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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Die Barbarina

Nachricht von der Liebschaft der Barbarina mit dein hochgestellten und sehr bekannten
Beamten des Königs in dem kleinen Berlin jener Tage viel Staub auf. Der
Schritt des Sohnes führte ein schweres Zerwürfnis mit den Eltern herbei. Denn
weder der Vater Cocceji noch dessen Gemahlin, eine geborene v. Beschefer, zeigten
die mindeste Lust, zu der in ihren Augen höchst unanständigen Verbindung ihren
Segen zu geben. Wie entschlossen der tief beleidigte Vater Cocceji war, alles
aufzubieten, um das Verhältnis des Sohnes sich nicht zur Ehe entwickeln zu lassen,
beweist eine Stelle in seinein Schreiben vom 4. Mai 1749, aus Clewe datiert, wo
er sich in Amtsgeschäften vorübergehend aufhielt. Darin heißt es: "Ich bedaure
von Herzen, daß mein Sohn durch eine unglückliche Passion sich zu neuen Aus¬
schweifungen hat verleiten lassen. Ich werde alle Mühe aufwenden, denselben
durch vernünftige Vorstellungen ans dein preLipice, worinnen er sich zu werfen
scheint, zu retten. Wenn aber dieser Mensch zu weit gehen sollte, werde ich mir
die Freiheit nehmen, bei Ew. K> Maj. Hilfe zu suchen."

Die "neuen Ausschweifungen", zu denen sich "dieser Mensch" hatte verleiten
lassen, gestatten einen Schluß auf frühere Ausschweifungen. Es ist möglich, daß
darunter der allerdings nicht verbürgte Exzeß zu verstehen ist, wonach der Geheime
Rat von Cocceji bei einer Opernvorstellung, in der die Barbarina tanzte, sich
so weit vergessen haben sollte, aus die Bühne zu springen und ihr dort vor dein
Publikum eine Liebeserklärung zu machen. Schon vor dem obenerwähnten
Schreiben des ergrimmten Vaters vom 4. Mai 1749 muß der König in die Liebes¬
geschichte irgendwie hineingezogen worden sein, denn es liegt ein äußerst kräftiges
Schreiben des Königs aus Potsdam an den Geheimen Rat von Cocceji vom
l". April 1749 vor, in dem es heißt:

"Ich will gern glauben, daß Ihr, wie Ihr durch Euer Schreibe" vom 12. d. M.
Mich überzeugen wollt, nicht beabsichtigt, Meinen Dienst und Meine Staaten zu ver¬
lassen. Auch betrifft Meine Verstimmung gegen Euch nicht sowohl diesen Punkt, als
vielmehr das zügellose Benehmen, dessen Ihr Euch bisher schuldig gemacht, indem Ihr
Euch an eine Landstreicherin und Abenteurerin hängt, die, wenn Ihr sie nicht beizeiten
ausgeht, Euch nur Schande bringen wird. Der tödliche Kummer, welchen Ihr Eurer
von Mir bisher so besonders ausgezeichneten Familie bereitet, muß Mich höchst empfindlich
berühren und wird Euch, wenn Ihr Euer Leben nicht ändert, Meine volle Ungnade
zuziehen. Ihr solltet doch bedenken, wieviel Flüche Ihr von Eurem Bater auf Euch
ladet, dessen Tage ein Leben wie das Eure verkürzen muß, was, wenn es geschehen
und Ihr dann später einmal in Euch geht, Euch nur vergebliche Reue und Gewissens¬
bisse bereiten kann. Wollet alles dieses Wohl bedenken; ändert Euer Leben und betraget
Euch wie ein anständiger und vernünftiger Mann, dann möget Ihr Euch Meiner Gnade
Friedrich." und völligen Protektion versichert halten. gez.

Der Staats minister Graf v. Podewils, der auf königlichen Befehl in der
Angelegenheit sich mit dem Geheimen Rate von Cocceji besprach, vermochte den
leidenschaftlich Verliebten nicht von der Barbarina loszureißen und berichtete über
den Mißerfolg seiner Sendung an den König. Auch die in königlichem Auftrage
durch den Kämmerer Fredersdorf auf die Barbarinn versuchte Einwirkung, sie
möge ihren Verlobten freigeben, blieb erfolglos. Über sein Eiligreifen muß
Friedrich an die Mutter Coccejis geschrieben haben, denn es liegt ein in mangelhaftem
Französisch geschriebener, inhaltlich aber herrlicher Brief der alten Dame an den
König vor. ' Er lautet folgendermaßen:

"Sire! Wenn irgendetwas in der Welt imstande wäre, mich zu trösten, so ist
es das gnädige Schreiben, rin dem Ew. Majestät mich beehrt haben. Ich würde nicht
verfehlt haben, Ihnen schon viel eher meinen Dank auszudrücken, hätte nicht die Scham
über die Antwort meines Sohnes an den Staatsminister Grafen v. Podewils, über
welche derselbe, wie er niir sagt, bereits an Ew. Majestät berichtet hat, alle meine


Die Barbarina

Nachricht von der Liebschaft der Barbarina mit dein hochgestellten und sehr bekannten
Beamten des Königs in dem kleinen Berlin jener Tage viel Staub auf. Der
Schritt des Sohnes führte ein schweres Zerwürfnis mit den Eltern herbei. Denn
weder der Vater Cocceji noch dessen Gemahlin, eine geborene v. Beschefer, zeigten
die mindeste Lust, zu der in ihren Augen höchst unanständigen Verbindung ihren
Segen zu geben. Wie entschlossen der tief beleidigte Vater Cocceji war, alles
aufzubieten, um das Verhältnis des Sohnes sich nicht zur Ehe entwickeln zu lassen,
beweist eine Stelle in seinein Schreiben vom 4. Mai 1749, aus Clewe datiert, wo
er sich in Amtsgeschäften vorübergehend aufhielt. Darin heißt es: „Ich bedaure
von Herzen, daß mein Sohn durch eine unglückliche Passion sich zu neuen Aus¬
schweifungen hat verleiten lassen. Ich werde alle Mühe aufwenden, denselben
durch vernünftige Vorstellungen ans dein preLipice, worinnen er sich zu werfen
scheint, zu retten. Wenn aber dieser Mensch zu weit gehen sollte, werde ich mir
die Freiheit nehmen, bei Ew. K> Maj. Hilfe zu suchen."

Die „neuen Ausschweifungen", zu denen sich „dieser Mensch" hatte verleiten
lassen, gestatten einen Schluß auf frühere Ausschweifungen. Es ist möglich, daß
darunter der allerdings nicht verbürgte Exzeß zu verstehen ist, wonach der Geheime
Rat von Cocceji bei einer Opernvorstellung, in der die Barbarina tanzte, sich
so weit vergessen haben sollte, aus die Bühne zu springen und ihr dort vor dein
Publikum eine Liebeserklärung zu machen. Schon vor dem obenerwähnten
Schreiben des ergrimmten Vaters vom 4. Mai 1749 muß der König in die Liebes¬
geschichte irgendwie hineingezogen worden sein, denn es liegt ein äußerst kräftiges
Schreiben des Königs aus Potsdam an den Geheimen Rat von Cocceji vom
l«. April 1749 vor, in dem es heißt:

„Ich will gern glauben, daß Ihr, wie Ihr durch Euer Schreibe» vom 12. d. M.
Mich überzeugen wollt, nicht beabsichtigt, Meinen Dienst und Meine Staaten zu ver¬
lassen. Auch betrifft Meine Verstimmung gegen Euch nicht sowohl diesen Punkt, als
vielmehr das zügellose Benehmen, dessen Ihr Euch bisher schuldig gemacht, indem Ihr
Euch an eine Landstreicherin und Abenteurerin hängt, die, wenn Ihr sie nicht beizeiten
ausgeht, Euch nur Schande bringen wird. Der tödliche Kummer, welchen Ihr Eurer
von Mir bisher so besonders ausgezeichneten Familie bereitet, muß Mich höchst empfindlich
berühren und wird Euch, wenn Ihr Euer Leben nicht ändert, Meine volle Ungnade
zuziehen. Ihr solltet doch bedenken, wieviel Flüche Ihr von Eurem Bater auf Euch
ladet, dessen Tage ein Leben wie das Eure verkürzen muß, was, wenn es geschehen
und Ihr dann später einmal in Euch geht, Euch nur vergebliche Reue und Gewissens¬
bisse bereiten kann. Wollet alles dieses Wohl bedenken; ändert Euer Leben und betraget
Euch wie ein anständiger und vernünftiger Mann, dann möget Ihr Euch Meiner Gnade
Friedrich." und völligen Protektion versichert halten. gez.

Der Staats minister Graf v. Podewils, der auf königlichen Befehl in der
Angelegenheit sich mit dem Geheimen Rate von Cocceji besprach, vermochte den
leidenschaftlich Verliebten nicht von der Barbarina loszureißen und berichtete über
den Mißerfolg seiner Sendung an den König. Auch die in königlichem Auftrage
durch den Kämmerer Fredersdorf auf die Barbarinn versuchte Einwirkung, sie
möge ihren Verlobten freigeben, blieb erfolglos. Über sein Eiligreifen muß
Friedrich an die Mutter Coccejis geschrieben haben, denn es liegt ein in mangelhaftem
Französisch geschriebener, inhaltlich aber herrlicher Brief der alten Dame an den
König vor. ' Er lautet folgendermaßen:

„Sire! Wenn irgendetwas in der Welt imstande wäre, mich zu trösten, so ist
es das gnädige Schreiben, rin dem Ew. Majestät mich beehrt haben. Ich würde nicht
verfehlt haben, Ihnen schon viel eher meinen Dank auszudrücken, hätte nicht die Scham
über die Antwort meines Sohnes an den Staatsminister Grafen v. Podewils, über
welche derselbe, wie er niir sagt, bereits an Ew. Majestät berichtet hat, alle meine


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[0086] Die Barbarina Nachricht von der Liebschaft der Barbarina mit dein hochgestellten und sehr bekannten Beamten des Königs in dem kleinen Berlin jener Tage viel Staub auf. Der Schritt des Sohnes führte ein schweres Zerwürfnis mit den Eltern herbei. Denn weder der Vater Cocceji noch dessen Gemahlin, eine geborene v. Beschefer, zeigten die mindeste Lust, zu der in ihren Augen höchst unanständigen Verbindung ihren Segen zu geben. Wie entschlossen der tief beleidigte Vater Cocceji war, alles aufzubieten, um das Verhältnis des Sohnes sich nicht zur Ehe entwickeln zu lassen, beweist eine Stelle in seinein Schreiben vom 4. Mai 1749, aus Clewe datiert, wo er sich in Amtsgeschäften vorübergehend aufhielt. Darin heißt es: „Ich bedaure von Herzen, daß mein Sohn durch eine unglückliche Passion sich zu neuen Aus¬ schweifungen hat verleiten lassen. Ich werde alle Mühe aufwenden, denselben durch vernünftige Vorstellungen ans dein preLipice, worinnen er sich zu werfen scheint, zu retten. Wenn aber dieser Mensch zu weit gehen sollte, werde ich mir die Freiheit nehmen, bei Ew. K> Maj. Hilfe zu suchen." Die „neuen Ausschweifungen", zu denen sich „dieser Mensch" hatte verleiten lassen, gestatten einen Schluß auf frühere Ausschweifungen. Es ist möglich, daß darunter der allerdings nicht verbürgte Exzeß zu verstehen ist, wonach der Geheime Rat von Cocceji bei einer Opernvorstellung, in der die Barbarina tanzte, sich so weit vergessen haben sollte, aus die Bühne zu springen und ihr dort vor dein Publikum eine Liebeserklärung zu machen. Schon vor dem obenerwähnten Schreiben des ergrimmten Vaters vom 4. Mai 1749 muß der König in die Liebes¬ geschichte irgendwie hineingezogen worden sein, denn es liegt ein äußerst kräftiges Schreiben des Königs aus Potsdam an den Geheimen Rat von Cocceji vom l«. April 1749 vor, in dem es heißt: „Ich will gern glauben, daß Ihr, wie Ihr durch Euer Schreibe» vom 12. d. M. Mich überzeugen wollt, nicht beabsichtigt, Meinen Dienst und Meine Staaten zu ver¬ lassen. Auch betrifft Meine Verstimmung gegen Euch nicht sowohl diesen Punkt, als vielmehr das zügellose Benehmen, dessen Ihr Euch bisher schuldig gemacht, indem Ihr Euch an eine Landstreicherin und Abenteurerin hängt, die, wenn Ihr sie nicht beizeiten ausgeht, Euch nur Schande bringen wird. Der tödliche Kummer, welchen Ihr Eurer von Mir bisher so besonders ausgezeichneten Familie bereitet, muß Mich höchst empfindlich berühren und wird Euch, wenn Ihr Euer Leben nicht ändert, Meine volle Ungnade zuziehen. Ihr solltet doch bedenken, wieviel Flüche Ihr von Eurem Bater auf Euch ladet, dessen Tage ein Leben wie das Eure verkürzen muß, was, wenn es geschehen und Ihr dann später einmal in Euch geht, Euch nur vergebliche Reue und Gewissens¬ bisse bereiten kann. Wollet alles dieses Wohl bedenken; ändert Euer Leben und betraget Euch wie ein anständiger und vernünftiger Mann, dann möget Ihr Euch Meiner Gnade Friedrich." und völligen Protektion versichert halten. gez. Der Staats minister Graf v. Podewils, der auf königlichen Befehl in der Angelegenheit sich mit dem Geheimen Rate von Cocceji besprach, vermochte den leidenschaftlich Verliebten nicht von der Barbarina loszureißen und berichtete über den Mißerfolg seiner Sendung an den König. Auch die in königlichem Auftrage durch den Kämmerer Fredersdorf auf die Barbarinn versuchte Einwirkung, sie möge ihren Verlobten freigeben, blieb erfolglos. Über sein Eiligreifen muß Friedrich an die Mutter Coccejis geschrieben haben, denn es liegt ein in mangelhaftem Französisch geschriebener, inhaltlich aber herrlicher Brief der alten Dame an den König vor. ' Er lautet folgendermaßen: „Sire! Wenn irgendetwas in der Welt imstande wäre, mich zu trösten, so ist es das gnädige Schreiben, rin dem Ew. Majestät mich beehrt haben. Ich würde nicht verfehlt haben, Ihnen schon viel eher meinen Dank auszudrücken, hätte nicht die Scham über die Antwort meines Sohnes an den Staatsminister Grafen v. Podewils, über welche derselbe, wie er niir sagt, bereits an Ew. Majestät berichtet hat, alle meine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/86>, abgerufen am 02.10.2024.