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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Unsere militärische Hochschule

hat. Aber der Glanz dieser Namen darf doch nicht darüber hinwegtäuschen,
daß manche von ihnen, so bedeutend ihre Persönlichkeit auch gewesen ist, doch
nicht von so großem Einfluß gewesen sind, wie man dies wohl annehmen dürfte,
und daß daneben vielfach Persönlichkeiten verwendet wurden, die wenig geeignet
zum Lehrer waren. Ein großer Vorteil wurde durch die Anstellung etatsmäßiger
Militärlehrer erreicht, welche ihre ganze Kraft und Zeit diesem Amte widmen
konnten, während sie es bis dahin nur im "Nebenamt" getrieben hatten, wodurch
es häufig zu kurz gekommen war. Bei der großen Wichtigkeit und hohen Be¬
deutung, welche diese Stellung besitzt, müssen die besten Kräfte ausgesucht werden,
und, wenn sie gefunden sind, auch möglichst lange in dieser Tätigkeit belassen
werden. Wenn man die Geschichte der Akademie in den letzten Jahren über¬
blickt, kann man zweifelhaft werden, ob diesem Gesichtspunkte immer genügend
Rechnung getragen ist. Der schnelle und häufige Wechsel, wie ihn die Rangliste
jedem erkennbar zeigt, dürfte nicht immer der Anstalt zum Vorteil gereicht
haben. Auch für den Direktor gehört eine längere Zeit dazu, sich in seine neue
Dienststellung einzuarbeiten, und eine noch längere, um einen wirklichen Einfluß
auf die innere Entwickelung der ihni anvertrauten Anstalt ausüben zu können.
Wie es jeder Generalstabsoffizier erstrebt, möglichst lange in seiner Stellung zu
verbleiben, und nach einigen im Frontdienst zugebrachten Jahren immer wieder
danach strebt, von neuem in den Generalstab versetzt zu werden, ähnlich müßte
es auch mit der Laufbahn als Militärlehrer an der Kriegsakademie sein. Sie
müßte derart ausgestaltet werden, daß die besten und fähigsten Köpfe danach
strebten, ihre Berufung als eine besondere Auszeichnung betrachteten und sich
bemühten, möglichst lange dort zu bleiben und immer wieder dorthin zu kommen.

Fassen wir noch einmal die Wünsche zusammen, die wir für die weitere
Entwickelung der Kriegsakademie aufgestellt haben, so bestehen diese zunächst
darin, daß sie mehr den Charakter einer allgemeinen militärischen Bildungs¬
anstalt annähme und weniger als Vorschule des Generalstabes betrachtet würde,
und daß sie außerdem einer größeren Zahl von Offizieren zugänglich gemacht
würde, als es jetzt der Fall ist. Tritt beides ein, so wird sie in noch höherem
und besserem Maße, als es jetzt schon geschieht, die Ausbildung des Offizier¬
korps der gesamten Armee heben und fördern. Es ist dies eine Notwendigkeit
gegenüber der Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus, wie sie während der
letzten Jahrzehnte in der gesamten Nation und bei allen Berufsarten statt¬
gefunden hat. Der Offizier kann die hohe, geschichtlich überlieferte Stellung, die
er im Staate und in der Gesellschaft einnimmt, nur dann in Zukunft bewahren,
wenn er in seiner Bildung und Kenntnissen nicht hinter den anderen Berufs¬
ständen zurückbleibt, sondern ihnen mindestens gleichkommt. Darm: mitzuarbeiten
ist unseres Erachtens nach die Aufgabe der Akademie. Danach muß ihre Auf¬
gabe bestimmt, darauf ihre Organisation berechnet fein.




Unsere militärische Hochschule

hat. Aber der Glanz dieser Namen darf doch nicht darüber hinwegtäuschen,
daß manche von ihnen, so bedeutend ihre Persönlichkeit auch gewesen ist, doch
nicht von so großem Einfluß gewesen sind, wie man dies wohl annehmen dürfte,
und daß daneben vielfach Persönlichkeiten verwendet wurden, die wenig geeignet
zum Lehrer waren. Ein großer Vorteil wurde durch die Anstellung etatsmäßiger
Militärlehrer erreicht, welche ihre ganze Kraft und Zeit diesem Amte widmen
konnten, während sie es bis dahin nur im „Nebenamt" getrieben hatten, wodurch
es häufig zu kurz gekommen war. Bei der großen Wichtigkeit und hohen Be¬
deutung, welche diese Stellung besitzt, müssen die besten Kräfte ausgesucht werden,
und, wenn sie gefunden sind, auch möglichst lange in dieser Tätigkeit belassen
werden. Wenn man die Geschichte der Akademie in den letzten Jahren über¬
blickt, kann man zweifelhaft werden, ob diesem Gesichtspunkte immer genügend
Rechnung getragen ist. Der schnelle und häufige Wechsel, wie ihn die Rangliste
jedem erkennbar zeigt, dürfte nicht immer der Anstalt zum Vorteil gereicht
haben. Auch für den Direktor gehört eine längere Zeit dazu, sich in seine neue
Dienststellung einzuarbeiten, und eine noch längere, um einen wirklichen Einfluß
auf die innere Entwickelung der ihni anvertrauten Anstalt ausüben zu können.
Wie es jeder Generalstabsoffizier erstrebt, möglichst lange in seiner Stellung zu
verbleiben, und nach einigen im Frontdienst zugebrachten Jahren immer wieder
danach strebt, von neuem in den Generalstab versetzt zu werden, ähnlich müßte
es auch mit der Laufbahn als Militärlehrer an der Kriegsakademie sein. Sie
müßte derart ausgestaltet werden, daß die besten und fähigsten Köpfe danach
strebten, ihre Berufung als eine besondere Auszeichnung betrachteten und sich
bemühten, möglichst lange dort zu bleiben und immer wieder dorthin zu kommen.

Fassen wir noch einmal die Wünsche zusammen, die wir für die weitere
Entwickelung der Kriegsakademie aufgestellt haben, so bestehen diese zunächst
darin, daß sie mehr den Charakter einer allgemeinen militärischen Bildungs¬
anstalt annähme und weniger als Vorschule des Generalstabes betrachtet würde,
und daß sie außerdem einer größeren Zahl von Offizieren zugänglich gemacht
würde, als es jetzt der Fall ist. Tritt beides ein, so wird sie in noch höherem
und besserem Maße, als es jetzt schon geschieht, die Ausbildung des Offizier¬
korps der gesamten Armee heben und fördern. Es ist dies eine Notwendigkeit
gegenüber der Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus, wie sie während der
letzten Jahrzehnte in der gesamten Nation und bei allen Berufsarten statt¬
gefunden hat. Der Offizier kann die hohe, geschichtlich überlieferte Stellung, die
er im Staate und in der Gesellschaft einnimmt, nur dann in Zukunft bewahren,
wenn er in seiner Bildung und Kenntnissen nicht hinter den anderen Berufs¬
ständen zurückbleibt, sondern ihnen mindestens gleichkommt. Darm: mitzuarbeiten
ist unseres Erachtens nach die Aufgabe der Akademie. Danach muß ihre Auf¬
gabe bestimmt, darauf ihre Organisation berechnet fein.




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[0274] Unsere militärische Hochschule hat. Aber der Glanz dieser Namen darf doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß manche von ihnen, so bedeutend ihre Persönlichkeit auch gewesen ist, doch nicht von so großem Einfluß gewesen sind, wie man dies wohl annehmen dürfte, und daß daneben vielfach Persönlichkeiten verwendet wurden, die wenig geeignet zum Lehrer waren. Ein großer Vorteil wurde durch die Anstellung etatsmäßiger Militärlehrer erreicht, welche ihre ganze Kraft und Zeit diesem Amte widmen konnten, während sie es bis dahin nur im „Nebenamt" getrieben hatten, wodurch es häufig zu kurz gekommen war. Bei der großen Wichtigkeit und hohen Be¬ deutung, welche diese Stellung besitzt, müssen die besten Kräfte ausgesucht werden, und, wenn sie gefunden sind, auch möglichst lange in dieser Tätigkeit belassen werden. Wenn man die Geschichte der Akademie in den letzten Jahren über¬ blickt, kann man zweifelhaft werden, ob diesem Gesichtspunkte immer genügend Rechnung getragen ist. Der schnelle und häufige Wechsel, wie ihn die Rangliste jedem erkennbar zeigt, dürfte nicht immer der Anstalt zum Vorteil gereicht haben. Auch für den Direktor gehört eine längere Zeit dazu, sich in seine neue Dienststellung einzuarbeiten, und eine noch längere, um einen wirklichen Einfluß auf die innere Entwickelung der ihni anvertrauten Anstalt ausüben zu können. Wie es jeder Generalstabsoffizier erstrebt, möglichst lange in seiner Stellung zu verbleiben, und nach einigen im Frontdienst zugebrachten Jahren immer wieder danach strebt, von neuem in den Generalstab versetzt zu werden, ähnlich müßte es auch mit der Laufbahn als Militärlehrer an der Kriegsakademie sein. Sie müßte derart ausgestaltet werden, daß die besten und fähigsten Köpfe danach strebten, ihre Berufung als eine besondere Auszeichnung betrachteten und sich bemühten, möglichst lange dort zu bleiben und immer wieder dorthin zu kommen. Fassen wir noch einmal die Wünsche zusammen, die wir für die weitere Entwickelung der Kriegsakademie aufgestellt haben, so bestehen diese zunächst darin, daß sie mehr den Charakter einer allgemeinen militärischen Bildungs¬ anstalt annähme und weniger als Vorschule des Generalstabes betrachtet würde, und daß sie außerdem einer größeren Zahl von Offizieren zugänglich gemacht würde, als es jetzt der Fall ist. Tritt beides ein, so wird sie in noch höherem und besserem Maße, als es jetzt schon geschieht, die Ausbildung des Offizier¬ korps der gesamten Armee heben und fördern. Es ist dies eine Notwendigkeit gegenüber der Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus, wie sie während der letzten Jahrzehnte in der gesamten Nation und bei allen Berufsarten statt¬ gefunden hat. Der Offizier kann die hohe, geschichtlich überlieferte Stellung, die er im Staate und in der Gesellschaft einnimmt, nur dann in Zukunft bewahren, wenn er in seiner Bildung und Kenntnissen nicht hinter den anderen Berufs¬ ständen zurückbleibt, sondern ihnen mindestens gleichkommt. Darm: mitzuarbeiten ist unseres Erachtens nach die Aufgabe der Akademie. Danach muß ihre Auf¬ gabe bestimmt, darauf ihre Organisation berechnet fein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/274>, abgerufen am 22.07.2024.