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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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unten mitten unter die Kolumne zu setzen. Auch dieser Neuerung, die
die meisten Leser doch nur stört und ärgert, hat sich der Herausgeber an¬
geschlossen. In einem Schulbuche! Als ob an solchen Dingen das Heil der
Schule hinge.

Ich würde darüber kein Wort verlieren, wenn nur sonst in dem Druck des
Buches alles in Ordnung wäre. Aber wie steht es damit! Das Buch wimmelt
förmlich von Druckfehlern, und zwar nicht bloß Buchstabenfehlem, wie S. 84
befohlen (statt befohlen), sondern auch sinnentstellenden Fehlern, wie sie in
einem für die Schule bestimmten Buche nicht vorkommen sollten, und die, wenn
sie der Herausgeber aus Mangel an Übung nicht selbst bemerkt hat, doch ein
einigermaßen aufmerksamer Korrektor hätte bemerken müssen, wie S. 14 ihr
spracht (statt ihr sprecht), S. 22 So nehmt nur (statt So nehmt nun).
S. 65 unter (!) (statt und), S. 99 nachdem (statt nach dem). S. 101
sind euch (statt sind sie euch), S. 110 die List und Kunst (statt dir List
und Kunst), S. 203 die Wunde (statt die wunde, nämlich Trompete!). S. 251
bis das Gedulden (statt bis daß Gedulden) usw.

Zu den Druckfehlern kommt eine sehr schlechte Orthographie und Inter¬
punktion. Die ursprüngliche Interpunktion der Gedichte ist an unzähligen Stellen
unnötigerweise verändert. Ich will keineswegs behaupten, daß die Original¬
ausgaben in dieser Beziehung immer mustergültig und nirgends verbesserungs¬
fähig wären. Der Herausgeber aber hat sie in den meisten Fällen tatsächlich
verschlechtert, wofür ich viele Beispiele anführen könnte, bisweilen in sinn¬
entstellender Weise verschlechtert, wie S. 116 leuchtest nur zum frühen Tod!
(o dieses Ausrufezeichen!), S. 168 in den bekränzten, deutschen Wein (o dieses
Komma!). Mechanisch verbannt er alle Apostrophe, am Ende wie in der Mitte
der Wörter, auch da, wo ohne Apostroph bei einem Hauptwort die Mehrzahl
nicht von der Einzahl zu unterscheiden ist, wie S. 108 die legten Erzring an
(statt Erzring'), oder wo bei einem Zeitwort das Präteritum nicht vom
Präsens zu unterscheiden ist, wie S. 8 Es regnet, schneite und war kalt
(statt es regnet'), S. 16 Der Sturm fuhr über die Wipfel fort und schüttelt
den Schnee (statt schüttelt'), S. 125 daß er ruht in Gott, nicht sah (statt
ruht'). Er trennt Komposita, wo die Originale richtig die Zusammensetzung
haben, wie S. 129 herüber dringet (statt herüberdringet), S. 163 aus¬
einander faltest (statt auseinanderfaltest), und bildet eine Zusammensetzung,
wo das Original die richtige Trennung hat. wie S. 159 Vieltausend (statt
Viel tausend), und entstellt auch hier wieder durch falsche Zusammensetzung
oder Trennung den Sinn, wie S. 111 in Feindesherzen (statt in Feindes
Herzen), S. 119 durch Feindeslist und Spott (statt durch Feindes List und
Spott), S. 159 es klingt wie Adlersrauschen (statt wie Adlers Rauschen)
und S. 154 er ist von Feuers Glut (statt von Feuersglut). Diese Verwirrung
ist die Folge der Binde-s-Krankheit, die jetzt wieder ärger denn je in unsrer
Sprache ihr Wesen treibt. Aber wer als Lehrer eine solche Gedichtsammlung


preußenbuch

unten mitten unter die Kolumne zu setzen. Auch dieser Neuerung, die
die meisten Leser doch nur stört und ärgert, hat sich der Herausgeber an¬
geschlossen. In einem Schulbuche! Als ob an solchen Dingen das Heil der
Schule hinge.

Ich würde darüber kein Wort verlieren, wenn nur sonst in dem Druck des
Buches alles in Ordnung wäre. Aber wie steht es damit! Das Buch wimmelt
förmlich von Druckfehlern, und zwar nicht bloß Buchstabenfehlem, wie S. 84
befohlen (statt befohlen), sondern auch sinnentstellenden Fehlern, wie sie in
einem für die Schule bestimmten Buche nicht vorkommen sollten, und die, wenn
sie der Herausgeber aus Mangel an Übung nicht selbst bemerkt hat, doch ein
einigermaßen aufmerksamer Korrektor hätte bemerken müssen, wie S. 14 ihr
spracht (statt ihr sprecht), S. 22 So nehmt nur (statt So nehmt nun).
S. 65 unter (!) (statt und), S. 99 nachdem (statt nach dem). S. 101
sind euch (statt sind sie euch), S. 110 die List und Kunst (statt dir List
und Kunst), S. 203 die Wunde (statt die wunde, nämlich Trompete!). S. 251
bis das Gedulden (statt bis daß Gedulden) usw.

Zu den Druckfehlern kommt eine sehr schlechte Orthographie und Inter¬
punktion. Die ursprüngliche Interpunktion der Gedichte ist an unzähligen Stellen
unnötigerweise verändert. Ich will keineswegs behaupten, daß die Original¬
ausgaben in dieser Beziehung immer mustergültig und nirgends verbesserungs¬
fähig wären. Der Herausgeber aber hat sie in den meisten Fällen tatsächlich
verschlechtert, wofür ich viele Beispiele anführen könnte, bisweilen in sinn¬
entstellender Weise verschlechtert, wie S. 116 leuchtest nur zum frühen Tod!
(o dieses Ausrufezeichen!), S. 168 in den bekränzten, deutschen Wein (o dieses
Komma!). Mechanisch verbannt er alle Apostrophe, am Ende wie in der Mitte
der Wörter, auch da, wo ohne Apostroph bei einem Hauptwort die Mehrzahl
nicht von der Einzahl zu unterscheiden ist, wie S. 108 die legten Erzring an
(statt Erzring'), oder wo bei einem Zeitwort das Präteritum nicht vom
Präsens zu unterscheiden ist, wie S. 8 Es regnet, schneite und war kalt
(statt es regnet'), S. 16 Der Sturm fuhr über die Wipfel fort und schüttelt
den Schnee (statt schüttelt'), S. 125 daß er ruht in Gott, nicht sah (statt
ruht'). Er trennt Komposita, wo die Originale richtig die Zusammensetzung
haben, wie S. 129 herüber dringet (statt herüberdringet), S. 163 aus¬
einander faltest (statt auseinanderfaltest), und bildet eine Zusammensetzung,
wo das Original die richtige Trennung hat. wie S. 159 Vieltausend (statt
Viel tausend), und entstellt auch hier wieder durch falsche Zusammensetzung
oder Trennung den Sinn, wie S. 111 in Feindesherzen (statt in Feindes
Herzen), S. 119 durch Feindeslist und Spott (statt durch Feindes List und
Spott), S. 159 es klingt wie Adlersrauschen (statt wie Adlers Rauschen)
und S. 154 er ist von Feuers Glut (statt von Feuersglut). Diese Verwirrung
ist die Folge der Binde-s-Krankheit, die jetzt wieder ärger denn je in unsrer
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[0369] preußenbuch unten mitten unter die Kolumne zu setzen. Auch dieser Neuerung, die die meisten Leser doch nur stört und ärgert, hat sich der Herausgeber an¬ geschlossen. In einem Schulbuche! Als ob an solchen Dingen das Heil der Schule hinge. Ich würde darüber kein Wort verlieren, wenn nur sonst in dem Druck des Buches alles in Ordnung wäre. Aber wie steht es damit! Das Buch wimmelt förmlich von Druckfehlern, und zwar nicht bloß Buchstabenfehlem, wie S. 84 befohlen (statt befohlen), sondern auch sinnentstellenden Fehlern, wie sie in einem für die Schule bestimmten Buche nicht vorkommen sollten, und die, wenn sie der Herausgeber aus Mangel an Übung nicht selbst bemerkt hat, doch ein einigermaßen aufmerksamer Korrektor hätte bemerken müssen, wie S. 14 ihr spracht (statt ihr sprecht), S. 22 So nehmt nur (statt So nehmt nun). S. 65 unter (!) (statt und), S. 99 nachdem (statt nach dem). S. 101 sind euch (statt sind sie euch), S. 110 die List und Kunst (statt dir List und Kunst), S. 203 die Wunde (statt die wunde, nämlich Trompete!). S. 251 bis das Gedulden (statt bis daß Gedulden) usw. Zu den Druckfehlern kommt eine sehr schlechte Orthographie und Inter¬ punktion. Die ursprüngliche Interpunktion der Gedichte ist an unzähligen Stellen unnötigerweise verändert. Ich will keineswegs behaupten, daß die Original¬ ausgaben in dieser Beziehung immer mustergültig und nirgends verbesserungs¬ fähig wären. Der Herausgeber aber hat sie in den meisten Fällen tatsächlich verschlechtert, wofür ich viele Beispiele anführen könnte, bisweilen in sinn¬ entstellender Weise verschlechtert, wie S. 116 leuchtest nur zum frühen Tod! (o dieses Ausrufezeichen!), S. 168 in den bekränzten, deutschen Wein (o dieses Komma!). Mechanisch verbannt er alle Apostrophe, am Ende wie in der Mitte der Wörter, auch da, wo ohne Apostroph bei einem Hauptwort die Mehrzahl nicht von der Einzahl zu unterscheiden ist, wie S. 108 die legten Erzring an (statt Erzring'), oder wo bei einem Zeitwort das Präteritum nicht vom Präsens zu unterscheiden ist, wie S. 8 Es regnet, schneite und war kalt (statt es regnet'), S. 16 Der Sturm fuhr über die Wipfel fort und schüttelt den Schnee (statt schüttelt'), S. 125 daß er ruht in Gott, nicht sah (statt ruht'). Er trennt Komposita, wo die Originale richtig die Zusammensetzung haben, wie S. 129 herüber dringet (statt herüberdringet), S. 163 aus¬ einander faltest (statt auseinanderfaltest), und bildet eine Zusammensetzung, wo das Original die richtige Trennung hat. wie S. 159 Vieltausend (statt Viel tausend), und entstellt auch hier wieder durch falsche Zusammensetzung oder Trennung den Sinn, wie S. 111 in Feindesherzen (statt in Feindes Herzen), S. 119 durch Feindeslist und Spott (statt durch Feindes List und Spott), S. 159 es klingt wie Adlersrauschen (statt wie Adlers Rauschen) und S. 154 er ist von Feuers Glut (statt von Feuersglut). Diese Verwirrung ist die Folge der Binde-s-Krankheit, die jetzt wieder ärger denn je in unsrer Sprache ihr Wesen treibt. Aber wer als Lehrer eine solche Gedichtsammlung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/369>, abgerufen am 24.07.2024.