Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulenspicgel Ein Schalk geht, Herr Magister, bei uns um. Laurentia (anzüglich): Eulenspiegel: Ein Schallt -- Ich seh, Bescheidenheit macht satt; Mir dünkt der Narren voll die ganze Stadt! (wie oben): Ich sagte nur: ein Schalk! Laurentia Und so betont, Eulenspiegel: Daß eS der Müh zu fragen sich verlohnt; Gut, bleiben wir! Laurentia: Um Gott! Ich geh geschwind. Dann bring ich Euch zum Haus, mein schönes Kind. Eulenspiegel: Denn aufgeregtes Volk in tölp'scher Art Verfährt mit Euresgleichen oft nicht zart. (Beide ab.) Lamme: Mit meinesgleichen auch nicht, wie er weiß. Das sorgt ihn nicht! Wenn er beim Balzen kräht, Kann ich alleine mir die Nase wischen; Die beste Freundschaft doch in Stücke geht, Steckt so ein dummes Ding die Nah' dazwischen. -- Und dabei knurrt der Magen mir ganz schändlich! Rost (kommt aus dem Haus): Hier, das ist Eure fünfte Schüssel. Endlich! Lamme: (Er macht sich über das Essen.) (Der Ratsbote tritt auf, umringt von allerlei Volk; im folgenden laufen immer neue Bürger hinzu.) Ruhe! Ruhe! Einige: Hört, was der Ratsbote zu melden hat! Ein Bürger: Ja, still doch! Ruhe! Einige: Kund und zu wissen tut der Hohe Rat Der Ratsbote: Euch Bürgern dieser Stadt, daß trotz Verbot Und vorverhängter Landesacht ein Schelm, Benamst gemeiniglich Till Eulenspiegel, Mißlich'gen Wandels schuld in vielen Landen, Im Herzogtum sein Umgang treibt. Das Volk: Till Eulenspiegel I Hört! Till Eulenspiegel I Einige: Ruhe! Ruhe! Er will noch weiterreden! Ein Bürger: Der Ratsbote: Auch soll er Vorerstlich in der Nachbarschaft gesehen Auf unsre Stadt zu halten. Hört doch! Hört! Das Volk: Ein Bürger: Er kommt in unsre Stadt! Ein Anderer: So seid doch stille! Da man selbigen Der Rats böte: Till Eulenspiegel großer Gauklerei, Auch Aberwitz und Büberei beschuldigt, Sei diese Warnung aufgetan. In gleicher Weise Soll männiglich gehalten sein, den Abenteurer Zur Abstraf einzufangen. Der Hohe Rat Zahlt fünfzig Golddukaten Handgeld dem. Der ihn gefangen nimmt, als Prämium. Das Volk: Till Eulenspiegel! Hört! Till Eulenspiegel! Fünfzig Dukaten, hört! Till Eulenspiegell Till Lulenspicgel Ein Schalk geht, Herr Magister, bei uns um. Laurentia (anzüglich): Eulenspiegel: Ein Schallt — Ich seh, Bescheidenheit macht satt; Mir dünkt der Narren voll die ganze Stadt! (wie oben): Ich sagte nur: ein Schalk! Laurentia Und so betont, Eulenspiegel: Daß eS der Müh zu fragen sich verlohnt; Gut, bleiben wir! Laurentia: Um Gott! Ich geh geschwind. Dann bring ich Euch zum Haus, mein schönes Kind. Eulenspiegel: Denn aufgeregtes Volk in tölp'scher Art Verfährt mit Euresgleichen oft nicht zart. (Beide ab.) Lamme: Mit meinesgleichen auch nicht, wie er weiß. Das sorgt ihn nicht! Wenn er beim Balzen kräht, Kann ich alleine mir die Nase wischen; Die beste Freundschaft doch in Stücke geht, Steckt so ein dummes Ding die Nah' dazwischen. — Und dabei knurrt der Magen mir ganz schändlich! Rost (kommt aus dem Haus): Hier, das ist Eure fünfte Schüssel. Endlich! Lamme: (Er macht sich über das Essen.) (Der Ratsbote tritt auf, umringt von allerlei Volk; im folgenden laufen immer neue Bürger hinzu.) Ruhe! Ruhe! Einige: Hört, was der Ratsbote zu melden hat! Ein Bürger: Ja, still doch! Ruhe! Einige: Kund und zu wissen tut der Hohe Rat Der Ratsbote: Euch Bürgern dieser Stadt, daß trotz Verbot Und vorverhängter Landesacht ein Schelm, Benamst gemeiniglich Till Eulenspiegel, Mißlich'gen Wandels schuld in vielen Landen, Im Herzogtum sein Umgang treibt. Das Volk: Till Eulenspiegel I Hört! Till Eulenspiegel I Einige: Ruhe! Ruhe! Er will noch weiterreden! Ein Bürger: Der Ratsbote: Auch soll er Vorerstlich in der Nachbarschaft gesehen Auf unsre Stadt zu halten. Hört doch! Hört! Das Volk: Ein Bürger: Er kommt in unsre Stadt! Ein Anderer: So seid doch stille! Da man selbigen Der Rats böte: Till Eulenspiegel großer Gauklerei, Auch Aberwitz und Büberei beschuldigt, Sei diese Warnung aufgetan. In gleicher Weise Soll männiglich gehalten sein, den Abenteurer Zur Abstraf einzufangen. Der Hohe Rat Zahlt fünfzig Golddukaten Handgeld dem. Der ihn gefangen nimmt, als Prämium. Das Volk: Till Eulenspiegel! Hört! Till Eulenspiegel! Fünfzig Dukaten, hört! 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(anzüglich):
Eulenspiegel:
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(wie oben):
Ich sagte nur: ein Schalk!
Laurentia
Und so betont,
Eulenspiegel:
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Gut, bleiben wir!
Laurentia:
Um Gott! Ich geh geschwind.
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Eulenspiegel:
Denn aufgeregtes Volk in tölp'scher Art
Verfährt mit Euresgleichen oft nicht zart.
(Beide ab.)
Lamme:
Mit meinesgleichen auch nicht, wie er weiß.
Das sorgt ihn nicht! Wenn er beim Balzen kräht,
Kann ich alleine mir die Nase wischen;
Die beste Freundschaft doch in Stücke geht,
Steckt so ein dummes Ding die Nah' dazwischen. —
Und dabei knurrt der Magen mir ganz schändlich!
Rost
(kommt aus dem Haus):
Hier, das ist Eure fünfte Schüssel.
Endlich!
Lamme:
(Er macht sich über das Essen.)
(Der Ratsbote tritt auf, umringt von allerlei Volk; im folgenden laufen
immer neue Bürger hinzu.)
Ruhe! Ruhe!
Einige:
Hört, was der Ratsbote zu melden hat!
Ein Bürger:
Ja, still doch! Ruhe!
Einige:
Kund und zu wissen tut der Hohe Rat
Der Ratsbote:
Euch Bürgern dieser Stadt, daß trotz Verbot
Und vorverhängter Landesacht ein Schelm,
Benamst gemeiniglich Till Eulenspiegel,
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Der Ratsbote:
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Das Volk:
Ein Bürger:
Er kommt in unsre Stadt!
Ein Anderer:
So seid doch stille!
Da man selbigen
Der Rats böte:
Till Eulenspiegel großer Gauklerei,
Auch Aberwitz und Büberei beschuldigt,
Sei diese Warnung aufgetan. In gleicher Weise
Soll männiglich gehalten sein, den Abenteurer
Zur Abstraf einzufangen. Der Hohe Rat
Zahlt fünfzig Golddukaten Handgeld dem.
Der ihn gefangen nimmt, als Prämium.
Das Volk:
Till Eulenspiegel! Hört! Till Eulenspiegel!
Fünfzig Dukaten, hört! Till Eulenspiegell
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