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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Die Deutsche Rommmmlbank

Auch gegen die Begründung der Deutschen Kommunalbank im allgemeinen
ist in neuester Zeit von einigen Seiten abfällige Kritik geübt worden. Neben
einigen Tagesblättern hat vor allein der Direktor der Landesbank der Rhein¬
provinz, Geheimer Regierungsrat Dr. Lohe in Düsseldorf, sowohl in einem an
eine Anzahl von interessierten Persönlichkeiten (Mitglieder des Kuratoriums der
Landesbank usw.) gerichteten gedruckten Rundschreiben als in: "Bankarchiv"
dagegen Stellung genommen. Das Schwergewicht seiner Bedenken erblickt
Dr. Lohe darin, daß, wenn die Bank nach der Behauptung ihrer Gründer
billiger Geld leiht als die anderen Banken, sie auch jährlich wieder Millionen
-- wiederum nach Angabe der Gründer 100, ja bald 200 bis 300 Millionen
Mark -- bedürfen und somit eine entsprechende Masse von Kommunalscheinen
auf den deutschen Markt werfen werde. Sie werde dadurch den für Anlage-
werte schon etwas schwachen deutschen Markt, in erster Linie den der Reichs¬
anleihen, Konsols und Staatsanleihen, in zweiter Linie den aller übrigen
Anlagewerte, Provinz- und Städteanleihen, Pfandbriefe usw. noch weiter
schwächen, und zwar in dem Maße, daß die Bank selbst in kurzer Frist vor
der Unmöglichkeit stehen werde, ihre Aufgaben in den: geplanten Maße durch¬
zuführen. Bezüglich der Einwirkung der Kommunalanleihen auf den: Geld¬
markte sei es ein wesentlicher Unterschied, ob etwa fünfhundert Städte und
Gemeindeverbände im Deutschen Reiche einzeln mit den ihnen befreundeten
örtlichen Banken und Instituten aller Art ihre verhältnismäßig kleinen Anleihen
im engeren örtlichen Bezirke der Ausgabestelle unterbringen, teilweise als Inhaber-
Papiere, teilweise als Darlehen bei Instituten, oder aber, ob eine Haupt¬
ausgabestelle, in Verbindung mit einer oder mehreren Großbanken, die ganze
oder doch die größte Masse des jährlichen deutschen Anleihebedarfs der Gemeinde¬
verbände in Form einer großen Anleihe der Kommunalbank auf den Markt
wirft. Das erstere gehe spurlos am Markte vorüber, das letztere störe und
verwüste ihn unter Umständen. Wenn schon der preußische Staat und das
Deutsche Reich mit den Massenausgaben von Werten der letzten Jahre nicht
günstige Erfahrungen gemacht haben, so werde es der Deutschen Kommunalbank
noch weit schlechter gehen.

Dieser Einwand erscheint mir im Hinblick auf die bisherige Entwicklung
des Marktes für Kommunalanleihen nicht durchschlagend. Die Gründer der
Bank nehmen vielmehr meiner Auffassung nach mit Recht an, daß der Kommunal¬
bank in den nächsten Jahren etwa 100 bis 200 Millionen Mark jährlich, in
späteren Jahren eventuell mehr, an Kommunaldarlehen zufallen werden, denn
die 100 bis 200 Millionen Mark Kommunalscheine jährlich, die demgemäß
auszugeben sein werden, ersetzen eine große Zahl von einzelnen Stadtobligationen,
Provinzialobligationen und Kommunalobligationen. Eine Umwandlung reiner
Schuldscheindarlehen (Sparkassen, Landesversicherungsanstalten und sonstige
Kreditgeber in Obligationen) kann, wenn überhaupt, nur in verhältnismäßig
geringem Umfange (10 bis 20 Millionen Mary stattfinden. Dabei ist jedoch


Die Deutsche Rommmmlbank

Auch gegen die Begründung der Deutschen Kommunalbank im allgemeinen
ist in neuester Zeit von einigen Seiten abfällige Kritik geübt worden. Neben
einigen Tagesblättern hat vor allein der Direktor der Landesbank der Rhein¬
provinz, Geheimer Regierungsrat Dr. Lohe in Düsseldorf, sowohl in einem an
eine Anzahl von interessierten Persönlichkeiten (Mitglieder des Kuratoriums der
Landesbank usw.) gerichteten gedruckten Rundschreiben als in: „Bankarchiv"
dagegen Stellung genommen. Das Schwergewicht seiner Bedenken erblickt
Dr. Lohe darin, daß, wenn die Bank nach der Behauptung ihrer Gründer
billiger Geld leiht als die anderen Banken, sie auch jährlich wieder Millionen
— wiederum nach Angabe der Gründer 100, ja bald 200 bis 300 Millionen
Mark — bedürfen und somit eine entsprechende Masse von Kommunalscheinen
auf den deutschen Markt werfen werde. Sie werde dadurch den für Anlage-
werte schon etwas schwachen deutschen Markt, in erster Linie den der Reichs¬
anleihen, Konsols und Staatsanleihen, in zweiter Linie den aller übrigen
Anlagewerte, Provinz- und Städteanleihen, Pfandbriefe usw. noch weiter
schwächen, und zwar in dem Maße, daß die Bank selbst in kurzer Frist vor
der Unmöglichkeit stehen werde, ihre Aufgaben in den: geplanten Maße durch¬
zuführen. Bezüglich der Einwirkung der Kommunalanleihen auf den: Geld¬
markte sei es ein wesentlicher Unterschied, ob etwa fünfhundert Städte und
Gemeindeverbände im Deutschen Reiche einzeln mit den ihnen befreundeten
örtlichen Banken und Instituten aller Art ihre verhältnismäßig kleinen Anleihen
im engeren örtlichen Bezirke der Ausgabestelle unterbringen, teilweise als Inhaber-
Papiere, teilweise als Darlehen bei Instituten, oder aber, ob eine Haupt¬
ausgabestelle, in Verbindung mit einer oder mehreren Großbanken, die ganze
oder doch die größte Masse des jährlichen deutschen Anleihebedarfs der Gemeinde¬
verbände in Form einer großen Anleihe der Kommunalbank auf den Markt
wirft. Das erstere gehe spurlos am Markte vorüber, das letztere störe und
verwüste ihn unter Umständen. Wenn schon der preußische Staat und das
Deutsche Reich mit den Massenausgaben von Werten der letzten Jahre nicht
günstige Erfahrungen gemacht haben, so werde es der Deutschen Kommunalbank
noch weit schlechter gehen.

Dieser Einwand erscheint mir im Hinblick auf die bisherige Entwicklung
des Marktes für Kommunalanleihen nicht durchschlagend. Die Gründer der
Bank nehmen vielmehr meiner Auffassung nach mit Recht an, daß der Kommunal¬
bank in den nächsten Jahren etwa 100 bis 200 Millionen Mark jährlich, in
späteren Jahren eventuell mehr, an Kommunaldarlehen zufallen werden, denn
die 100 bis 200 Millionen Mark Kommunalscheine jährlich, die demgemäß
auszugeben sein werden, ersetzen eine große Zahl von einzelnen Stadtobligationen,
Provinzialobligationen und Kommunalobligationen. Eine Umwandlung reiner
Schuldscheindarlehen (Sparkassen, Landesversicherungsanstalten und sonstige
Kreditgeber in Obligationen) kann, wenn überhaupt, nur in verhältnismäßig
geringem Umfange (10 bis 20 Millionen Mary stattfinden. Dabei ist jedoch


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[0289] Die Deutsche Rommmmlbank Auch gegen die Begründung der Deutschen Kommunalbank im allgemeinen ist in neuester Zeit von einigen Seiten abfällige Kritik geübt worden. Neben einigen Tagesblättern hat vor allein der Direktor der Landesbank der Rhein¬ provinz, Geheimer Regierungsrat Dr. Lohe in Düsseldorf, sowohl in einem an eine Anzahl von interessierten Persönlichkeiten (Mitglieder des Kuratoriums der Landesbank usw.) gerichteten gedruckten Rundschreiben als in: „Bankarchiv" dagegen Stellung genommen. Das Schwergewicht seiner Bedenken erblickt Dr. Lohe darin, daß, wenn die Bank nach der Behauptung ihrer Gründer billiger Geld leiht als die anderen Banken, sie auch jährlich wieder Millionen — wiederum nach Angabe der Gründer 100, ja bald 200 bis 300 Millionen Mark — bedürfen und somit eine entsprechende Masse von Kommunalscheinen auf den deutschen Markt werfen werde. Sie werde dadurch den für Anlage- werte schon etwas schwachen deutschen Markt, in erster Linie den der Reichs¬ anleihen, Konsols und Staatsanleihen, in zweiter Linie den aller übrigen Anlagewerte, Provinz- und Städteanleihen, Pfandbriefe usw. noch weiter schwächen, und zwar in dem Maße, daß die Bank selbst in kurzer Frist vor der Unmöglichkeit stehen werde, ihre Aufgaben in den: geplanten Maße durch¬ zuführen. Bezüglich der Einwirkung der Kommunalanleihen auf den: Geld¬ markte sei es ein wesentlicher Unterschied, ob etwa fünfhundert Städte und Gemeindeverbände im Deutschen Reiche einzeln mit den ihnen befreundeten örtlichen Banken und Instituten aller Art ihre verhältnismäßig kleinen Anleihen im engeren örtlichen Bezirke der Ausgabestelle unterbringen, teilweise als Inhaber- Papiere, teilweise als Darlehen bei Instituten, oder aber, ob eine Haupt¬ ausgabestelle, in Verbindung mit einer oder mehreren Großbanken, die ganze oder doch die größte Masse des jährlichen deutschen Anleihebedarfs der Gemeinde¬ verbände in Form einer großen Anleihe der Kommunalbank auf den Markt wirft. Das erstere gehe spurlos am Markte vorüber, das letztere störe und verwüste ihn unter Umständen. Wenn schon der preußische Staat und das Deutsche Reich mit den Massenausgaben von Werten der letzten Jahre nicht günstige Erfahrungen gemacht haben, so werde es der Deutschen Kommunalbank noch weit schlechter gehen. Dieser Einwand erscheint mir im Hinblick auf die bisherige Entwicklung des Marktes für Kommunalanleihen nicht durchschlagend. Die Gründer der Bank nehmen vielmehr meiner Auffassung nach mit Recht an, daß der Kommunal¬ bank in den nächsten Jahren etwa 100 bis 200 Millionen Mark jährlich, in späteren Jahren eventuell mehr, an Kommunaldarlehen zufallen werden, denn die 100 bis 200 Millionen Mark Kommunalscheine jährlich, die demgemäß auszugeben sein werden, ersetzen eine große Zahl von einzelnen Stadtobligationen, Provinzialobligationen und Kommunalobligationen. Eine Umwandlung reiner Schuldscheindarlehen (Sparkassen, Landesversicherungsanstalten und sonstige Kreditgeber in Obligationen) kann, wenn überhaupt, nur in verhältnismäßig geringem Umfange (10 bis 20 Millionen Mary stattfinden. Dabei ist jedoch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/289>, abgerufen am 23.07.2024.