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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Aus Briefen der Ulertherzeit

sJsaak Jselin (1728--1782), heute kaum mehr gekannter, damals hoch¬
angesehener schweizerischer Schriftsteller; außer Schriften zur Philosophie der
Geschichte gab er von 1776 bis zu seinem Tode eine Zeitschrift "Ephemeriden
der Menschheit" heraus; Schlossers Brief an Merck ist abgedruckt bei Wagner,
Briefe von und an Merck (1838) S. 170/71.^




Darmstadt, den 26. Januar 1780.

. . . Der Herzog von Weimar ist im Anfange dieses Jahres einige
Tage hier gewesen. Merck war asZicties bey ihm und Göthen und hat
beyde auch nach Frankfurt begleitet, wo er etliche Tage bey ihnen geblieben
ist. Die Leute sprechen, Merck würde in Weimarsche Dienste gehen; ich
glaube es aber nicht.




Darmstadt, den 6. Juli 1780.

. . . Merck (der jetzt ganz in seinen erkauften Ackern und Weinbergen
lebt und darüber sogar die Mitarbeit an dem ihm sonst so theuren Teutschen
Merkur aufgibt) muß das Packet lan Hoepfner^s ökonomischer Beschäftigungen
wegen vergessen haben.

. . . Aber eh' ichs vergesse! Der Herr Geheimeratspraesident von Moser
zu Darmstadt hat seine Dimission begehrt und erhalten. "Ew. H^ochfürstlichej
Durchlaucht^" -- schrieb seine Excellenz an den Landgrafen, -- "beyde letzte
fulminante Resolutionen haben mich so zu Boden geschlagen, daß ich mich
genötigt sehe, meine Ämter in Höchstdero Hände zurückzugeben usw." --
Diese beyde Resolutionen waren 1) daß der Erbprinz ^der nachmalige Gro߬
herzog Ludewig I. von Hessens an den Gcschüsften künstig Theil haben und
2) daß das Lotto in Darmstadt noch die privilegierten Jahre fortwähren
solle. (Letzteres wollte der Herr v. Moser mit allem Rechte jetzt aufgehoben
wissen, da viele Unterthanen dadurch sich ruiniert haben.) Herr v. Moser
will sich nun nahe in einer Darmstädtischen Landstadt, zu Zwingenberg in
der Bergstraße aufhalten; hier hat er vor 2 Jahren ein Haus und ein
ansehnliches Gut gekauft. In der Mitte des Augustmonaths läßt er viele
Bücher, Gemälde, .Kupferstiche in Darmstadt verkaufen; das Verzeichnis ist
bereits gedruckt . . . Herr von Moser war denn doch 8 Jahre in Darm¬
städtischen Diensten; und 4 Jahre stand er in Wien als Reichshofrath und
nur 2 zu Winnweiler in der Gravschaft Falkenstein als Kaiserlicher Statt¬
halter. Se. Excellenz wollen in Zwingenberg nun blos den Wissenschaften
und der Religion leben. Wir wollen zusehen.




Darmstadt, den 27. Juni 1782.

Sie werden das Würtembergische Repertorium für Literatur kennen,
wovon in der letzten J(nbilate) Messe das erste Stück erschienen ist. Das
Philosophische Fach darin bearbeitet Herr Professor Adel, das aesthetische


Aus Briefen der Ulertherzeit

sJsaak Jselin (1728—1782), heute kaum mehr gekannter, damals hoch¬
angesehener schweizerischer Schriftsteller; außer Schriften zur Philosophie der
Geschichte gab er von 1776 bis zu seinem Tode eine Zeitschrift „Ephemeriden
der Menschheit" heraus; Schlossers Brief an Merck ist abgedruckt bei Wagner,
Briefe von und an Merck (1838) S. 170/71.^




Darmstadt, den 26. Januar 1780.

. . . Der Herzog von Weimar ist im Anfange dieses Jahres einige
Tage hier gewesen. Merck war asZicties bey ihm und Göthen und hat
beyde auch nach Frankfurt begleitet, wo er etliche Tage bey ihnen geblieben
ist. Die Leute sprechen, Merck würde in Weimarsche Dienste gehen; ich
glaube es aber nicht.




Darmstadt, den 6. Juli 1780.

. . . Merck (der jetzt ganz in seinen erkauften Ackern und Weinbergen
lebt und darüber sogar die Mitarbeit an dem ihm sonst so theuren Teutschen
Merkur aufgibt) muß das Packet lan Hoepfner^s ökonomischer Beschäftigungen
wegen vergessen haben.

. . . Aber eh' ichs vergesse! Der Herr Geheimeratspraesident von Moser
zu Darmstadt hat seine Dimission begehrt und erhalten. „Ew. H^ochfürstlichej
Durchlaucht^" — schrieb seine Excellenz an den Landgrafen, — „beyde letzte
fulminante Resolutionen haben mich so zu Boden geschlagen, daß ich mich
genötigt sehe, meine Ämter in Höchstdero Hände zurückzugeben usw." —
Diese beyde Resolutionen waren 1) daß der Erbprinz ^der nachmalige Gro߬
herzog Ludewig I. von Hessens an den Gcschüsften künstig Theil haben und
2) daß das Lotto in Darmstadt noch die privilegierten Jahre fortwähren
solle. (Letzteres wollte der Herr v. Moser mit allem Rechte jetzt aufgehoben
wissen, da viele Unterthanen dadurch sich ruiniert haben.) Herr v. Moser
will sich nun nahe in einer Darmstädtischen Landstadt, zu Zwingenberg in
der Bergstraße aufhalten; hier hat er vor 2 Jahren ein Haus und ein
ansehnliches Gut gekauft. In der Mitte des Augustmonaths läßt er viele
Bücher, Gemälde, .Kupferstiche in Darmstadt verkaufen; das Verzeichnis ist
bereits gedruckt . . . Herr von Moser war denn doch 8 Jahre in Darm¬
städtischen Diensten; und 4 Jahre stand er in Wien als Reichshofrath und
nur 2 zu Winnweiler in der Gravschaft Falkenstein als Kaiserlicher Statt¬
halter. Se. Excellenz wollen in Zwingenberg nun blos den Wissenschaften
und der Religion leben. Wir wollen zusehen.




Darmstadt, den 27. Juni 1782.

Sie werden das Würtembergische Repertorium für Literatur kennen,
wovon in der letzten J(nbilate) Messe das erste Stück erschienen ist. Das
Philosophische Fach darin bearbeitet Herr Professor Adel, das aesthetische


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[0632] Aus Briefen der Ulertherzeit sJsaak Jselin (1728—1782), heute kaum mehr gekannter, damals hoch¬ angesehener schweizerischer Schriftsteller; außer Schriften zur Philosophie der Geschichte gab er von 1776 bis zu seinem Tode eine Zeitschrift „Ephemeriden der Menschheit" heraus; Schlossers Brief an Merck ist abgedruckt bei Wagner, Briefe von und an Merck (1838) S. 170/71.^ Darmstadt, den 26. Januar 1780. . . . Der Herzog von Weimar ist im Anfange dieses Jahres einige Tage hier gewesen. Merck war asZicties bey ihm und Göthen und hat beyde auch nach Frankfurt begleitet, wo er etliche Tage bey ihnen geblieben ist. Die Leute sprechen, Merck würde in Weimarsche Dienste gehen; ich glaube es aber nicht. Darmstadt, den 6. Juli 1780. . . . Merck (der jetzt ganz in seinen erkauften Ackern und Weinbergen lebt und darüber sogar die Mitarbeit an dem ihm sonst so theuren Teutschen Merkur aufgibt) muß das Packet lan Hoepfner^s ökonomischer Beschäftigungen wegen vergessen haben. . . . Aber eh' ichs vergesse! Der Herr Geheimeratspraesident von Moser zu Darmstadt hat seine Dimission begehrt und erhalten. „Ew. H^ochfürstlichej Durchlaucht^" — schrieb seine Excellenz an den Landgrafen, — „beyde letzte fulminante Resolutionen haben mich so zu Boden geschlagen, daß ich mich genötigt sehe, meine Ämter in Höchstdero Hände zurückzugeben usw." — Diese beyde Resolutionen waren 1) daß der Erbprinz ^der nachmalige Gro߬ herzog Ludewig I. von Hessens an den Gcschüsften künstig Theil haben und 2) daß das Lotto in Darmstadt noch die privilegierten Jahre fortwähren solle. (Letzteres wollte der Herr v. Moser mit allem Rechte jetzt aufgehoben wissen, da viele Unterthanen dadurch sich ruiniert haben.) Herr v. Moser will sich nun nahe in einer Darmstädtischen Landstadt, zu Zwingenberg in der Bergstraße aufhalten; hier hat er vor 2 Jahren ein Haus und ein ansehnliches Gut gekauft. In der Mitte des Augustmonaths läßt er viele Bücher, Gemälde, .Kupferstiche in Darmstadt verkaufen; das Verzeichnis ist bereits gedruckt . . . Herr von Moser war denn doch 8 Jahre in Darm¬ städtischen Diensten; und 4 Jahre stand er in Wien als Reichshofrath und nur 2 zu Winnweiler in der Gravschaft Falkenstein als Kaiserlicher Statt¬ halter. Se. Excellenz wollen in Zwingenberg nun blos den Wissenschaften und der Religion leben. Wir wollen zusehen. Darmstadt, den 27. Juni 1782. Sie werden das Würtembergische Repertorium für Literatur kennen, wovon in der letzten J(nbilate) Messe das erste Stück erschienen ist. Das Philosophische Fach darin bearbeitet Herr Professor Adel, das aesthetische

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/632>, abgerufen am 24.07.2024.