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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Der Austauschprofessor

Jetzt kamen dem Aut drei Herren entgegen. Es waren Assessor Doktor Weißnix,
Buchhändler Negenschwert und Dr. Jug. Viola.

Die wollten aber nicht in die Kirche. Sondern in die Kneipe zum Früh¬
schoppen.

"Dunnerkiel -- das ist Jerum!"

Die Hüte flogen nur so herunter.

"Der will wohl.nach Amerika durchbrennen."

"Oder nach Persien."

"Nach Persien .. . Hahahahaha."

"Aber die Dame..."

"Ja, die Dame..."

"Ist wahrscheinlich seine Tante. Er hat mal erzählt, er hätte irgendwo
eine Tante, die Automobil fährt."

"Nu na." -- "Hin, hin!" -- "El, el!"

Man beschloß, den Fall beim Spaten näher zu erörtern und Doktor Jerum
mit einer Bowle heranzuziehen, falls diese Tante möglicherweise eine Erdkarte
oder sonst ein akzeptables weibliches Wesen sei.

"Mr. Jerum", sagte Miß Grcutton, als das Aut beim Bahnhofshotel hielt,
"ich möchte Ihnen eine invitatiori machen. Sie sollen mit mir fahren nach
dem Tanzmeister und der Kirche und mir alles erklären. Wollen Sie?"

"In. . ." sagte Jerum. "In -- was?"

"In ein eab." -- Gehen Sie und telephonieren Sie für ein nah -- eine
Droschke," wandte sich Miß Granton an den herbeigeeilten Hotelhausknecht.

"Droschke?" sagte der Hausknecht. "Droschken gibt's heute nich. Sind
alle weg. Alle vom Verein für Erhaltung der Hünengräben für den ganzen
Tag gemietet. Die haben Stiftungsfest."

"Ich will aber ein nah haben. Holen Sie den Wirt."

Der Wirt kam, bestätigte die Mitteilung des Hausknechts und versicherte,
es sei ihm heute ganz unmöglich, dem gnädigen Fräulein Mietfuhrwerk zu
verschaffen.'

"Ultra posse nemo obliZatur!" sagte Doktor Jerum hoffnungsvoll und
knüpfte daran die Frage, ob das Münchener schon angestochen sei. Er hatte
entsetzlichen Durst.

"So werde ich ein Pferd und einen Wagen kaufen."

Hausknecht, Wirt und Jerum sahen einander erstaunt an.

Mußte die aber Geld haben!

"Wollen Sie mir sagen in8tantly, wo ich kann kaufen ein Pferd und ein
and," drängte Miß Granton ungeduldig.

"Ja, sagen Sie es nur ruhig," unterstützte Doktor Jerum die Aufforderung
der Dame.


Der Austauschprofessor

Jetzt kamen dem Aut drei Herren entgegen. Es waren Assessor Doktor Weißnix,
Buchhändler Negenschwert und Dr. Jug. Viola.

Die wollten aber nicht in die Kirche. Sondern in die Kneipe zum Früh¬
schoppen.

„Dunnerkiel — das ist Jerum!"

Die Hüte flogen nur so herunter.

„Der will wohl.nach Amerika durchbrennen."

„Oder nach Persien."

„Nach Persien .. . Hahahahaha."

„Aber die Dame..."

„Ja, die Dame..."

„Ist wahrscheinlich seine Tante. Er hat mal erzählt, er hätte irgendwo
eine Tante, die Automobil fährt."

„Nu na." — „Hin, hin!" — „El, el!"

Man beschloß, den Fall beim Spaten näher zu erörtern und Doktor Jerum
mit einer Bowle heranzuziehen, falls diese Tante möglicherweise eine Erdkarte
oder sonst ein akzeptables weibliches Wesen sei.

„Mr. Jerum", sagte Miß Grcutton, als das Aut beim Bahnhofshotel hielt,
„ich möchte Ihnen eine invitatiori machen. Sie sollen mit mir fahren nach
dem Tanzmeister und der Kirche und mir alles erklären. Wollen Sie?"

„In. . ." sagte Jerum. „In — was?"

„In ein eab." — Gehen Sie und telephonieren Sie für ein nah — eine
Droschke," wandte sich Miß Granton an den herbeigeeilten Hotelhausknecht.

„Droschke?" sagte der Hausknecht. „Droschken gibt's heute nich. Sind
alle weg. Alle vom Verein für Erhaltung der Hünengräben für den ganzen
Tag gemietet. Die haben Stiftungsfest."

„Ich will aber ein nah haben. Holen Sie den Wirt."

Der Wirt kam, bestätigte die Mitteilung des Hausknechts und versicherte,
es sei ihm heute ganz unmöglich, dem gnädigen Fräulein Mietfuhrwerk zu
verschaffen.'

„Ultra posse nemo obliZatur!" sagte Doktor Jerum hoffnungsvoll und
knüpfte daran die Frage, ob das Münchener schon angestochen sei. Er hatte
entsetzlichen Durst.

„So werde ich ein Pferd und einen Wagen kaufen."

Hausknecht, Wirt und Jerum sahen einander erstaunt an.

Mußte die aber Geld haben!

„Wollen Sie mir sagen in8tantly, wo ich kann kaufen ein Pferd und ein
and," drängte Miß Granton ungeduldig.

„Ja, sagen Sie es nur ruhig," unterstützte Doktor Jerum die Aufforderung
der Dame.


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[0528] Der Austauschprofessor Jetzt kamen dem Aut drei Herren entgegen. Es waren Assessor Doktor Weißnix, Buchhändler Negenschwert und Dr. Jug. Viola. Die wollten aber nicht in die Kirche. Sondern in die Kneipe zum Früh¬ schoppen. „Dunnerkiel — das ist Jerum!" Die Hüte flogen nur so herunter. „Der will wohl.nach Amerika durchbrennen." „Oder nach Persien." „Nach Persien .. . Hahahahaha." „Aber die Dame..." „Ja, die Dame..." „Ist wahrscheinlich seine Tante. Er hat mal erzählt, er hätte irgendwo eine Tante, die Automobil fährt." „Nu na." — „Hin, hin!" — „El, el!" Man beschloß, den Fall beim Spaten näher zu erörtern und Doktor Jerum mit einer Bowle heranzuziehen, falls diese Tante möglicherweise eine Erdkarte oder sonst ein akzeptables weibliches Wesen sei. „Mr. Jerum", sagte Miß Grcutton, als das Aut beim Bahnhofshotel hielt, „ich möchte Ihnen eine invitatiori machen. Sie sollen mit mir fahren nach dem Tanzmeister und der Kirche und mir alles erklären. Wollen Sie?" „In. . ." sagte Jerum. „In — was?" „In ein eab." — Gehen Sie und telephonieren Sie für ein nah — eine Droschke," wandte sich Miß Granton an den herbeigeeilten Hotelhausknecht. „Droschke?" sagte der Hausknecht. „Droschken gibt's heute nich. Sind alle weg. Alle vom Verein für Erhaltung der Hünengräben für den ganzen Tag gemietet. Die haben Stiftungsfest." „Ich will aber ein nah haben. Holen Sie den Wirt." Der Wirt kam, bestätigte die Mitteilung des Hausknechts und versicherte, es sei ihm heute ganz unmöglich, dem gnädigen Fräulein Mietfuhrwerk zu verschaffen.' „Ultra posse nemo obliZatur!" sagte Doktor Jerum hoffnungsvoll und knüpfte daran die Frage, ob das Münchener schon angestochen sei. Er hatte entsetzlichen Durst. „So werde ich ein Pferd und einen Wagen kaufen." Hausknecht, Wirt und Jerum sahen einander erstaunt an. Mußte die aber Geld haben! „Wollen Sie mir sagen in8tantly, wo ich kann kaufen ein Pferd und ein and," drängte Miß Granton ungeduldig. „Ja, sagen Sie es nur ruhig," unterstützte Doktor Jerum die Aufforderung der Dame.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/528>, abgerufen am 22.07.2024.