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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Zur Beachtung!
Wir bitten unsre verehrten Leser und
Mitarbeiter noch besonders daraus aufmerksam
machen zu dürfen, daß sich Schriftteitung und
Werlag der Hrenzöoten vom 1. Januar 1910
ab in Aiertin 8W. 11, AernVurgerstr. 22a/23,
befinden. Dorthin bitten wir alle Zuschriften
und Sendungen ausschließlich richten zu wollen.
Schriftleitung und Verlag
der Grenzboten.

praktischer Patriotismus

in Wettstreit der Kulturstaaten sowie in ihrer innerpolitischen
Entwicklung ist die Intelligenz zum Hauptfaktor erhoben. Mag
es auch etwas übertrieben sein, zu sagen, die Zukunft gehöre
der bestunterrtchteten Nation, so ist doch nicht zu leugnen, daß
durch die Verfeinerung der politischen Hilfsmittel die Volks¬
bildung zu einer Hauptaufgabe der Staatswohlfahrtspflege geworden ist. Die
meisten Kulturvölker sind in dieser Richtung während des 19. Jahrhunderts
zu einem bedeutsamen Abschluß gelangt. Sie haben den Gedanken durchgeführt,
daß das Volk durch organisierte Versammlungen gewählter Abgeordneter, durch
Parlamente, an der Gesetzgebung beteiligt sein solle. Die jedem Volke durch
seine Verfassung anvertraute staatsbürgerliche Arbeit als Wähler oder Abgeord¬
neter ist indessen keine Aufgabe, für die ein Volk durch den einfachen Ausspruch
des Gesetzes fähig wird, es sei politisch mündig, sondern erst durch die Bildung
von Charakter und Geist. Die damit verbundene Notwendigkeit der Volks¬
bildung beziehungsweise Volkserziehung steigert sich gleichlaufend mit dem
ungeheuren Wachstum aller Wissensgebiete, mit der Steigerung des Verkehrs
und der Zunahme der wirtschaftlichen Entwicklung wie des Kulturfortschritts.

Von diesem Gesichtspunkt aus ist in Deutschland und andern Staaten
mancherlei für Volksbildung getan worden. Es sei der Bibliotheksbewegung
gedacht, die schon in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Amerika
und in England großzügig einsetzte. Sie hat heute in England sechzehnhundert
öffentliche Volksbibliotheken mit einer Jahresausgabe von zusammen sechzehn
Millionen Mark ins Leben gerufen. Im Jahre 1849 entstand auf Antrag eines
William Ewart jenes Gesetz, das jede Stadt ermächtigt, Steuern von ihren Ein¬
wohnern zu Zwecken der Volksbildung durch Bibliotheken, Lesesäle usw. zu erheben.


Grenzboten I 1910 7


Zur Beachtung!
Wir bitten unsre verehrten Leser und
Mitarbeiter noch besonders daraus aufmerksam
machen zu dürfen, daß sich Schriftteitung und
Werlag der Hrenzöoten vom 1. Januar 1910
ab in Aiertin 8W. 11, AernVurgerstr. 22a/23,
befinden. Dorthin bitten wir alle Zuschriften
und Sendungen ausschließlich richten zu wollen.
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der Grenzboten.

praktischer Patriotismus

in Wettstreit der Kulturstaaten sowie in ihrer innerpolitischen
Entwicklung ist die Intelligenz zum Hauptfaktor erhoben. Mag
es auch etwas übertrieben sein, zu sagen, die Zukunft gehöre
der bestunterrtchteten Nation, so ist doch nicht zu leugnen, daß
durch die Verfeinerung der politischen Hilfsmittel die Volks¬
bildung zu einer Hauptaufgabe der Staatswohlfahrtspflege geworden ist. Die
meisten Kulturvölker sind in dieser Richtung während des 19. Jahrhunderts
zu einem bedeutsamen Abschluß gelangt. Sie haben den Gedanken durchgeführt,
daß das Volk durch organisierte Versammlungen gewählter Abgeordneter, durch
Parlamente, an der Gesetzgebung beteiligt sein solle. Die jedem Volke durch
seine Verfassung anvertraute staatsbürgerliche Arbeit als Wähler oder Abgeord¬
neter ist indessen keine Aufgabe, für die ein Volk durch den einfachen Ausspruch
des Gesetzes fähig wird, es sei politisch mündig, sondern erst durch die Bildung
von Charakter und Geist. Die damit verbundene Notwendigkeit der Volks¬
bildung beziehungsweise Volkserziehung steigert sich gleichlaufend mit dem
ungeheuren Wachstum aller Wissensgebiete, mit der Steigerung des Verkehrs
und der Zunahme der wirtschaftlichen Entwicklung wie des Kulturfortschritts.

Von diesem Gesichtspunkt aus ist in Deutschland und andern Staaten
mancherlei für Volksbildung getan worden. Es sei der Bibliotheksbewegung
gedacht, die schon in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Amerika
und in England großzügig einsetzte. Sie hat heute in England sechzehnhundert
öffentliche Volksbibliotheken mit einer Jahresausgabe von zusammen sechzehn
Millionen Mark ins Leben gerufen. Im Jahre 1849 entstand auf Antrag eines
William Ewart jenes Gesetz, das jede Stadt ermächtigt, Steuern von ihren Ein¬
wohnern zu Zwecken der Volksbildung durch Bibliotheken, Lesesäle usw. zu erheben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/61>, abgerufen am 22.12.2024.