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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Tod des Rcnnwndo Grsini

reiche Schändlichkeiten von ihm wurden ruchbar, und dies kam schließlich dein
Papst Gregor XIII. zu Ohren.

Seine Heiligkeit ließ den Gouverneur von Rom rufen und befragte ihn, wie
das zuginge, worauf ihm das Obige kundgetan ward. Der Papst gab strengen
Befehl, den Missetäter einzukerkern, und drückte sein Befremden aus, daß die Justiz
so saumselig sei, während er von seinen Untertanen nichts als Klagen vernähme.

Als der Gouverneur den Segen des Papstes empfangen, verließ er ihn
und beschied den Bargello zu sich. Diesem gebot er durch Späher festzustellen,
wo der Rebell sich versteckt hielte, und ihn ans ausdrücklichen Befehl Seiner
Heiligkeit zu verhaften. In den folgenden Nächten ward man seiner nicht
habhaft; vielleicht hatte er gewittert, daß man ihm auf der Spur war; viel¬
leicht auch sagte es ihm eine Ahnung. Doch schließlich ermittelte der Bargello,
daß er sich im Palast Orsini versteckt hielt und diese Freistätte nicht verließ.
Nachdem er festgestellt hatte, daß niemand im Palast anwesend war, nahm er
eine Anzahl seiner Leute, sprach ihnen Mut zu und drang in den Palast, um
den Befehl seiner Oberen zu vollstrecken. Und in der Tat glückte diese Über¬
rumpelung aufs beste, da die Sbirren vom Hof aus durch ein geheimes
Pförtchen eindrangen und den Banditen schlafend und waffenlos fanden. So
geschehen am 26. April 1583.

Er wurde in Ketten gelegt und nach dem Kerker abgeführt. Der Zufall
fügte es, daß gerade Herr Raimund Orsini in Begleitung von Silla Scwelli
und Ottavio Nusticucci mit zwei oder drei anderen Gefährten und den: üblichen
Gefolge vom Land in die Stadt geritten kam. Er hatte bereits von dem
Vorfall Meldung erhalten, und als er den Bargello erblickte, schrie er ihn an,
wie er dazu käme, ohne seine Genehmigung in seinen Palast zu dringen und
sein Hausrecht zu verletzen. Er solle den Gefangenen auf der Stelle freigeben
Der Bargello erwiderte, er handle auf höheren Befehl und das genüge ihm.
Umsonst wiederholte Orsini mehrmals seine Aufforderung; und auch seine
Begleiter stellten dem Bargello vergebens vor, es sei ihre Sache, den Banditen
gegen solche Befehle in Schutz zu nehmen. Schließlich riß den: Nusticucci die
Geduld und er versetzte dem Bargello mit der Reitpeitsche einen wütenden
Schlag ins Gesicht. Ergrimmt rief dieser seinen Leuten zu: "Was wartet ihr
denn, Feiglinge, bis ihr alle ermordet seid!"

Kaum hatte er dies gesagt, so schlugen die Sbirren ihre Karabiner an,
^fen "Zurück da!" und gaben Feuer. Mehrere wurden verwundet und
retteten sich, da sie ohne Waffen waren, zwischen die Beine ihrer Pferde.

Nun entspann sich ein Straßenkampf mit heftigem Schießen; Orsini und
Scwelli wurden verwundet und der arme Nusticucci fiel. Vom Pferde herab¬
hängeich, wurde er noch ein Stück geschleift. Die beiden anderen Verwundeten
wurden in Sänften nach ihren Häusern geschafft und verbunden; doch umsonst,
denn trotz sorgsamster Pflege starben sie am folgenden Tage zum großen Leid¬
wesen ihrer Familien.


Tod des Rcnnwndo Grsini

reiche Schändlichkeiten von ihm wurden ruchbar, und dies kam schließlich dein
Papst Gregor XIII. zu Ohren.

Seine Heiligkeit ließ den Gouverneur von Rom rufen und befragte ihn, wie
das zuginge, worauf ihm das Obige kundgetan ward. Der Papst gab strengen
Befehl, den Missetäter einzukerkern, und drückte sein Befremden aus, daß die Justiz
so saumselig sei, während er von seinen Untertanen nichts als Klagen vernähme.

Als der Gouverneur den Segen des Papstes empfangen, verließ er ihn
und beschied den Bargello zu sich. Diesem gebot er durch Späher festzustellen,
wo der Rebell sich versteckt hielte, und ihn ans ausdrücklichen Befehl Seiner
Heiligkeit zu verhaften. In den folgenden Nächten ward man seiner nicht
habhaft; vielleicht hatte er gewittert, daß man ihm auf der Spur war; viel¬
leicht auch sagte es ihm eine Ahnung. Doch schließlich ermittelte der Bargello,
daß er sich im Palast Orsini versteckt hielt und diese Freistätte nicht verließ.
Nachdem er festgestellt hatte, daß niemand im Palast anwesend war, nahm er
eine Anzahl seiner Leute, sprach ihnen Mut zu und drang in den Palast, um
den Befehl seiner Oberen zu vollstrecken. Und in der Tat glückte diese Über¬
rumpelung aufs beste, da die Sbirren vom Hof aus durch ein geheimes
Pförtchen eindrangen und den Banditen schlafend und waffenlos fanden. So
geschehen am 26. April 1583.

Er wurde in Ketten gelegt und nach dem Kerker abgeführt. Der Zufall
fügte es, daß gerade Herr Raimund Orsini in Begleitung von Silla Scwelli
und Ottavio Nusticucci mit zwei oder drei anderen Gefährten und den: üblichen
Gefolge vom Land in die Stadt geritten kam. Er hatte bereits von dem
Vorfall Meldung erhalten, und als er den Bargello erblickte, schrie er ihn an,
wie er dazu käme, ohne seine Genehmigung in seinen Palast zu dringen und
sein Hausrecht zu verletzen. Er solle den Gefangenen auf der Stelle freigeben
Der Bargello erwiderte, er handle auf höheren Befehl und das genüge ihm.
Umsonst wiederholte Orsini mehrmals seine Aufforderung; und auch seine
Begleiter stellten dem Bargello vergebens vor, es sei ihre Sache, den Banditen
gegen solche Befehle in Schutz zu nehmen. Schließlich riß den: Nusticucci die
Geduld und er versetzte dem Bargello mit der Reitpeitsche einen wütenden
Schlag ins Gesicht. Ergrimmt rief dieser seinen Leuten zu: „Was wartet ihr
denn, Feiglinge, bis ihr alle ermordet seid!"

Kaum hatte er dies gesagt, so schlugen die Sbirren ihre Karabiner an,
^fen „Zurück da!" und gaben Feuer. Mehrere wurden verwundet und
retteten sich, da sie ohne Waffen waren, zwischen die Beine ihrer Pferde.

Nun entspann sich ein Straßenkampf mit heftigem Schießen; Orsini und
Scwelli wurden verwundet und der arme Nusticucci fiel. Vom Pferde herab¬
hängeich, wurde er noch ein Stück geschleift. Die beiden anderen Verwundeten
wurden in Sänften nach ihren Häusern geschafft und verbunden; doch umsonst,
denn trotz sorgsamster Pflege starben sie am folgenden Tage zum großen Leid¬
wesen ihrer Familien.


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[0271] Tod des Rcnnwndo Grsini reiche Schändlichkeiten von ihm wurden ruchbar, und dies kam schließlich dein Papst Gregor XIII. zu Ohren. Seine Heiligkeit ließ den Gouverneur von Rom rufen und befragte ihn, wie das zuginge, worauf ihm das Obige kundgetan ward. Der Papst gab strengen Befehl, den Missetäter einzukerkern, und drückte sein Befremden aus, daß die Justiz so saumselig sei, während er von seinen Untertanen nichts als Klagen vernähme. Als der Gouverneur den Segen des Papstes empfangen, verließ er ihn und beschied den Bargello zu sich. Diesem gebot er durch Späher festzustellen, wo der Rebell sich versteckt hielte, und ihn ans ausdrücklichen Befehl Seiner Heiligkeit zu verhaften. In den folgenden Nächten ward man seiner nicht habhaft; vielleicht hatte er gewittert, daß man ihm auf der Spur war; viel¬ leicht auch sagte es ihm eine Ahnung. Doch schließlich ermittelte der Bargello, daß er sich im Palast Orsini versteckt hielt und diese Freistätte nicht verließ. Nachdem er festgestellt hatte, daß niemand im Palast anwesend war, nahm er eine Anzahl seiner Leute, sprach ihnen Mut zu und drang in den Palast, um den Befehl seiner Oberen zu vollstrecken. Und in der Tat glückte diese Über¬ rumpelung aufs beste, da die Sbirren vom Hof aus durch ein geheimes Pförtchen eindrangen und den Banditen schlafend und waffenlos fanden. So geschehen am 26. April 1583. Er wurde in Ketten gelegt und nach dem Kerker abgeführt. Der Zufall fügte es, daß gerade Herr Raimund Orsini in Begleitung von Silla Scwelli und Ottavio Nusticucci mit zwei oder drei anderen Gefährten und den: üblichen Gefolge vom Land in die Stadt geritten kam. Er hatte bereits von dem Vorfall Meldung erhalten, und als er den Bargello erblickte, schrie er ihn an, wie er dazu käme, ohne seine Genehmigung in seinen Palast zu dringen und sein Hausrecht zu verletzen. Er solle den Gefangenen auf der Stelle freigeben Der Bargello erwiderte, er handle auf höheren Befehl und das genüge ihm. Umsonst wiederholte Orsini mehrmals seine Aufforderung; und auch seine Begleiter stellten dem Bargello vergebens vor, es sei ihre Sache, den Banditen gegen solche Befehle in Schutz zu nehmen. Schließlich riß den: Nusticucci die Geduld und er versetzte dem Bargello mit der Reitpeitsche einen wütenden Schlag ins Gesicht. Ergrimmt rief dieser seinen Leuten zu: „Was wartet ihr denn, Feiglinge, bis ihr alle ermordet seid!" Kaum hatte er dies gesagt, so schlugen die Sbirren ihre Karabiner an, ^fen „Zurück da!" und gaben Feuer. Mehrere wurden verwundet und retteten sich, da sie ohne Waffen waren, zwischen die Beine ihrer Pferde. Nun entspann sich ein Straßenkampf mit heftigem Schießen; Orsini und Scwelli wurden verwundet und der arme Nusticucci fiel. Vom Pferde herab¬ hängeich, wurde er noch ein Stück geschleift. Die beiden anderen Verwundeten wurden in Sänften nach ihren Häusern geschafft und verbunden; doch umsonst, denn trotz sorgsamster Pflege starben sie am folgenden Tage zum großen Leid¬ wesen ihrer Familien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/271>, abgerufen am 22.12.2024.