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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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bürgen entschieden wurde. Es folgten zwei¬
hundert Jahre des Friedens.

Aber diese Friedenszeit barg ein zweifel¬
haftes Glück für die Sachsen. Der Türke
mordete und plünderte drauf los und kümmerte
sich um nichts weiteres. Johannes HonteruS,
der Schüler Luthers und Freund Melanchthous,
konnte ungehindert die Reformation durch¬
führen, die das Volk wie ein Mann annahm,
so daß sächsisch und evangelisch sein eins be¬
deutete; auf den Landtagen wurden die
sächsischen Privilegien geachtet, denn oft
waren die sächsischen Städte die einzige
sichere Zuflucht der Magnaten vor den Türken
oder den revoltierenden Walachischen Hörigen.
Seit dem Jahre 1683, dem Beginn der
habsburgischen Herrschaft, wurde das anders.
Der österreichische Bureaukratismus griff
die sächsische Selbstverwaltung an, der
Jesuitismus versuchte die Gegenreformation,
und die Magnaten zügelten nicht mehr ihre
Verachtung gegen diese "Krämer und Bauern",
die dieselben Vorrechte wie sie selber genießen
sollten, ja, die Krone spielte jetzt sogar das
sächsische Interesse aus, um die Magnaten für
sich zu gewinnen. Unaufhaltsam nahm die
Politische Macht und Bedeutung der sächsischen
Nation immer mehr ab, nachdem sie noch
einmal unter der Führung des Komes Sachs
v. Harteneck für ganz kurze Zeit empor¬
geschnellt war. Harteneck wurde aber im
Jahre 1703 auf dem Großen Ring in Her-
mannstadt enthauptet, und sein Fall, um sich
eine wunderbare Tragödie, ähnlich der
Egmonts, bildet daS Vorspiel zu der Tragödie
der politischen Vernichtung des SachsentnmS.
Es beginnt eben der Kampf zwischen den
zwei großen Mächten Ungarn und Österreich,
wo das winzige Sachseutmn anfangs kaum
noch das Zünglein an der Wage spielen
konnte, mit der größeren Konzentrierung jener
Mächte aber immer winziger und bedeutungs¬
loser wurde.

JmJahre 1867 kam der Ausgleich Ungarns
mit Osterreich zustande, Ungarn wurde wieder
Königreich, seine Bevölkerung die einzige "un¬
garische Nation", die nach dein Willen der
herrschenden Nationalität natürlich magyarisch
sein sollte; es beginnt das dunkle Kapitel in der
ungarischen Geschichte: die Magyarisierung. --
Für die Romanen, die Serben, die Slawen

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Ungarns ist sie ja keine Existenzfrage, da diese
Nationalitäten so zahlreich sind, in ihrer Ge¬
samtheit sogar zahlreicher als die Magyaren,
und sie direkte räumliche Verbindung mit
ihren Mutterländern haben; die paar Deutschen
in Siebenbürgen aber schienen eine billige
Beute rin ihren zweihundertfunfzig Dörfern,
den schönsten, ihren sieben Städten, den ordent¬
lichsten ganz Ungarns, keine Analphabeten und
Proletarier fanden sich im Volk, die wenigsten
Dirnen und Verbrecher, die meisten Militär¬
tauglichen und die sittsamsten Frauen. Mit bru¬
talsten Rechtsbruch, wie der Beraubung des
sächsischen Nationalvermögens, mit kleinlichster
Schikane durch hochmütige, ungebildeteStciats-
beamte ging hier Goliath gegen David vor;
aber er war in einer Täuschung befangen:
dieser David hieß Georg Daniel Teutsch, und
er kämpfte an der Spitze eines Heeres von
Geistern, den Geistern derer, die bei Sedan
das französische Imperium niedergeworfen und
in Versailles das neue Deutsche Reich als
Weltmacht Proklamiert hatten.

In den neunziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts schlossen die Sachsen Frieden
mit den Magyaren. Diese mußten einsehen,
daß die Magyarisierung der Sachsen vergebens
war, und die Sachsen mußten begreifen, daß
sie einer anderen Gefahr, der von dem volks¬
wirtschaftlichen Ansturm der Romanen, allein
nicht gewachsen waren. So gaben sie also
viel von ihrem Partikularistischen Eigensinn
an die ungarische Staatsidee ab; und die
Magyaren ließen dafür ihre altberühmte Ritter¬
lichkeit wieder mehr zur Geltung kommen.
Und trügen nicht alle Zeichen, so geht Ungarn
Wieder wie im vierzehnten Jahrhundert einer
Blütezeit entgegen, insbesondere das Sachsen-
tum. Das teuerste Besitztum der Sachsen war
und ist und wird immer sein: die nationale
Kultur, deutsche Sitte und deutsche Bildung,
evangelischer Glaube, Protestantischer GeistI
^et retmenäsm coronam wie es die Väter
,
Fred Falter schworen!


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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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bürgen entschieden wurde. Es folgten zwei¬
hundert Jahre des Friedens.

Aber diese Friedenszeit barg ein zweifel¬
haftes Glück für die Sachsen. Der Türke
mordete und plünderte drauf los und kümmerte
sich um nichts weiteres. Johannes HonteruS,
der Schüler Luthers und Freund Melanchthous,
konnte ungehindert die Reformation durch¬
führen, die das Volk wie ein Mann annahm,
so daß sächsisch und evangelisch sein eins be¬
deutete; auf den Landtagen wurden die
sächsischen Privilegien geachtet, denn oft
waren die sächsischen Städte die einzige
sichere Zuflucht der Magnaten vor den Türken
oder den revoltierenden Walachischen Hörigen.
Seit dem Jahre 1683, dem Beginn der
habsburgischen Herrschaft, wurde das anders.
Der österreichische Bureaukratismus griff
die sächsische Selbstverwaltung an, der
Jesuitismus versuchte die Gegenreformation,
und die Magnaten zügelten nicht mehr ihre
Verachtung gegen diese „Krämer und Bauern",
die dieselben Vorrechte wie sie selber genießen
sollten, ja, die Krone spielte jetzt sogar das
sächsische Interesse aus, um die Magnaten für
sich zu gewinnen. Unaufhaltsam nahm die
Politische Macht und Bedeutung der sächsischen
Nation immer mehr ab, nachdem sie noch
einmal unter der Führung des Komes Sachs
v. Harteneck für ganz kurze Zeit empor¬
geschnellt war. Harteneck wurde aber im
Jahre 1703 auf dem Großen Ring in Her-
mannstadt enthauptet, und sein Fall, um sich
eine wunderbare Tragödie, ähnlich der
Egmonts, bildet daS Vorspiel zu der Tragödie
der politischen Vernichtung des SachsentnmS.
Es beginnt eben der Kampf zwischen den
zwei großen Mächten Ungarn und Österreich,
wo das winzige Sachseutmn anfangs kaum
noch das Zünglein an der Wage spielen
konnte, mit der größeren Konzentrierung jener
Mächte aber immer winziger und bedeutungs¬
loser wurde.

JmJahre 1867 kam der Ausgleich Ungarns
mit Osterreich zustande, Ungarn wurde wieder
Königreich, seine Bevölkerung die einzige „un¬
garische Nation", die nach dein Willen der
herrschenden Nationalität natürlich magyarisch
sein sollte; es beginnt das dunkle Kapitel in der
ungarischen Geschichte: die Magyarisierung. —
Für die Romanen, die Serben, die Slawen

[Spaltenumbruch]

Ungarns ist sie ja keine Existenzfrage, da diese
Nationalitäten so zahlreich sind, in ihrer Ge¬
samtheit sogar zahlreicher als die Magyaren,
und sie direkte räumliche Verbindung mit
ihren Mutterländern haben; die paar Deutschen
in Siebenbürgen aber schienen eine billige
Beute rin ihren zweihundertfunfzig Dörfern,
den schönsten, ihren sieben Städten, den ordent¬
lichsten ganz Ungarns, keine Analphabeten und
Proletarier fanden sich im Volk, die wenigsten
Dirnen und Verbrecher, die meisten Militär¬
tauglichen und die sittsamsten Frauen. Mit bru¬
talsten Rechtsbruch, wie der Beraubung des
sächsischen Nationalvermögens, mit kleinlichster
Schikane durch hochmütige, ungebildeteStciats-
beamte ging hier Goliath gegen David vor;
aber er war in einer Täuschung befangen:
dieser David hieß Georg Daniel Teutsch, und
er kämpfte an der Spitze eines Heeres von
Geistern, den Geistern derer, die bei Sedan
das französische Imperium niedergeworfen und
in Versailles das neue Deutsche Reich als
Weltmacht Proklamiert hatten.

In den neunziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts schlossen die Sachsen Frieden
mit den Magyaren. Diese mußten einsehen,
daß die Magyarisierung der Sachsen vergebens
war, und die Sachsen mußten begreifen, daß
sie einer anderen Gefahr, der von dem volks¬
wirtschaftlichen Ansturm der Romanen, allein
nicht gewachsen waren. So gaben sie also
viel von ihrem Partikularistischen Eigensinn
an die ungarische Staatsidee ab; und die
Magyaren ließen dafür ihre altberühmte Ritter¬
lichkeit wieder mehr zur Geltung kommen.
Und trügen nicht alle Zeichen, so geht Ungarn
Wieder wie im vierzehnten Jahrhundert einer
Blütezeit entgegen, insbesondere das Sachsen-
tum. Das teuerste Besitztum der Sachsen war
und ist und wird immer sein: die nationale
Kultur, deutsche Sitte und deutsche Bildung,
evangelischer Glaube, Protestantischer GeistI
^et retmenäsm coronam wie es die Väter
,
Fred Falter schworen!


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[0607] Maßgebliches und Unmaßgebliches bürgen entschieden wurde. Es folgten zwei¬ hundert Jahre des Friedens. Aber diese Friedenszeit barg ein zweifel¬ haftes Glück für die Sachsen. Der Türke mordete und plünderte drauf los und kümmerte sich um nichts weiteres. Johannes HonteruS, der Schüler Luthers und Freund Melanchthous, konnte ungehindert die Reformation durch¬ führen, die das Volk wie ein Mann annahm, so daß sächsisch und evangelisch sein eins be¬ deutete; auf den Landtagen wurden die sächsischen Privilegien geachtet, denn oft waren die sächsischen Städte die einzige sichere Zuflucht der Magnaten vor den Türken oder den revoltierenden Walachischen Hörigen. Seit dem Jahre 1683, dem Beginn der habsburgischen Herrschaft, wurde das anders. Der österreichische Bureaukratismus griff die sächsische Selbstverwaltung an, der Jesuitismus versuchte die Gegenreformation, und die Magnaten zügelten nicht mehr ihre Verachtung gegen diese „Krämer und Bauern", die dieselben Vorrechte wie sie selber genießen sollten, ja, die Krone spielte jetzt sogar das sächsische Interesse aus, um die Magnaten für sich zu gewinnen. Unaufhaltsam nahm die Politische Macht und Bedeutung der sächsischen Nation immer mehr ab, nachdem sie noch einmal unter der Führung des Komes Sachs v. Harteneck für ganz kurze Zeit empor¬ geschnellt war. Harteneck wurde aber im Jahre 1703 auf dem Großen Ring in Her- mannstadt enthauptet, und sein Fall, um sich eine wunderbare Tragödie, ähnlich der Egmonts, bildet daS Vorspiel zu der Tragödie der politischen Vernichtung des SachsentnmS. Es beginnt eben der Kampf zwischen den zwei großen Mächten Ungarn und Österreich, wo das winzige Sachseutmn anfangs kaum noch das Zünglein an der Wage spielen konnte, mit der größeren Konzentrierung jener Mächte aber immer winziger und bedeutungs¬ loser wurde. JmJahre 1867 kam der Ausgleich Ungarns mit Osterreich zustande, Ungarn wurde wieder Königreich, seine Bevölkerung die einzige „un¬ garische Nation", die nach dein Willen der herrschenden Nationalität natürlich magyarisch sein sollte; es beginnt das dunkle Kapitel in der ungarischen Geschichte: die Magyarisierung. — Für die Romanen, die Serben, die Slawen Ungarns ist sie ja keine Existenzfrage, da diese Nationalitäten so zahlreich sind, in ihrer Ge¬ samtheit sogar zahlreicher als die Magyaren, und sie direkte räumliche Verbindung mit ihren Mutterländern haben; die paar Deutschen in Siebenbürgen aber schienen eine billige Beute rin ihren zweihundertfunfzig Dörfern, den schönsten, ihren sieben Städten, den ordent¬ lichsten ganz Ungarns, keine Analphabeten und Proletarier fanden sich im Volk, die wenigsten Dirnen und Verbrecher, die meisten Militär¬ tauglichen und die sittsamsten Frauen. Mit bru¬ talsten Rechtsbruch, wie der Beraubung des sächsischen Nationalvermögens, mit kleinlichster Schikane durch hochmütige, ungebildeteStciats- beamte ging hier Goliath gegen David vor; aber er war in einer Täuschung befangen: dieser David hieß Georg Daniel Teutsch, und er kämpfte an der Spitze eines Heeres von Geistern, den Geistern derer, die bei Sedan das französische Imperium niedergeworfen und in Versailles das neue Deutsche Reich als Weltmacht Proklamiert hatten. In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts schlossen die Sachsen Frieden mit den Magyaren. Diese mußten einsehen, daß die Magyarisierung der Sachsen vergebens war, und die Sachsen mußten begreifen, daß sie einer anderen Gefahr, der von dem volks¬ wirtschaftlichen Ansturm der Romanen, allein nicht gewachsen waren. So gaben sie also viel von ihrem Partikularistischen Eigensinn an die ungarische Staatsidee ab; und die Magyaren ließen dafür ihre altberühmte Ritter¬ lichkeit wieder mehr zur Geltung kommen. Und trügen nicht alle Zeichen, so geht Ungarn Wieder wie im vierzehnten Jahrhundert einer Blütezeit entgegen, insbesondere das Sachsen- tum. Das teuerste Besitztum der Sachsen war und ist und wird immer sein: die nationale Kultur, deutsche Sitte und deutsche Bildung, evangelischer Glaube, Protestantischer GeistI ^et retmenäsm coronam wie es die Väter , Fred Falter schworen! G

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/607>, abgerufen am 24.07.2024.