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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Rassedienst

Gegenüber dem rasseverderbenden Alkoholismus bewährte sich z. B. in
Schweden der antialkoholische Unterricht in den Schulen als ein sehr wirksames
Mittel. Volkserziehung zu eugenischen Idealen, zu rassedienstlichem Pflicht¬
bewußtsein betrachtet Schallmayer mit Recht als das Wichtigste und Beste, was
im Sinne der Eugenik geschehen kann. Die sittlich-sozialen Gefühle, die im
Anfang kultureller Entwicklung auf engste Kreise, auf die Familie, die Sippe
oder den Stamm sich beschränken, dehnen sich im Laufe der moralischen Ent¬
wicklung der Menschheit auf immer weitere Kreise aus. Erst spät kommt den
Griechen zum Bewußtsein, daß die sittlichen Pflichten auch gegenüber den Barbaren,
den Fremden gelten. Das Solidaritätsgefühl muß sich über den Rahmen der
gegenwärtigen Menschheit hinaus ausdehnen auf kommende Geschlechter; unsere
Fürsorge wird sie besser und glücklicher, wird ihre staatliche Gemeinschaft voll¬
kommener und mächtiger machen. Die Nation, die das eugenische Ideal zuerst
kraftvoll und opferfreudig ergreift, wird sich einen Vorsprung im friedlichen oder
auch im kriegerischen Völkerringen der Zukunft sichern. In England wollte
Galton der Eugenik die Weihe einer nationalen Religion verleihen. Möchte
Deutschland im eugenischen Wettbewerb der Völker, der, einmal einsetzend,
unausbleiblich sich ausdehnt, vaterländischen Opfersinn genug bewähren, um
nicht hinter einer anderen Nation zurückzubleiben in der Behütung und Mehrung
jener Werte, die die fundamentalsten unter allen sind.

Wenn ich am Schlüsse meiner Darstellung der Schallmayerschen Gedanken
auf das ganze Werk zurückschaue, so drängt sich mir stark der Eindruck auf,
daß die kurze Darstellung der Fülle der Angaben, Überlegungen und Beweis¬
führungen des Werkes nur wenig gerecht werden konnte. Noch weniger war es
möglich, die kritische Stellungnahme, zu der ich mich in manchen Punkten Schall¬
mauer gegenüber veranlaßt sehe, hier stets zum Ausdruck zu bringen; so bin
ich z. B. auf die prinzipiellen philosophischen, ethischen Darlegungen, wie auf
die Kritik der Glückseligkeitsmoral, welche Schallmayer sich allzu leicht macht,
nicht eingegangen. Bei aller Abweichung in solchen philosophischen Grundfragen
kann man in bezug auf eugenische Ideale in weitem Maße einig sein. Im
Dienste der guten Sache gilt es, das Einigende mehr als das Trennende zu
betonen. Und das letztere ist nicht der Art, daß es den hohen Wert des
Werkes in meinen Augen gefährden könnte. Zunächst kommt es darauf an,
daß die Probleme der Eugenik gesehen und in ernste Arbeit genommen werden;
diese wird sie in Zukunft der glücklichsten Lösung immer näher bringen. Zu
gründlicher und ernsthafter Einführung in das Neuland der Eugeuik scheint
mir aber Schallmayers Buch neben einigen anderen hervorragenden Werken der
deutschen Literatur vorzüglich geeignet. Wenn der Leser sich für eine knappe
Darlegung meiner eigenen Anschauungen in diesen: Dinge interessieren sollte,
so darf ich ihn auf meine kleine Schrift: "Der Darwinismus und die soziale
Ethik" (Leipzig, I. A. Barth, 1909) verweisen.




Rassedienst

Gegenüber dem rasseverderbenden Alkoholismus bewährte sich z. B. in
Schweden der antialkoholische Unterricht in den Schulen als ein sehr wirksames
Mittel. Volkserziehung zu eugenischen Idealen, zu rassedienstlichem Pflicht¬
bewußtsein betrachtet Schallmayer mit Recht als das Wichtigste und Beste, was
im Sinne der Eugenik geschehen kann. Die sittlich-sozialen Gefühle, die im
Anfang kultureller Entwicklung auf engste Kreise, auf die Familie, die Sippe
oder den Stamm sich beschränken, dehnen sich im Laufe der moralischen Ent¬
wicklung der Menschheit auf immer weitere Kreise aus. Erst spät kommt den
Griechen zum Bewußtsein, daß die sittlichen Pflichten auch gegenüber den Barbaren,
den Fremden gelten. Das Solidaritätsgefühl muß sich über den Rahmen der
gegenwärtigen Menschheit hinaus ausdehnen auf kommende Geschlechter; unsere
Fürsorge wird sie besser und glücklicher, wird ihre staatliche Gemeinschaft voll¬
kommener und mächtiger machen. Die Nation, die das eugenische Ideal zuerst
kraftvoll und opferfreudig ergreift, wird sich einen Vorsprung im friedlichen oder
auch im kriegerischen Völkerringen der Zukunft sichern. In England wollte
Galton der Eugenik die Weihe einer nationalen Religion verleihen. Möchte
Deutschland im eugenischen Wettbewerb der Völker, der, einmal einsetzend,
unausbleiblich sich ausdehnt, vaterländischen Opfersinn genug bewähren, um
nicht hinter einer anderen Nation zurückzubleiben in der Behütung und Mehrung
jener Werte, die die fundamentalsten unter allen sind.

Wenn ich am Schlüsse meiner Darstellung der Schallmayerschen Gedanken
auf das ganze Werk zurückschaue, so drängt sich mir stark der Eindruck auf,
daß die kurze Darstellung der Fülle der Angaben, Überlegungen und Beweis¬
führungen des Werkes nur wenig gerecht werden konnte. Noch weniger war es
möglich, die kritische Stellungnahme, zu der ich mich in manchen Punkten Schall¬
mauer gegenüber veranlaßt sehe, hier stets zum Ausdruck zu bringen; so bin
ich z. B. auf die prinzipiellen philosophischen, ethischen Darlegungen, wie auf
die Kritik der Glückseligkeitsmoral, welche Schallmayer sich allzu leicht macht,
nicht eingegangen. Bei aller Abweichung in solchen philosophischen Grundfragen
kann man in bezug auf eugenische Ideale in weitem Maße einig sein. Im
Dienste der guten Sache gilt es, das Einigende mehr als das Trennende zu
betonen. Und das letztere ist nicht der Art, daß es den hohen Wert des
Werkes in meinen Augen gefährden könnte. Zunächst kommt es darauf an,
daß die Probleme der Eugenik gesehen und in ernste Arbeit genommen werden;
diese wird sie in Zukunft der glücklichsten Lösung immer näher bringen. Zu
gründlicher und ernsthafter Einführung in das Neuland der Eugeuik scheint
mir aber Schallmayers Buch neben einigen anderen hervorragenden Werken der
deutschen Literatur vorzüglich geeignet. Wenn der Leser sich für eine knappe
Darlegung meiner eigenen Anschauungen in diesen: Dinge interessieren sollte,
so darf ich ihn auf meine kleine Schrift: „Der Darwinismus und die soziale
Ethik" (Leipzig, I. A. Barth, 1909) verweisen.




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[0506] Rassedienst Gegenüber dem rasseverderbenden Alkoholismus bewährte sich z. B. in Schweden der antialkoholische Unterricht in den Schulen als ein sehr wirksames Mittel. Volkserziehung zu eugenischen Idealen, zu rassedienstlichem Pflicht¬ bewußtsein betrachtet Schallmayer mit Recht als das Wichtigste und Beste, was im Sinne der Eugenik geschehen kann. Die sittlich-sozialen Gefühle, die im Anfang kultureller Entwicklung auf engste Kreise, auf die Familie, die Sippe oder den Stamm sich beschränken, dehnen sich im Laufe der moralischen Ent¬ wicklung der Menschheit auf immer weitere Kreise aus. Erst spät kommt den Griechen zum Bewußtsein, daß die sittlichen Pflichten auch gegenüber den Barbaren, den Fremden gelten. Das Solidaritätsgefühl muß sich über den Rahmen der gegenwärtigen Menschheit hinaus ausdehnen auf kommende Geschlechter; unsere Fürsorge wird sie besser und glücklicher, wird ihre staatliche Gemeinschaft voll¬ kommener und mächtiger machen. Die Nation, die das eugenische Ideal zuerst kraftvoll und opferfreudig ergreift, wird sich einen Vorsprung im friedlichen oder auch im kriegerischen Völkerringen der Zukunft sichern. In England wollte Galton der Eugenik die Weihe einer nationalen Religion verleihen. Möchte Deutschland im eugenischen Wettbewerb der Völker, der, einmal einsetzend, unausbleiblich sich ausdehnt, vaterländischen Opfersinn genug bewähren, um nicht hinter einer anderen Nation zurückzubleiben in der Behütung und Mehrung jener Werte, die die fundamentalsten unter allen sind. Wenn ich am Schlüsse meiner Darstellung der Schallmayerschen Gedanken auf das ganze Werk zurückschaue, so drängt sich mir stark der Eindruck auf, daß die kurze Darstellung der Fülle der Angaben, Überlegungen und Beweis¬ führungen des Werkes nur wenig gerecht werden konnte. Noch weniger war es möglich, die kritische Stellungnahme, zu der ich mich in manchen Punkten Schall¬ mauer gegenüber veranlaßt sehe, hier stets zum Ausdruck zu bringen; so bin ich z. B. auf die prinzipiellen philosophischen, ethischen Darlegungen, wie auf die Kritik der Glückseligkeitsmoral, welche Schallmayer sich allzu leicht macht, nicht eingegangen. Bei aller Abweichung in solchen philosophischen Grundfragen kann man in bezug auf eugenische Ideale in weitem Maße einig sein. Im Dienste der guten Sache gilt es, das Einigende mehr als das Trennende zu betonen. Und das letztere ist nicht der Art, daß es den hohen Wert des Werkes in meinen Augen gefährden könnte. Zunächst kommt es darauf an, daß die Probleme der Eugenik gesehen und in ernste Arbeit genommen werden; diese wird sie in Zukunft der glücklichsten Lösung immer näher bringen. Zu gründlicher und ernsthafter Einführung in das Neuland der Eugeuik scheint mir aber Schallmayers Buch neben einigen anderen hervorragenden Werken der deutschen Literatur vorzüglich geeignet. Wenn der Leser sich für eine knappe Darlegung meiner eigenen Anschauungen in diesen: Dinge interessieren sollte, so darf ich ihn auf meine kleine Schrift: „Der Darwinismus und die soziale Ethik" (Leipzig, I. A. Barth, 1909) verweisen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/506>, abgerufen am 23.07.2024.