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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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sorgsam die kluge Mitte hält zwischen dem
bewundernden Beschöniger und dein morali¬
sierenden Berurteiler, An und für sich darf
diese Biographie als ein Muster bon Ber¬
einigung gelehrter Einzelforschung und an¬
regender Darstellung, für die man bei dem
Stoffe sogar das Epitheton "amüsant" und
bei den einzelnen Episoden das sonst noch
unwissenschaftlichere "spannend" wagen darf.
Die erste Auflage istvor fünfundzwanzig Jahren
erschienen. Die Änderungen betrafen, da Anton
Bettelheim bereits die erste Auflage auf aus¬
gedehntes Archivstudium gegründet hatte, im
ganzen aber zu seiner berechtigten Genugtuung
sich nichts zu ändern gebot, im wesentlichen
Kürzungen von Proben und Belegstellen, So
fügt sich das Werk aufs beste in die Reihe der
zugleich wissenschaftlich ernsten und doch für
weitere Kreise bestimmten Dichterbiographien
des Verlags; den bisherigen gegenüber --
Goethe, Schiller, Shakespeare, Moliöre --
hat sie dazu noch den besonderen Wert, daß sie
nicht nur Resümee ist sondern grundlegende
,
Gelo Haus er - Wien Forscherarveit selbst.

Bülows Reden.

Fast zwei Jahre sind
vergangen seit dem Tage, um dem der vierte
Kanzler des Deutschen Reiches von seinem
Platze weichen mußte, und Wohl weniger als
je hat heute die Meinung Berechtigung, daß
der neue Herr in der Wilhelmstraße der
geeignete Mann sei, die aus deu Kämpfen um
die Reichsfinanzreform entstandenen inneren
Schwierigkeiten zu beseitigen. Wenn auch die
Leidenschaft des Kampfes keineswegs verraucht
ist, so machen sich doch schon mehr und mehr
Stimmen geltend, daß es ein nicht wieder
auszugleichender Fehler war, dem Fürsten
Bülow eine ersprießliche weitere Wirksamkeit
unmöglich zu machen,

Bülows Tätigkeit in ihrem vollen Umfang
zu erfassen und zu würdigen, muß einem
späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben; wir
haben nur die Möglichkeit, die in Erscheinung
getretenen Ergebnisse seiner Politik an dem
zu messen, Ums er über seine Absichten mit¬
geteilt hat, Darüber geben in erster Linie
die Reden Auskunft, die er im Reichstag und
im preußischen Landtag gehalten hat, Sie zu
sammeln und damit einem weiteren Kreis zu¬
gängig zu machen, war ein dringendes Be¬
dürfnis, dem schon die Ausgabe von Penzler-

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Hötzsch in mustergültiger Weise abzuhelfen
gesucht hat. Diese Ausgabe ist aber, der
großen Zahl der Reden entsprechend, zu um¬
fangreich und zu teuer, als daß sie eine all¬
gemeinere Verbreitung finden könnte. Nun
bietet der Verlag von Reclcim in Leipzig eine
von Wilhelm v. Massow bearbeitete und ein¬
geleitete Auswahl der Bülowschen Reden dar,
die Wohl geeignet ist, allen billigen Ansprüchen
zu genügen, Ans den einzelnen Reden sind
im Wortlaut nur die wichtigsten Teile wieder¬
gegeben, deren Verbindung durch geschickte
Inhaltsangaben hergestellt ist.

Das bisher erschienene erste Bändchen
enthalt in der Hauptsache die Reden, die
Bülow 1897 bis 1900 als Staatssekretär des
Auswärtigen Amts im Reichstag gehalten
hat; angeschlossen sind noch einige Reden aus
der Zeit der Kanzlerschaft bis zum Mai 1901.
Bekannt ist, wie Bülow, der dem Reichstag
als vollständiger Neuling in der parlamen¬
tarischen Beredsamkeit gegenübertrat, sich dieser
sehr rasch gewachsen zeigte und bald zu denen
gehörte, die schon durch ihre rednerische Ge-
schicklichkeit stets die volle Aufmerksamkeit des
Hauses erzielten. Es ist Wohl oft darüber
gewitzelt worden, daß seine Reden sorgfältig
stilistisch ausgearbeitet sind; die Gewandtheit
des Ausdrucks legte man als Überschätzung
der Form aus und glaubte daraus auf nicht
genügende Festigkeit in der Sache schließen
zu dürfen. Tatsächlich heben sich diese form¬
vollendeten Reden angenehm ab von der Sorg¬
losigkeit und vollen Mißachtung der Form,
mit der so viele Abgeordnete im Parlament
aufzutreten belieben. Und schon deshalb wäre
es zu wünschen, daß die Reden Bülows eifrig
studiert würden, ganz abgesehen von dein
sachlichen Gewinn, den sie steif vermitteln,
mag sich der Redner auslassen über die großen
Fragen der auswärtigen oder über die Er¬
fordernisse einer gesunden Kolonialpolitik, mag
er die Unentbehrlichkeit einer starken Rüstung
nachweisen oder darlegen, daß in unserer
gesamten inneren Politik nur übrig bleibt,
"eine möglichst'richtige und gerechte Diagonale
or. to. Hopf- zu finden"!

Bildende Aunst

Fritz v. Nhde nud die moderne reli¬
giöse Malerei. Eine tief erregbare religiöse

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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sorgsam die kluge Mitte hält zwischen dem
bewundernden Beschöniger und dein morali¬
sierenden Berurteiler, An und für sich darf
diese Biographie als ein Muster bon Ber¬
einigung gelehrter Einzelforschung und an¬
regender Darstellung, für die man bei dem
Stoffe sogar das Epitheton „amüsant" und
bei den einzelnen Episoden das sonst noch
unwissenschaftlichere „spannend" wagen darf.
Die erste Auflage istvor fünfundzwanzig Jahren
erschienen. Die Änderungen betrafen, da Anton
Bettelheim bereits die erste Auflage auf aus¬
gedehntes Archivstudium gegründet hatte, im
ganzen aber zu seiner berechtigten Genugtuung
sich nichts zu ändern gebot, im wesentlichen
Kürzungen von Proben und Belegstellen, So
fügt sich das Werk aufs beste in die Reihe der
zugleich wissenschaftlich ernsten und doch für
weitere Kreise bestimmten Dichterbiographien
des Verlags; den bisherigen gegenüber —
Goethe, Schiller, Shakespeare, Moliöre —
hat sie dazu noch den besonderen Wert, daß sie
nicht nur Resümee ist sondern grundlegende
,
Gelo Haus er - Wien Forscherarveit selbst.

Bülows Reden.

Fast zwei Jahre sind
vergangen seit dem Tage, um dem der vierte
Kanzler des Deutschen Reiches von seinem
Platze weichen mußte, und Wohl weniger als
je hat heute die Meinung Berechtigung, daß
der neue Herr in der Wilhelmstraße der
geeignete Mann sei, die aus deu Kämpfen um
die Reichsfinanzreform entstandenen inneren
Schwierigkeiten zu beseitigen. Wenn auch die
Leidenschaft des Kampfes keineswegs verraucht
ist, so machen sich doch schon mehr und mehr
Stimmen geltend, daß es ein nicht wieder
auszugleichender Fehler war, dem Fürsten
Bülow eine ersprießliche weitere Wirksamkeit
unmöglich zu machen,

Bülows Tätigkeit in ihrem vollen Umfang
zu erfassen und zu würdigen, muß einem
späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben; wir
haben nur die Möglichkeit, die in Erscheinung
getretenen Ergebnisse seiner Politik an dem
zu messen, Ums er über seine Absichten mit¬
geteilt hat, Darüber geben in erster Linie
die Reden Auskunft, die er im Reichstag und
im preußischen Landtag gehalten hat, Sie zu
sammeln und damit einem weiteren Kreis zu¬
gängig zu machen, war ein dringendes Be¬
dürfnis, dem schon die Ausgabe von Penzler-

[Spaltenumbruch]

Hötzsch in mustergültiger Weise abzuhelfen
gesucht hat. Diese Ausgabe ist aber, der
großen Zahl der Reden entsprechend, zu um¬
fangreich und zu teuer, als daß sie eine all¬
gemeinere Verbreitung finden könnte. Nun
bietet der Verlag von Reclcim in Leipzig eine
von Wilhelm v. Massow bearbeitete und ein¬
geleitete Auswahl der Bülowschen Reden dar,
die Wohl geeignet ist, allen billigen Ansprüchen
zu genügen, Ans den einzelnen Reden sind
im Wortlaut nur die wichtigsten Teile wieder¬
gegeben, deren Verbindung durch geschickte
Inhaltsangaben hergestellt ist.

Das bisher erschienene erste Bändchen
enthalt in der Hauptsache die Reden, die
Bülow 1897 bis 1900 als Staatssekretär des
Auswärtigen Amts im Reichstag gehalten
hat; angeschlossen sind noch einige Reden aus
der Zeit der Kanzlerschaft bis zum Mai 1901.
Bekannt ist, wie Bülow, der dem Reichstag
als vollständiger Neuling in der parlamen¬
tarischen Beredsamkeit gegenübertrat, sich dieser
sehr rasch gewachsen zeigte und bald zu denen
gehörte, die schon durch ihre rednerische Ge-
schicklichkeit stets die volle Aufmerksamkeit des
Hauses erzielten. Es ist Wohl oft darüber
gewitzelt worden, daß seine Reden sorgfältig
stilistisch ausgearbeitet sind; die Gewandtheit
des Ausdrucks legte man als Überschätzung
der Form aus und glaubte daraus auf nicht
genügende Festigkeit in der Sache schließen
zu dürfen. Tatsächlich heben sich diese form¬
vollendeten Reden angenehm ab von der Sorg¬
losigkeit und vollen Mißachtung der Form,
mit der so viele Abgeordnete im Parlament
aufzutreten belieben. Und schon deshalb wäre
es zu wünschen, daß die Reden Bülows eifrig
studiert würden, ganz abgesehen von dein
sachlichen Gewinn, den sie steif vermitteln,
mag sich der Redner auslassen über die großen
Fragen der auswärtigen oder über die Er¬
fordernisse einer gesunden Kolonialpolitik, mag
er die Unentbehrlichkeit einer starken Rüstung
nachweisen oder darlegen, daß in unserer
gesamten inneren Politik nur übrig bleibt,
„eine möglichst'richtige und gerechte Diagonale
or. to. Hopf- zu finden"!

Bildende Aunst

Fritz v. Nhde nud die moderne reli¬
giöse Malerei. Eine tief erregbare religiöse

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[0556] Maßgebliches und Unmaßgebliches sorgsam die kluge Mitte hält zwischen dem bewundernden Beschöniger und dein morali¬ sierenden Berurteiler, An und für sich darf diese Biographie als ein Muster bon Ber¬ einigung gelehrter Einzelforschung und an¬ regender Darstellung, für die man bei dem Stoffe sogar das Epitheton „amüsant" und bei den einzelnen Episoden das sonst noch unwissenschaftlichere „spannend" wagen darf. Die erste Auflage istvor fünfundzwanzig Jahren erschienen. Die Änderungen betrafen, da Anton Bettelheim bereits die erste Auflage auf aus¬ gedehntes Archivstudium gegründet hatte, im ganzen aber zu seiner berechtigten Genugtuung sich nichts zu ändern gebot, im wesentlichen Kürzungen von Proben und Belegstellen, So fügt sich das Werk aufs beste in die Reihe der zugleich wissenschaftlich ernsten und doch für weitere Kreise bestimmten Dichterbiographien des Verlags; den bisherigen gegenüber — Goethe, Schiller, Shakespeare, Moliöre — hat sie dazu noch den besonderen Wert, daß sie nicht nur Resümee ist sondern grundlegende , Gelo Haus er - Wien Forscherarveit selbst. Bülows Reden. Fast zwei Jahre sind vergangen seit dem Tage, um dem der vierte Kanzler des Deutschen Reiches von seinem Platze weichen mußte, und Wohl weniger als je hat heute die Meinung Berechtigung, daß der neue Herr in der Wilhelmstraße der geeignete Mann sei, die aus deu Kämpfen um die Reichsfinanzreform entstandenen inneren Schwierigkeiten zu beseitigen. Wenn auch die Leidenschaft des Kampfes keineswegs verraucht ist, so machen sich doch schon mehr und mehr Stimmen geltend, daß es ein nicht wieder auszugleichender Fehler war, dem Fürsten Bülow eine ersprießliche weitere Wirksamkeit unmöglich zu machen, Bülows Tätigkeit in ihrem vollen Umfang zu erfassen und zu würdigen, muß einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben; wir haben nur die Möglichkeit, die in Erscheinung getretenen Ergebnisse seiner Politik an dem zu messen, Ums er über seine Absichten mit¬ geteilt hat, Darüber geben in erster Linie die Reden Auskunft, die er im Reichstag und im preußischen Landtag gehalten hat, Sie zu sammeln und damit einem weiteren Kreis zu¬ gängig zu machen, war ein dringendes Be¬ dürfnis, dem schon die Ausgabe von Penzler- Hötzsch in mustergültiger Weise abzuhelfen gesucht hat. Diese Ausgabe ist aber, der großen Zahl der Reden entsprechend, zu um¬ fangreich und zu teuer, als daß sie eine all¬ gemeinere Verbreitung finden könnte. Nun bietet der Verlag von Reclcim in Leipzig eine von Wilhelm v. Massow bearbeitete und ein¬ geleitete Auswahl der Bülowschen Reden dar, die Wohl geeignet ist, allen billigen Ansprüchen zu genügen, Ans den einzelnen Reden sind im Wortlaut nur die wichtigsten Teile wieder¬ gegeben, deren Verbindung durch geschickte Inhaltsangaben hergestellt ist. Das bisher erschienene erste Bändchen enthalt in der Hauptsache die Reden, die Bülow 1897 bis 1900 als Staatssekretär des Auswärtigen Amts im Reichstag gehalten hat; angeschlossen sind noch einige Reden aus der Zeit der Kanzlerschaft bis zum Mai 1901. Bekannt ist, wie Bülow, der dem Reichstag als vollständiger Neuling in der parlamen¬ tarischen Beredsamkeit gegenübertrat, sich dieser sehr rasch gewachsen zeigte und bald zu denen gehörte, die schon durch ihre rednerische Ge- schicklichkeit stets die volle Aufmerksamkeit des Hauses erzielten. Es ist Wohl oft darüber gewitzelt worden, daß seine Reden sorgfältig stilistisch ausgearbeitet sind; die Gewandtheit des Ausdrucks legte man als Überschätzung der Form aus und glaubte daraus auf nicht genügende Festigkeit in der Sache schließen zu dürfen. Tatsächlich heben sich diese form¬ vollendeten Reden angenehm ab von der Sorg¬ losigkeit und vollen Mißachtung der Form, mit der so viele Abgeordnete im Parlament aufzutreten belieben. Und schon deshalb wäre es zu wünschen, daß die Reden Bülows eifrig studiert würden, ganz abgesehen von dein sachlichen Gewinn, den sie steif vermitteln, mag sich der Redner auslassen über die großen Fragen der auswärtigen oder über die Er¬ fordernisse einer gesunden Kolonialpolitik, mag er die Unentbehrlichkeit einer starken Rüstung nachweisen oder darlegen, daß in unserer gesamten inneren Politik nur übrig bleibt, „eine möglichst'richtige und gerechte Diagonale or. to. Hopf- zu finden"! Bildende Aunst Fritz v. Nhde nud die moderne reli¬ giöse Malerei. Eine tief erregbare religiöse

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/556>, abgerufen am 24.07.2024.