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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Grundfragen der Privatangestellteiwerficherung

werden können, sobald man sich auf die in jüngeren Jahren, also etwa bis zum
Alter von 30 Jahren, in den Beruf eines Privatangestellten eintretenden Personen
beschränkt, und darauf wird man sich ohne Schädigung des Zweckes der Ver¬
sicherung beschränken können. Es ist hier nicht der Ort, um einen derartigen
Entwurf in seinem vollen Umfange aufzustellen, es ist aber kein Zweifel, daß
unsere deutschen Lebensversicherungsgesellschaften wohl sogar die Verpflichtung
übernehmen könnten, auch den schlechten Risiken unter den Privatangestellten
in einer gewissen Mindesthöhe zu einer gewissen Maximalvrämie, die ungefähr
dem Risiko entspricht, eine dem Wert der im Entwurf vorgeschlagenen Ver¬
sicherung mindestens gleichkommende Versicherung zu gewähren, vorausgesetzt,
daß sie zur Durchführung der gesamten Prwatangestelltenversicherung zugelassen
werden und die aus den schlechten Risiken entstehende Belastung entsprechend
der Beteiligung an der gesamten Privatangestelltenversicherung verteilt wird, was
durch geeigneten Zusammenschluß der betreffenden Gesellschaften unschwer zu
erzielen wäre. Die Erhöhung der Versicherung entsprechend dem Einkommen
trotz verschlechterter Gesundheitsverhältnisse kann dadurch sicher gestellt werden,
daß von vornherein die Prämie nach dem Gehalt bemessen wird, so daß bei
Erhöhung des Gehalts ohne weiteres auch eine dem erreichten Beitritts alter
entsprechende Erhöhung der Versicherung eintritt.

Die Begründung meint ferner, die Kontrolle, ob alle Angestellten der Ver¬
sicherung und der Zweck der Versicherung erreicht werde, würde erhebliche Kosten
verursachen. Auch das dürfte kaum richtig sein. Es würde wohl schon genügen,
die Arbeitgeber gesetzlich zur Zahlung ihres Beitrages zu verpflichten, in der Weise,
daß sie diesen Beitrag sür eine von dem Angestellten genommene Versicherung zu
zahlen haben, vorausgesetzt, daß der Angestellte dazu mindestens den gleichen
Beitrag leistet; tut er das nicht, so könnte der Arbeitgeberbeitrag ausschließlich
zur Versicherung von Altersrenten verwendet werden, so daß es dem Versicherten
überlassen bleibt, sich nach seinem Ermessen gegen Invalidität und Tod zu ver¬
sichern. Es würde auf diese Weise genügen, lediglich die Abführung des Arbeit¬
geberbeitrages zu kontrollieren, während die Angestellten ganz von selbst dnrch
entsprechende Versicherung dafür sorgen würden, daß der Arbeitgeberbeitrag der
für ihre Verhältnisse als zweckmüßig angesehenen Versicherung zugute kommen
wird. Würde wirklich ein Teil der Angestellten aus diese Weise nur auf
Altersrente versichert bleiben, so würde zweifellos ein großer volkswirtschaftlicher
Schaden daraus kaum entstehen können, zumal, wenn durch geeignete Aufklärung --
und für diese zu sorgen hätten auch die privaten Versicherungsgesellschaften ein
großes Interesse -- dahin gewirkt würde, daß neben der Altersrentenversicherung
noch eine andere Versicherung, wenn auch vielleicht mit niedriger Prämie, ab¬
geschlossen wird. Auch der jetzige Entwurf bietet ja infolge der zehnjährigen
Karenzzeit und der niedrigen Anfangsrenten nichts weniger als eine vollkommene
Versicherung. Die verschiedenartige Auslegung des Jnvaliditütsbegriffes würde
kaum irgendwelchen Schwierigkeiten begegnen, da es ja jedem Beamten schon


Grundfragen der Privatangestellteiwerficherung

werden können, sobald man sich auf die in jüngeren Jahren, also etwa bis zum
Alter von 30 Jahren, in den Beruf eines Privatangestellten eintretenden Personen
beschränkt, und darauf wird man sich ohne Schädigung des Zweckes der Ver¬
sicherung beschränken können. Es ist hier nicht der Ort, um einen derartigen
Entwurf in seinem vollen Umfange aufzustellen, es ist aber kein Zweifel, daß
unsere deutschen Lebensversicherungsgesellschaften wohl sogar die Verpflichtung
übernehmen könnten, auch den schlechten Risiken unter den Privatangestellten
in einer gewissen Mindesthöhe zu einer gewissen Maximalvrämie, die ungefähr
dem Risiko entspricht, eine dem Wert der im Entwurf vorgeschlagenen Ver¬
sicherung mindestens gleichkommende Versicherung zu gewähren, vorausgesetzt,
daß sie zur Durchführung der gesamten Prwatangestelltenversicherung zugelassen
werden und die aus den schlechten Risiken entstehende Belastung entsprechend
der Beteiligung an der gesamten Privatangestelltenversicherung verteilt wird, was
durch geeigneten Zusammenschluß der betreffenden Gesellschaften unschwer zu
erzielen wäre. Die Erhöhung der Versicherung entsprechend dem Einkommen
trotz verschlechterter Gesundheitsverhältnisse kann dadurch sicher gestellt werden,
daß von vornherein die Prämie nach dem Gehalt bemessen wird, so daß bei
Erhöhung des Gehalts ohne weiteres auch eine dem erreichten Beitritts alter
entsprechende Erhöhung der Versicherung eintritt.

Die Begründung meint ferner, die Kontrolle, ob alle Angestellten der Ver¬
sicherung und der Zweck der Versicherung erreicht werde, würde erhebliche Kosten
verursachen. Auch das dürfte kaum richtig sein. Es würde wohl schon genügen,
die Arbeitgeber gesetzlich zur Zahlung ihres Beitrages zu verpflichten, in der Weise,
daß sie diesen Beitrag sür eine von dem Angestellten genommene Versicherung zu
zahlen haben, vorausgesetzt, daß der Angestellte dazu mindestens den gleichen
Beitrag leistet; tut er das nicht, so könnte der Arbeitgeberbeitrag ausschließlich
zur Versicherung von Altersrenten verwendet werden, so daß es dem Versicherten
überlassen bleibt, sich nach seinem Ermessen gegen Invalidität und Tod zu ver¬
sichern. Es würde auf diese Weise genügen, lediglich die Abführung des Arbeit¬
geberbeitrages zu kontrollieren, während die Angestellten ganz von selbst dnrch
entsprechende Versicherung dafür sorgen würden, daß der Arbeitgeberbeitrag der
für ihre Verhältnisse als zweckmüßig angesehenen Versicherung zugute kommen
wird. Würde wirklich ein Teil der Angestellten aus diese Weise nur auf
Altersrente versichert bleiben, so würde zweifellos ein großer volkswirtschaftlicher
Schaden daraus kaum entstehen können, zumal, wenn durch geeignete Aufklärung —
und für diese zu sorgen hätten auch die privaten Versicherungsgesellschaften ein
großes Interesse — dahin gewirkt würde, daß neben der Altersrentenversicherung
noch eine andere Versicherung, wenn auch vielleicht mit niedriger Prämie, ab¬
geschlossen wird. Auch der jetzige Entwurf bietet ja infolge der zehnjährigen
Karenzzeit und der niedrigen Anfangsrenten nichts weniger als eine vollkommene
Versicherung. Die verschiedenartige Auslegung des Jnvaliditütsbegriffes würde
kaum irgendwelchen Schwierigkeiten begegnen, da es ja jedem Beamten schon


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[0536] Grundfragen der Privatangestellteiwerficherung werden können, sobald man sich auf die in jüngeren Jahren, also etwa bis zum Alter von 30 Jahren, in den Beruf eines Privatangestellten eintretenden Personen beschränkt, und darauf wird man sich ohne Schädigung des Zweckes der Ver¬ sicherung beschränken können. Es ist hier nicht der Ort, um einen derartigen Entwurf in seinem vollen Umfange aufzustellen, es ist aber kein Zweifel, daß unsere deutschen Lebensversicherungsgesellschaften wohl sogar die Verpflichtung übernehmen könnten, auch den schlechten Risiken unter den Privatangestellten in einer gewissen Mindesthöhe zu einer gewissen Maximalvrämie, die ungefähr dem Risiko entspricht, eine dem Wert der im Entwurf vorgeschlagenen Ver¬ sicherung mindestens gleichkommende Versicherung zu gewähren, vorausgesetzt, daß sie zur Durchführung der gesamten Prwatangestelltenversicherung zugelassen werden und die aus den schlechten Risiken entstehende Belastung entsprechend der Beteiligung an der gesamten Privatangestelltenversicherung verteilt wird, was durch geeigneten Zusammenschluß der betreffenden Gesellschaften unschwer zu erzielen wäre. Die Erhöhung der Versicherung entsprechend dem Einkommen trotz verschlechterter Gesundheitsverhältnisse kann dadurch sicher gestellt werden, daß von vornherein die Prämie nach dem Gehalt bemessen wird, so daß bei Erhöhung des Gehalts ohne weiteres auch eine dem erreichten Beitritts alter entsprechende Erhöhung der Versicherung eintritt. Die Begründung meint ferner, die Kontrolle, ob alle Angestellten der Ver¬ sicherung und der Zweck der Versicherung erreicht werde, würde erhebliche Kosten verursachen. Auch das dürfte kaum richtig sein. Es würde wohl schon genügen, die Arbeitgeber gesetzlich zur Zahlung ihres Beitrages zu verpflichten, in der Weise, daß sie diesen Beitrag sür eine von dem Angestellten genommene Versicherung zu zahlen haben, vorausgesetzt, daß der Angestellte dazu mindestens den gleichen Beitrag leistet; tut er das nicht, so könnte der Arbeitgeberbeitrag ausschließlich zur Versicherung von Altersrenten verwendet werden, so daß es dem Versicherten überlassen bleibt, sich nach seinem Ermessen gegen Invalidität und Tod zu ver¬ sichern. Es würde auf diese Weise genügen, lediglich die Abführung des Arbeit¬ geberbeitrages zu kontrollieren, während die Angestellten ganz von selbst dnrch entsprechende Versicherung dafür sorgen würden, daß der Arbeitgeberbeitrag der für ihre Verhältnisse als zweckmüßig angesehenen Versicherung zugute kommen wird. Würde wirklich ein Teil der Angestellten aus diese Weise nur auf Altersrente versichert bleiben, so würde zweifellos ein großer volkswirtschaftlicher Schaden daraus kaum entstehen können, zumal, wenn durch geeignete Aufklärung — und für diese zu sorgen hätten auch die privaten Versicherungsgesellschaften ein großes Interesse — dahin gewirkt würde, daß neben der Altersrentenversicherung noch eine andere Versicherung, wenn auch vielleicht mit niedriger Prämie, ab¬ geschlossen wird. Auch der jetzige Entwurf bietet ja infolge der zehnjährigen Karenzzeit und der niedrigen Anfangsrenten nichts weniger als eine vollkommene Versicherung. Die verschiedenartige Auslegung des Jnvaliditütsbegriffes würde kaum irgendwelchen Schwierigkeiten begegnen, da es ja jedem Beamten schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/536>, abgerufen am 24.07.2024.