Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Luftschiff und Flugmaschine im Kriege

überall gegen die feindlichen Luftschifferflotten zu schützen. Da außer der Artillerie
auch die Infanterie und Kavallerie mit ihren Schußwaffen bis etwa 1200 in
Höhe noch eine ausreichende Wirkung gegen Ballons erzielen, so wird man die
Gefährdung begreifen, denen Flugzeuge im Feldkriege entgegengehen.

Im Festungs- und Küstenkriege treten noch sehr wirksame und weittragende
Kaliber mittlerer Größe, 10 bis 12 ein, hinzu. Ihre Wirksamkeit wird dadurch
wesentlich erhöht, daß man in der Festung durch genaue Kenntnis der Umgebung
die Entfernung zum Ballon genauer bestimmen kann als im Felde.

Auf dem ausgedehnten und guten Wegenetz einer Festung wird das ganz
gepanzerte Kriegsauto am Platze sein, wie es denn überhaupt verwendungs¬
fähig ist, wo ihm nicht zu schlechte Wege und nicht Steigungen über 22°
zugemutet werden. Die Panzerung deckt Bedienung und Fahrzeug vollständig,
ein besonderer Vorteil im Festungskriege, wo die Kugeln und Sprengstücke
dichter auf engerem Raume einschlagen als in der Feldschlacht. Die Fahr¬
geschwindigkeit von 45 Ku wird im Gebiete einer Festung, wo das Auto einem
von außen kommenden Flugzeuge gegenüber vielfach kürzere Wege zu machen
hat, sehr häufig genügen. Geschütz und Ausrüstung sind dieselben wie beim
Halbpanzcranto. Die Flugzeuge ihrerseits werden dem geschilderten Kampfe
nicht müßig zusehen, sondern ebenfalls alles aufbieten, die gegnerischen zu ver¬
nichten. Sie werden in dieser Beziehung die Artillerie wirksam ergänzen, für
welche das Schießen nach den unstäten Zielen in der Luft, trotz der vervoll¬
kommneten Waffen, eine sehr schwierige Aufgabe bleiben wird.

Den Gedanken, Geschütze im Luftschiff zu verwenden, habe ich schon berührt.
Gegen Ziele auf der Erde scheint, wie wir gesehen haben, eine lohnende
Wirkung ausgeschlossen. In der Luft jedoch liegt die Sache anders. Man
kann näher an den Gegner heran und er ist zugleich verwundbarer und weniger
zahlreich wie der auf der Erde. Ein findiger Kopf der Düsseldorfer Fabrik
denkt sich die Bestückung eines großen Luftkreuzers so. daß sich ein oder mehrere
Geschütze vorn, hinten oder in der Mitte des starren Tragkörpers befinden.
Dadurch ist man im Schuß viel freier und gefährdet den Ballon nicht. Leitern
führen aus den Gondeln zu den Geschützplattformen, welche so angelegt sind,
daß Schwankungen des Fahrzeugs beim Schuß möglichst vermieden werden.
Gewicht und Schußleistung der Kanonen müssen selbstverständlich den Ballon¬
verhältnissen angepaßt sein. Die Düsseldorfer Fabrik hat bereits derartige
Geschütze konstruiert, die den Anforderungen eines Kampfes in der Luft voll¬
kommen gerecht werden. Sie können natürlich auch in der Gondel unter¬
gebracht werden. Bei den unstarren Systemen bleibt ihnen überhaupt kein
anderer Platz übrig. Statt der Kanonen können auf den Plattformen auch
Maschinengewehre oder auch nur einige Leute mit Handfeuerwaffen Aufstellung
finden.

Der schlimmste Feind des Luftschiffes wird ohne Zweifel der Aeroplan
sein, da er es an Schnelligkeit und Bewegungsfreiheit übertrifft, selbst aber


Luftschiff und Flugmaschine im Kriege

überall gegen die feindlichen Luftschifferflotten zu schützen. Da außer der Artillerie
auch die Infanterie und Kavallerie mit ihren Schußwaffen bis etwa 1200 in
Höhe noch eine ausreichende Wirkung gegen Ballons erzielen, so wird man die
Gefährdung begreifen, denen Flugzeuge im Feldkriege entgegengehen.

Im Festungs- und Küstenkriege treten noch sehr wirksame und weittragende
Kaliber mittlerer Größe, 10 bis 12 ein, hinzu. Ihre Wirksamkeit wird dadurch
wesentlich erhöht, daß man in der Festung durch genaue Kenntnis der Umgebung
die Entfernung zum Ballon genauer bestimmen kann als im Felde.

Auf dem ausgedehnten und guten Wegenetz einer Festung wird das ganz
gepanzerte Kriegsauto am Platze sein, wie es denn überhaupt verwendungs¬
fähig ist, wo ihm nicht zu schlechte Wege und nicht Steigungen über 22°
zugemutet werden. Die Panzerung deckt Bedienung und Fahrzeug vollständig,
ein besonderer Vorteil im Festungskriege, wo die Kugeln und Sprengstücke
dichter auf engerem Raume einschlagen als in der Feldschlacht. Die Fahr¬
geschwindigkeit von 45 Ku wird im Gebiete einer Festung, wo das Auto einem
von außen kommenden Flugzeuge gegenüber vielfach kürzere Wege zu machen
hat, sehr häufig genügen. Geschütz und Ausrüstung sind dieselben wie beim
Halbpanzcranto. Die Flugzeuge ihrerseits werden dem geschilderten Kampfe
nicht müßig zusehen, sondern ebenfalls alles aufbieten, die gegnerischen zu ver¬
nichten. Sie werden in dieser Beziehung die Artillerie wirksam ergänzen, für
welche das Schießen nach den unstäten Zielen in der Luft, trotz der vervoll¬
kommneten Waffen, eine sehr schwierige Aufgabe bleiben wird.

Den Gedanken, Geschütze im Luftschiff zu verwenden, habe ich schon berührt.
Gegen Ziele auf der Erde scheint, wie wir gesehen haben, eine lohnende
Wirkung ausgeschlossen. In der Luft jedoch liegt die Sache anders. Man
kann näher an den Gegner heran und er ist zugleich verwundbarer und weniger
zahlreich wie der auf der Erde. Ein findiger Kopf der Düsseldorfer Fabrik
denkt sich die Bestückung eines großen Luftkreuzers so. daß sich ein oder mehrere
Geschütze vorn, hinten oder in der Mitte des starren Tragkörpers befinden.
Dadurch ist man im Schuß viel freier und gefährdet den Ballon nicht. Leitern
führen aus den Gondeln zu den Geschützplattformen, welche so angelegt sind,
daß Schwankungen des Fahrzeugs beim Schuß möglichst vermieden werden.
Gewicht und Schußleistung der Kanonen müssen selbstverständlich den Ballon¬
verhältnissen angepaßt sein. Die Düsseldorfer Fabrik hat bereits derartige
Geschütze konstruiert, die den Anforderungen eines Kampfes in der Luft voll¬
kommen gerecht werden. Sie können natürlich auch in der Gondel unter¬
gebracht werden. Bei den unstarren Systemen bleibt ihnen überhaupt kein
anderer Platz übrig. Statt der Kanonen können auf den Plattformen auch
Maschinengewehre oder auch nur einige Leute mit Handfeuerwaffen Aufstellung
finden.

Der schlimmste Feind des Luftschiffes wird ohne Zweifel der Aeroplan
sein, da er es an Schnelligkeit und Bewegungsfreiheit übertrifft, selbst aber


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316776"/>
          <fw type="header" place="top"> Luftschiff und Flugmaschine im Kriege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2055" prev="#ID_2054"> überall gegen die feindlichen Luftschifferflotten zu schützen. Da außer der Artillerie<lb/>
auch die Infanterie und Kavallerie mit ihren Schußwaffen bis etwa 1200 in<lb/>
Höhe noch eine ausreichende Wirkung gegen Ballons erzielen, so wird man die<lb/>
Gefährdung begreifen, denen Flugzeuge im Feldkriege entgegengehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2056"> Im Festungs- und Küstenkriege treten noch sehr wirksame und weittragende<lb/>
Kaliber mittlerer Größe, 10 bis 12 ein, hinzu. Ihre Wirksamkeit wird dadurch<lb/>
wesentlich erhöht, daß man in der Festung durch genaue Kenntnis der Umgebung<lb/>
die Entfernung zum Ballon genauer bestimmen kann als im Felde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2057"> Auf dem ausgedehnten und guten Wegenetz einer Festung wird das ganz<lb/>
gepanzerte Kriegsauto am Platze sein, wie es denn überhaupt verwendungs¬<lb/>
fähig ist, wo ihm nicht zu schlechte Wege und nicht Steigungen über 22°<lb/>
zugemutet werden. Die Panzerung deckt Bedienung und Fahrzeug vollständig,<lb/>
ein besonderer Vorteil im Festungskriege, wo die Kugeln und Sprengstücke<lb/>
dichter auf engerem Raume einschlagen als in der Feldschlacht. Die Fahr¬<lb/>
geschwindigkeit von 45 Ku wird im Gebiete einer Festung, wo das Auto einem<lb/>
von außen kommenden Flugzeuge gegenüber vielfach kürzere Wege zu machen<lb/>
hat, sehr häufig genügen. Geschütz und Ausrüstung sind dieselben wie beim<lb/>
Halbpanzcranto. Die Flugzeuge ihrerseits werden dem geschilderten Kampfe<lb/>
nicht müßig zusehen, sondern ebenfalls alles aufbieten, die gegnerischen zu ver¬<lb/>
nichten. Sie werden in dieser Beziehung die Artillerie wirksam ergänzen, für<lb/>
welche das Schießen nach den unstäten Zielen in der Luft, trotz der vervoll¬<lb/>
kommneten Waffen, eine sehr schwierige Aufgabe bleiben wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2058"> Den Gedanken, Geschütze im Luftschiff zu verwenden, habe ich schon berührt.<lb/>
Gegen Ziele auf der Erde scheint, wie wir gesehen haben, eine lohnende<lb/>
Wirkung ausgeschlossen. In der Luft jedoch liegt die Sache anders. Man<lb/>
kann näher an den Gegner heran und er ist zugleich verwundbarer und weniger<lb/>
zahlreich wie der auf der Erde. Ein findiger Kopf der Düsseldorfer Fabrik<lb/>
denkt sich die Bestückung eines großen Luftkreuzers so. daß sich ein oder mehrere<lb/>
Geschütze vorn, hinten oder in der Mitte des starren Tragkörpers befinden.<lb/>
Dadurch ist man im Schuß viel freier und gefährdet den Ballon nicht. Leitern<lb/>
führen aus den Gondeln zu den Geschützplattformen, welche so angelegt sind,<lb/>
daß Schwankungen des Fahrzeugs beim Schuß möglichst vermieden werden.<lb/>
Gewicht und Schußleistung der Kanonen müssen selbstverständlich den Ballon¬<lb/>
verhältnissen angepaßt sein. Die Düsseldorfer Fabrik hat bereits derartige<lb/>
Geschütze konstruiert, die den Anforderungen eines Kampfes in der Luft voll¬<lb/>
kommen gerecht werden. Sie können natürlich auch in der Gondel unter¬<lb/>
gebracht werden. Bei den unstarren Systemen bleibt ihnen überhaupt kein<lb/>
anderer Platz übrig. Statt der Kanonen können auf den Plattformen auch<lb/>
Maschinengewehre oder auch nur einige Leute mit Handfeuerwaffen Aufstellung<lb/>
finden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2059" next="#ID_2060"> Der schlimmste Feind des Luftschiffes wird ohne Zweifel der Aeroplan<lb/>
sein, da er es an Schnelligkeit und Bewegungsfreiheit übertrifft, selbst aber</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0491] Luftschiff und Flugmaschine im Kriege überall gegen die feindlichen Luftschifferflotten zu schützen. Da außer der Artillerie auch die Infanterie und Kavallerie mit ihren Schußwaffen bis etwa 1200 in Höhe noch eine ausreichende Wirkung gegen Ballons erzielen, so wird man die Gefährdung begreifen, denen Flugzeuge im Feldkriege entgegengehen. Im Festungs- und Küstenkriege treten noch sehr wirksame und weittragende Kaliber mittlerer Größe, 10 bis 12 ein, hinzu. Ihre Wirksamkeit wird dadurch wesentlich erhöht, daß man in der Festung durch genaue Kenntnis der Umgebung die Entfernung zum Ballon genauer bestimmen kann als im Felde. Auf dem ausgedehnten und guten Wegenetz einer Festung wird das ganz gepanzerte Kriegsauto am Platze sein, wie es denn überhaupt verwendungs¬ fähig ist, wo ihm nicht zu schlechte Wege und nicht Steigungen über 22° zugemutet werden. Die Panzerung deckt Bedienung und Fahrzeug vollständig, ein besonderer Vorteil im Festungskriege, wo die Kugeln und Sprengstücke dichter auf engerem Raume einschlagen als in der Feldschlacht. Die Fahr¬ geschwindigkeit von 45 Ku wird im Gebiete einer Festung, wo das Auto einem von außen kommenden Flugzeuge gegenüber vielfach kürzere Wege zu machen hat, sehr häufig genügen. Geschütz und Ausrüstung sind dieselben wie beim Halbpanzcranto. Die Flugzeuge ihrerseits werden dem geschilderten Kampfe nicht müßig zusehen, sondern ebenfalls alles aufbieten, die gegnerischen zu ver¬ nichten. Sie werden in dieser Beziehung die Artillerie wirksam ergänzen, für welche das Schießen nach den unstäten Zielen in der Luft, trotz der vervoll¬ kommneten Waffen, eine sehr schwierige Aufgabe bleiben wird. Den Gedanken, Geschütze im Luftschiff zu verwenden, habe ich schon berührt. Gegen Ziele auf der Erde scheint, wie wir gesehen haben, eine lohnende Wirkung ausgeschlossen. In der Luft jedoch liegt die Sache anders. Man kann näher an den Gegner heran und er ist zugleich verwundbarer und weniger zahlreich wie der auf der Erde. Ein findiger Kopf der Düsseldorfer Fabrik denkt sich die Bestückung eines großen Luftkreuzers so. daß sich ein oder mehrere Geschütze vorn, hinten oder in der Mitte des starren Tragkörpers befinden. Dadurch ist man im Schuß viel freier und gefährdet den Ballon nicht. Leitern führen aus den Gondeln zu den Geschützplattformen, welche so angelegt sind, daß Schwankungen des Fahrzeugs beim Schuß möglichst vermieden werden. Gewicht und Schußleistung der Kanonen müssen selbstverständlich den Ballon¬ verhältnissen angepaßt sein. Die Düsseldorfer Fabrik hat bereits derartige Geschütze konstruiert, die den Anforderungen eines Kampfes in der Luft voll¬ kommen gerecht werden. Sie können natürlich auch in der Gondel unter¬ gebracht werden. Bei den unstarren Systemen bleibt ihnen überhaupt kein anderer Platz übrig. Statt der Kanonen können auf den Plattformen auch Maschinengewehre oder auch nur einige Leute mit Handfeuerwaffen Aufstellung finden. Der schlimmste Feind des Luftschiffes wird ohne Zweifel der Aeroplan sein, da er es an Schnelligkeit und Bewegungsfreiheit übertrifft, selbst aber

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/491
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/491>, abgerufen am 03.07.2024.