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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Georg Freiherr von Hertling

aus der Hand nehmen ließ. Jene Lehrergesetzgebung war das Ergebnis eines
Wettlaufs aller Parteien um das Wohlwollen dieser einflußreichen Urwähler --
Hand aufs Herz, meine Herren! ---. Hätte die Schulverwaltung die Führung
gehabt, dann hätte es ihr also ein leichtes fein müssen, unter Ausnutzung dieser
günstigen parlamentarischen Lage schon vor einem Menschenalter mindestens ein
Schulunterhaltungsgesetz durchzudrücken, das, wie jeder zugeben wird, der nur
einmal in die praktische Schulverwaltung hineingesehen hat, unbedingt der Aus¬
gang jeder Neuordnung der Schulgesetzgebung hätte sein müssen. Von diesen?
Standpunkt aus kann ich also in das Lob, das Lotz dieser Lehrergesetzgebung
spendet, nicht einstimmen.




Georg Freiherr von Hertling
von Bernhard Münz,

er lange, denkwürdige Kampf gegen den naturwissenschaftlichen
Materialismus ist so gut wie beendet. Dieser ist in seine
Grenzen, auf sein eigenes Gebiet zurückgeworfen worden. Hier
kann und soll er unbehelligt weiter arbeiten. Die Naturwissen¬
schaft hat der mechanischen Erklärung in der Vergangenheit
die fruchtbarsten Einblicke zu verdanken, neue, wichtige Entdeckungen werden in
Zukunft mit ihrer Hilfe möglich werden. Mehr und mehr werden wir durch
sie das Zustandekommen und den Zusammenhang der vielgestaltigen Natur¬
ereignisse verstehen lernen und die verwickeltsten Formen aus dem Zusammen¬
treffen einfacher Gesetze begreifen. Die Frage nach dem letzten Grunde alles
Seins entzieht sich jedoch ihrer Beantwortung.

An dem Kampfe hat Freiherr von Hertling lebhaften Anteil genommen
In der Schrift "Über die Grenzen der mechanischen Naturerklärung" (Bonn
1876), die sich mit du Bois-Remnonds vielbesprochener Rede über die Grenzen
des Naturerkennens mehrfach berührt, hat er sein Scherflein zum Durchbruche
der Erkenntnis beigetragen, daß über der Natur eine Weberin walte, die
gleichsam in die festen, fundamentalen Längsader der allgemeinen notwendigen
Gesetze die Querfäden einschlägt, um das unendlich mannigfaltige Weltgewebe
zu spinnen. Er beschränkt sich indes nicht darauf, die Unmöglichkeit des
Materialismus darzutun, sondern hält es sür unumgänglich notwendig, einen
raschen Blick auf die Fragen der Erkenntnistheorie zu werfen, um gegenüber
den Einwürfen des Empirismus und des kritischen Idealismus, welchem letzteren
er den kritischen Realismus entgegenstellt, nachzuweisen, daß der vielgeschmähten


Georg Freiherr von Hertling

aus der Hand nehmen ließ. Jene Lehrergesetzgebung war das Ergebnis eines
Wettlaufs aller Parteien um das Wohlwollen dieser einflußreichen Urwähler —
Hand aufs Herz, meine Herren! -—. Hätte die Schulverwaltung die Führung
gehabt, dann hätte es ihr also ein leichtes fein müssen, unter Ausnutzung dieser
günstigen parlamentarischen Lage schon vor einem Menschenalter mindestens ein
Schulunterhaltungsgesetz durchzudrücken, das, wie jeder zugeben wird, der nur
einmal in die praktische Schulverwaltung hineingesehen hat, unbedingt der Aus¬
gang jeder Neuordnung der Schulgesetzgebung hätte sein müssen. Von diesen?
Standpunkt aus kann ich also in das Lob, das Lotz dieser Lehrergesetzgebung
spendet, nicht einstimmen.




Georg Freiherr von Hertling
von Bernhard Münz,

er lange, denkwürdige Kampf gegen den naturwissenschaftlichen
Materialismus ist so gut wie beendet. Dieser ist in seine
Grenzen, auf sein eigenes Gebiet zurückgeworfen worden. Hier
kann und soll er unbehelligt weiter arbeiten. Die Naturwissen¬
schaft hat der mechanischen Erklärung in der Vergangenheit
die fruchtbarsten Einblicke zu verdanken, neue, wichtige Entdeckungen werden in
Zukunft mit ihrer Hilfe möglich werden. Mehr und mehr werden wir durch
sie das Zustandekommen und den Zusammenhang der vielgestaltigen Natur¬
ereignisse verstehen lernen und die verwickeltsten Formen aus dem Zusammen¬
treffen einfacher Gesetze begreifen. Die Frage nach dem letzten Grunde alles
Seins entzieht sich jedoch ihrer Beantwortung.

An dem Kampfe hat Freiherr von Hertling lebhaften Anteil genommen
In der Schrift „Über die Grenzen der mechanischen Naturerklärung" (Bonn
1876), die sich mit du Bois-Remnonds vielbesprochener Rede über die Grenzen
des Naturerkennens mehrfach berührt, hat er sein Scherflein zum Durchbruche
der Erkenntnis beigetragen, daß über der Natur eine Weberin walte, die
gleichsam in die festen, fundamentalen Längsader der allgemeinen notwendigen
Gesetze die Querfäden einschlägt, um das unendlich mannigfaltige Weltgewebe
zu spinnen. Er beschränkt sich indes nicht darauf, die Unmöglichkeit des
Materialismus darzutun, sondern hält es sür unumgänglich notwendig, einen
raschen Blick auf die Fragen der Erkenntnistheorie zu werfen, um gegenüber
den Einwürfen des Empirismus und des kritischen Idealismus, welchem letzteren
er den kritischen Realismus entgegenstellt, nachzuweisen, daß der vielgeschmähten


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[0316] Georg Freiherr von Hertling aus der Hand nehmen ließ. Jene Lehrergesetzgebung war das Ergebnis eines Wettlaufs aller Parteien um das Wohlwollen dieser einflußreichen Urwähler — Hand aufs Herz, meine Herren! -—. Hätte die Schulverwaltung die Führung gehabt, dann hätte es ihr also ein leichtes fein müssen, unter Ausnutzung dieser günstigen parlamentarischen Lage schon vor einem Menschenalter mindestens ein Schulunterhaltungsgesetz durchzudrücken, das, wie jeder zugeben wird, der nur einmal in die praktische Schulverwaltung hineingesehen hat, unbedingt der Aus¬ gang jeder Neuordnung der Schulgesetzgebung hätte sein müssen. Von diesen? Standpunkt aus kann ich also in das Lob, das Lotz dieser Lehrergesetzgebung spendet, nicht einstimmen. Georg Freiherr von Hertling von Bernhard Münz, er lange, denkwürdige Kampf gegen den naturwissenschaftlichen Materialismus ist so gut wie beendet. Dieser ist in seine Grenzen, auf sein eigenes Gebiet zurückgeworfen worden. Hier kann und soll er unbehelligt weiter arbeiten. Die Naturwissen¬ schaft hat der mechanischen Erklärung in der Vergangenheit die fruchtbarsten Einblicke zu verdanken, neue, wichtige Entdeckungen werden in Zukunft mit ihrer Hilfe möglich werden. Mehr und mehr werden wir durch sie das Zustandekommen und den Zusammenhang der vielgestaltigen Natur¬ ereignisse verstehen lernen und die verwickeltsten Formen aus dem Zusammen¬ treffen einfacher Gesetze begreifen. Die Frage nach dem letzten Grunde alles Seins entzieht sich jedoch ihrer Beantwortung. An dem Kampfe hat Freiherr von Hertling lebhaften Anteil genommen In der Schrift „Über die Grenzen der mechanischen Naturerklärung" (Bonn 1876), die sich mit du Bois-Remnonds vielbesprochener Rede über die Grenzen des Naturerkennens mehrfach berührt, hat er sein Scherflein zum Durchbruche der Erkenntnis beigetragen, daß über der Natur eine Weberin walte, die gleichsam in die festen, fundamentalen Längsader der allgemeinen notwendigen Gesetze die Querfäden einschlägt, um das unendlich mannigfaltige Weltgewebe zu spinnen. Er beschränkt sich indes nicht darauf, die Unmöglichkeit des Materialismus darzutun, sondern hält es sür unumgänglich notwendig, einen raschen Blick auf die Fragen der Erkenntnistheorie zu werfen, um gegenüber den Einwürfen des Empirismus und des kritischen Idealismus, welchem letzteren er den kritischen Realismus entgegenstellt, nachzuweisen, daß der vielgeschmähten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/316>, abgerufen am 21.12.2024.