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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Line deuischc Jndustriebank

Fall, daß man- im Interesse der Reinhaltung der Hupothekenpfandbriefe an die
Ausgabe von besonderen Obligationen denken sollte, die durch Jndustriekredit zu
decken wären. Eher möchte mir noch unter besonderen Verhältnissen die
Kreditvermittelung durch solche Städte angängig erscheinen, die sich um
die Erhöhung der Steuereinkünfte natur und eine Industrie heranziehen müssen.
Die entgegenstehenden Bedenken -- es sind deren recht viele, wie z. B. der
unerwünschte privatwirtschaftliche Wettbewerb, die unerfreuliche Belastung des bunt¬
scheckigen Kommunalobligationenmarktes, Verschlechterung der Fondskurse usw. --
im Rahmen dieses Aufsatzes darzulegen, geht nicht an. Freilich, wenn man
sieht, wie sich Städte abmühen, der Industrie als guten Steuerquellen die Wege
zu ebnen, daß sogar Steuernachlässe in Frage gezogen werden, Gleisanschlüsse,
Geländeüberlassung, Verbilligung der elektrischen Energie, Beratungsstellen und
wie die Wohltaten alle lauten, dann erhöht sich doch wohl die Geneigtheit, auch
einmal eine Portion Bedenken zu schlucken. Den Staatsfinanzinteressen würde
dadurch gleichfalls gedient werden. Ich will damit den Gedanken nur einmal
in die Diskussion werfen, ohne selbst eine feste Stellung dazu zu nehmen. Nur
auf eins sei noch kurz hingewiesen: da die Städte sich die erforderlichen Mittel
sehr billig verschaffen können, würden sie in der Lage sein, starke Neservestellungen
aus der Spannung zwischen Aktiv- und Passivzinsfuß vorzunehmen. Der
Emissionsstempel beträgt nur ^2 Prozent statt 2 Prozent bei Jndustrieobligationen,
ist also 1^/2 Prozent billiger, was gleichfalls dem Reservefonds zugute kommen
könnte. Auch im übrigen sind die Kosten der Geldbeschaffung geringer als bei
einer Jndustriebank.

Eine weitere Frage für sich ist. ob unsere Kommissions- und Kreditbanken
Jndustrieabteilungen einrichten und Obligationen ausgeben sollen. Daß dies
kein wünschenswerter Zustand wäre, wiewohl das auch seine Vorzüge hätte
gegenüber der Vereinigung des Jndnstriekredits in einem Institut, wäre eine
besondere Abhandlung wert.

Am Schlüsse drängt sich die Frage auf, wie denn das Ergebnis der ganzen
Kalkulation sich vergleicht mit den Bedingungen, welche von der Industrie bisher
bewilligt werden mußten. Letztere sind schwer auf eine halbwegs vergleichbare
Ziffer zu bringen. (Ein Vergleich mit den Sätzen der Jndustriebank ist schon
deshalb nur mit Vorbehalten und in rohen Umrissen möglich, weil es sich bei
ihr nur um den langfristigen Teil des Kredits handeln kann, der nicht "umgesetzt"
wird, während bei den Banken auch der kurzfristige Betriebskredit einbegriffen
ist.) Der Wechseldiskont war im Durchschnitt der Jahre seit 1900 rund
4^/2 Prozent, der Lombardsatz ausgerundet 5^/2 Prozent. Das gibt einen
ungefähren, mit aller Vorsicht zu genießenden Anhalt für die Sätze, mit
welchen die Industrie ihren Kredit zu bezahlen hatte. Genau lassen sich für
die Banken die Ziffern überhaupt nicht geben, weil die Bedingungen im ein¬
zelnen verschieden sind und oft auch ein Mindestzinsfuß vereinbart wird. Die
Umsatzprovision, die ebenso wie der Zinsfuß von der Qualität der Kredit-


Line deuischc Jndustriebank

Fall, daß man- im Interesse der Reinhaltung der Hupothekenpfandbriefe an die
Ausgabe von besonderen Obligationen denken sollte, die durch Jndustriekredit zu
decken wären. Eher möchte mir noch unter besonderen Verhältnissen die
Kreditvermittelung durch solche Städte angängig erscheinen, die sich um
die Erhöhung der Steuereinkünfte natur und eine Industrie heranziehen müssen.
Die entgegenstehenden Bedenken — es sind deren recht viele, wie z. B. der
unerwünschte privatwirtschaftliche Wettbewerb, die unerfreuliche Belastung des bunt¬
scheckigen Kommunalobligationenmarktes, Verschlechterung der Fondskurse usw. —
im Rahmen dieses Aufsatzes darzulegen, geht nicht an. Freilich, wenn man
sieht, wie sich Städte abmühen, der Industrie als guten Steuerquellen die Wege
zu ebnen, daß sogar Steuernachlässe in Frage gezogen werden, Gleisanschlüsse,
Geländeüberlassung, Verbilligung der elektrischen Energie, Beratungsstellen und
wie die Wohltaten alle lauten, dann erhöht sich doch wohl die Geneigtheit, auch
einmal eine Portion Bedenken zu schlucken. Den Staatsfinanzinteressen würde
dadurch gleichfalls gedient werden. Ich will damit den Gedanken nur einmal
in die Diskussion werfen, ohne selbst eine feste Stellung dazu zu nehmen. Nur
auf eins sei noch kurz hingewiesen: da die Städte sich die erforderlichen Mittel
sehr billig verschaffen können, würden sie in der Lage sein, starke Neservestellungen
aus der Spannung zwischen Aktiv- und Passivzinsfuß vorzunehmen. Der
Emissionsstempel beträgt nur ^2 Prozent statt 2 Prozent bei Jndustrieobligationen,
ist also 1^/2 Prozent billiger, was gleichfalls dem Reservefonds zugute kommen
könnte. Auch im übrigen sind die Kosten der Geldbeschaffung geringer als bei
einer Jndustriebank.

Eine weitere Frage für sich ist. ob unsere Kommissions- und Kreditbanken
Jndustrieabteilungen einrichten und Obligationen ausgeben sollen. Daß dies
kein wünschenswerter Zustand wäre, wiewohl das auch seine Vorzüge hätte
gegenüber der Vereinigung des Jndnstriekredits in einem Institut, wäre eine
besondere Abhandlung wert.

Am Schlüsse drängt sich die Frage auf, wie denn das Ergebnis der ganzen
Kalkulation sich vergleicht mit den Bedingungen, welche von der Industrie bisher
bewilligt werden mußten. Letztere sind schwer auf eine halbwegs vergleichbare
Ziffer zu bringen. (Ein Vergleich mit den Sätzen der Jndustriebank ist schon
deshalb nur mit Vorbehalten und in rohen Umrissen möglich, weil es sich bei
ihr nur um den langfristigen Teil des Kredits handeln kann, der nicht „umgesetzt"
wird, während bei den Banken auch der kurzfristige Betriebskredit einbegriffen
ist.) Der Wechseldiskont war im Durchschnitt der Jahre seit 1900 rund
4^/2 Prozent, der Lombardsatz ausgerundet 5^/2 Prozent. Das gibt einen
ungefähren, mit aller Vorsicht zu genießenden Anhalt für die Sätze, mit
welchen die Industrie ihren Kredit zu bezahlen hatte. Genau lassen sich für
die Banken die Ziffern überhaupt nicht geben, weil die Bedingungen im ein¬
zelnen verschieden sind und oft auch ein Mindestzinsfuß vereinbart wird. Die
Umsatzprovision, die ebenso wie der Zinsfuß von der Qualität der Kredit-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/328>, abgerufen am 24.07.2024.