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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegcl

Erscheinungen unseres wirtschaftlichen Lebens. Unser Gesäme-Außenhandel
in den ersten zehn Monaten des verflossenen Jahres 1910 erreicht die gewaltige
Summe von 13 Milliarden Mark; wir folgen darin unmittelbar auf England
und übertreffen um 1'/^ Milliarden die Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Wert unserer Warenausfuhr allein übersteigt um nicht weniger als
794 Millionen Mark den gleichen Zeitraum von 1909, unsere Ausfuhrsteigerung
ist ungefähr dreimal so groß wie die der Vereinigten Staaten; in einem einzigen
Jahr! Das kennzeichnet doch wohl zur Genüge unsere Stellung als wirtschaft¬
liche Großmacht, unseren materiellen Aufschwung und die daraus erwachsende
Unabhängigkeit von Amerika. Als Parallelerscheinungen zu diesen kolossalen
Ausfuhrziffern ergeben sich die Absatzverhältnisse auf dem deutschen Kohlen¬
markt und die Einnahmen der deutschen Eisenbahnen aus dem Güter¬
verkehr; für den gegen das Vorjahr wesentlich gesteigerten Kohlenabsatz spricht
am zweckmäßigsten die nachstehende vergleichende Tabelle:


[Beginn Spaltensatz]
191019"g
To.To.
Jcmunr226 378202 995
Februar224 717215 782
März212 734204 410
April224 950217 84"
Ma235 476218 506
Juni222 939219 127
[Spaltenumbruch]
191"1909
To.To.
Juli221 301213 963
August221 046215116
September224 435210 791
Oktober223 187213 260
November240 708227 653
Dezember229 435
[Ende Spaltensatz]

Das rheinisch-westfälische Kohlensyndikat hat denn auch ans dieser erfreulichen
wirtschaftlichen Lage die Konsequenz gezogen durch den Beschluß, ab I.Januar 1911
die Fördereinschränkung für Kohle um 2^ Prozent (auf,12^/-> Prozent) herab¬
zusetzen -- ein ganz klarer Beweis, daß dieses für unser Wirtschaftsleben so
bedeutungsvolle Syndikat unsere allgemeine wirtschaftliche Lage als durchaus
gesund und gefestigt betrachtet und mit Zuversicht in die nächste Zukunft blickt.
Und ebenso sind unsere Eisenbahneinnahmen aus dem Güterverkehr dauernd
gestiegen; sie weisen in den ersten elf Monaten 1910 die Höhe von rund
1566 Millionen Mark auf und sind gegenüber dem gleichen Zeitraum 1909
um etwa 102 Millionen gestiegen; das bedeutet eine Einnahmesteigerung von
durchschnittlich mehr als 5 Prozent auf den Kilometers

Aber auch die bedeutsamen Investitionen in unserer großen Montanindustrie
sind ein beredtes Zeichen nicht bloß eines optimistischen Wagemuth, einer starken
Zuversicht in unsere wirtschaftliche Gesundheit und stetig fortschreitende Ent¬
wicklung, fondern auch einer starken Kapitalsflüssigkeit und damit eines immerhin
erheblichen Reichtums. In der Kohlenindustrie sind in 11 Monaten des letzten
Jahres rund 166 Millionen Mark investiert worden (gegen 123^ Millionen im
gleichen Zeitraum 1909), in der kleinen und viel jüngeren Kaliindustrie nicht
weniger als 53 Millionen Mark an Zubußen und Anleihen -- gegen 23 Millionen
Mark im Jahre 1909 und 33^/-> Millionen Mark im Jahre 1908. Gerade die Ent¬
wicklung in der Kaliiudustrie ist sehr bezeichnend und in mancher Beziehung fast


Reichsspiegcl

Erscheinungen unseres wirtschaftlichen Lebens. Unser Gesäme-Außenhandel
in den ersten zehn Monaten des verflossenen Jahres 1910 erreicht die gewaltige
Summe von 13 Milliarden Mark; wir folgen darin unmittelbar auf England
und übertreffen um 1'/^ Milliarden die Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Wert unserer Warenausfuhr allein übersteigt um nicht weniger als
794 Millionen Mark den gleichen Zeitraum von 1909, unsere Ausfuhrsteigerung
ist ungefähr dreimal so groß wie die der Vereinigten Staaten; in einem einzigen
Jahr! Das kennzeichnet doch wohl zur Genüge unsere Stellung als wirtschaft¬
liche Großmacht, unseren materiellen Aufschwung und die daraus erwachsende
Unabhängigkeit von Amerika. Als Parallelerscheinungen zu diesen kolossalen
Ausfuhrziffern ergeben sich die Absatzverhältnisse auf dem deutschen Kohlen¬
markt und die Einnahmen der deutschen Eisenbahnen aus dem Güter¬
verkehr; für den gegen das Vorjahr wesentlich gesteigerten Kohlenabsatz spricht
am zweckmäßigsten die nachstehende vergleichende Tabelle:


[Beginn Spaltensatz]
191019»g
To.To.
Jcmunr226 378202 995
Februar224 717215 782
März212 734204 410
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Oktober223 187213 260
November240 708227 653
Dezember229 435
[Ende Spaltensatz]

Das rheinisch-westfälische Kohlensyndikat hat denn auch ans dieser erfreulichen
wirtschaftlichen Lage die Konsequenz gezogen durch den Beschluß, ab I.Januar 1911
die Fördereinschränkung für Kohle um 2^ Prozent (auf,12^/-> Prozent) herab¬
zusetzen — ein ganz klarer Beweis, daß dieses für unser Wirtschaftsleben so
bedeutungsvolle Syndikat unsere allgemeine wirtschaftliche Lage als durchaus
gesund und gefestigt betrachtet und mit Zuversicht in die nächste Zukunft blickt.
Und ebenso sind unsere Eisenbahneinnahmen aus dem Güterverkehr dauernd
gestiegen; sie weisen in den ersten elf Monaten 1910 die Höhe von rund
1566 Millionen Mark auf und sind gegenüber dem gleichen Zeitraum 1909
um etwa 102 Millionen gestiegen; das bedeutet eine Einnahmesteigerung von
durchschnittlich mehr als 5 Prozent auf den Kilometers

Aber auch die bedeutsamen Investitionen in unserer großen Montanindustrie
sind ein beredtes Zeichen nicht bloß eines optimistischen Wagemuth, einer starken
Zuversicht in unsere wirtschaftliche Gesundheit und stetig fortschreitende Ent¬
wicklung, fondern auch einer starken Kapitalsflüssigkeit und damit eines immerhin
erheblichen Reichtums. In der Kohlenindustrie sind in 11 Monaten des letzten
Jahres rund 166 Millionen Mark investiert worden (gegen 123^ Millionen im
gleichen Zeitraum 1909), in der kleinen und viel jüngeren Kaliindustrie nicht
weniger als 53 Millionen Mark an Zubußen und Anleihen — gegen 23 Millionen
Mark im Jahre 1909 und 33^/-> Millionen Mark im Jahre 1908. Gerade die Ent¬
wicklung in der Kaliiudustrie ist sehr bezeichnend und in mancher Beziehung fast


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[0068] Reichsspiegcl Erscheinungen unseres wirtschaftlichen Lebens. Unser Gesäme-Außenhandel in den ersten zehn Monaten des verflossenen Jahres 1910 erreicht die gewaltige Summe von 13 Milliarden Mark; wir folgen darin unmittelbar auf England und übertreffen um 1'/^ Milliarden die Vereinigten Staaten von Amerika. Der Wert unserer Warenausfuhr allein übersteigt um nicht weniger als 794 Millionen Mark den gleichen Zeitraum von 1909, unsere Ausfuhrsteigerung ist ungefähr dreimal so groß wie die der Vereinigten Staaten; in einem einzigen Jahr! Das kennzeichnet doch wohl zur Genüge unsere Stellung als wirtschaft¬ liche Großmacht, unseren materiellen Aufschwung und die daraus erwachsende Unabhängigkeit von Amerika. Als Parallelerscheinungen zu diesen kolossalen Ausfuhrziffern ergeben sich die Absatzverhältnisse auf dem deutschen Kohlen¬ markt und die Einnahmen der deutschen Eisenbahnen aus dem Güter¬ verkehr; für den gegen das Vorjahr wesentlich gesteigerten Kohlenabsatz spricht am zweckmäßigsten die nachstehende vergleichende Tabelle: 191019»g To.To. Jcmunr226 378202 995 Februar224 717215 782 März212 734204 410 April224 950217 84« Ma235 476218 506 Juni222 939219 127 191»1909 To.To. Juli221 301213 963 August221 046215116 September224 435210 791 Oktober223 187213 260 November240 708227 653 Dezember229 435 Das rheinisch-westfälische Kohlensyndikat hat denn auch ans dieser erfreulichen wirtschaftlichen Lage die Konsequenz gezogen durch den Beschluß, ab I.Januar 1911 die Fördereinschränkung für Kohle um 2^ Prozent (auf,12^/-> Prozent) herab¬ zusetzen — ein ganz klarer Beweis, daß dieses für unser Wirtschaftsleben so bedeutungsvolle Syndikat unsere allgemeine wirtschaftliche Lage als durchaus gesund und gefestigt betrachtet und mit Zuversicht in die nächste Zukunft blickt. Und ebenso sind unsere Eisenbahneinnahmen aus dem Güterverkehr dauernd gestiegen; sie weisen in den ersten elf Monaten 1910 die Höhe von rund 1566 Millionen Mark auf und sind gegenüber dem gleichen Zeitraum 1909 um etwa 102 Millionen gestiegen; das bedeutet eine Einnahmesteigerung von durchschnittlich mehr als 5 Prozent auf den Kilometers Aber auch die bedeutsamen Investitionen in unserer großen Montanindustrie sind ein beredtes Zeichen nicht bloß eines optimistischen Wagemuth, einer starken Zuversicht in unsere wirtschaftliche Gesundheit und stetig fortschreitende Ent¬ wicklung, fondern auch einer starken Kapitalsflüssigkeit und damit eines immerhin erheblichen Reichtums. In der Kohlenindustrie sind in 11 Monaten des letzten Jahres rund 166 Millionen Mark investiert worden (gegen 123^ Millionen im gleichen Zeitraum 1909), in der kleinen und viel jüngeren Kaliindustrie nicht weniger als 53 Millionen Mark an Zubußen und Anleihen — gegen 23 Millionen Mark im Jahre 1909 und 33^/-> Millionen Mark im Jahre 1908. Gerade die Ent¬ wicklung in der Kaliiudustrie ist sehr bezeichnend und in mancher Beziehung fast

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/68>, abgerufen am 24.07.2024.