Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

nach dem durch den Fluß entwässerten Niederschlagsgebiet einzuschätzen, und
kann eine Korrektur nur nach den meistens recht unsicheren Auskünften der
Besitzer oberhalb gelegener Mühlen vornehmen. Fast stets wird sich eine
Reserve in Gestalt von Wärmekraftmaschinen als notwendig erweisen. Dadurch
und durch die kostspieligen Stauwerke können die Anlagekosten um einen solchen
Betrag erhöht werden, daß seine Verzinsung und Tilgung mehr erfordert, als
an Brennmaterial für Wärmekraftmaschinen hätte ausgegeben werden müssen.
Ein großer Nachteil ist auch, daß die Verauschlagung der Wasserbauten bei
aller möglichen Sorgfalt immer wenig zuverlässig ist, so daß oft sehr erhebliche
Anschlagsüberschreitungen eintreten. Trotzdem kann die Wasserkraft unter Um¬
stünden solche Vorteile gewähren, daß es nicht richtig wäre, von vornherein
von ihrer Benutzung abzusehen.

Ähnlich ist es bei der Benutzung von Torfmooren zur Beheizung der
Kraftmaschinen. Man hat damit schon sehr üble Erfahrungen gemacht, namentlich
wenn man sich auf Experimente mit noch nicht erprobten Erfindungen eingelassen
hat. Aber auch hier darf die Möglichkeit der Ausnutzung der natürlichen
Hilfsquellen nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Bei richtiger Aus¬
führung und an geeigneten Stellen werden sich durch die Torfverwertung
Ersparnisse an Brennmaterial erzielen lassen, die genügen können, um ein Werk
wirtschaftlich ergiebig zu machen.

Um den gedachten Schwierigkeiten zu begegnen, ist das Nächstliegende, daß
man das Risiko ganz oder teilweise auf die den Bau ausführende Elektrizitüts-
firma abschiebt, indem man sie das ganze Werk oder wenigstens die Zentrale
auf eigene Kosten errichten läßt. Im letztgenannten Falle muß dann eine
Komnuinälverwaltung das Leitungsnetz bauen, der auch ein Übernahmerecht
für die ganze Anlage gesichert wird. Die Firma liefert an die Verwaltung zu
einem festen Preise für die Kilowattstunde, diese nimmt die Unterverteilung an
die Kunden vor, mit einem Aufschläge, der zur Deckung der Energieverluste und
zur Verzinsung und Tilgung derKosten des Leitungsnetzes ausreicht. Die Übernahme
des Werkes durch die Kommunalbehörde erfolgt zum Herstellungspreise, sowie die
Rentabilität nachgewiesen ist. Der Preis muß natürlich etwas reichlich berechnet
werden, denn die Firma muß für ihr Risiko entschädigt werden. Die Elektrizitäts¬
firmen lassen sich auf solche Geschäfte sehr ungern ein; sie sollen einen Teil ihres
Betriebskapitals auf längere Zeit festlegen, müssen Personal abgeben, laden sich
viel Verwaltungssorgen aus. Wenn sie aber sehen, daß sonst ans dem Geschäfte
nichts wird, so verstehen sie sich doch dazu. Sie haben auch schou angefangen,
Betriebsgesellschaften mit recht bedeutenden Kapitalien zu gründen, deren Aktien
zum Teil in ihrer eigenen Hand bleiben und deren Aufgabe es sein soll, der¬
artige Werke bis zur Übernahme durch die Kommunalverwaltung zu betreiben.

Mit dieser Übernahme des Betriebes durch die Elektrizitätsfirma oder eine
Tochtergesellschaft von ihr ist mehr gewonnen, als man denken sollte. Das
Unternehmen bleibt nunmehr in vernünftigen Grenzen, denn die -- stets sehr


nach dem durch den Fluß entwässerten Niederschlagsgebiet einzuschätzen, und
kann eine Korrektur nur nach den meistens recht unsicheren Auskünften der
Besitzer oberhalb gelegener Mühlen vornehmen. Fast stets wird sich eine
Reserve in Gestalt von Wärmekraftmaschinen als notwendig erweisen. Dadurch
und durch die kostspieligen Stauwerke können die Anlagekosten um einen solchen
Betrag erhöht werden, daß seine Verzinsung und Tilgung mehr erfordert, als
an Brennmaterial für Wärmekraftmaschinen hätte ausgegeben werden müssen.
Ein großer Nachteil ist auch, daß die Verauschlagung der Wasserbauten bei
aller möglichen Sorgfalt immer wenig zuverlässig ist, so daß oft sehr erhebliche
Anschlagsüberschreitungen eintreten. Trotzdem kann die Wasserkraft unter Um¬
stünden solche Vorteile gewähren, daß es nicht richtig wäre, von vornherein
von ihrer Benutzung abzusehen.

Ähnlich ist es bei der Benutzung von Torfmooren zur Beheizung der
Kraftmaschinen. Man hat damit schon sehr üble Erfahrungen gemacht, namentlich
wenn man sich auf Experimente mit noch nicht erprobten Erfindungen eingelassen
hat. Aber auch hier darf die Möglichkeit der Ausnutzung der natürlichen
Hilfsquellen nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Bei richtiger Aus¬
führung und an geeigneten Stellen werden sich durch die Torfverwertung
Ersparnisse an Brennmaterial erzielen lassen, die genügen können, um ein Werk
wirtschaftlich ergiebig zu machen.

Um den gedachten Schwierigkeiten zu begegnen, ist das Nächstliegende, daß
man das Risiko ganz oder teilweise auf die den Bau ausführende Elektrizitüts-
firma abschiebt, indem man sie das ganze Werk oder wenigstens die Zentrale
auf eigene Kosten errichten läßt. Im letztgenannten Falle muß dann eine
Komnuinälverwaltung das Leitungsnetz bauen, der auch ein Übernahmerecht
für die ganze Anlage gesichert wird. Die Firma liefert an die Verwaltung zu
einem festen Preise für die Kilowattstunde, diese nimmt die Unterverteilung an
die Kunden vor, mit einem Aufschläge, der zur Deckung der Energieverluste und
zur Verzinsung und Tilgung derKosten des Leitungsnetzes ausreicht. Die Übernahme
des Werkes durch die Kommunalbehörde erfolgt zum Herstellungspreise, sowie die
Rentabilität nachgewiesen ist. Der Preis muß natürlich etwas reichlich berechnet
werden, denn die Firma muß für ihr Risiko entschädigt werden. Die Elektrizitäts¬
firmen lassen sich auf solche Geschäfte sehr ungern ein; sie sollen einen Teil ihres
Betriebskapitals auf längere Zeit festlegen, müssen Personal abgeben, laden sich
viel Verwaltungssorgen aus. Wenn sie aber sehen, daß sonst ans dem Geschäfte
nichts wird, so verstehen sie sich doch dazu. Sie haben auch schou angefangen,
Betriebsgesellschaften mit recht bedeutenden Kapitalien zu gründen, deren Aktien
zum Teil in ihrer eigenen Hand bleiben und deren Aufgabe es sein soll, der¬
artige Werke bis zur Übernahme durch die Kommunalverwaltung zu betreiben.

Mit dieser Übernahme des Betriebes durch die Elektrizitätsfirma oder eine
Tochtergesellschaft von ihr ist mehr gewonnen, als man denken sollte. Das
Unternehmen bleibt nunmehr in vernünftigen Grenzen, denn die — stets sehr


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0378" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317329"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1703" prev="#ID_1702"> nach dem durch den Fluß entwässerten Niederschlagsgebiet einzuschätzen, und<lb/>
kann eine Korrektur nur nach den meistens recht unsicheren Auskünften der<lb/>
Besitzer oberhalb gelegener Mühlen vornehmen. Fast stets wird sich eine<lb/>
Reserve in Gestalt von Wärmekraftmaschinen als notwendig erweisen. Dadurch<lb/>
und durch die kostspieligen Stauwerke können die Anlagekosten um einen solchen<lb/>
Betrag erhöht werden, daß seine Verzinsung und Tilgung mehr erfordert, als<lb/>
an Brennmaterial für Wärmekraftmaschinen hätte ausgegeben werden müssen.<lb/>
Ein großer Nachteil ist auch, daß die Verauschlagung der Wasserbauten bei<lb/>
aller möglichen Sorgfalt immer wenig zuverlässig ist, so daß oft sehr erhebliche<lb/>
Anschlagsüberschreitungen eintreten. Trotzdem kann die Wasserkraft unter Um¬<lb/>
stünden solche Vorteile gewähren, daß es nicht richtig wäre, von vornherein<lb/>
von ihrer Benutzung abzusehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1704"> Ähnlich ist es bei der Benutzung von Torfmooren zur Beheizung der<lb/>
Kraftmaschinen. Man hat damit schon sehr üble Erfahrungen gemacht, namentlich<lb/>
wenn man sich auf Experimente mit noch nicht erprobten Erfindungen eingelassen<lb/>
hat. Aber auch hier darf die Möglichkeit der Ausnutzung der natürlichen<lb/>
Hilfsquellen nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Bei richtiger Aus¬<lb/>
führung und an geeigneten Stellen werden sich durch die Torfverwertung<lb/>
Ersparnisse an Brennmaterial erzielen lassen, die genügen können, um ein Werk<lb/>
wirtschaftlich ergiebig zu machen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1705"> Um den gedachten Schwierigkeiten zu begegnen, ist das Nächstliegende, daß<lb/>
man das Risiko ganz oder teilweise auf die den Bau ausführende Elektrizitüts-<lb/>
firma abschiebt, indem man sie das ganze Werk oder wenigstens die Zentrale<lb/>
auf eigene Kosten errichten läßt. Im letztgenannten Falle muß dann eine<lb/>
Komnuinälverwaltung das Leitungsnetz bauen, der auch ein Übernahmerecht<lb/>
für die ganze Anlage gesichert wird. Die Firma liefert an die Verwaltung zu<lb/>
einem festen Preise für die Kilowattstunde, diese nimmt die Unterverteilung an<lb/>
die Kunden vor, mit einem Aufschläge, der zur Deckung der Energieverluste und<lb/>
zur Verzinsung und Tilgung derKosten des Leitungsnetzes ausreicht. Die Übernahme<lb/>
des Werkes durch die Kommunalbehörde erfolgt zum Herstellungspreise, sowie die<lb/>
Rentabilität nachgewiesen ist. Der Preis muß natürlich etwas reichlich berechnet<lb/>
werden, denn die Firma muß für ihr Risiko entschädigt werden. Die Elektrizitäts¬<lb/>
firmen lassen sich auf solche Geschäfte sehr ungern ein; sie sollen einen Teil ihres<lb/>
Betriebskapitals auf längere Zeit festlegen, müssen Personal abgeben, laden sich<lb/>
viel Verwaltungssorgen aus. Wenn sie aber sehen, daß sonst ans dem Geschäfte<lb/>
nichts wird, so verstehen sie sich doch dazu. Sie haben auch schou angefangen,<lb/>
Betriebsgesellschaften mit recht bedeutenden Kapitalien zu gründen, deren Aktien<lb/>
zum Teil in ihrer eigenen Hand bleiben und deren Aufgabe es sein soll, der¬<lb/>
artige Werke bis zur Übernahme durch die Kommunalverwaltung zu betreiben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1706" next="#ID_1707"> Mit dieser Übernahme des Betriebes durch die Elektrizitätsfirma oder eine<lb/>
Tochtergesellschaft von ihr ist mehr gewonnen, als man denken sollte. Das<lb/>
Unternehmen bleibt nunmehr in vernünftigen Grenzen, denn die &#x2014; stets sehr</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0378] nach dem durch den Fluß entwässerten Niederschlagsgebiet einzuschätzen, und kann eine Korrektur nur nach den meistens recht unsicheren Auskünften der Besitzer oberhalb gelegener Mühlen vornehmen. Fast stets wird sich eine Reserve in Gestalt von Wärmekraftmaschinen als notwendig erweisen. Dadurch und durch die kostspieligen Stauwerke können die Anlagekosten um einen solchen Betrag erhöht werden, daß seine Verzinsung und Tilgung mehr erfordert, als an Brennmaterial für Wärmekraftmaschinen hätte ausgegeben werden müssen. Ein großer Nachteil ist auch, daß die Verauschlagung der Wasserbauten bei aller möglichen Sorgfalt immer wenig zuverlässig ist, so daß oft sehr erhebliche Anschlagsüberschreitungen eintreten. Trotzdem kann die Wasserkraft unter Um¬ stünden solche Vorteile gewähren, daß es nicht richtig wäre, von vornherein von ihrer Benutzung abzusehen. Ähnlich ist es bei der Benutzung von Torfmooren zur Beheizung der Kraftmaschinen. Man hat damit schon sehr üble Erfahrungen gemacht, namentlich wenn man sich auf Experimente mit noch nicht erprobten Erfindungen eingelassen hat. Aber auch hier darf die Möglichkeit der Ausnutzung der natürlichen Hilfsquellen nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Bei richtiger Aus¬ führung und an geeigneten Stellen werden sich durch die Torfverwertung Ersparnisse an Brennmaterial erzielen lassen, die genügen können, um ein Werk wirtschaftlich ergiebig zu machen. Um den gedachten Schwierigkeiten zu begegnen, ist das Nächstliegende, daß man das Risiko ganz oder teilweise auf die den Bau ausführende Elektrizitüts- firma abschiebt, indem man sie das ganze Werk oder wenigstens die Zentrale auf eigene Kosten errichten läßt. Im letztgenannten Falle muß dann eine Komnuinälverwaltung das Leitungsnetz bauen, der auch ein Übernahmerecht für die ganze Anlage gesichert wird. Die Firma liefert an die Verwaltung zu einem festen Preise für die Kilowattstunde, diese nimmt die Unterverteilung an die Kunden vor, mit einem Aufschläge, der zur Deckung der Energieverluste und zur Verzinsung und Tilgung derKosten des Leitungsnetzes ausreicht. Die Übernahme des Werkes durch die Kommunalbehörde erfolgt zum Herstellungspreise, sowie die Rentabilität nachgewiesen ist. Der Preis muß natürlich etwas reichlich berechnet werden, denn die Firma muß für ihr Risiko entschädigt werden. Die Elektrizitäts¬ firmen lassen sich auf solche Geschäfte sehr ungern ein; sie sollen einen Teil ihres Betriebskapitals auf längere Zeit festlegen, müssen Personal abgeben, laden sich viel Verwaltungssorgen aus. Wenn sie aber sehen, daß sonst ans dem Geschäfte nichts wird, so verstehen sie sich doch dazu. Sie haben auch schou angefangen, Betriebsgesellschaften mit recht bedeutenden Kapitalien zu gründen, deren Aktien zum Teil in ihrer eigenen Hand bleiben und deren Aufgabe es sein soll, der¬ artige Werke bis zur Übernahme durch die Kommunalverwaltung zu betreiben. Mit dieser Übernahme des Betriebes durch die Elektrizitätsfirma oder eine Tochtergesellschaft von ihr ist mehr gewonnen, als man denken sollte. Das Unternehmen bleibt nunmehr in vernünftigen Grenzen, denn die — stets sehr

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/378
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/378>, abgerufen am 23.07.2024.