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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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letzten Majorsjahr Regimentskommandeur, der Feldartillerist mit dem ersten
Oberstleutnantsjahr, der Infanterist aber bleibt volle drei Jahre hindurch Oberst¬
leutnant in der durchaus unselbständigen Stellung als Oberstleutnant beim Stäbe.
Die Offiziere der Kavallerie, Feld- und Fußartillerie werden somit durchschnittlich
zwei bis drei Jahre früher Regimentskommandeure mit Obcrstengehalt als die
der Infanterie. Dazu kommt noch, daß ihre Aussichten, die Stellung eines
Regimentskommandeurs zu erreichen, rund doppelt so groß sind als die der
Jnfanterieoffiziere. Es kommen nämlich auf ein Regiment bei der Kavallerie
fünf Eskadronchefs, bei der Feldartillerie sechs Batteriechefs, bei der Infanterie
aber zwölf Kompagniechefs. -- Faßt man die oben zusammengetragenen Daten
zusammen etwa im Hinblick auf die Verhältnisse der Garnison Metz, wo alle
Waffengattungen, alle militärischen Chargen und noch dazu auch das sächsische
und das bayerische Kontingent vertreten sind, dann ergibt sich folgendes Bild:

Der sechsundvierzigjährige Major der Infanterie hat zwei Jahre auf das
Gehalt seiner Charge und die zweite Ration zu warten, die seine gleichaltrigen
Kameraden der anderen Waffen größtenteils schon beziehen. -- Von den sechs¬
undvierzig- bis dreiundfünfzigjährigen Majors der Infanterie wird nahezu die
Hälfte im dritten bis sechsten Majorsjahre entweder mit der Penston eines
Majors verabschiedet oder als Bezirksoffizier, selten als Bezirkskommandeur,
verabschiedet. Bei den anderen Waffengattungen bleiben etwa neunzig Prozent
sieben Jahre hindurch im Genusse des vollen Majorsgehalts und haben dann
noch doppelt so viel Aussicht auf Weiterbeförderung als der Infanterie-
Major. -- Der dreiundfünfzigjährige Oberstleutnant der Infanterie sieht fast
alle seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Regimentskommandeur¬
stellungen, die bei der Verabschiedung die höhere Pension des Regiments¬
kommandeurs beziehen, während er selbst sich mit der des Oberstleutnants zu
begnügen hat; dies trifft auch aus die Vorstände der Bekleidungsämter zu, die als
Oberstleutnants Regimentskomnmndeursgeho.le sowie Dienstwohnung erhalten. --
Ist der Jnfanterieoffizier mit achtundfunfzig Jahren zwei Jahre lang Oberst,
so sieht er seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Brigade¬
kommandeurstellungen einrücken, während er selbst noch zwei Jahre Regiments¬
kommandeur bleibt. Muß er aber abgehen, so bezieht er Oberstenpension,
während die anderen Generalmajorspension erhalten.

Das sind in großen Zügen die Tatsachen, die als Hauptgründe dafür
anzusehen sind, warum nach den Daten des Herrn Kriegsministers etwa sechs¬
hundert, nach anderen Angaben mehr als achthundert Leutnantsstellen bei der
Infanterie unbesetzt bleiben müssen, während die Truppen mit dem schwarzen Kragen
Überfluß an Offiziersaspiranten haben.

Eingestandenermaßen steht den Infanterieregimentern auch qualitativ nicht das
Material an Offiziersanwärtern zur Verfügung wie besonders der Feldartillerie.
Zahlreiche Jnfanterieoffiziere führen nicht mehr wie früher ihre Söhne der
Infanterie zu, sondern anderen Waffen oder überhaupt anderen Berufen. Durch


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letzten Majorsjahr Regimentskommandeur, der Feldartillerist mit dem ersten
Oberstleutnantsjahr, der Infanterist aber bleibt volle drei Jahre hindurch Oberst¬
leutnant in der durchaus unselbständigen Stellung als Oberstleutnant beim Stäbe.
Die Offiziere der Kavallerie, Feld- und Fußartillerie werden somit durchschnittlich
zwei bis drei Jahre früher Regimentskommandeure mit Obcrstengehalt als die
der Infanterie. Dazu kommt noch, daß ihre Aussichten, die Stellung eines
Regimentskommandeurs zu erreichen, rund doppelt so groß sind als die der
Jnfanterieoffiziere. Es kommen nämlich auf ein Regiment bei der Kavallerie
fünf Eskadronchefs, bei der Feldartillerie sechs Batteriechefs, bei der Infanterie
aber zwölf Kompagniechefs. — Faßt man die oben zusammengetragenen Daten
zusammen etwa im Hinblick auf die Verhältnisse der Garnison Metz, wo alle
Waffengattungen, alle militärischen Chargen und noch dazu auch das sächsische
und das bayerische Kontingent vertreten sind, dann ergibt sich folgendes Bild:

Der sechsundvierzigjährige Major der Infanterie hat zwei Jahre auf das
Gehalt seiner Charge und die zweite Ration zu warten, die seine gleichaltrigen
Kameraden der anderen Waffen größtenteils schon beziehen. — Von den sechs¬
undvierzig- bis dreiundfünfzigjährigen Majors der Infanterie wird nahezu die
Hälfte im dritten bis sechsten Majorsjahre entweder mit der Penston eines
Majors verabschiedet oder als Bezirksoffizier, selten als Bezirkskommandeur,
verabschiedet. Bei den anderen Waffengattungen bleiben etwa neunzig Prozent
sieben Jahre hindurch im Genusse des vollen Majorsgehalts und haben dann
noch doppelt so viel Aussicht auf Weiterbeförderung als der Infanterie-
Major. — Der dreiundfünfzigjährige Oberstleutnant der Infanterie sieht fast
alle seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Regimentskommandeur¬
stellungen, die bei der Verabschiedung die höhere Pension des Regiments¬
kommandeurs beziehen, während er selbst sich mit der des Oberstleutnants zu
begnügen hat; dies trifft auch aus die Vorstände der Bekleidungsämter zu, die als
Oberstleutnants Regimentskomnmndeursgeho.le sowie Dienstwohnung erhalten. —
Ist der Jnfanterieoffizier mit achtundfunfzig Jahren zwei Jahre lang Oberst,
so sieht er seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Brigade¬
kommandeurstellungen einrücken, während er selbst noch zwei Jahre Regiments¬
kommandeur bleibt. Muß er aber abgehen, so bezieht er Oberstenpension,
während die anderen Generalmajorspension erhalten.

Das sind in großen Zügen die Tatsachen, die als Hauptgründe dafür
anzusehen sind, warum nach den Daten des Herrn Kriegsministers etwa sechs¬
hundert, nach anderen Angaben mehr als achthundert Leutnantsstellen bei der
Infanterie unbesetzt bleiben müssen, während die Truppen mit dem schwarzen Kragen
Überfluß an Offiziersaspiranten haben.

Eingestandenermaßen steht den Infanterieregimentern auch qualitativ nicht das
Material an Offiziersanwärtern zur Verfügung wie besonders der Feldartillerie.
Zahlreiche Jnfanterieoffiziere führen nicht mehr wie früher ihre Söhne der
Infanterie zu, sondern anderen Waffen oder überhaupt anderen Berufen. Durch


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[0515] Reichsspicgcl letzten Majorsjahr Regimentskommandeur, der Feldartillerist mit dem ersten Oberstleutnantsjahr, der Infanterist aber bleibt volle drei Jahre hindurch Oberst¬ leutnant in der durchaus unselbständigen Stellung als Oberstleutnant beim Stäbe. Die Offiziere der Kavallerie, Feld- und Fußartillerie werden somit durchschnittlich zwei bis drei Jahre früher Regimentskommandeure mit Obcrstengehalt als die der Infanterie. Dazu kommt noch, daß ihre Aussichten, die Stellung eines Regimentskommandeurs zu erreichen, rund doppelt so groß sind als die der Jnfanterieoffiziere. Es kommen nämlich auf ein Regiment bei der Kavallerie fünf Eskadronchefs, bei der Feldartillerie sechs Batteriechefs, bei der Infanterie aber zwölf Kompagniechefs. — Faßt man die oben zusammengetragenen Daten zusammen etwa im Hinblick auf die Verhältnisse der Garnison Metz, wo alle Waffengattungen, alle militärischen Chargen und noch dazu auch das sächsische und das bayerische Kontingent vertreten sind, dann ergibt sich folgendes Bild: Der sechsundvierzigjährige Major der Infanterie hat zwei Jahre auf das Gehalt seiner Charge und die zweite Ration zu warten, die seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen größtenteils schon beziehen. — Von den sechs¬ undvierzig- bis dreiundfünfzigjährigen Majors der Infanterie wird nahezu die Hälfte im dritten bis sechsten Majorsjahre entweder mit der Penston eines Majors verabschiedet oder als Bezirksoffizier, selten als Bezirkskommandeur, verabschiedet. Bei den anderen Waffengattungen bleiben etwa neunzig Prozent sieben Jahre hindurch im Genusse des vollen Majorsgehalts und haben dann noch doppelt so viel Aussicht auf Weiterbeförderung als der Infanterie- Major. — Der dreiundfünfzigjährige Oberstleutnant der Infanterie sieht fast alle seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Regimentskommandeur¬ stellungen, die bei der Verabschiedung die höhere Pension des Regiments¬ kommandeurs beziehen, während er selbst sich mit der des Oberstleutnants zu begnügen hat; dies trifft auch aus die Vorstände der Bekleidungsämter zu, die als Oberstleutnants Regimentskomnmndeursgeho.le sowie Dienstwohnung erhalten. — Ist der Jnfanterieoffizier mit achtundfunfzig Jahren zwei Jahre lang Oberst, so sieht er seine gleichaltrigen Kameraden der anderen Waffen in Brigade¬ kommandeurstellungen einrücken, während er selbst noch zwei Jahre Regiments¬ kommandeur bleibt. Muß er aber abgehen, so bezieht er Oberstenpension, während die anderen Generalmajorspension erhalten. Das sind in großen Zügen die Tatsachen, die als Hauptgründe dafür anzusehen sind, warum nach den Daten des Herrn Kriegsministers etwa sechs¬ hundert, nach anderen Angaben mehr als achthundert Leutnantsstellen bei der Infanterie unbesetzt bleiben müssen, während die Truppen mit dem schwarzen Kragen Überfluß an Offiziersaspiranten haben. Eingestandenermaßen steht den Infanterieregimentern auch qualitativ nicht das Material an Offiziersanwärtern zur Verfügung wie besonders der Feldartillerie. Zahlreiche Jnfanterieoffiziere führen nicht mehr wie früher ihre Söhne der Infanterie zu, sondern anderen Waffen oder überhaupt anderen Berufen. Durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/515>, abgerufen am 30.12.2024.