Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Wie sehr der Kronprinz den Ton getroffen hat, der den national empfindenden In der inneren Politik beginnt somit erfreuliche Bewegung die zu einer Maßgebliches und Unmaßgebliches Wie sehr der Kronprinz den Ton getroffen hat, der den national empfindenden In der inneren Politik beginnt somit erfreuliche Bewegung die zu einer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0459" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316748"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1962"> Wie sehr der Kronprinz den Ton getroffen hat, der den national empfindenden<lb/> Kreisen — also der Mehrheit der gebildeten Deutschen — zusagt, geht indessen<lb/> nicht nur aus den Äußerungen der Presse hervor. Wer die Symptome zu begreifen<lb/> vermag, die sich hier und da bei den konservativen Parteien und innerhalb der<lb/> Nationalliberalen bemerkbar machen, der wird zugeben, daß man beginnt, die<lb/> Gefahren der Kämpfe des letzten Winters gerade auf nationalem Gebiet zu erkennen.<lb/> Bei den verschiedenen konservativen Gruppen liegt das Symptom in der sich vor¬<lb/> bereitenden Neubildung einer antisemitischen Partei, bei den Nationalliberalen in<lb/> den: offnen Abrücken von den Freihändlern durch die Rede Fuhrmanns und in<lb/> dem Einlenken der Jungliberalen zu einer ruhigeren Auffassung ihrer Aufgaben.<lb/> So sehr wir das Wiederaufkommen des Antisemitismus bedauern, erscheint es<lb/> uns lediglich als eine natürliche Folge der jüdischen Propaganda, d:e der Frei¬<lb/> sinn in der letzten Zeit getrieben hat. - eine Propaganda, die in dieser Weise<lb/> das Gelingen aller Reformfragen abhängig machen will von der Stellung, die<lb/> man bade den Juden einräumt, als ob W wenMn ^<lb/> Ausschlag gebend für die Entwicklung von sechzig Millionen Deutschen waren<lb/> Dadurch kann der Verschmelzung der ^den mit den Deut chen nicht<lb/> gedient werden und in die ruhige Erörterung über praktische Frag n wird<lb/> eine Leidenschaftlichkeit hineingetragen, die nur der Verhetzung d:en^ Das<lb/> stößt naturgemäß jeden Besonnenen °b. Und die Naumarm und <Ä "°sha<lb/> und die in der ganzen Welt ans internationalen Kongressen nach Lord<lb/> spähenden Gelehrten verlieren an Nachfolge. Ihr Einfluß ist zwar noch<lb/> nicht überwunden, aber man beginnt doch in ihnen wenigstens Träger d r<lb/> Anarchie und eines vormärzlichen Internationalismus zu vermiiten. Neben der<lb/> angedeuteten Reaktion gegen den Freisinn sind energische Bemühungen "n Gang ,<lb/> den rechten Flügel der Nationalliberalen von der Paro abzusprengen- Nachdem<lb/> die hessischen und hannoverschen Bündler der Parte: den Rucken gekehrt haben, bilden<lb/> jetzt die rheinisch-westfälischen Industriellen und die Hamburger den äußersten<lb/> rechten Flügel. Wie weit die Bemühungen gediehen sind laßt sich noch<lb/> nicht mit Sicherheit feststellen, ebensowenig laßt sich schon heute sagen, ob die<lb/> antisemitischen N ubild engen genügend Anziehungskraft haben um die bezeichneten<lb/> Kreise an sich fes^ °is bindender KNt em >zur -<lb/> schaftliches Interesse hinzu, dann dürften die Bmnuhungen vergeblich hin- Solcher<lb/> Kitt aber kann geschaffen werden aus der Stellungnahme zu Frelhmid^ und<lb/> Schutzzoll. - Im Zentrum hat man schwere Sorgen mit Professor 0r. S ahn<lb/> Die Roeren und Genossen wünschen ihn gern zu allen Teufeln, wen er im er<lb/> den nationalen Zentrumsmitgliedern eine starke Gefolgschaft hat die acht abgene ge<lb/> wäre, sich von den Ultramontanen zu trennen ""d «ut den oben ^rechtsstehenden Gruppen in nähere Fühlung M treten. Vielleicht w'rd ruf<lb/> der Verlauf der Augsburger Katholikentage darüber enuge nähere Auskunft<lb/> geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1963"> In der inneren Politik beginnt somit erfreuliche Bewegung die zu einer<lb/> Stabilisierung der nationalen Mittelparteien schon ^ Herbst sich en k^Zwar mit einem scharfen Ruck nach rechts. Daß eme olche Stadius e ung Hochs<lb/> notwendig erscheint, geht ans der allgemein Streik<lb/> deutschen Werften ergriffen hat und die durch Verimttelung des W ltkongresseS zu<lb/> Kopenhagen zu einem allgemeinen Streik aller Werft- und Hafenarbeiter der<lb/> Welt sichren soll. Dieser Streik ist eine Generalprobe auf die bevorstehenden<lb/> Wahlen; hoffentlich wird er das Reagenzmittcl für d.e Knstallisation einer starken<lb/> bürgerlichen Mittelpartei.---</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0459]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Wie sehr der Kronprinz den Ton getroffen hat, der den national empfindenden
Kreisen — also der Mehrheit der gebildeten Deutschen — zusagt, geht indessen
nicht nur aus den Äußerungen der Presse hervor. Wer die Symptome zu begreifen
vermag, die sich hier und da bei den konservativen Parteien und innerhalb der
Nationalliberalen bemerkbar machen, der wird zugeben, daß man beginnt, die
Gefahren der Kämpfe des letzten Winters gerade auf nationalem Gebiet zu erkennen.
Bei den verschiedenen konservativen Gruppen liegt das Symptom in der sich vor¬
bereitenden Neubildung einer antisemitischen Partei, bei den Nationalliberalen in
den: offnen Abrücken von den Freihändlern durch die Rede Fuhrmanns und in
dem Einlenken der Jungliberalen zu einer ruhigeren Auffassung ihrer Aufgaben.
So sehr wir das Wiederaufkommen des Antisemitismus bedauern, erscheint es
uns lediglich als eine natürliche Folge der jüdischen Propaganda, d:e der Frei¬
sinn in der letzten Zeit getrieben hat. - eine Propaganda, die in dieser Weise
das Gelingen aller Reformfragen abhängig machen will von der Stellung, die
man bade den Juden einräumt, als ob W wenMn ^
Ausschlag gebend für die Entwicklung von sechzig Millionen Deutschen waren
Dadurch kann der Verschmelzung der ^den mit den Deut chen nicht
gedient werden und in die ruhige Erörterung über praktische Frag n wird
eine Leidenschaftlichkeit hineingetragen, die nur der Verhetzung d:en^ Das
stößt naturgemäß jeden Besonnenen °b. Und die Naumarm und <Ä "°sha
und die in der ganzen Welt ans internationalen Kongressen nach Lord
spähenden Gelehrten verlieren an Nachfolge. Ihr Einfluß ist zwar noch
nicht überwunden, aber man beginnt doch in ihnen wenigstens Träger d r
Anarchie und eines vormärzlichen Internationalismus zu vermiiten. Neben der
angedeuteten Reaktion gegen den Freisinn sind energische Bemühungen "n Gang ,
den rechten Flügel der Nationalliberalen von der Paro abzusprengen- Nachdem
die hessischen und hannoverschen Bündler der Parte: den Rucken gekehrt haben, bilden
jetzt die rheinisch-westfälischen Industriellen und die Hamburger den äußersten
rechten Flügel. Wie weit die Bemühungen gediehen sind laßt sich noch
nicht mit Sicherheit feststellen, ebensowenig laßt sich schon heute sagen, ob die
antisemitischen N ubild engen genügend Anziehungskraft haben um die bezeichneten
Kreise an sich fes^ °is bindender KNt em >zur -
schaftliches Interesse hinzu, dann dürften die Bmnuhungen vergeblich hin- Solcher
Kitt aber kann geschaffen werden aus der Stellungnahme zu Frelhmid^ und
Schutzzoll. - Im Zentrum hat man schwere Sorgen mit Professor 0r. S ahn
Die Roeren und Genossen wünschen ihn gern zu allen Teufeln, wen er im er
den nationalen Zentrumsmitgliedern eine starke Gefolgschaft hat die acht abgene ge
wäre, sich von den Ultramontanen zu trennen ""d «ut den oben ^rechtsstehenden Gruppen in nähere Fühlung M treten. Vielleicht w'rd ruf
der Verlauf der Augsburger Katholikentage darüber enuge nähere Auskunft
geben.
In der inneren Politik beginnt somit erfreuliche Bewegung die zu einer
Stabilisierung der nationalen Mittelparteien schon ^ Herbst sich en k^Zwar mit einem scharfen Ruck nach rechts. Daß eme olche Stadius e ung Hochs
notwendig erscheint, geht ans der allgemein Streik
deutschen Werften ergriffen hat und die durch Verimttelung des W ltkongresseS zu
Kopenhagen zu einem allgemeinen Streik aller Werft- und Hafenarbeiter der
Welt sichren soll. Dieser Streik ist eine Generalprobe auf die bevorstehenden
Wahlen; hoffentlich wird er das Reagenzmittcl für d.e Knstallisation einer starken
bürgerlichen Mittelpartei.---
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |