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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Das Zinn

haben. Außerdem haben sie auch in alter Zeit viel Zinn für den Export nach
Afrika und den Mittelmeerländern abgegeben. Dabei sind jene Zinnseifen noch
keineswegs erschöpft, was bezüglich anderer südasiatischer Zinnwäschen, wie
z. B. einiger von Burma, Siam, Merwar, Bengalen und China, nachdem auf
ihnen lange Zeit ein ausgedehnter Bergbau umgegangen, entschieden schon der
Fall sein muß. (China produzierte 1880 noch mindestens 5000 Tonnen Zinn,
importiert jetzt aber schon über 10000 Tonnen Zinn jährlich.) Was die diluvialen
resp, alluvialen Zinnseifen von Banka und Biliton angeht, so ist auch deren
Erschöpfung meiner Ansicht nach nur noch eine Frage einiger Dezennien, wieviel
man auch dagegen reden mag. Die australischen Wäschen (Neu-Süd-Wales,
Queensland, Victoria, Tasmanien) dürften ebenfalls nicht so lange mehr aus¬
halten, wie behauptet wird, doch hat man es in Australien auch mit abbau¬
würdigen Zinngüngen zu tun, die vielleicht nicht so schnell gänzlich auszubeuten
sind. England ist wohl das einzige Land in Europa, welches durch den
Bergbau auf immer tieferen, nicht mehr besonders reichen Abbausohlen noch
verschiedene Jahrzehnte mit einigen tausend Tonnen jährlich einen immerhin
nennenswerten Beitrag an Zinn zum Weltmarkte liefern wird; seine Seifen-
zinnlager aber können als schon erschöpft gelten. Wie bereits gesagt wurde,
spielen die sächsischen und böhmischen Zinnerzvorkommen heutzutage bei der
Deckung des Weltbedarfes gar keine Rolle mehr. Was die übrigen europäischen
Zinuerzlagerstätten betrifft, so liefern die ehedem so ungemein ergiebigen spanischen
zurzeit nur noch wenige Tonnen jährlich. (Unbedeutende Bergwerke sind noch
im Betriebe in der Provinz Salamanca, an der Grenze von Orense und
Pontevedro, in der Provinz Almeria sowie auch in Portugal.) Geologisch
interessant, doch technisch von geringer Bedeutung sind die Zinnsteinlager von
Cartagena, wo das Erz in linsenförmigen Massen ausnahmsweise im Perm¬
schiefer auftritt, sowie die von Camerella bei Livorno, wo der Liaskalk stellen¬
weise von Zinnerzkörnchen durchsetzt erscheint. (Von hier nahmen wahrscheinlich
die alten Etrusker das Zinn für ihre berühmten Bronzen.) Auch im Morbihan,
in der Bretagne wird aus granitischen Gesteinen etwas Zinnerz gewonnen und
ebenso findet sich solches in geringen Mengen in Schweden, Finnland, Grönland
und auch noch in Sibirien und Persien. Was das Vorkommen von Zinnerz
in Afrika angeht, so kann man daran wohl keine besonderen Hoffnungen knüpfen,
obgleich zwischen 1860 und 1870 einige hundert Tonnen Zinn aus dem Kap¬
lande nach England verführt wurden und in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts auch einiges Zinnerz aus Algier nach Europa kam. Nordamerika
wird ebenfalls wohl niemals erhebliche Quantitäten von dem nützlichen Metalle
auf den Weltmarkt bringen. In den Vereinigten Staaten wurde Zinnstein
gefunden in Maine, New Hampshire, Massachusets, Connecticut, Pennsylvanien,
Missouri und Kalifornien -- alles aber auf Lagerstätten von geringerer Bedeutung,
ebenso wie es die von Mexiko, Granada, Peru, Chile, Brasilien und einigen
Inseln der Antillen sind. Was die Zinnerzlagerstätten von Bolivia betrifft, so


Das Zinn

haben. Außerdem haben sie auch in alter Zeit viel Zinn für den Export nach
Afrika und den Mittelmeerländern abgegeben. Dabei sind jene Zinnseifen noch
keineswegs erschöpft, was bezüglich anderer südasiatischer Zinnwäschen, wie
z. B. einiger von Burma, Siam, Merwar, Bengalen und China, nachdem auf
ihnen lange Zeit ein ausgedehnter Bergbau umgegangen, entschieden schon der
Fall sein muß. (China produzierte 1880 noch mindestens 5000 Tonnen Zinn,
importiert jetzt aber schon über 10000 Tonnen Zinn jährlich.) Was die diluvialen
resp, alluvialen Zinnseifen von Banka und Biliton angeht, so ist auch deren
Erschöpfung meiner Ansicht nach nur noch eine Frage einiger Dezennien, wieviel
man auch dagegen reden mag. Die australischen Wäschen (Neu-Süd-Wales,
Queensland, Victoria, Tasmanien) dürften ebenfalls nicht so lange mehr aus¬
halten, wie behauptet wird, doch hat man es in Australien auch mit abbau¬
würdigen Zinngüngen zu tun, die vielleicht nicht so schnell gänzlich auszubeuten
sind. England ist wohl das einzige Land in Europa, welches durch den
Bergbau auf immer tieferen, nicht mehr besonders reichen Abbausohlen noch
verschiedene Jahrzehnte mit einigen tausend Tonnen jährlich einen immerhin
nennenswerten Beitrag an Zinn zum Weltmarkte liefern wird; seine Seifen-
zinnlager aber können als schon erschöpft gelten. Wie bereits gesagt wurde,
spielen die sächsischen und böhmischen Zinnerzvorkommen heutzutage bei der
Deckung des Weltbedarfes gar keine Rolle mehr. Was die übrigen europäischen
Zinuerzlagerstätten betrifft, so liefern die ehedem so ungemein ergiebigen spanischen
zurzeit nur noch wenige Tonnen jährlich. (Unbedeutende Bergwerke sind noch
im Betriebe in der Provinz Salamanca, an der Grenze von Orense und
Pontevedro, in der Provinz Almeria sowie auch in Portugal.) Geologisch
interessant, doch technisch von geringer Bedeutung sind die Zinnsteinlager von
Cartagena, wo das Erz in linsenförmigen Massen ausnahmsweise im Perm¬
schiefer auftritt, sowie die von Camerella bei Livorno, wo der Liaskalk stellen¬
weise von Zinnerzkörnchen durchsetzt erscheint. (Von hier nahmen wahrscheinlich
die alten Etrusker das Zinn für ihre berühmten Bronzen.) Auch im Morbihan,
in der Bretagne wird aus granitischen Gesteinen etwas Zinnerz gewonnen und
ebenso findet sich solches in geringen Mengen in Schweden, Finnland, Grönland
und auch noch in Sibirien und Persien. Was das Vorkommen von Zinnerz
in Afrika angeht, so kann man daran wohl keine besonderen Hoffnungen knüpfen,
obgleich zwischen 1860 und 1870 einige hundert Tonnen Zinn aus dem Kap¬
lande nach England verführt wurden und in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts auch einiges Zinnerz aus Algier nach Europa kam. Nordamerika
wird ebenfalls wohl niemals erhebliche Quantitäten von dem nützlichen Metalle
auf den Weltmarkt bringen. In den Vereinigten Staaten wurde Zinnstein
gefunden in Maine, New Hampshire, Massachusets, Connecticut, Pennsylvanien,
Missouri und Kalifornien — alles aber auf Lagerstätten von geringerer Bedeutung,
ebenso wie es die von Mexiko, Granada, Peru, Chile, Brasilien und einigen
Inseln der Antillen sind. Was die Zinnerzlagerstätten von Bolivia betrifft, so


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[0530] Das Zinn haben. Außerdem haben sie auch in alter Zeit viel Zinn für den Export nach Afrika und den Mittelmeerländern abgegeben. Dabei sind jene Zinnseifen noch keineswegs erschöpft, was bezüglich anderer südasiatischer Zinnwäschen, wie z. B. einiger von Burma, Siam, Merwar, Bengalen und China, nachdem auf ihnen lange Zeit ein ausgedehnter Bergbau umgegangen, entschieden schon der Fall sein muß. (China produzierte 1880 noch mindestens 5000 Tonnen Zinn, importiert jetzt aber schon über 10000 Tonnen Zinn jährlich.) Was die diluvialen resp, alluvialen Zinnseifen von Banka und Biliton angeht, so ist auch deren Erschöpfung meiner Ansicht nach nur noch eine Frage einiger Dezennien, wieviel man auch dagegen reden mag. Die australischen Wäschen (Neu-Süd-Wales, Queensland, Victoria, Tasmanien) dürften ebenfalls nicht so lange mehr aus¬ halten, wie behauptet wird, doch hat man es in Australien auch mit abbau¬ würdigen Zinngüngen zu tun, die vielleicht nicht so schnell gänzlich auszubeuten sind. England ist wohl das einzige Land in Europa, welches durch den Bergbau auf immer tieferen, nicht mehr besonders reichen Abbausohlen noch verschiedene Jahrzehnte mit einigen tausend Tonnen jährlich einen immerhin nennenswerten Beitrag an Zinn zum Weltmarkte liefern wird; seine Seifen- zinnlager aber können als schon erschöpft gelten. Wie bereits gesagt wurde, spielen die sächsischen und böhmischen Zinnerzvorkommen heutzutage bei der Deckung des Weltbedarfes gar keine Rolle mehr. Was die übrigen europäischen Zinuerzlagerstätten betrifft, so liefern die ehedem so ungemein ergiebigen spanischen zurzeit nur noch wenige Tonnen jährlich. (Unbedeutende Bergwerke sind noch im Betriebe in der Provinz Salamanca, an der Grenze von Orense und Pontevedro, in der Provinz Almeria sowie auch in Portugal.) Geologisch interessant, doch technisch von geringer Bedeutung sind die Zinnsteinlager von Cartagena, wo das Erz in linsenförmigen Massen ausnahmsweise im Perm¬ schiefer auftritt, sowie die von Camerella bei Livorno, wo der Liaskalk stellen¬ weise von Zinnerzkörnchen durchsetzt erscheint. (Von hier nahmen wahrscheinlich die alten Etrusker das Zinn für ihre berühmten Bronzen.) Auch im Morbihan, in der Bretagne wird aus granitischen Gesteinen etwas Zinnerz gewonnen und ebenso findet sich solches in geringen Mengen in Schweden, Finnland, Grönland und auch noch in Sibirien und Persien. Was das Vorkommen von Zinnerz in Afrika angeht, so kann man daran wohl keine besonderen Hoffnungen knüpfen, obgleich zwischen 1860 und 1870 einige hundert Tonnen Zinn aus dem Kap¬ lande nach England verführt wurden und in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts auch einiges Zinnerz aus Algier nach Europa kam. Nordamerika wird ebenfalls wohl niemals erhebliche Quantitäten von dem nützlichen Metalle auf den Weltmarkt bringen. In den Vereinigten Staaten wurde Zinnstein gefunden in Maine, New Hampshire, Massachusets, Connecticut, Pennsylvanien, Missouri und Kalifornien — alles aber auf Lagerstätten von geringerer Bedeutung, ebenso wie es die von Mexiko, Granada, Peru, Chile, Brasilien und einigen Inseln der Antillen sind. Was die Zinnerzlagerstätten von Bolivia betrifft, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/530>, abgerufen am 23.07.2024.