Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Rcichsspiegel Das berüchtigte Experiment der Kaffeellalorisation, das der brasi¬ Rcichsspiegel Das berüchtigte Experiment der Kaffeellalorisation, das der brasi¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318534"/> <fw type="header" place="top"> Rcichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1255" next="#ID_1256"> Das berüchtigte Experiment der Kaffeellalorisation, das der brasi¬<lb/> lianische Staat Sav Paolo vor einigen Jahren — von seinein Standpunkt<lb/> aus mit ungeahntem Erfolg — unternommen hat, soll ein Gegenstück in einer<lb/> Valorisation des Nohgummis erhalten. Der Gummimarkt befindet sich in<lb/> einer schwierigen Lage; die Reaktion auf die spekulativen Ausschreitungen des<lb/> vorigen Jahres hat den Preis von 12^/2 su auf 5 su geworfen. Die Preis-<lb/> steigerung des Vorjahres hat zur Gründung zahlreicher Pflanzergesellschaften<lb/> namentlich in Ceylon, Java, Mexiko geführt. Hauptproduktionsländer bleiben<lb/> aber einstweilen, da die Neupflanzungen eine mehrjährige Entwicklung brauchen,<lb/> um ertragsfähig zu werden, die beiden brasilianischen Staaten Amazonas und<lb/> Para. Kein Wunder, wenn diese auf den Gedanken kommen, zur Unterstützung<lb/> der bedrängten Gummiproduzcnten denselben Weg einzuschlagen, den Sav Paolo<lb/> behufs Hebung des Kaffeepreises beschritten hat, nämlich den des Auflaufs und<lb/> der Einsperrung der Vorräte. Das Beispiel erscheint verlockend genug. Nicht nur<lb/> daß sich das europäische Kapital mit einer Anleihe von 15 Millionen Lstl. bereit¬<lb/> willig zur Verfügung stellte — auch der Erfolg war überraschend. Ist doch der<lb/> Kaffeepreis von 27 Pf. bis auf zirka S2 Pf. gestiegen und der Kaffeemarkt<lb/> so vollständig unter die Kontrolle des hauptsächlichsten Prodnktionslandes geraten,<lb/> daß letzteres nicht einmal daran denkt, die bei der Aufnahme der Valorisations-<lb/> anleihe vorgesehene allmähliche Abstoßung der Bestände ernsthaft durchzuführen.<lb/> Der Staat fühlt sich so sicher in der Beherrschung des Marktes, den er außerdem<lb/> durch eine umfangreiche Terminspekulation „manipuliert", daß er seine Bestände</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Rcichsspiegel
Das berüchtigte Experiment der Kaffeellalorisation, das der brasi¬
lianische Staat Sav Paolo vor einigen Jahren — von seinein Standpunkt
aus mit ungeahntem Erfolg — unternommen hat, soll ein Gegenstück in einer
Valorisation des Nohgummis erhalten. Der Gummimarkt befindet sich in
einer schwierigen Lage; die Reaktion auf die spekulativen Ausschreitungen des
vorigen Jahres hat den Preis von 12^/2 su auf 5 su geworfen. Die Preis-
steigerung des Vorjahres hat zur Gründung zahlreicher Pflanzergesellschaften
namentlich in Ceylon, Java, Mexiko geführt. Hauptproduktionsländer bleiben
aber einstweilen, da die Neupflanzungen eine mehrjährige Entwicklung brauchen,
um ertragsfähig zu werden, die beiden brasilianischen Staaten Amazonas und
Para. Kein Wunder, wenn diese auf den Gedanken kommen, zur Unterstützung
der bedrängten Gummiproduzcnten denselben Weg einzuschlagen, den Sav Paolo
behufs Hebung des Kaffeepreises beschritten hat, nämlich den des Auflaufs und
der Einsperrung der Vorräte. Das Beispiel erscheint verlockend genug. Nicht nur
daß sich das europäische Kapital mit einer Anleihe von 15 Millionen Lstl. bereit¬
willig zur Verfügung stellte — auch der Erfolg war überraschend. Ist doch der
Kaffeepreis von 27 Pf. bis auf zirka S2 Pf. gestiegen und der Kaffeemarkt
so vollständig unter die Kontrolle des hauptsächlichsten Prodnktionslandes geraten,
daß letzteres nicht einmal daran denkt, die bei der Aufnahme der Valorisations-
anleihe vorgesehene allmähliche Abstoßung der Bestände ernsthaft durchzuführen.
Der Staat fühlt sich so sicher in der Beherrschung des Marktes, den er außerdem
durch eine umfangreiche Terminspekulation „manipuliert", daß er seine Bestände
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |