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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Im Flecken

hatte. Allmählich gewann er aber doch Interesse an den Klagen Räbzows, und
die Unterhaltung bekam dann wieder einen gemütlichen Anstrich.

Spät am Abend, als der Gast bereits schlief oder sich wenigstens in sein
Gemach zurückgezogen hatte, ließ Botscharow seinen ältesten Kommis Glebow aus
dem Bette holen.

"Höre, Alexej Petrowitsch, du kennst Kusma Karpowitsch, meinen Gast?"

"Den Räbzow? Wie sollte ich ihn nicht terreni Ich war schon zwei Jahre vor
Ihrer Hochzeit bei Ihnen. Damals hatten Sie mit ihm zusammen den Wald des
Generals Babinski gekauft."

"Kannst du raten, weshalb er gekommen ist?"

"Wer kann es wissen? Um etwas Gutes gewiß nicht."

"Warum?"

"Erbarmen Sie sieht Er war damals wie der Teufel hinter den Arbeitern
und hinter uns her. Es war manchmal schon lange Feierabend, aber er bat:
Kinder, ich neige mich vor euch, tut mir die Gnade, noch ein halbes Stündchen;
übermorgen ist Feiertag, dann werdet ihr meinen Dank sehen. Der Feiertag kam,
aber wer sich dann nicht zeigte und den Dank vergessen hatte, das war Kusma
Karpowitsch. Solch ein Filz!"

"Er hat sein Geschäft im Gouvernement eröffnet."

"Da haben wir est"

"Er will in unserem Kreise Wald kaufen."

"Daß er ersticken möchte!"

"So ist es."

"Schlimm, Tit Grigorjewitsch."

"Nun höre, Alexej Petrowitsch. Er soll nicht kaufen."

"Auf keinen Fall, Tit Grigorjewitsch."

"Wir sind hier die Leute dazu."

"Gewiß, Tit Grigorjewitsch."

"Ehe er seinen kleinen Finger hineinbringt, will ich lieber alles opfern, was
ich habe. Und wenn ich zugrunde gehe! Ich spucke darauf. Aber ihm weiche
ich nicht."

"Das ist recht, Tit Grigorjewitsch. Aber Geld hat er, o, o, o, o viel Geld!"

"Hole ihn der Teufel! Er soll Tit Grigorjewitsch Botscharow kennen lernen."

"Wir wollen uns halten."

"Also höre. Wie steht die Sache mit dem Grafen?"

"Wie ich gesagt habe, Tit Grigorjewitsch. Der Graf denkt nicht daran,
nachzugeben. Er hat nicht eine Silbe wieder von sich hören lassen."

"Aber bei ihm wird nicht gefällt?"

"Bis jetzt nicht. Er sucht wohl nach einem anderen Käufer. Tit Grigorjewitsch!"

"Nu?"

"Ob der Graf sich nicht den Räbzow verschrieben hat?"
"

"Hin!

"Tit Grigorjewitsch, wir müssen dem Räbzow zuvorkommen."

"Gebauer wird nicht beim Grafen? Du weißt es bestimmt?"

"Bestimmt, Tit Grigorjewitsch."


Im Flecken

hatte. Allmählich gewann er aber doch Interesse an den Klagen Räbzows, und
die Unterhaltung bekam dann wieder einen gemütlichen Anstrich.

Spät am Abend, als der Gast bereits schlief oder sich wenigstens in sein
Gemach zurückgezogen hatte, ließ Botscharow seinen ältesten Kommis Glebow aus
dem Bette holen.

„Höre, Alexej Petrowitsch, du kennst Kusma Karpowitsch, meinen Gast?"

„Den Räbzow? Wie sollte ich ihn nicht terreni Ich war schon zwei Jahre vor
Ihrer Hochzeit bei Ihnen. Damals hatten Sie mit ihm zusammen den Wald des
Generals Babinski gekauft."

„Kannst du raten, weshalb er gekommen ist?"

„Wer kann es wissen? Um etwas Gutes gewiß nicht."

„Warum?"

„Erbarmen Sie sieht Er war damals wie der Teufel hinter den Arbeitern
und hinter uns her. Es war manchmal schon lange Feierabend, aber er bat:
Kinder, ich neige mich vor euch, tut mir die Gnade, noch ein halbes Stündchen;
übermorgen ist Feiertag, dann werdet ihr meinen Dank sehen. Der Feiertag kam,
aber wer sich dann nicht zeigte und den Dank vergessen hatte, das war Kusma
Karpowitsch. Solch ein Filz!"

„Er hat sein Geschäft im Gouvernement eröffnet."

„Da haben wir est"

„Er will in unserem Kreise Wald kaufen."

„Daß er ersticken möchte!"

„So ist es."

„Schlimm, Tit Grigorjewitsch."

„Nun höre, Alexej Petrowitsch. Er soll nicht kaufen."

„Auf keinen Fall, Tit Grigorjewitsch."

„Wir sind hier die Leute dazu."

„Gewiß, Tit Grigorjewitsch."

„Ehe er seinen kleinen Finger hineinbringt, will ich lieber alles opfern, was
ich habe. Und wenn ich zugrunde gehe! Ich spucke darauf. Aber ihm weiche
ich nicht."

„Das ist recht, Tit Grigorjewitsch. Aber Geld hat er, o, o, o, o viel Geld!"

„Hole ihn der Teufel! Er soll Tit Grigorjewitsch Botscharow kennen lernen."

„Wir wollen uns halten."

„Also höre. Wie steht die Sache mit dem Grafen?"

„Wie ich gesagt habe, Tit Grigorjewitsch. Der Graf denkt nicht daran,
nachzugeben. Er hat nicht eine Silbe wieder von sich hören lassen."

„Aber bei ihm wird nicht gefällt?"

„Bis jetzt nicht. Er sucht wohl nach einem anderen Käufer. Tit Grigorjewitsch!"

„Nu?"

„Ob der Graf sich nicht den Räbzow verschrieben hat?"
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[0636] Im Flecken hatte. Allmählich gewann er aber doch Interesse an den Klagen Räbzows, und die Unterhaltung bekam dann wieder einen gemütlichen Anstrich. Spät am Abend, als der Gast bereits schlief oder sich wenigstens in sein Gemach zurückgezogen hatte, ließ Botscharow seinen ältesten Kommis Glebow aus dem Bette holen. „Höre, Alexej Petrowitsch, du kennst Kusma Karpowitsch, meinen Gast?" „Den Räbzow? Wie sollte ich ihn nicht terreni Ich war schon zwei Jahre vor Ihrer Hochzeit bei Ihnen. Damals hatten Sie mit ihm zusammen den Wald des Generals Babinski gekauft." „Kannst du raten, weshalb er gekommen ist?" „Wer kann es wissen? Um etwas Gutes gewiß nicht." „Warum?" „Erbarmen Sie sieht Er war damals wie der Teufel hinter den Arbeitern und hinter uns her. Es war manchmal schon lange Feierabend, aber er bat: Kinder, ich neige mich vor euch, tut mir die Gnade, noch ein halbes Stündchen; übermorgen ist Feiertag, dann werdet ihr meinen Dank sehen. Der Feiertag kam, aber wer sich dann nicht zeigte und den Dank vergessen hatte, das war Kusma Karpowitsch. Solch ein Filz!" „Er hat sein Geschäft im Gouvernement eröffnet." „Da haben wir est" „Er will in unserem Kreise Wald kaufen." „Daß er ersticken möchte!" „So ist es." „Schlimm, Tit Grigorjewitsch." „Nun höre, Alexej Petrowitsch. Er soll nicht kaufen." „Auf keinen Fall, Tit Grigorjewitsch." „Wir sind hier die Leute dazu." „Gewiß, Tit Grigorjewitsch." „Ehe er seinen kleinen Finger hineinbringt, will ich lieber alles opfern, was ich habe. Und wenn ich zugrunde gehe! Ich spucke darauf. Aber ihm weiche ich nicht." „Das ist recht, Tit Grigorjewitsch. Aber Geld hat er, o, o, o, o viel Geld!" „Hole ihn der Teufel! Er soll Tit Grigorjewitsch Botscharow kennen lernen." „Wir wollen uns halten." „Also höre. Wie steht die Sache mit dem Grafen?" „Wie ich gesagt habe, Tit Grigorjewitsch. Der Graf denkt nicht daran, nachzugeben. Er hat nicht eine Silbe wieder von sich hören lassen." „Aber bei ihm wird nicht gefällt?" „Bis jetzt nicht. Er sucht wohl nach einem anderen Käufer. Tit Grigorjewitsch!" „Nu?" „Ob der Graf sich nicht den Räbzow verschrieben hat?" " „Hin! „Tit Grigorjewitsch, wir müssen dem Räbzow zuvorkommen." „Gebauer wird nicht beim Grafen? Du weißt es bestimmt?" „Bestimmt, Tit Grigorjewitsch."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/636>, abgerufen am 23.07.2024.