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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Goldlcrgerstättcn auf deutschem Boden

viertausend wehrhaften Männern! Daß dieser Bergbau reichen goldenen Segen
brachte, ist daraus ersichtlich, daß die Ausbeute von Goldberg wöchentlich 120,
ja einmal sogar 160 Mark Goldes betrug. Da man nun die Mark Goldes
zu 64 Dukaten zu rechnen hat, so belief sich die Gesamtförderung in einem
Jahre auf 389840 Dukaten -- für die damalige Zeit eine gewiß sehr ansehn¬
liche Summe. Der Löwenberger Bergbau soll ini Jahre 1203 bereits einen
Wert von 232 Pfund Silber wöchentlich repräsentiert und die Stadt selbst
wöchentlich 1^ Mark Gold und Silber davon als Grubenzins eingezogen
haben. -- Über den Bunzlauer Bergbau haben wir leider in dieser Beziehung
gar keine Nachrichten. -- Bezeichnend für den früheren Goldreichtum des dem
Riesengebirge genäherten Teile von Niederschlesien scheint mir auch eine Stelle
zu sein, die Brückmann in seinem Buche: MaMalia äei in !vel8 8übten-areis"
(Braunschweig 1727) aus den böhmischen Miszellen des Bohuslaus Balbinns
anführt. Dieser sagt, "daß die alten Einwohner der Gegend beim Nieseu-
gebürge nichts" anderes gethan als Goldsand geheiffet und geflehet -- das;
davon ganze Städte und Dörfer ihren Ursprung, Nahmen und Wachstum
bekommen und die Sandhügel, davon man das Gold geschieden, viele Meilen
lang am Ufer der Bäche und Flüsse hingelegen seien". Weiter heißt es:
"Absonderlich soll im 16. Sanuto ein Jtaliüner fleißig nachgesuchet und sonder¬
lich um die Quelle des Zackenflusses viele Goldslämmcheu ausgewaschen haben,
daher er über das Portal seines in Venedig vortrefflich erbauten Hauses diese
Worte in Stein habe hauen lassen:


NontL8 LKr^roLLl-of
I'ererunt nos Oomino8."

Nach Balbinns sollen sich am Riesengebirge sMvntss AiZantum) Gold¬
stückchen bis zur Größe einer Walruß gefunden haben.

Bei einem solchen Reichtum an verhältnismäßig leicht zu gewinnendem
Golde kann man wohl annehmen, daß die niederschlesischen Goldfelder schon in
einer sehr fernliegenden Zeit zur Gewinnung des edlen Metalles Veranlassung
gegeben haben. Und wie die Volkssage in Schlesien die Einführung des Gold¬
bergbaues bei Goldberg mit der heiligen Hedwig in Verbindung bringt, so
erscheint es mir nicht unmöglich, daß die bekannte Sage von dem das Gold
mit vollen Händen austeilenden Berggeiste des Riesengebirges, Rübezahl, auch
mit dem schon früh erkannten Goldreichtum des ersteren im Zusammenhange steht.

Daß der Goldbergbau von Niederschlesien seit der zweiten Hälfte des
dreizehnten Jahrhunderts an Bedeutung verlor, ist teilweise der Erschöpfung
der Lagerstätten, wenigstens soweit sie ohne tiefergehende Schächte und Stollen
auszubeuten waren, zuzuschreiben, zum Teile aber auch der verheerenden Kriegs¬
furie, die in Schlesien während der Tatarenkriege wütete. So wurden die
meisten der Bergleute, welche in der Schlacht bei Wahlstatt kämpften, getötet
oder gefangen genommen. (Wie mau sagt, sind diese gefangen hinweggeführten
Bergleute später in dem goldreichen Uralgebirge die Begründer des dortigen


Goldlcrgerstättcn auf deutschem Boden

viertausend wehrhaften Männern! Daß dieser Bergbau reichen goldenen Segen
brachte, ist daraus ersichtlich, daß die Ausbeute von Goldberg wöchentlich 120,
ja einmal sogar 160 Mark Goldes betrug. Da man nun die Mark Goldes
zu 64 Dukaten zu rechnen hat, so belief sich die Gesamtförderung in einem
Jahre auf 389840 Dukaten — für die damalige Zeit eine gewiß sehr ansehn¬
liche Summe. Der Löwenberger Bergbau soll ini Jahre 1203 bereits einen
Wert von 232 Pfund Silber wöchentlich repräsentiert und die Stadt selbst
wöchentlich 1^ Mark Gold und Silber davon als Grubenzins eingezogen
haben. — Über den Bunzlauer Bergbau haben wir leider in dieser Beziehung
gar keine Nachrichten. — Bezeichnend für den früheren Goldreichtum des dem
Riesengebirge genäherten Teile von Niederschlesien scheint mir auch eine Stelle
zu sein, die Brückmann in seinem Buche: MaMalia äei in !vel8 8übten-areis"
(Braunschweig 1727) aus den böhmischen Miszellen des Bohuslaus Balbinns
anführt. Dieser sagt, „daß die alten Einwohner der Gegend beim Nieseu-
gebürge nichts" anderes gethan als Goldsand geheiffet und geflehet — das;
davon ganze Städte und Dörfer ihren Ursprung, Nahmen und Wachstum
bekommen und die Sandhügel, davon man das Gold geschieden, viele Meilen
lang am Ufer der Bäche und Flüsse hingelegen seien". Weiter heißt es:
„Absonderlich soll im 16. Sanuto ein Jtaliüner fleißig nachgesuchet und sonder¬
lich um die Quelle des Zackenflusses viele Goldslämmcheu ausgewaschen haben,
daher er über das Portal seines in Venedig vortrefflich erbauten Hauses diese
Worte in Stein habe hauen lassen:


NontL8 LKr^roLLl-of
I'ererunt nos Oomino8."

Nach Balbinns sollen sich am Riesengebirge sMvntss AiZantum) Gold¬
stückchen bis zur Größe einer Walruß gefunden haben.

Bei einem solchen Reichtum an verhältnismäßig leicht zu gewinnendem
Golde kann man wohl annehmen, daß die niederschlesischen Goldfelder schon in
einer sehr fernliegenden Zeit zur Gewinnung des edlen Metalles Veranlassung
gegeben haben. Und wie die Volkssage in Schlesien die Einführung des Gold¬
bergbaues bei Goldberg mit der heiligen Hedwig in Verbindung bringt, so
erscheint es mir nicht unmöglich, daß die bekannte Sage von dem das Gold
mit vollen Händen austeilenden Berggeiste des Riesengebirges, Rübezahl, auch
mit dem schon früh erkannten Goldreichtum des ersteren im Zusammenhange steht.

Daß der Goldbergbau von Niederschlesien seit der zweiten Hälfte des
dreizehnten Jahrhunderts an Bedeutung verlor, ist teilweise der Erschöpfung
der Lagerstätten, wenigstens soweit sie ohne tiefergehende Schächte und Stollen
auszubeuten waren, zuzuschreiben, zum Teile aber auch der verheerenden Kriegs¬
furie, die in Schlesien während der Tatarenkriege wütete. So wurden die
meisten der Bergleute, welche in der Schlacht bei Wahlstatt kämpften, getötet
oder gefangen genommen. (Wie mau sagt, sind diese gefangen hinweggeführten
Bergleute später in dem goldreichen Uralgebirge die Begründer des dortigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/190>, abgerufen am 30.12.2024.