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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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prächtiges "Lied vom Stein" -- hätte das nicht Aufnahme verdient? Auch sonst
fehlt es nicht an Gedichten auf den großen Staatsmann. Als im Herbst 1808
infolge eines Briefes von ihm, der von französischen Spionen aufgefangen und
im Pariser "Moniteur" abgedruckt worden war, zum zweiten Male seine Ent¬
lassung drohte, veröffentlichte der junge Königsberger Professor Süveru, der
spätere Reformator des preußischen Unterrichtswesens, ohne Nennung seines
Namens in der "Königsberger Zeitung" (27. Oktober und 3. November) zwei
Gedichte, die den König warnen und Stein zum Ausharren bewegen sollten.
Beide sind bei Pertz in dem "Leben Steins" abgedruckt (2. Aufl., Bd. 2.
S. 274). Da sie trotzdem fast unbekannt find, will ich sie hier mitteilen. Aus
dem ersten ist später die bekannte Unterschrift unter Bildnissen Steins
entstanden: "Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edel¬
stein" oder: "Des Rechtes Grundstein, des Unrechtes Eckstein, des deutschen
Volkes Edelstein").

An den, dein es gilt!
Fest, Edler, steh l ein Fels, an dem in grausen Wettern
Des Sturmes Grimm verlobt, der Wagen Drang sich bricht.
Empörtes Element Umschlag' ihn rings; zerschmettern,
Verrücken mag es ihn, den Nrgrcmitstein, nicht!
Bleib unser Hart! geführt bon dir, mit dir verbündet,
Hofft noch der Biedermann, hegt unberzagten Mut.
Und unerschüttert steht, unwandelbar gegründet
Der Bau, der fest auf dir, dem starken Grundstein, ruht!
Wer dich besitzt, ist reich, ist sicher in Gefahren;
Ein Schatz bon Geist und Kraft, vereint in dir, ist sein.
O mög' er sorgsam dich dem Volk zum Heil bewahren,
Dich, seines Diadems kostbarsten Edelstein!
Volkslied.
Wie glücklich, König, ist ein Volk,
Wo den gerechten Thron
Mit Weisen Rat ein Freund beschützt,
Der sich nicht, nein, dem Lande nützt,
Und feige Schranzen flohn! Den besten König gabst du uns,
So flehten lange wir;
Nun gib ihm auch den rechten Mann,
Der ihm das Beste raten kann,
Das Beste, Gott, bon dir! Und scheinst du gleich auf uns erzürnt,
Du hast ihn doch berliehn;
Und mit ihn, tum in unsre Brust
Für Heer und Herrscher neue Lust
Und Mut und Stolz auf ihn. Schon sanken dick der Fesseln ja
Von starker Hand gesprengt,
Womit so Macht als Trug und Wahn,
Die nicht aufs Heil des Ganzen sah",
selbstsüchtig uns gezwängt.

prenßenbuch

prächtiges „Lied vom Stein" — hätte das nicht Aufnahme verdient? Auch sonst
fehlt es nicht an Gedichten auf den großen Staatsmann. Als im Herbst 1808
infolge eines Briefes von ihm, der von französischen Spionen aufgefangen und
im Pariser „Moniteur" abgedruckt worden war, zum zweiten Male seine Ent¬
lassung drohte, veröffentlichte der junge Königsberger Professor Süveru, der
spätere Reformator des preußischen Unterrichtswesens, ohne Nennung seines
Namens in der „Königsberger Zeitung" (27. Oktober und 3. November) zwei
Gedichte, die den König warnen und Stein zum Ausharren bewegen sollten.
Beide sind bei Pertz in dem „Leben Steins" abgedruckt (2. Aufl., Bd. 2.
S. 274). Da sie trotzdem fast unbekannt find, will ich sie hier mitteilen. Aus
dem ersten ist später die bekannte Unterschrift unter Bildnissen Steins
entstanden: „Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edel¬
stein" oder: „Des Rechtes Grundstein, des Unrechtes Eckstein, des deutschen
Volkes Edelstein").

An den, dein es gilt!
Fest, Edler, steh l ein Fels, an dem in grausen Wettern
Des Sturmes Grimm verlobt, der Wagen Drang sich bricht.
Empörtes Element Umschlag' ihn rings; zerschmettern,
Verrücken mag es ihn, den Nrgrcmitstein, nicht!
Bleib unser Hart! geführt bon dir, mit dir verbündet,
Hofft noch der Biedermann, hegt unberzagten Mut.
Und unerschüttert steht, unwandelbar gegründet
Der Bau, der fest auf dir, dem starken Grundstein, ruht!
Wer dich besitzt, ist reich, ist sicher in Gefahren;
Ein Schatz bon Geist und Kraft, vereint in dir, ist sein.
O mög' er sorgsam dich dem Volk zum Heil bewahren,
Dich, seines Diadems kostbarsten Edelstein!
Volkslied.
Wie glücklich, König, ist ein Volk,
Wo den gerechten Thron
Mit Weisen Rat ein Freund beschützt,
Der sich nicht, nein, dem Lande nützt,
Und feige Schranzen flohn! Den besten König gabst du uns,
So flehten lange wir;
Nun gib ihm auch den rechten Mann,
Der ihm das Beste raten kann,
Das Beste, Gott, bon dir! Und scheinst du gleich auf uns erzürnt,
Du hast ihn doch berliehn;
Und mit ihn, tum in unsre Brust
Für Heer und Herrscher neue Lust
Und Mut und Stolz auf ihn. Schon sanken dick der Fesseln ja
Von starker Hand gesprengt,
Womit so Macht als Trug und Wahn,
Die nicht aufs Heil des Ganzen sah»,
selbstsüchtig uns gezwängt.

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[0366] prenßenbuch prächtiges „Lied vom Stein" — hätte das nicht Aufnahme verdient? Auch sonst fehlt es nicht an Gedichten auf den großen Staatsmann. Als im Herbst 1808 infolge eines Briefes von ihm, der von französischen Spionen aufgefangen und im Pariser „Moniteur" abgedruckt worden war, zum zweiten Male seine Ent¬ lassung drohte, veröffentlichte der junge Königsberger Professor Süveru, der spätere Reformator des preußischen Unterrichtswesens, ohne Nennung seines Namens in der „Königsberger Zeitung" (27. Oktober und 3. November) zwei Gedichte, die den König warnen und Stein zum Ausharren bewegen sollten. Beide sind bei Pertz in dem „Leben Steins" abgedruckt (2. Aufl., Bd. 2. S. 274). Da sie trotzdem fast unbekannt find, will ich sie hier mitteilen. Aus dem ersten ist später die bekannte Unterschrift unter Bildnissen Steins entstanden: „Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edel¬ stein" oder: „Des Rechtes Grundstein, des Unrechtes Eckstein, des deutschen Volkes Edelstein"). An den, dein es gilt! Fest, Edler, steh l ein Fels, an dem in grausen Wettern Des Sturmes Grimm verlobt, der Wagen Drang sich bricht. Empörtes Element Umschlag' ihn rings; zerschmettern, Verrücken mag es ihn, den Nrgrcmitstein, nicht! Bleib unser Hart! geführt bon dir, mit dir verbündet, Hofft noch der Biedermann, hegt unberzagten Mut. Und unerschüttert steht, unwandelbar gegründet Der Bau, der fest auf dir, dem starken Grundstein, ruht! Wer dich besitzt, ist reich, ist sicher in Gefahren; Ein Schatz bon Geist und Kraft, vereint in dir, ist sein. O mög' er sorgsam dich dem Volk zum Heil bewahren, Dich, seines Diadems kostbarsten Edelstein! Volkslied. Wie glücklich, König, ist ein Volk, Wo den gerechten Thron Mit Weisen Rat ein Freund beschützt, Der sich nicht, nein, dem Lande nützt, Und feige Schranzen flohn! Den besten König gabst du uns, So flehten lange wir; Nun gib ihm auch den rechten Mann, Der ihm das Beste raten kann, Das Beste, Gott, bon dir! Und scheinst du gleich auf uns erzürnt, Du hast ihn doch berliehn; Und mit ihn, tum in unsre Brust Für Heer und Herrscher neue Lust Und Mut und Stolz auf ihn. Schon sanken dick der Fesseln ja Von starker Hand gesprengt, Womit so Macht als Trug und Wahn, Die nicht aufs Heil des Ganzen sah», selbstsüchtig uns gezwängt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/366>, abgerufen am 24.07.2024.