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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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auch allen Nationen die Benutzung des darüber
befindlichen Luftraums in gleicher Weise zu.
Anders verhält es sich mit dem Luftraum
oberhalb eiues Staatsgebietes, auch oberhalb
eine? zu einem Staatsgebiete gehörenden
Binnengewässers, Hier ist -- in Anlehnung nu
die Vorschriften des Bürgerliche" Gesetzbuches
für das privatrechtliche Eigentum -- davon
auszugehen, daß jedem Staate in dem über
seinem Landgebicte befindlichen Luftraum alle
öiejcuigen Rechte zukommen, an deren Aus¬
übung er el" Interesse hat, und zwar unter
Ausschluß der Einmischung anderer Staaten,
Diese Regelung deckt sich mit derMachtbefugniS,
die dem Nferstaat über dus ihm vorgelagerte
Küstengewässer znerknnnt wird! sie findet ihre
Grenzen in den Staatsinteresse", Welche
Folgerungen sich an? diesem Grundsatze er¬
geben, sei an einigen Beispiele" erläutert.
So wird in Friedenszeiten kein Staat ein
Interesse daran haben, Luftschiffer anderer
Nationalität Durchfahrt oder Landung in
seine", Gebiet zu verweigern. Wohl aber
wird er beanspruchen können, das; sie sich all
den Vorschriften unterwerfe", deren Beachtung
er im Interesse der Landessichcrheit für er¬
forderlich hält. Zu denken wäre hier etwa
an Vorschriften, die die Verhütung von Zu¬
sammenstößen, die Einschleppung von Seuchen
und ähnliches zum Gegenstande haben. Ins¬
besondere aber werden alle Maßnahmen zu¬
lässig sein, die aus Gründen der Landes¬
verteidigung getroffen werden, wie etwa --
zur Verhütung der Spionage - die Sperrung
gewisser Gegenden, z. B. über Festungen, für
den Luftschifsvcrkehr, Von erheblicher Be¬
deutung ist ferner die Entscheidung der Frage,
welcher Gerichtsbarkeit strafbare Handlungen
unterliegen, die auf einem über fremdem
Staatsgebiete befindlichen Luftschiffe verübt
werden. Entsprechend demhcrrschendenBrauche
bei der Behandlung von Kriegsschiffen müßten
Militärlttftschiffe als "Gebietsteile" ihres Hei-
matsstaates betrachtet werden und, wo sie sich
auch aufhalten mögen, dessen Gerichtsbarkeit
unterworfen bleiben. Aber auch die übrigen
Luftschiffe würden nur innerhalb gewisser
Grenzen der Gerichtsbarkeit des fremde"
Staates ""terliege", u"d zwar mir insoweit,
als es sich um Vorgänge handelt, die sich in

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ihren Wirkungen über Bord des Luftschiffes
hinaus erstrecken. Dies wäre insbesondere
der Fall, wenn die Interessen von Angehörigen
des fremden Staates verletzt sind. Dagegen
würde" Vorgänge interner Natur, z. B. Tät¬
lichkeiten unter der Besatzung des Luftschiffs,
von den Gerichten und nach den Gesetzen des
Staates beurteilt werden müssen, dem das
Luftschiff angehört. Da hiernach die Natio¬
nalität eines Luftschiffes von großer Bedeutung
ist, so werden die Boranssetzuugen für ihren
Erwerb geregelt werden müssen. Hier dürste
es am zweckmäßigste" sein, die Grundsätze der
Seeschiffahrt anzuwenden und demgemäß die¬
jenigen Luftschiffe als deutsche anzusehen, die
im ausschließlichen Eigentum von ReichS-
nngehörigcn stehen. Als Mittel, die Natio¬
nalität nach außen hin kenntlich zu machen,
würde sich die Führung der Nationalflagge
empfehlen. Im Kriege zwischen zwei Staaten
würde der Luftraum über ihnen einen Teil
des Kriegsschauplatzes bilden. Dagegen würde
der Luftraum über den nicht am Kriege be¬
teiligten Staaten neutral bleiben. ES müßten
daher Luftflotten, die die Grenzen neutraler
Staaten überschreiten, von diesen mit Beschlag
belegt und bis zur Beendigung des Krieges
in Verwahrung gehalten werden. Die Be¬
strebungen, die auf die Abschaffung der Kaperei
und den Schutz des Privateigentums zur See
gerichtet sind, müßten auch ans den Krieg im
Luftraum ausgedehnt werden. Hiernach wäre
zunächst die Beschlagnahme von Luftschiffer
unzulässig, die zwar einer der kriegführenden
Nationen angehöre", aber in privatem Eigen¬
tum stehen und zur Unterstützung militärischer
Interessen nicht bestimmt sind. Weiterhin
würde -- entsprechend einer seit 1850 für den
Seekrieg anerkannten Bestimmung -- die neu¬
trale Flagge feindliches Gut decken und um¬
gekehrt auch neutrales Gut unter feindlicher
Flagge der Beschlagnahme entzogen sein. Die
Regelung aller dieser Fragen wird im Wege
internationaler Vereinbarung erfolgen, zu der
bereits die ersten Schritte getan sind. Ihr
Ergebnis wird sich, wie gezeigt, im wesent¬
lichen mit den Bestimmungen decke", die sich
für den Seeverkehr herausgebildet haben, oder
eine Erweiterung dieser Bestimmungen dar¬
Gerichtsassessor Hans Grau- stellen.




Grenzboten I l91l!I
Maßgebliches und Unmaßgebliches

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auch allen Nationen die Benutzung des darüber
befindlichen Luftraums in gleicher Weise zu.
Anders verhält es sich mit dem Luftraum
oberhalb eiues Staatsgebietes, auch oberhalb
eine? zu einem Staatsgebiete gehörenden
Binnengewässers, Hier ist — in Anlehnung nu
die Vorschriften des Bürgerliche» Gesetzbuches
für das privatrechtliche Eigentum — davon
auszugehen, daß jedem Staate in dem über
seinem Landgebicte befindlichen Luftraum alle
öiejcuigen Rechte zukommen, an deren Aus¬
übung er el» Interesse hat, und zwar unter
Ausschluß der Einmischung anderer Staaten,
Diese Regelung deckt sich mit derMachtbefugniS,
die dem Nferstaat über dus ihm vorgelagerte
Küstengewässer znerknnnt wird! sie findet ihre
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Folgerungen sich an? diesem Grundsatze er¬
geben, sei an einigen Beispiele» erläutert.
So wird in Friedenszeiten kein Staat ein
Interesse daran haben, Luftschiffer anderer
Nationalität Durchfahrt oder Landung in
seine», Gebiet zu verweigern. Wohl aber
wird er beanspruchen können, das; sie sich all
den Vorschriften unterwerfe», deren Beachtung
er im Interesse der Landessichcrheit für er¬
forderlich hält. Zu denken wäre hier etwa
an Vorschriften, die die Verhütung von Zu¬
sammenstößen, die Einschleppung von Seuchen
und ähnliches zum Gegenstande haben. Ins¬
besondere aber werden alle Maßnahmen zu¬
lässig sein, die aus Gründen der Landes¬
verteidigung getroffen werden, wie etwa —
zur Verhütung der Spionage - die Sperrung
gewisser Gegenden, z. B. über Festungen, für
den Luftschifsvcrkehr, Von erheblicher Be¬
deutung ist ferner die Entscheidung der Frage,
welcher Gerichtsbarkeit strafbare Handlungen
unterliegen, die auf einem über fremdem
Staatsgebiete befindlichen Luftschiffe verübt
werden. Entsprechend demhcrrschendenBrauche
bei der Behandlung von Kriegsschiffen müßten
Militärlttftschiffe als „Gebietsteile" ihres Hei-
matsstaates betrachtet werden und, wo sie sich
auch aufhalten mögen, dessen Gerichtsbarkeit
unterworfen bleiben. Aber auch die übrigen
Luftschiffe würden nur innerhalb gewisser
Grenzen der Gerichtsbarkeit des fremde»
Staates »»terliege», u»d zwar mir insoweit,
als es sich um Vorgänge handelt, die sich in

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ihren Wirkungen über Bord des Luftschiffes
hinaus erstrecken. Dies wäre insbesondere
der Fall, wenn die Interessen von Angehörigen
des fremden Staates verletzt sind. Dagegen
würde» Vorgänge interner Natur, z. B. Tät¬
lichkeiten unter der Besatzung des Luftschiffs,
von den Gerichten und nach den Gesetzen des
Staates beurteilt werden müssen, dem das
Luftschiff angehört. Da hiernach die Natio¬
nalität eines Luftschiffes von großer Bedeutung
ist, so werden die Boranssetzuugen für ihren
Erwerb geregelt werden müssen. Hier dürste
es am zweckmäßigste» sein, die Grundsätze der
Seeschiffahrt anzuwenden und demgemäß die¬
jenigen Luftschiffe als deutsche anzusehen, die
im ausschließlichen Eigentum von ReichS-
nngehörigcn stehen. Als Mittel, die Natio¬
nalität nach außen hin kenntlich zu machen,
würde sich die Führung der Nationalflagge
empfehlen. Im Kriege zwischen zwei Staaten
würde der Luftraum über ihnen einen Teil
des Kriegsschauplatzes bilden. Dagegen würde
der Luftraum über den nicht am Kriege be¬
teiligten Staaten neutral bleiben. ES müßten
daher Luftflotten, die die Grenzen neutraler
Staaten überschreiten, von diesen mit Beschlag
belegt und bis zur Beendigung des Krieges
in Verwahrung gehalten werden. Die Be¬
strebungen, die auf die Abschaffung der Kaperei
und den Schutz des Privateigentums zur See
gerichtet sind, müßten auch ans den Krieg im
Luftraum ausgedehnt werden. Hiernach wäre
zunächst die Beschlagnahme von Luftschiffer
unzulässig, die zwar einer der kriegführenden
Nationen angehöre», aber in privatem Eigen¬
tum stehen und zur Unterstützung militärischer
Interessen nicht bestimmt sind. Weiterhin
würde — entsprechend einer seit 1850 für den
Seekrieg anerkannten Bestimmung — die neu¬
trale Flagge feindliches Gut decken und um¬
gekehrt auch neutrales Gut unter feindlicher
Flagge der Beschlagnahme entzogen sein. Die
Regelung aller dieser Fragen wird im Wege
internationaler Vereinbarung erfolgen, zu der
bereits die ersten Schritte getan sind. Ihr
Ergebnis wird sich, wie gezeigt, im wesent¬
lichen mit den Bestimmungen decke», die sich
für den Seeverkehr herausgebildet haben, oder
eine Erweiterung dieser Bestimmungen dar¬
Gerichtsassessor Hans Grau- stellen.




Grenzboten I l91l!I
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[0359] Maßgebliches und Unmaßgebliches auch allen Nationen die Benutzung des darüber befindlichen Luftraums in gleicher Weise zu. Anders verhält es sich mit dem Luftraum oberhalb eiues Staatsgebietes, auch oberhalb eine? zu einem Staatsgebiete gehörenden Binnengewässers, Hier ist — in Anlehnung nu die Vorschriften des Bürgerliche» Gesetzbuches für das privatrechtliche Eigentum — davon auszugehen, daß jedem Staate in dem über seinem Landgebicte befindlichen Luftraum alle öiejcuigen Rechte zukommen, an deren Aus¬ übung er el» Interesse hat, und zwar unter Ausschluß der Einmischung anderer Staaten, Diese Regelung deckt sich mit derMachtbefugniS, die dem Nferstaat über dus ihm vorgelagerte Küstengewässer znerknnnt wird! sie findet ihre Grenzen in den Staatsinteresse», Welche Folgerungen sich an? diesem Grundsatze er¬ geben, sei an einigen Beispiele» erläutert. So wird in Friedenszeiten kein Staat ein Interesse daran haben, Luftschiffer anderer Nationalität Durchfahrt oder Landung in seine», Gebiet zu verweigern. Wohl aber wird er beanspruchen können, das; sie sich all den Vorschriften unterwerfe», deren Beachtung er im Interesse der Landessichcrheit für er¬ forderlich hält. Zu denken wäre hier etwa an Vorschriften, die die Verhütung von Zu¬ sammenstößen, die Einschleppung von Seuchen und ähnliches zum Gegenstande haben. Ins¬ besondere aber werden alle Maßnahmen zu¬ lässig sein, die aus Gründen der Landes¬ verteidigung getroffen werden, wie etwa — zur Verhütung der Spionage - die Sperrung gewisser Gegenden, z. B. über Festungen, für den Luftschifsvcrkehr, Von erheblicher Be¬ deutung ist ferner die Entscheidung der Frage, welcher Gerichtsbarkeit strafbare Handlungen unterliegen, die auf einem über fremdem Staatsgebiete befindlichen Luftschiffe verübt werden. Entsprechend demhcrrschendenBrauche bei der Behandlung von Kriegsschiffen müßten Militärlttftschiffe als „Gebietsteile" ihres Hei- matsstaates betrachtet werden und, wo sie sich auch aufhalten mögen, dessen Gerichtsbarkeit unterworfen bleiben. Aber auch die übrigen Luftschiffe würden nur innerhalb gewisser Grenzen der Gerichtsbarkeit des fremde» Staates »»terliege», u»d zwar mir insoweit, als es sich um Vorgänge handelt, die sich in ihren Wirkungen über Bord des Luftschiffes hinaus erstrecken. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn die Interessen von Angehörigen des fremden Staates verletzt sind. Dagegen würde» Vorgänge interner Natur, z. B. Tät¬ lichkeiten unter der Besatzung des Luftschiffs, von den Gerichten und nach den Gesetzen des Staates beurteilt werden müssen, dem das Luftschiff angehört. Da hiernach die Natio¬ nalität eines Luftschiffes von großer Bedeutung ist, so werden die Boranssetzuugen für ihren Erwerb geregelt werden müssen. Hier dürste es am zweckmäßigste» sein, die Grundsätze der Seeschiffahrt anzuwenden und demgemäß die¬ jenigen Luftschiffe als deutsche anzusehen, die im ausschließlichen Eigentum von ReichS- nngehörigcn stehen. Als Mittel, die Natio¬ nalität nach außen hin kenntlich zu machen, würde sich die Führung der Nationalflagge empfehlen. Im Kriege zwischen zwei Staaten würde der Luftraum über ihnen einen Teil des Kriegsschauplatzes bilden. Dagegen würde der Luftraum über den nicht am Kriege be¬ teiligten Staaten neutral bleiben. ES müßten daher Luftflotten, die die Grenzen neutraler Staaten überschreiten, von diesen mit Beschlag belegt und bis zur Beendigung des Krieges in Verwahrung gehalten werden. Die Be¬ strebungen, die auf die Abschaffung der Kaperei und den Schutz des Privateigentums zur See gerichtet sind, müßten auch ans den Krieg im Luftraum ausgedehnt werden. Hiernach wäre zunächst die Beschlagnahme von Luftschiffer unzulässig, die zwar einer der kriegführenden Nationen angehöre», aber in privatem Eigen¬ tum stehen und zur Unterstützung militärischer Interessen nicht bestimmt sind. Weiterhin würde — entsprechend einer seit 1850 für den Seekrieg anerkannten Bestimmung — die neu¬ trale Flagge feindliches Gut decken und um¬ gekehrt auch neutrales Gut unter feindlicher Flagge der Beschlagnahme entzogen sein. Die Regelung aller dieser Fragen wird im Wege internationaler Vereinbarung erfolgen, zu der bereits die ersten Schritte getan sind. Ihr Ergebnis wird sich, wie gezeigt, im wesent¬ lichen mit den Bestimmungen decke», die sich für den Seeverkehr herausgebildet haben, oder eine Erweiterung dieser Bestimmungen dar¬ Gerichtsassessor Hans Grau- stellen. Grenzboten I l91l!I

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/359>, abgerufen am 24.07.2024.