir als Kritikus ein Bein zu stellen? Laurentia: Steht Ihr so fest? El, el, Magisterlein. Es scheint beinah, Ihr habt Euch übernommen, Wie Eure Neider sagen. Eulenspiegel: Feg ein jeder Vor seiner Tür allein. Laurentia: Vor Eurer wird Sogleich ein ganzes Häuflein Besen fegen. Es wird gefallen. Eulenspiegel: Laurentia: Und muß wohl auch nach all der Vorbereitung —— Zweihundert Golddukatm Vorschuß — sieben Knappen Grenzboten II 1911 72
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Till Gulenspiegel
Und immer weniger ward der Medizin —
(Er erblickt Lamme, der sich verborgen hält. Mai, sieht ihn der Flasche zusprechen;
das Folgende spricht Eulenspiegel schneller.)
Da floh ich! Hing den Doktor an den Nagel
Und nahm ein anderes Gewerbe auf.
Lobwasser:
Und Ihr habt von dem Tränklein noch genug?
Eulenspiegel:
Genug und überreichlich, tausend noch
'
Zu heilen. — Seht, dies Fläschchen birgts.
Und Ihr wollt wirklich mir das Tränklein spenden?
Lobwasser:
Nehmt es! — Mich schaudert es!
(gibt es)
Eulenspiegel:
Wie dank ich Euch!
Lobwasser:
Eulenspiegel:
Es wäre gut, wenn gleich Ihr diesen Abend
Genugtuung Euch schafft. — Gebt cillsogleich
Den Kranken, die Euch am gesund'sten dünken,
'nen Tropfen ein. Und gebt dem Kastellan
Befehl, wenn hier der Hof im Aufbruch ist,
Das Glöcklein leis zu rühren und die Heilen
Dort zu der kleinen Pforte auszulassen,
Daß an dem Hof sie just vorbeipassieren.
Laßt aber fest das Hauptportal verschließen,
Daß sie nicht ungestüm in Freiheitsdrang
Euch vorn zur Straße laufen. - Aber, geudet nicht!
Lob Wasser:
Seid unbesorgt: man denkt auch an die Zukunft.
Eulenspiegel:
Rektor, Ihr werdet Ehre finden! Euer ist
Triumph und Gnadensonne!
Ganz fürtrefflich!
Lobwasser:
Das habt Ihr Euch fürtrefflich ausgedacht!
Doch hört, vergeht nicht Eure Gegenleistung!
Eulenspiegel:
Ihr seid sonst hochgeehrt, — ich wär gefallen.
Lobwasser:
Verlaßt Euch drauf, ich tue, was ich kann.
(Er eilt dabon; Laurentia tritt auf bon rechts.)
Eulenspiegel:
Potz Tausend! Welch erfrischender Ersatz!
Geht Eure liebe Gnaden auch zu Hof,
Um mir als Kritikus ein Bein zu stellen?
Laurentia:
Steht Ihr so fest? El, el, Magisterlein.
Es scheint beinah, Ihr habt Euch übernommen,
Wie Eure Neider sagen.
Eulenspiegel:
Feg ein jeder
Vor seiner Tür allein.
Laurentia:
Vor Eurer wird
Sogleich ein ganzes Häuflein Besen fegen.
Ja, man erwartet viel! Insonderheit
Ist Hoheit schon gespannt.
Es wird gefallen.
Eulenspiegel:
Laurentia:
Und muß wohl auch nach all der Vorbereitung ——
Zweihundert Golddukatm Vorschuß — sieben Knappen
Der Vorhang von der Sammetwirkerinnung
luzc gewebt — einhundert Pfund an Farben
Und Erden aus Siena — Pinsel, Zeug,
Mixturen, Sikkative nicht gerechnet —
Grenzboten II 1911 72
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