Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
preußenbuch

zu nehmen*). Nach den mitgeteilten Proben muß jeder Leser gegen das ganze
Buch mißtrauisch werden, auch gegen die neuern und neuesten Gedichte, die der
Herausgeber aus den Originalausgaben entnommen zu haben vorgibt. Um ihm
aber nicht Unrecht zu tun: machen wir schnell noch eine Probe!


Wildenbruch.
Unser Fritz.
[Beginn Spaltensatz] die segnend(l) auf uns geblickt
ein langes, schreckliches Jahr
den Mund mit dem lieblichen (I) Lächeln
unsern Herrn und Helden, den
Fritz So wird er den Rückgang (I) finden
durch Schnee und Winter
bis ins bitterste (I) Todesleid
für ewige, ewige Zeit [Spaltenumbruch] die Segen auf uns geblickt
ein langes, ein schreckliches Jahr
den Mund mit dem lieben Lächeln
unsern Helden und Herrn, unsern
Fritz So wird er den Rückweg finden
durch Schnee und durch Winter
bis ins bittere Todesleid
für alle und ewige Zeit [Ende Spaltensatz]

Also auch hier dieselben törichten "Verschönerungen", dieselben Mißverständnisse
und Flüchtigkeiten.

Man kann dem Verleger nur raten, bei einem Neudruck, der sich ja trotz
der Schwächen des Buches über kurz oder lang nötig machen wird, das offenbar
etwas hastig zusammengelesene und zusammengedruckte "Preußenbuch" einer gründ¬
lichen Prüfung unterziehen zu lasse". Ju seiner vorliegenden Gestalt kann weder
die Verlagshandlung noch die "Freie Lehrervereinigung für Kunstpflege zu
Berlin", die es durch ihre Flagge deckt, besonders stolz darauf sein.





") Wunderlich ist es ihm mit Arndt gegangen. An Arndts Gedichten aus der Zeit der
Befreiungskriege ist von andern viel geändert, verschlechtert, oft auch ^unleugbar verbessert
worden. Als er aber 1854 als Neunzigjähriger eine "Vollständige Sammlung" seiner Gedichte
veranstaltete (erschienen 1860 bei Weidmann in Berlin), ging er soviel wie möglich auf die
ersten Drucke zurück, stellte die ursprünglichen Lesarten wieder her, und mit diesen sind sie
dann Wohl in die meisten Schullesebücher und so auch jetzt in das "Preußenbuch" über¬
gegangen. Mit dem "Vaterlandslied" aber hat der Herausgeber doch auffälliges Unglück
gehabt; das stammt aus recht schlechter Quelle.
preußenbuch

zu nehmen*). Nach den mitgeteilten Proben muß jeder Leser gegen das ganze
Buch mißtrauisch werden, auch gegen die neuern und neuesten Gedichte, die der
Herausgeber aus den Originalausgaben entnommen zu haben vorgibt. Um ihm
aber nicht Unrecht zu tun: machen wir schnell noch eine Probe!


Wildenbruch.
Unser Fritz.
[Beginn Spaltensatz] die segnend(l) auf uns geblickt
ein langes, schreckliches Jahr
den Mund mit dem lieblichen (I) Lächeln
unsern Herrn und Helden, den
Fritz So wird er den Rückgang (I) finden
durch Schnee und Winter
bis ins bitterste (I) Todesleid
für ewige, ewige Zeit [Spaltenumbruch] die Segen auf uns geblickt
ein langes, ein schreckliches Jahr
den Mund mit dem lieben Lächeln
unsern Helden und Herrn, unsern
Fritz So wird er den Rückweg finden
durch Schnee und durch Winter
bis ins bittere Todesleid
für alle und ewige Zeit [Ende Spaltensatz]

Also auch hier dieselben törichten „Verschönerungen", dieselben Mißverständnisse
und Flüchtigkeiten.

Man kann dem Verleger nur raten, bei einem Neudruck, der sich ja trotz
der Schwächen des Buches über kurz oder lang nötig machen wird, das offenbar
etwas hastig zusammengelesene und zusammengedruckte „Preußenbuch" einer gründ¬
lichen Prüfung unterziehen zu lasse«. Ju seiner vorliegenden Gestalt kann weder
die Verlagshandlung noch die „Freie Lehrervereinigung für Kunstpflege zu
Berlin", die es durch ihre Flagge deckt, besonders stolz darauf sein.





") Wunderlich ist es ihm mit Arndt gegangen. An Arndts Gedichten aus der Zeit der
Befreiungskriege ist von andern viel geändert, verschlechtert, oft auch ^unleugbar verbessert
worden. Als er aber 1854 als Neunzigjähriger eine „Vollständige Sammlung" seiner Gedichte
veranstaltete (erschienen 1860 bei Weidmann in Berlin), ging er soviel wie möglich auf die
ersten Drucke zurück, stellte die ursprünglichen Lesarten wieder her, und mit diesen sind sie
dann Wohl in die meisten Schullesebücher und so auch jetzt in das „Preußenbuch" über¬
gegangen. Mit dem „Vaterlandslied" aber hat der Herausgeber doch auffälliges Unglück
gehabt; das stammt aus recht schlechter Quelle.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0372" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315369"/>
          <fw type="header" place="top"> preußenbuch</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1579" prev="#ID_1578"> zu nehmen*). Nach den mitgeteilten Proben muß jeder Leser gegen das ganze<lb/>
Buch mißtrauisch werden, auch gegen die neuern und neuesten Gedichte, die der<lb/>
Herausgeber aus den Originalausgaben entnommen zu haben vorgibt. Um ihm<lb/>
aber nicht Unrecht zu tun: machen wir schnell noch eine Probe!</p><lb/>
          <note type="bibl"> Wildenbruch.</note><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_65" type="poem">
            <head> Unser Fritz.</head>
            <l><cb type="start"/>
die segnend(l) auf uns geblickt<lb/>
ein langes, schreckliches Jahr<lb/>
den Mund mit dem lieblichen (I) Lächeln<lb/>
unsern Herrn und Helden, den<lb/>
Fritz So wird er den Rückgang (I) finden<lb/>
durch Schnee und Winter<lb/>
bis ins bitterste (I) Todesleid<lb/>
für ewige, ewige Zeit <cb/>
die Segen auf uns geblickt<lb/>
ein langes, ein schreckliches Jahr<lb/>
den Mund mit dem lieben Lächeln<lb/>
unsern Helden und Herrn, unsern<lb/>
Fritz So wird er den Rückweg finden<lb/>
durch Schnee und durch Winter<lb/>
bis ins bittere Todesleid<lb/>
für alle und ewige Zeit <cb type="end"/>
</l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_1580"> Also auch hier dieselben törichten &#x201E;Verschönerungen", dieselben Mißverständnisse<lb/>
und Flüchtigkeiten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1581"> Man kann dem Verleger nur raten, bei einem Neudruck, der sich ja trotz<lb/>
der Schwächen des Buches über kurz oder lang nötig machen wird, das offenbar<lb/>
etwas hastig zusammengelesene und zusammengedruckte &#x201E;Preußenbuch" einer gründ¬<lb/>
lichen Prüfung unterziehen zu lasse«. Ju seiner vorliegenden Gestalt kann weder<lb/>
die Verlagshandlung noch die &#x201E;Freie Lehrervereinigung für Kunstpflege zu<lb/>
Berlin", die es durch ihre Flagge deckt, besonders stolz darauf sein.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_20" place="foot"> ") Wunderlich ist es ihm mit Arndt gegangen. An Arndts Gedichten aus der Zeit der<lb/>
Befreiungskriege ist von andern viel geändert, verschlechtert, oft auch ^unleugbar verbessert<lb/>
worden. Als er aber 1854 als Neunzigjähriger eine &#x201E;Vollständige Sammlung" seiner Gedichte<lb/>
veranstaltete (erschienen 1860 bei Weidmann in Berlin), ging er soviel wie möglich auf die<lb/>
ersten Drucke zurück, stellte die ursprünglichen Lesarten wieder her, und mit diesen sind sie<lb/>
dann Wohl in die meisten Schullesebücher und so auch jetzt in das &#x201E;Preußenbuch" über¬<lb/>
gegangen. Mit dem &#x201E;Vaterlandslied" aber hat der Herausgeber doch auffälliges Unglück<lb/>
gehabt; das stammt aus recht schlechter Quelle.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0372] preußenbuch zu nehmen*). Nach den mitgeteilten Proben muß jeder Leser gegen das ganze Buch mißtrauisch werden, auch gegen die neuern und neuesten Gedichte, die der Herausgeber aus den Originalausgaben entnommen zu haben vorgibt. Um ihm aber nicht Unrecht zu tun: machen wir schnell noch eine Probe! Wildenbruch. Unser Fritz. die segnend(l) auf uns geblickt ein langes, schreckliches Jahr den Mund mit dem lieblichen (I) Lächeln unsern Herrn und Helden, den Fritz So wird er den Rückgang (I) finden durch Schnee und Winter bis ins bitterste (I) Todesleid für ewige, ewige Zeit die Segen auf uns geblickt ein langes, ein schreckliches Jahr den Mund mit dem lieben Lächeln unsern Helden und Herrn, unsern Fritz So wird er den Rückweg finden durch Schnee und durch Winter bis ins bittere Todesleid für alle und ewige Zeit Also auch hier dieselben törichten „Verschönerungen", dieselben Mißverständnisse und Flüchtigkeiten. Man kann dem Verleger nur raten, bei einem Neudruck, der sich ja trotz der Schwächen des Buches über kurz oder lang nötig machen wird, das offenbar etwas hastig zusammengelesene und zusammengedruckte „Preußenbuch" einer gründ¬ lichen Prüfung unterziehen zu lasse«. Ju seiner vorliegenden Gestalt kann weder die Verlagshandlung noch die „Freie Lehrervereinigung für Kunstpflege zu Berlin", die es durch ihre Flagge deckt, besonders stolz darauf sein. ") Wunderlich ist es ihm mit Arndt gegangen. An Arndts Gedichten aus der Zeit der Befreiungskriege ist von andern viel geändert, verschlechtert, oft auch ^unleugbar verbessert worden. Als er aber 1854 als Neunzigjähriger eine „Vollständige Sammlung" seiner Gedichte veranstaltete (erschienen 1860 bei Weidmann in Berlin), ging er soviel wie möglich auf die ersten Drucke zurück, stellte die ursprünglichen Lesarten wieder her, und mit diesen sind sie dann Wohl in die meisten Schullesebücher und so auch jetzt in das „Preußenbuch" über¬ gegangen. Mit dem „Vaterlandslied" aber hat der Herausgeber doch auffälliges Unglück gehabt; das stammt aus recht schlechter Quelle.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/372
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/372>, abgerufen am 22.12.2024.