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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Biographien und Briefwechsel
Memoiren der Markgräfin Wilhelmine

von Bayreuth.

(Erschienen im Inselverlag
1910.) Die vielbesprochenen Memoiren der
Schwester Friedrichs des Großen liegen in
einer prächtigen Ausgabe des Jnselverlags
zu Leipzig in neuer Übersetzung vor. Ein
wertvolles Stück Welt- und Kulturgeschichte,
gesehen aus der Perspektive einer gescheiten
und hochbegabten Frau, tritt damit noch ein¬
mal vor die Öffentlichkeit. Dein Historiker
werden solche Dokumente, die eine heroische
Zeit sozusagen von der Hintertreppe aus
malen, häufig wichtiger sein als nüchtern
kühle oder pathetisch aufgedonnerte offizielle
Chroniken. DaS Temperament, das sich in
ihnen entlädt, wird gewiß oft genug die Dinge
in einem subjektiven Zerrbilde zeigen, wird
gewiß hier und da eher den Eindruck eines
Satyrspiels als das Echo der mit wuchtigen
Schritten dahinstampfenden Weltgeschichte
geben. Aber gerade in dieser manchmal klein¬
lichen Subjektivität findet die amtliche Ge¬
schichtsschreibung ihre wertvollste Ergänzung.
Und gerade diese Art, die Dinge anzuschauen
und ihnen gewissermaßen ein zweites Gesicht
zu geben, ist ganz dazu angetan, Bewegung
und Farbe in die Geschichte zu bringen und
ernsthaft Suchenden das Verständnis für ver¬
klungen" große Zeiten wesentlich zu erleichtern.

Die Miniaturbildchen, die diese Memoiren
entrollen, sind alles andere als erfreulich. Die
Schwester Friedrichs des Großen gibt die ins
Groteske hinüberspielende Begleitmusik zu den
mächtigsten Akkorden der Preußischen Ver¬
gangenheit. Ihre Welt ist die höfische Intrige,
das kleinliche Spiel gekränkter weiblicher Eitel¬
keit und Selbstsucht. Die weltgeschichtliche Be¬
deutung ihrer Zeit ist dieser seltsamen Frau,
der es offenbar nur an Raum zur Ent¬
faltung ihrer reichen Talente fehlte, in keinem
Augenblick wirklich klar geworden. Sie war

[Spaltenumbruch]

zu geistreich und, wenn man so will, zu sehr
eigenwilliges Individuum, um deu Glauben
an die immer deutlicher in den Vordergrund
rückende "Preußenidee" aufzubringen. Das
Unterordnen und Einfügen in ein großes
Ganzes blieb ihr fremd. Ihre auf den un¬
günstigsten Platz gestellte Begabung fand sich
in Iber puritanischen Strenge des Berliner
Hofes so wenig zurecht wie in der kleinbürger¬
lichen, atemraubenden Dumpfigkeit des Bay-
reutherLändchenS. Sie spottet über dieZvPfig-
keit ihres Zeitalters. Sie findet die Dar¬
bietungen deutscher Komödianten greulich und
ekelerregend. Sie sieht von allem nur die
Kehrseite. Sie kommt über die Gedrücktheit
des Augenblicks nicht hinaus, so sehr sie sich
auch mit ihrer klugen Stirn und ihren schönen
Weißen Armen dagegen stemmt. Sie ist zu
wenig preußische Königstochter, um die ge¬
schichtliche Aufgabe ihres Hauses begreifen zu
können. Und auf der anderen Seite ist sie
wieder zu sehr die Tochter Friedrich Wilhelms
des Ersten, um daS ihr von Kindesbeinen an
eingeimpfte Subordinationsgefühl günz los
zu werden und eigenmächtig, stark und ihres
eigenen Wertes bewußt darüber Hinalls¬
zuwachsen.

Sie ist, wenn nicht alle Zeichen trügen,
zeit ihres Lebens eine tief unglückliche Frau
gewesen.. Der Zwiespalt zwischen ihren realen
Lebensbedingungen und ihrem fessellos Phan¬
tastischen Ehrgeiz hat sie langsam zerrieben.
Sie erscheint dem, der nicht tiefer zu sehen
versteht, wie eine verkniffene Intrigantin und
Keiferin, während sie in Wirklichkeit ein ver-
irrtes Menschenkind war, in dem die reichsten
Möglichkeiten schlummerten. Sie fand keine
Ventile für diese reichen Möglichkeiten. Sie
wollte und konnte Herrscherin sein und mußte
sich dann mit dem begnügen, was klatsch¬
süchtige Palastdmnen und gefällige Diener
ihr heimlich zutrugen. Sie hatte vielleicht eine

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d Unmaßgebliches



[Beginn Spaltensatz]
Biographien und Briefwechsel
Memoiren der Markgräfin Wilhelmine

von Bayreuth.

(Erschienen im Inselverlag
1910.) Die vielbesprochenen Memoiren der
Schwester Friedrichs des Großen liegen in
einer prächtigen Ausgabe des Jnselverlags
zu Leipzig in neuer Übersetzung vor. Ein
wertvolles Stück Welt- und Kulturgeschichte,
gesehen aus der Perspektive einer gescheiten
und hochbegabten Frau, tritt damit noch ein¬
mal vor die Öffentlichkeit. Dein Historiker
werden solche Dokumente, die eine heroische
Zeit sozusagen von der Hintertreppe aus
malen, häufig wichtiger sein als nüchtern
kühle oder pathetisch aufgedonnerte offizielle
Chroniken. DaS Temperament, das sich in
ihnen entlädt, wird gewiß oft genug die Dinge
in einem subjektiven Zerrbilde zeigen, wird
gewiß hier und da eher den Eindruck eines
Satyrspiels als das Echo der mit wuchtigen
Schritten dahinstampfenden Weltgeschichte
geben. Aber gerade in dieser manchmal klein¬
lichen Subjektivität findet die amtliche Ge¬
schichtsschreibung ihre wertvollste Ergänzung.
Und gerade diese Art, die Dinge anzuschauen
und ihnen gewissermaßen ein zweites Gesicht
zu geben, ist ganz dazu angetan, Bewegung
und Farbe in die Geschichte zu bringen und
ernsthaft Suchenden das Verständnis für ver¬
klungen« große Zeiten wesentlich zu erleichtern.

Die Miniaturbildchen, die diese Memoiren
entrollen, sind alles andere als erfreulich. Die
Schwester Friedrichs des Großen gibt die ins
Groteske hinüberspielende Begleitmusik zu den
mächtigsten Akkorden der Preußischen Ver¬
gangenheit. Ihre Welt ist die höfische Intrige,
das kleinliche Spiel gekränkter weiblicher Eitel¬
keit und Selbstsucht. Die weltgeschichtliche Be¬
deutung ihrer Zeit ist dieser seltsamen Frau,
der es offenbar nur an Raum zur Ent¬
faltung ihrer reichen Talente fehlte, in keinem
Augenblick wirklich klar geworden. Sie war

[Spaltenumbruch]

zu geistreich und, wenn man so will, zu sehr
eigenwilliges Individuum, um deu Glauben
an die immer deutlicher in den Vordergrund
rückende „Preußenidee" aufzubringen. Das
Unterordnen und Einfügen in ein großes
Ganzes blieb ihr fremd. Ihre auf den un¬
günstigsten Platz gestellte Begabung fand sich
in Iber puritanischen Strenge des Berliner
Hofes so wenig zurecht wie in der kleinbürger¬
lichen, atemraubenden Dumpfigkeit des Bay-
reutherLändchenS. Sie spottet über dieZvPfig-
keit ihres Zeitalters. Sie findet die Dar¬
bietungen deutscher Komödianten greulich und
ekelerregend. Sie sieht von allem nur die
Kehrseite. Sie kommt über die Gedrücktheit
des Augenblicks nicht hinaus, so sehr sie sich
auch mit ihrer klugen Stirn und ihren schönen
Weißen Armen dagegen stemmt. Sie ist zu
wenig preußische Königstochter, um die ge¬
schichtliche Aufgabe ihres Hauses begreifen zu
können. Und auf der anderen Seite ist sie
wieder zu sehr die Tochter Friedrich Wilhelms
des Ersten, um daS ihr von Kindesbeinen an
eingeimpfte Subordinationsgefühl günz los
zu werden und eigenmächtig, stark und ihres
eigenen Wertes bewußt darüber Hinalls¬
zuwachsen.

Sie ist, wenn nicht alle Zeichen trügen,
zeit ihres Lebens eine tief unglückliche Frau
gewesen.. Der Zwiespalt zwischen ihren realen
Lebensbedingungen und ihrem fessellos Phan¬
tastischen Ehrgeiz hat sie langsam zerrieben.
Sie erscheint dem, der nicht tiefer zu sehen
versteht, wie eine verkniffene Intrigantin und
Keiferin, während sie in Wirklichkeit ein ver-
irrtes Menschenkind war, in dem die reichsten
Möglichkeiten schlummerten. Sie fand keine
Ventile für diese reichen Möglichkeiten. Sie
wollte und konnte Herrscherin sein und mußte
sich dann mit dem begnügen, was klatsch¬
süchtige Palastdmnen und gefällige Diener
ihr heimlich zutrugen. Sie hatte vielleicht eine

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[0554] [Abbildung] Biographien und Briefwechsel Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. (Erschienen im Inselverlag 1910.) Die vielbesprochenen Memoiren der Schwester Friedrichs des Großen liegen in einer prächtigen Ausgabe des Jnselverlags zu Leipzig in neuer Übersetzung vor. Ein wertvolles Stück Welt- und Kulturgeschichte, gesehen aus der Perspektive einer gescheiten und hochbegabten Frau, tritt damit noch ein¬ mal vor die Öffentlichkeit. Dein Historiker werden solche Dokumente, die eine heroische Zeit sozusagen von der Hintertreppe aus malen, häufig wichtiger sein als nüchtern kühle oder pathetisch aufgedonnerte offizielle Chroniken. DaS Temperament, das sich in ihnen entlädt, wird gewiß oft genug die Dinge in einem subjektiven Zerrbilde zeigen, wird gewiß hier und da eher den Eindruck eines Satyrspiels als das Echo der mit wuchtigen Schritten dahinstampfenden Weltgeschichte geben. Aber gerade in dieser manchmal klein¬ lichen Subjektivität findet die amtliche Ge¬ schichtsschreibung ihre wertvollste Ergänzung. Und gerade diese Art, die Dinge anzuschauen und ihnen gewissermaßen ein zweites Gesicht zu geben, ist ganz dazu angetan, Bewegung und Farbe in die Geschichte zu bringen und ernsthaft Suchenden das Verständnis für ver¬ klungen« große Zeiten wesentlich zu erleichtern. Die Miniaturbildchen, die diese Memoiren entrollen, sind alles andere als erfreulich. Die Schwester Friedrichs des Großen gibt die ins Groteske hinüberspielende Begleitmusik zu den mächtigsten Akkorden der Preußischen Ver¬ gangenheit. Ihre Welt ist die höfische Intrige, das kleinliche Spiel gekränkter weiblicher Eitel¬ keit und Selbstsucht. Die weltgeschichtliche Be¬ deutung ihrer Zeit ist dieser seltsamen Frau, der es offenbar nur an Raum zur Ent¬ faltung ihrer reichen Talente fehlte, in keinem Augenblick wirklich klar geworden. Sie war zu geistreich und, wenn man so will, zu sehr eigenwilliges Individuum, um deu Glauben an die immer deutlicher in den Vordergrund rückende „Preußenidee" aufzubringen. Das Unterordnen und Einfügen in ein großes Ganzes blieb ihr fremd. Ihre auf den un¬ günstigsten Platz gestellte Begabung fand sich in Iber puritanischen Strenge des Berliner Hofes so wenig zurecht wie in der kleinbürger¬ lichen, atemraubenden Dumpfigkeit des Bay- reutherLändchenS. Sie spottet über dieZvPfig- keit ihres Zeitalters. Sie findet die Dar¬ bietungen deutscher Komödianten greulich und ekelerregend. Sie sieht von allem nur die Kehrseite. Sie kommt über die Gedrücktheit des Augenblicks nicht hinaus, so sehr sie sich auch mit ihrer klugen Stirn und ihren schönen Weißen Armen dagegen stemmt. Sie ist zu wenig preußische Königstochter, um die ge¬ schichtliche Aufgabe ihres Hauses begreifen zu können. Und auf der anderen Seite ist sie wieder zu sehr die Tochter Friedrich Wilhelms des Ersten, um daS ihr von Kindesbeinen an eingeimpfte Subordinationsgefühl günz los zu werden und eigenmächtig, stark und ihres eigenen Wertes bewußt darüber Hinalls¬ zuwachsen. Sie ist, wenn nicht alle Zeichen trügen, zeit ihres Lebens eine tief unglückliche Frau gewesen.. Der Zwiespalt zwischen ihren realen Lebensbedingungen und ihrem fessellos Phan¬ tastischen Ehrgeiz hat sie langsam zerrieben. Sie erscheint dem, der nicht tiefer zu sehen versteht, wie eine verkniffene Intrigantin und Keiferin, während sie in Wirklichkeit ein ver- irrtes Menschenkind war, in dem die reichsten Möglichkeiten schlummerten. Sie fand keine Ventile für diese reichen Möglichkeiten. Sie wollte und konnte Herrscherin sein und mußte sich dann mit dem begnügen, was klatsch¬ süchtige Palastdmnen und gefällige Diener ihr heimlich zutrugen. Sie hatte vielleicht eine d Unmaßgebliches

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/554>, abgerufen am 04.07.2024.